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80er, 90er Jahre; das 21. Jahrhundert

1980
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Die 80er bis 90er und das 21.Jahrhundert
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Falklandkrieg

Trümmer des Krieges

Randglosse:

Der Falklandkrieg (englisch Falklands War/Crisis, spanisch Guerra de las Malvinas/Guerra del Atlántico Sur) war ein bewaffneter Konflikt zwischen Argentinien und dem Vereinigten Königreich um die Falklandinseln (auch Malwinen) sowie Südgeorgien und die Südlichen Sandwichinseln, der von April bis Juni 1982 andauerte. Wenngleich durch den argentinischen Angriff auf die Inseln überrascht, war Großbritannien schließlich überlegen und die Inseln blieben in britischer Hand, was den Wünschen ihrer Bevölkerung entsprach. In Argentinien führte der Ausgang des Krieges zum Sturz der Militärjunta und zur Wiederherstellung des demo­kratischen Systems.

Quelle: Wikipedia.de

Unser Autor Ernesto Potthoff erlebte den Falklandkrieg als Kriegsberichterstatter für die argentinische Marine im Range eines Korvettenkapitäns.
Lesen Sie deshalb auch:

Wie er den Falklandkonflikt erlebte

 


Strandgut: abgeschossener Bomber der Argis
Gedenktafel

>Gedenktafel des Falklangkrieges eines britischen Künstlers

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Falklands 1982

Keith Ansell nach dem Krieg um die Falklands

In der Morgendämmerung des 21. Mai 1982 begann Großbritannien den Krieg um die Falklandinseln, die sie als eigenes Territorium reklamierten. Nicht lange danach war ich mit meiner kleinen Crew unterwegs in die Antarktis. Ich wollte für das ZDF dokumentieren, wie ein heutiger Krieg aussieht, der um die Herrschaft über einen geopolitischen Raum geführt wird. Die erste Klappe fiel vor dem fast fertigen großen Kriegsdenkmal am Strand. Ein großes Rund aus Steinen, die Namen der Gefallenen in Bronze, die beteiligten Einheiten in Gold. In der Mitte ein gegossenes Halbrelief mit naturalistischen Szenen bombender Flugzeuge und stürmender Soldaten. Alles gekrönt von einer weiblichen Figur. Dann goss es in Strömen, das Wetter wechselte in Minuten. Der harte Hagelsturm war zuviel für die Kamera. Hotelchef Mr.King in der Hotelbar sprach beim Beer hart über jene, die Falkland nicht verstanden – but it's homeland, you know! Die füllige Magd mit dem alt- britischen Gesicht zeigte sich willens, dem Film als attraktiver und volksnaher Vordergrund zu dienen. Unter den 1800 Falkländern gab es nur 26 unverheiratete Mädchen zwischen zwanzig und dreißig Jahren. Die Junggesellen lebten in ständiger Angst, dass ihnen die englischen Landser die letzten heiratsfähigen Frauen wegschnappten. Der Trinker in der Bar meinte, die schmutzigen Witze der Engländer seien schuld an der Misere. Die Limies (Engländer) diffamieren uns als Mutton-Fuckers (Schafsbumser). Deshalb laufen uns die Mädchen weg, sagte er, und die anderen nickten. Selbst die einzige Nutte hätte sich schon nach England abgesetzt.

Dann erschien strahlend Keith Ansell, der junge, gut aussehende britische Armee-Presse-Offizier: Ich kann euch doch nicht so hilflos umherlaufen lassen. Er lud uns in den Jeep, fuhr um den Hafen herum, durch das fußballfeldgroße Militärlager am Flugplatz mit neuen Straßenzügen, die man aus Riesencontainern bildete. Hangars aus Plastik. Wagenkolonnen mit Baumaterial, Jeeps. Flugzeuge verschiedener Typen, Hubschrauber groß und klein. Es dröhnte und jaulte bis in den Abend, als ob jemand die Falklands endgültig aus langem Schlaf erwecken wolle. Dabei waren die Kampfhandlungen doch längst siegreich beendet worden. Keith hielt Vortrag beim Fahren, hier sei jeder Meter Militär, alles verboten für die Kamera. Je weiter wir fuhren, desto sichtbarer wurden die umwallten geheimen Raketenstellungen. Endlich öffnete sich der Blick zu einer syltartigen Dünenlandschaft. Hier ging niemand spazieren, dies Paradies seltener Blumen und Kräuter blieb erhalten, wegen der tausend vergrabener Minen der Argies. Der Himmel klarte urplötzlich auf, der Wind erhob sich so heftig, dass wir uns schützend um das Stativ stellten. Der Kameramann drehte die staubenden Brecher an der Felsküste, das zertrümmerte Feindflugzeug im Steinbett, die weiten braunen Matten des Kelp (Seetang), der den Bewohnern ihren Namen Kelpers gab.

