Dat Eierschapp
Mien Huus gegenöver steiht noch de oole Rökerkoot von Wilhelm Sellhorn. Dat weern uns besten Noberslüüd, se harrn jümmers Tiet för uns. In jüm ehr Köök hüng an de Wand een Eierschapp. So wat harr ick noch nie sehn un bi uns geev dat son Schapp nich. Mookt weer dat ut Holt bi föfftig Zentimeter in de Höchde un 40 Zentimeters breet. An de Sieden un in de Döör weern Trallen baut, kunnst jümmers sehn wie veel Eier dorbin weern. In dree Etoschen weern Bretter anbröcht, de Löcker för de Eier harrn. Stücker fiefuntwintig Eier harrn dor Platz. Modder Sellhorn wüss genau welk frisch weern un welk all een poor Doog olt weern. So kenn ick dat Schapp ut mien Kinnertiet.
As nu de oolen Sellhorns dood weern un jüm ehr Söhn Hans ok, leev sien Fro Anita noch veele Johrn alleen dor. As de nu starv, müssen ehr Nichten as Arben dat Huus rümen. Se smeten allns op'n Hoff op'n groten Hupen – allns schull weg. Ick bin röver gohn un heff mi den Hupen bekeken. Ick fünn dor uns oole Alexander-Brotmaschien wedder, de Anita mol von uns kreegen harr. De hool ick mi un dorbi fünn ick dat Eierschapp. Beide nemm ick mit no Huus.
Eerstmol heff ick se gründlich rein mookt, denn stell ick se op uns oole Truh in Wintergoorn. Dor passen se hin. Op de Brotmaschien – de harr noch Handbedriev ‒ stoht hüüt noch Böker, dat süht richdig goot ut. För dat Eierschapp hebbt wi uns jümmers ut'n Urlaub Steeneier
mitbröcht. Se sind ut Tigerauge, Onyx, Malachit, Marmor, Opal un annere Steenorten – allns bunt dörch eenanner. Sogor ut Holt is een dortwüschen. Se wöörn all mit de Spitz no ünnen in de Löcker steken, so as man dat ok mit frische Eier mookt, denn hoolt se länger!
Veele Johrn stünn dat Schapp in Wintergoorn. Dit Johr heff ick mi mit Tanja dat Schapp herkreegen un allns fein sauber putzt ‒ dor harr sik veel Stoff ansammelt, dat dee nödig. Denn hebbt wi allns in eenen groten Karton packt un goot sichert, dormit nix verrutschen kunn. Tanja hett dat no de Post bröcht – un dat Poket güng an mien Dochder Maren as Geburtsdagsgeschenk.
Dat Poket harr ik ankündigt und seggt, dat schull opmookt warrn, wenn de ganze Familje tohuus weer. Dat hebbt se ok so mookt. Maren wüss glieks wat dat weer un reep: Dat Eierschapp!
All foten se mit an un packen ut. Se stellen dat Schapp an sienen neen Platz un de Eier wöörn inrüümt.
As ick anreep un graleer, froog ick ok, ob dat so richdig weer. Jo se freu sik ganz dull, aver dat harr doch 'n Hoken, de Döör slöög jo no links op – beeter weer, wenn se no rechts opsloon wöör. Ick överlegg kott un froog: Hest du dat Schapp villicht op' Kopp stellt, de Döör weer hier jümmers op de rechte Siet.
‒ Oh, Gott ‒ du hest recht. De verzierte Rand, dach ick, weer de Foot!
Wi hebbt düchdig lacht un se reep de Familje tohoop ton Ut- un wedder Inpacken.
Nu steiht uns Eierschapp in Baden-Württenberg un bringt een beten Heimat ut Schleswig-Holsteen no mien Familje in Warmbronn.
Der Eierschrank
Meinem Haus gegenüber steht noch die alte Räucherkate von Wilhelm Sellhorn. Dort lebten unsere besten Nachbarn, sie hatten immer Zeit für uns. In ihrer Küche hing an der Wand ein Eierschrank. So etwas hatte ich noch nie gesehen, auch bei uns gab es einen solchen Schrank nicht. Gemacht war er aus Holz, ungefähr fünfzig Zentimeter hoch und vierzig Zentimeter breit. An den Seiten und in der Tür waren Trallen, so dass man sehen konnte, wie viele Eier darin waren. In drei Etagen waren Bretter eingebaut, die Löcher für die Eier hatten. Etwa fünfundzwanzig Eier hatten darin Platz. Mutter Sellhorn wusste genau, welche Eier frisch und welche schon ein paar Tage alt waren. So kenne ich den Schrank aus meiner Kinderzeit.
Als nun die alten Sellhorns verstorben waren und auch ihr Sohn Hans, lebte dessen Frau Anita viele Jahre allein dort. Als sie nun auch gestorben war, mussten ihre Nichten als Erben das Haus räumen. Sie warfen alles auf einen großen Haufen auf den Hof ‒ alles sollte weg. Ich bin rüber gegangen und hab mir den Haufen angesehen. Da fand ich unsere alte Alexander-Brotmaschine, die Anita mal von uns bekommen hatte. Die holte ich mir und entdeckte dabei den Eierschrank. Beides nahm ich mit nach Haus.
Dort habe ich beide gründlich gereinigt und stellte sie auf unsere alte Truhe im Wintergarten. Dort passten sie hin. Auf der Brotmaschine – sie war ja noch mit Handbetrieb ‒ stehen auch heute noch Bücher, das sieht richtig gut aus. Für den Eierschrank haben wir uns immer aus dem Urlaub Steineier mitgebracht. Sie sind aus Tigerauge, Onyx, Malachit, Opal, Marmor und anderen Steinarten ‒ alles bunt durcheinander, sogar aus Holz ist eins dazwischen. Sie wurden alle mit der Spitze nach unten in die Löcher gesteckt, so wie man das auch mit frischen Eiern macht, dann halten sie länger!
Viele Jahre stand der Schrank im Wintergarten. Dieses Jahr habe ich mir mit Tanja den Schrank vorgenommen und alles schön sauber geputzt ‒ dort hatte sich doch viel Staub angesammelt. Dann haben wir alles in einen großen Karton gepackt und gut gesichert, damit nichts verrutschen konnte. Tanja hat das Paket dann zur Post gebracht ‒ das Paket ging als Geburtstagsgeschenk an meine Tochter Maren. Ich hatte das Paket angekündigt und gesagt, dass es geöffnet werden sollte, wenn die ganze Familie im Haus war. Das haben sie auch gemacht. Maren wusste gleich, was es war und rief: Der Eierschrank!
Alle halfen beim Auspacken. Sie stellten den Schrank an seinen neuen Platz und räumten die Eier ein.
Als ich anrief, um zu gratulieren, fragte ich, ob das auch so richtig wäre. Ja, sie freute sich sehr, aber es gäbe da ein kleines Problem, die Schranktür schlüge ja nach links auf ‒ es wäre besser, wenn die Tür nach rechts aufginge. Ich überlegte kurz und fragte: Hast du den Schrank vielleicht auf den Kopf gestellt, die Tür ging bei uns immer nach rechts auf?
‒ Oh Gott – du hast recht. ‒ Ich dachte, dass der verzierte Rand der Fuß wäre.
Wir haben herzlich gelacht und sie rief die ganze Familie zusammen zum Aus- und wieder Einräumen.
Nun steht unser Eierschrank in Baden-Württemberg und bringt ein bisschen Heimat aus Schleswig-Holstein zu meiner Familie nach Warmbronn.