Auf St. Pauli vom Hund gebissen
In den 1980er Jahren ging ich dem Beruf als Paketzusteller bei der Deutschen Bundespost nach. Das Paketpostamt 2 befand sich am Kaltenkircher Platz in Hamburg Altona, direkt an der S-Bahn-Station Diebsteich.
An einem Werktag morgens kam die Hallenaufsicht an meinen Arbeitsplatz. Sie sprach mich an und sagte, Sie kennen sich ja so gut aus in Hamburg. Könnten Sie einem neuen Kollegen aus Bayern einige Straßen abnehmen, die er nicht kennt?
Herr B., die Aufsicht, war erleichtert, dass ich zusagte und keine Rückstände an Sendungen im Paketpostamt liegen blieben. Leider ist er schon seit vielen Jahren verstorben. Mit ihm zusammenzuarbeiten machte sehr viel Spaß.
Ich hatte jeden Tag meine feste Paketzustellungstour, die ich bedienen musste, und auch das Dienstfahrzeug war immer das gleiche. Es war ein Mercedes Benz L406-D Kastenwagen, im satten Gelb der Deutschen Bundespost lackiert. Es hatte hinten eine Doppelbereifung und Schiebetüren an beiden Seiten. Zum Ein- und Ausladen war hinten eine zweiteilige Ladetür vorhanden.
Der tägliche Dienstablauf wiederholte sich. Zuerst musste ich die dienstlichen Sendungen für die Fernmeldeämter 4, 1, 3 und 6, die Postämter 13 und 36 und außerdem noch für das Postmuseum am Stephansplatz abarbeiten. Bei diesen Postsachen wurden keine Zustellgebühren fällig. Anders war es rund um den Hamburger Gänsemarkt und in der Hamburger Innenstadt, wo ich zustellen musste. Viele kleine Seitenstraßen gab es besonders in Hamburg 36.
Das Kassieren der Zustellgebühren und Nachnahmesendungen dauerte immer recht lange. Oft bezahlten die Kunden mit großen Scheinen. Die Zustellgebühr betrug früher 1,20 D-Mark, erhöhte sich dann auf 1,50 D-Mark und später auf 1,70 D-Mark pro Paket. Oft war ich aber mit meiner Tour verhältnismäßig schnell fertig.
Die Sendungen für die fremde Tour für den Kollegen aus Bayern hatte ich mir vor der Abfahrt in das Zustellfahrzeug gelegt. Es ging in den Hamburger Stadtteil St. Pauli
, und der liegt im Bezirk Hamburg-Mitte. Insgesamt gibt es in Hamburg sieben Bezirke und 104 Stadtteile. Die Straßen, in denen ich zustellen sollte, lagen rund um den Hein-Köllisch-Platz.
In der Nähe steht auch die historische St.Pauli Kirche
. Für die Kirche hatte ich an dem Tag aber keine Sendung. Es ging ganz gut mit den vielen Paketen, die ich im fremden Bezirk zustellte. Das Zustellfahrzeug war fast leer und ich freute mich über meinen Erfolg, da kam es zu einem unverhofften Hindernis.
In einem alten Mietshaus in der Langestraße wohnte eine Kundin im Parterre, für die ich mehrere Pakete hatte. Ich klingelte bei ihr zwei Mal, beim dritten Mal machte eine ältere Dame die Wohnungstür auf. Sie hatte die Tür nur zur Hälfte geöffnet, da kam auch schon der Schäferhund auf mich zu. Zum Glück hatte ich die Pakete in der Hand, so bot ich dem Hund weniger Angriffsfläche. Trotzdem biss er mich in die linke Hand zwischen den dritten und vierten Finger, sodass es blutete. Die Kundin entschuldigte sich, sie hätte um 15 Uhr noch nicht mit der Paketpost gerechnet. Sie sagte, mein Sohn wohnt im zweiten Stock und hat mir den Hund zu meiner Bewachung dagelassen. Ich habe nämlich eine Nachbarin, die mit Vorsicht zu genießen ist.
So die Worte der Kundin. Es tat ihr leid, so einen Vorfall mitzuerleben, und es war ihr peinlich.
Ich sagte zu ihr: Jetzt muss ich mir aber schnell eine TetanusspritzeDer Tetanus, auch Wundstarrkrampf genannt, ist eine häufig tödlich verlaufende akute Infektionskrankheit, welche die muskelsteuernden Nervenzellen des Zentralnervensystems befällt, durch eine krampfartige Muskelstarre charakterisiert ist und durch das Bakterium Clostridium tetani ausgelöst wird. Die resistenten Sporen des Bakteriums kommen nahezu überall vor, auch im Straßenstaub oder in der Gartenerde.Klick für Wikipedia im Hamburger Hafenkrankenhaus abholen.
Zum Glück hatte der Schäferhund keine Tollwut.
Von der Langestraße auf St. Pauli bis zum Hafenkrankenhaus in der Seewartenstraße 10 und für die Parkplatzsuche brauchte ich etwa zehn Minuten Fahrzeit mit meinem gelben Dienstwagen. Im Krankenhaus angekommen, bekam ich die besagte Spritze, natürlich nach einer Wartezeit. Zum Schluss brachte ich noch die Papiere in das Büro der Paketzustellung.
Der Hundebiss verheilte sehr langsam. So hatte ich drei Wochen damit zu tun und das bei bestem Wetter mit Temperaturen um 30 Grad, behindert durch einen dicken Verband an der linken Hand. Aber zum Trost waren die Finger noch dran. Auch unser Büro konnte diesen Arbeitsunfall nicht fassen. Trotzdem liebe ich große und kleine Hunde immer noch.
Liebe Leserin, lieber Leser, den Hamburger Stadtteil St. Pauli mag ich mir immer noch gerne ansehen, denn mein Kinderbett stand schon Ende Oktober 1949 auf St. Pauli. In einer kleinen Seitenstraße, roter Backstein des vierstöckigen Mietshauses in der Rendsburger Straße 8 im obersten Stockwerk. In dieser Wohnung lebten damals vier Familien, in Hamburg herrschte in der Nachkriegszeit eine große Wohnungsnot.
Übrigens, das Hamburger HafenkrankenhausDas Hafenkrankenhaus in Hamburg an der Seewartenstraße 10 ist ein ehemaliges Krankenhaus und heutiges Ärzte- und Ambulanzzentrum.Klick für Wikipedia wurde 1900 auf St. Pauli gegründet. Es bestand bis 1996 und wurde dann nach einem Beschluss des Hamburger Senats geschlossen. 1968 lief im Vorabendprogramm der ARD die Sendung Hafenkrankenhaus
, in 13 Folgen von je 25 Minuten.