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1949 bis 1989 - 40 Jahre DDR

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Leben in der DDR — 40 Jahre Diktatur
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Der 17. Juni 1953

In den Tagen um den 17. Juni 1953 kam es in der DDR zu einer Welle von Streiks, Demonstrationen und Protesten, die als Volksaufstand des 17. Juni bezeichnet werden.

m Juli 1952 fand in Ostberlin die 2. Parteikonferenz der SED statt. Unter der von Walter Ulbricht geprägten Formulierung des planmäßigen Aufbaus des Sozialismus fand eine Sowjetisierung der Gesellschaft und eine Stärkung der Staatsmacht nach sowjetischem Vorbild statt.

Dies bedeutete zum Beispiel die Neueinteilung der fünf Länder in 14 Bezirke (plus Ostberlin als Hauptstadt der DDR), vor allem aber auch einen Angriff auf die verbliebenen Mittelschichten der DDR: Insbesondere Bauern und kleine Handels- und Gewerbebetriebe sollten durch erhöhte Abgaben zur Aufgabe ihrer Selbstständigkeit gezwungen werden.

Dieser Beschluss wurde vor dem Hintergrund einer katastrophalen ökonomischen Situation des Staates gefasst. Im Zuge der von den sowjetischen Behörden forcierten Militarisierung wuchsen die direkten und indirekten Militärausgaben stetig an und umfassten 1952 schon etwa 11 % des gesamten Staatshaushaltes. Zusammen mit den Reparationsleistungen banden diese Ausgaben über 20 % des Haushaltes. Die Wirtschaftspolitik der SED orientierte sich auf eine Bevorzugung der Schwerindustrie zu Lasten der Lebensmittel- und Konsumgüterindustrie mit entsprechender Beeinträchtigung der Versorgungslage der Bevölkerung. So wurde zum Beispiel jeden Abend bei Einbruch der Dunkelheit für die Bevölkerung der elektrische Strom abgeschaltet (Spitzenzeiten). Im Vergleich zu den Vorkriegsjahren standen den DDR-Bürgern lediglich die Hälfte an Fleisch und Fett zur Verfügung. Es mangelte an allem, auch an Gemüse und Obst. Selbst für das wenige, was es gab, musste man stundenlang Schlange stehen. Das Wohlstandsgefälle zum Westen vergrößerte sich immer mehr, da die DDR nicht vom Marshall-Plan profitieren konnte. So kostete eine Schokolade im Westen 50 Pfennig, im Osten 8 Mark. Die meisten Lebensmittel wurden immer noch auf Karten zugeteilt.

Das dramatische Anwachsen der ohnehin seit DDR-Staatsgründung konstant großen Abwanderungsbewegung (Abstimmung mit den Füßen) im ersten Halbjahr 1953 stellte ein ökonomisches wie auch ein soziales Problem dar. Ein weiterer Faktor, der zu einer Belastung der politischen Lage führte, war die hohe Zahl von Strafgefangenen in der DDR. Eine große Rolle spielte die Repression gegen die (fälschlicherweise) als zentrale Jugendorganisation der Evangelischen Kirche bezeichnete und bekämpfte Illegale Organisation Junge Gemeinde. Zahlreiche Jugendwarte und Studentenpfarrer saßen in Haft (Johannes Hamel, Fritz Hoffman). Kirchliche Freizeitheime wurden geschlossen und von der FDJ übernommen (Schloss Mansfeld, Huberhaus Wernigerode). Oberschüler, die sich zur Kirche bekannten, wurden häufig von den Schulleitern von der Schule verwiesen, mitunter kurz vor dem Abitur.

Quelle: Wikipedia, die freie Enzyklopädie

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Der 17. Juni 1953

Dong, erklingt es im Fernsehen, 20 Uhr, Tagesschau.

Unten im Bild flimmern die Themen vorbei. Der 17. Juni… ich kann gar nicht so schnell lesen, was dann noch kommt. 17. Juni? – Da war doch mal was. Ich krame in meinem Gedächtnis und werde ein bisschen rot: Der Aufstand in Berlin! Die Erinnerung an diese Tage kommt mit einem Male wieder hoch, von den Nachrichten sehe ich kaum noch was.