Weiter über den ewigen Wechsel zwischen Sand, Geröll, Fels und knietiefem Moor. Vor der Kulisse Stanleys drehten wir die dekorativ aufgebauten Ruinen großer Argie-Bomber. Dazwischen schob sich das geneigte Wrack des uralten stolzen Großseglers Lady Elisabeth ins Bild und zeigte, dass Stanley immer schon Nothafen für Havaristen war, die vom Kap Hoorn mit letzter Kraft herbeihumpelten. Keith kam mit einem britischen Witz: Man nennt die Gegend hier The Land of the lazy Wind. Warum? der Wind ist zu faul, um dich herumzuwehen, er weht gleich mittendurch. Es dauerte, bis die Hamburger den Gag begriffen. Am weißen Strand schwankten wackelige Schilder am Stacheldraht und warnten vor tödlichen Plastikminen. Der Kameramann drehte die hässlichen Dinger im Sand. Durch Stanley ans Ende des Hafens nach Moody Brook. Wolken von Möwen, die im Schlick nach Muscheln stocherten. Hier stand die Europäische Satelliten-Forschungsstation, bevor sie bei den Kampfhandlungen zerstört wurde.

Wir wanderten, jeder mit seinen Gedanken an den bitterharten Kampf beschäftigt, durch die Haufen hochgetürmter Kriegstrümmer, von Maschinen zusammengefegt wie die Reste der Kulissen im Freilicht-Theater. Wagen, Hubschrauber, Flugzeuge, in den Gulaschkanonen schwamm noch die letzte Suppe, das argentinische Bier könnte man trinken, die Beutel mit Reis waren intakt, die Schuhe gut erhalten. Debris of the War, sagt Keith. Bilder unendlicher Hoffnungslosigkeit. Der Kameramann drehte die freundliche dicke Patricia an den Fundamenten der gesprengten Wireless Ridge Das war einst die größte Funkstation der südlichen Welt, wichtigster Kommunikationspunkt des Empire. Ein Grund auch für die so verlustreiche Reise des deutschen Flottenverbands unter Graf von Spee 1914. Unter den alten Kelpern erinnerte man sich an die erbitterte Seeschlacht zwischen deutschen und britischen Schlachtkreuzern und die angeschwemmten deutschen Toten. Zwei 16-jährige Mägde haben damals vom Strand aus als erste den Qualm aus den Schornsteinen der deutschen Kriegsschiffe erkannt am Horizont und mit dem einzigen Inseltelefon den Gouverneur aus dem Bett geholt. Der veranlasste den Alarm der eigenen Streitkräfte, die Deutschen versanken mit ihren Schiffen, und die Mägde erhielten einen hohen Orden und lebenslanges Recht am Bier. Man traf die beiden reizenden alten und trinkfesten Damen später an der Bar.

Die Arriflex stürzte auf den Fels, lief nicht mehr, die Katastrophe. Keine Arnold Richter Werkstatt am Südpol in Sicht. Keith brachte uns zum Flugplatz, und der Reparatur-Major bedachte das Problem. Der Hamburger Kameramann machte es dann selbst, die Arri lief, die englischen Techniker winkten achtungsvoll zum Abschied. Keith verriet grinsend: er habe Fäden geknüpft, es gäbe da die winzige Chance … einen Armeehubschrauber für Luftaufnahmen, was meint Ihr? Wir wagten das Glück nicht zu bereden. Vorher aber wollte ich die Überreste jenes sagenhaften britischen Kreuzers HMS Canopus sehen, der 1915 in den Schlick gebuddelt wurde, weil er nicht mehr schnell genug war, aber eine gute Kanone hatte. Das Ziel: Ordonance Point. Der Weg dorthin ein Abenteuer aus Schlamm. Keith balancierte den Wagen mit Bravour, dann saß er bis zu den Achsen im Modder. Minuten später hatte man ihn entdeckt (bei der RAF geht niemand verloren), ein LKW kam mit Seiltrommel, wir fuhren weiter auf befahrbaren Umwegen. Keine Canopus zu sehen, aber ein buntes Panorama von Frachtern in der York-Bay. Die abendliche Bar war voll. Britain ist hier, weil die Falkländer so leben sollen wie sie wollen Winston Churchill jr. hatte aber gesagt, es wäre vorstellbar, dass man aus den Falkland-Inseln eine englisch-amerikanische Basis machen muss, um einer Nutzung durch die Sowjets zuvorzukommen Gouverneur Sir Rex Hunt leerte sein Pint und lächelte, versprach ein Statement. Draußen wartete sein Fahrer im leuchtend roten Austin Taxi mit Krone und ohne Nummernschild.