Ich wohnte damals in der Umgebung Berlins, Nähe Strausberg. Das war direkt DDR und amtlich war Berlin die Hauptstadt der DDR. Meine Kollegin Erna kam am 18. Juni aufgeregt zur Arbeit: Vater ist nicht nach Haus gekommen! Waas? Wir wussten alle, er arbeitete auf der Großbaustelle Stalinallee, die damals gerade als Prestigeobjekt mit großem Propaganda-Gedöns errichtet wurde. Alle dachten das gleiche, aber niemand sprach es aus. Gerüchte waren schon am Tag zuvor auch zu uns durchgedrungen. Es brodelte in der Stalinallee in Berlin, wegen der schlechten Arbeitsbedingungen, zu wenig Lohn und zu langen Arbeitszeiten! Doch was dort wirklich los war, so genau wusste das niemand. Die wenigsten gingen an ihre Arbeitsplätze. Wir standen in kleinen Gruppen herum und diskutierten. Dann spontane Betriebsversammlung.

Zwei Kollegen drängen sich nach vorn und gestikulieren energisch. Otto F. springt auf eine Werkbank, einen riesigen Schraubenschlüssel in der Hand. Er ist aufgeregt und wettert auch über die schlechten Arbeitsbedingungen bei uns. Wir müssen uns mit denen in Berlin solidarisieren! Einigen von uns, mir natürlich auch, wird heiß und kalt! Hat der Kerl denn den Verstand verloren? Hat Familie, Frau und drei kleine Kinder! Genau unter ihm an der Werkbank steht der Werksleiter mit hochrotem Kopf. Wenn dem Otto jetzt der Schlüssel aus der Hand rutscht, na denn prost Mahlzeit! Mäßige Dich, Otto, denke ich, mäßige Dich! Sein Kollege, den Namen weiß ich allerdings nicht mehr, bekräftigt Otto lautstark und unter Beifall. Er schlägt vor, eine Delegation zum Kreis zu schicken. Die soll sich erkundigen, was die dort machen. Dem werden wir uns anschließen. Unter großem Beifall wurden die beiden mit sofortiger Wirkung zu unseren neuen Betriebsräten ernannt. Otto wehrte sich zwar mit Händen und Füßen dagegen, aber nach diesen Ereignissen konnte er nicht anders! Er musste! Es ging alles gut und den beiden passierte nichts, obwohl wir damals schon wussten, dass wir von allen Ecken und Enden bespitzelt wurden!

Tags darauf dann der Knall: Der Ausnahmezustand wird erklärt! Wir sind beunruhigt. Fast alle haben den RIAS gehört, doch auch der weiß noch nicht alles. Erna kommt zur Arbeit. Viele Blicke. Erna, was ist mit Deinem Vater? Der ist gestern Abend nach Haus gekommen und heute wieder zur Arbeit gefahren. Am 17. waren alle Berliner S-Bahnen gesperrt, man ist weder raus noch rein gekommen. Da hat ihn ein Kollege mit nach Haus genommen. Na, wenigstens eine gute Nachricht.

Für uns, die wir nicht direkt zu Berlin gehörten, gab es an diesem und den nächsten Tagen keine Fahrkarten in die Hauptstadt. Ich hatte dort eine Nichte wohnen, sie erwartete ihr erstes Baby. Was ist mit ihr passiert, was mit ihrem Mann? Quälende Fragen. Ich muss nach Berlin! Aber wie komme ich an eine Fahrkarte? Ernas Vater muss mir helfen. Er muss mir zwei Fahrkarten aus Berlin besorgen. Er tat es. Am nächsten Sonntag fuhr ich nach Berlin und Gott sei Dank, war alles in Ordnung.