Die Antarktis ist eine Wetterküche. Jeden Tag erlebt der Besucher mehrfach alle Jahreszeiten. Mit Patricia wanderten wir durch Stanley und bewunderten die Heere von Gartenzwergen in den Vorgärten. Dann holte Keith uns ab zur Fahrt ins Military Camp. Da wartete ein Hubschrauber namens Gazelle. Der Pilot sprach von Gefahren und half beim Umschnallen der Lifevest und der Mikrophone. Zu fünft hockten wir im engen Bauch auf stählernem Fußboden. Die Tür wurde ausgehoben. Der Kameramann saß mit den Beinen außen baumelnd. Abheben, die Kommunikation ging im Lärm unter. Der Pilot stieg, fiel, kurvte, zeigte, erklärte. Wellen grünen Landes bis zum Horizont. Selten ein leuchtend rotes Spielzeughaus. Ketten blauleuchtender Seen. Eisig die Luft in 2000 Fuß. Unten, Meter nur über dem Rasen, drehten wir das – jedem Ökologen vertraute – einheimische Tussock-Gras, das von den Schafen stark gelichtet wurde. See-Elefanten wälzten sich im Sand, Pinguine standen herum. Die Maschine zitterte, das übertrug sich auf die Arri. Über offenem Wasser durfte der Pilot nicht fliegen.

Wir umrundeten den oberen Teil Ostfalklands und landeten in Port San Carlos. Das große Schlachtfeld. Ohne Gott, ohne Ehre, ohne Ruhm zu leben, bedeutet, ohne Vaterland zu sterben, hatte damals in Buenos Aires ein Admiral gesagt. Und die kriegführende Margaret Thatcher in Number 10 lapidar: Wir wussten, was wir zu tun hatten, Großbritannien ist wieder groß. So waren die Opfer an Toten und Verwundeten gerechtfertigt? Der Britische Soldatenfriedhof sprach eine andere Sprache. Weiter im Süden gut erkennbar aus der Luft die anderen blutigen Kriegsschauplätze: Goose Green, Darwin, Bluff Cove. Namen, die sich eingraben ins Gedächtnis wie Verdun. Weiter nördlich die weißen Kreuze des argentinischen Soldatenfriedhofs. Ihr Kanonenboot lag gekentert im Hafen. Der Hubschrauber überflog die neue Piste des Großflughafens, der bald das Eingangstor zur Antarktis werden sollte.

In der Bar setzten die Deutschen sich zu den beiden Lokalberühmtheiten, Anna und Elisabeth, beide 84 Jahre alt, lieb, rosig, lebhaft erzählten sie von den Jugendtagen vor 1914, von der Falklandschlacht, vom Vater, der noch mitgebaut hatte am Kohlenzug. Übrigens, der Maurer vom Falklanddenkmal lebte auch noch – 1927 hatte man das große Gusswerk eingeweiht. Dann guckten sie nach den Militärpolizisten nebenan, sie spielten ein heißes Spiel: Pfundnoten mit Schillingstück und Nadel so heftig an die Decke werfen, dass sie steckenblieben.

Am Moody Brook sagte ich vor einem umgestürzten Argie-LKW meine Sätze in die Kamera und fuhr zur Familie Cecil Bertram, am alten Friedhof. Vor dem Torfofen saßen die alten Bertrams und ein Soldatenliebespaar, in Deutschland stationiert. Bertram schwieg misstrauisch, die Mutter bot dunklen britischen Tee und Butterkekse. Die Milch, sagte sie, komme aus Britain, denn hier hätten die Argies alle Kühe abgeschossen. Leider.

Bertram war lebhaft geworden, erzählte vom Krieg, den er hautnah erlebte, vor seiner Haustür kamen die Argies an Land, hatten geglaubt, man würde sie jubelnd empfangen als Befreier. Man hatte ihnen erzählt, mindestens die Hälfte der Falkländer seien Argentinier. Dann hausten sie wie Vandalen oder Nazis. Sie schossen wild umher, warfen Minen in die Gärten, malten Zeichen an Häuser, die Schutz vor Bomben boten. Hinterließen Listen von 400 Personen, die expatriiert werden sollten. Luden Panzer auf geschützte Lazarettschiffe. 11.000 Argentinier waren es. Nein, sagt Bertram, es war kein Spaß, diese Besatzung über eineinhalb Monate. Gerade noch rechtzeitig seien die Briten gekommen, denn alle hatten Angst, die Argies würden Stanley sprengen. Bertram entwarf Bilder der Schlacht, anders als man sie damals in den Nachrichten sahen.

Die karg bemessene Drehzeit war abgelaufen. Keith Ansell brachte uns zum Flugplatz. Freundliche Soldaten boten Kaffee an. Dicht an dicht saßen wir in der dunklen großen unheimlichen Hercules. Apathisch wartend auf die lange Reise. Oben wehte der Jetstream.

Falklands – oder Malvinas? 200 große und kleine Inseln mit zusammen 1000 Kilometer fjordähnlicher Küstenlinie. Für Großbritannien der legitime Bestandteil seines Empires. Für Argentinien das Überbleibsel aus südamerikanischer Kolonialzeit und deshalb argentinischer Besitz seit 150 Jahren. Für Geopolitiker ein Faktor auf der Karte. Doch die windumtosten Inseln in der Weite des südlichen Meeres sind auch ein Stück Leben, mit Gräsern und Blumen und bewohnt von einer Vielfalt kaum bekannter Tiere. Sie könnten – auch- ein Paradies für die internationale Wissenschaft sein.


  • Autor: Jürgen Voigt, Falklands 1982, 15. August 2012
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