Auf dem Heimweg

Um nach Haus zu kommen, muss ich wieder mit der S-Bahn fahren und dann noch ein paar Stationen mit der Vorortbahn. Also in Strausberg umsteigen. Der Bahnhof ist wie leergefegt. Der Zug ist noch nicht da, hat wohl Verspätung. Ich wandere gelangweilt hin und her. Drei Frauen und zwei Männer stehen irgendwo, sie wirken verstört, verängstigt. Aber warum? Ich beginne sie zu beobachten. Meine Vermutung scheint sich zu bestätigen. Ich hatte die beiden Männer eben vom Fahrkartenschalter kommen sehen. Eifriges, leises Beraten. Was die wohl haben? Dann gehen die Männer zum Schalter zurück, jetzt haben sie jeder ein größeres Blatt Papier in der Hand. Sie reichen es dem Schalterbeamten. Langes Verhandeln. Wahrscheinlich können die damit beweisen, dass sie in Berlin arbeiten. Sie bekommen aber offenbar nicht für jeden eine Fahrkarte und kehren zu der älteren und den beiden jüngeren Frauen zurück. Wieder Geflüster. Dann hör ich einen markerschütternden Schrei, mir läuft es heiß und kalt den Rücken herunter. Es war die ältere Frau, wahrscheinlich die Mutter der jüngeren Frauen. Das war ein Schrei der Verzweifelung, aus tiefster Seele. Mein Gott, mein Gott! hör ich immer wieder. Ich schau mich um, der Bahnsteig ist leer. Auf der Treppe steht ein fremder Mann, ich sehe ihn jetzt erst. Er gehört nicht zur Gruppe. Könnte er gefährlich werden? Ich frage einen der jüngeren Männer, ob ich vielleicht helfen könne. Er flüstert: Wir brauchen noch unbedingt eine Fahrkarte! Ich hatte mir vorhin in Berlin sechs Fahrkarten gekauft! Ich gehe zur Treppe. Schau nach links, schau nach rechts. Als ob der Fremde meine Gedanken lesen kann, er sieht mich zwar nicht an, sagt dann aber leise: Ich sehe nichts, ich höre nichts ich weiß nichts! Ich hatte ihn ja nicht angesprochen, kann ich ihm trauen? Die ältere Frau weint und murmelt immer noch Mein Gott! Ich wage es - ein Blick zum Schalter, der war dicht. Gehe zu einem der beiden jungen Männer und reiche ihm eine von meinen sechs Fahrkarten. Was kostet die? fragt er leise und angstvoll. Ich habe eine Mark bezahlt, aber nehmen Sie sie nur. Er nestelte an seiner Jackentasche, dann gab er mir eine Mark. Kurz darauf Schuhgeklapper auf dem holperigen Pflaster, ein scheuer Dankesblick und rüber zur S-Bahn.

Dann kam der Vorortzug stampfend herein, er war fast leer. Ein paar Menschen stiegen aus, einige stiegen um. Es war schon seltsam. In Berlin rebellierten Bauarbeiter, man durfte nur mit Genehmigung S-Bahn fahren und überall standen Spitzel herum. Plötzlich verspürte ich ein sehr angenehmes Gefühl. Ich hatte etwas getan, was man damals nicht tun durfte und es war gelungen!

Im Kombinat

Otto und sein Kollege wurden zwar von der Betriebsleitung bestätigt, aber nachdem in Berlin wieder scheinbare Ruhe eingekehrt war, gab es erst verborgene, dann bald auch offene Sticheleien. Ich wunderte mich zwar, als der Kollege einige Möbel aus seiner Werkswohnung verkaufte, aber er erklärte, er würde bald neue kriegen und ich Dummkopf glaubte ihm! Dann ging er in Urlaub. Er schickte uns ein paar Wochen später eine Postkarte. Aus dem Westen!

Otto blieb noch einige Zeit im Kombinat. Wie lange, kann ich heute, nach mehr als 50 Jahren nicht mehr sagen. Aber seit sein Kollege offenbar republikflüchtig war, musste er doppelt vorsichtig sein. Auch er wechselte bald per S-Bahn die Fronten!

  • Autorin: Ida Slomianka, 27.06.2005
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