Afrikanische Episoden
Afrika – das sind die braunen Wasser des Gambia; das sind die weiten Savannen der Serengeti, und die Urwälder von Guinea, Afrika, das sind die Hirten des Ferlo und die Welwitschia von Namibia, das ist die Tierwelt Südafrikas und die Slaweninsel Goré. Und nicht zuletzt: Afrika ist die Wiege menschlicher Kultur. Auch deshalb sollten wir den schwarzen Kontinent schützen und behüten, damit dies kostbare Juwel eines Kontinents erhalten bleibt für die kommenden Generationen. Ich habe den Kontinent mehrfach von den 70er bis in die 90er Jahre bereist und meine Seele hat stets Heilung gefunden auf der wundersamen roten Erde. Ich bin Afrika zutiefst dankbar, dass ich diesen Schatz der Menschheit habe sehen und erleben dürfen.
Bei den hungernden Löwen der Serengeti
Ankunft Nairobi 2 Uhr Ortszeit. Es ist dunkel, die Luft riecht wie nirgends in der Welt, afrikanisch eben, würzig, nach Erde. Müder Transfer zum alten Hotel Grosvenor. Aus dem Camp ruft Norton-Griffith an, er könne mich nicht abholen, ich solle eine Maschine chartern. Wie das machen? Durchfragen. Weit vor der Stadt der Wilson-Airport, dort die Firma Roskovitch – ja können Sie haben, eine Cessna, kostet 478 Deutsche Mark. O.k.? O.k.!
Der junge, in England geschulte Pilot fliegt wie eine eins. Ich komme mir vor wie in dem Doppeldecker der Beryl Markham. Eben lese ich die Erinnerungen der wundervollen Pilotin, die ihr Leben in Afrika zubrachte. Wer Afrika so gut kennte wie sie! Bald verschwindet das Hochplateau, auf dem Nairobi liegt, hinter uns. Tief geht die Maschine nach unten, heiße Luft strömt mit den Ventilatoren in die Kabine. Unter uns die steilen Rauchfahnen der Savannenfeuer. Würdig wandert eine Herde Elefanten über die Serengeti. Der Pilot kurvt, sucht Seronera – da, Felsbrocken, ein paar Hütten. Eine Ehrenrunde fliegt er, der Wildtiere wegen. Setzt auf, rollt holpernd aus, sorgt sich um die Löcher der Wühler. Aussteigen über den Flügel. Brütend heiß die flimmernde Luft. Ganz hinten eine Staubwolke, meine Crew prescht heran. Und kutschiert den Gast durch die Savanne, zeigt stolz die Tiere, wie bestellt, Gnus, ruhige Elefanten, hochmütige Giraffen, grazile Gazellen – Serengeti à la Grzimek. Ein unwirklich kitschiger Sonnenuntergang, rot-lila, in Zeitlupe. Vorstellung im Camp I am George… etc.
Spartanisches Abendbrot. In der Steinhütte ein sauberes, kleines Zimmer mit vergittertem Fenster. Die tröpfelnde Dusche erhält ihr Wasser vom Tank draußen, der mit Holz beheizt wird. Ein Glas Gin und Tiefschlaf im Gesang der Grillen. Nächster Morgen. Der Boy bereitet englisches Frühstück mit Eiern, Speck und Nescafe.
Wir wandern über das Ethologen-Camp von Seronera – inmitten der Serengeti - hinüber zum Haus von Dr. Brian Bertram. Er ist der Löwenmann, d.h. er studiert das Verhalten von Löwenrudeln. Er kennt alle Löwen des Gebiets an der eigentümlichen Form der zerfransten Ohren. Ein ruhiger Wissenschaftler, aber berühmt werden möchte er schon, wie der viel gelesene Löwenforscher Prof. Schaller. Er hält unseren Film für eine wissenschaftliche Monografie, wir denken eher an spannende Szenen. In der Glut des Mittags spazieren wir ums Camp. Sehen die schlappe britische Fahne am Mast, die Bibliothek, die Räume für die Techniker, eine Werkstatt, eine kleine Forscherstätte mit guter Fotoeinrichtung, auch für Luftaufnahmen. Strahlend empfängt uns Harvey Croze, der kleine Elefantenexperte mit der Nickelbrille, wo man die Gläser hochklappen kann. Er fand heraus, dass die Akaziensamen erst durch Elefantenmägen gehen müssen um zu keimen, so lassen die Riesen die Büsche wieder wachsen, die sie eben umgestoßen haben. Wir essen in seinem Hause mit der weißen Veranda afrikanisch mit vielen süßen Früchten. Die kinderreiche Nanny Croze, Tochter des Holzschneiders HAP Grieshaber, regiert ihre große Familie mit kluger Hand. Und erzählt die hinreißende Geschichte, wie Harvey fliegen lernte, nur um Nanny zu den regelmäßig fällig werdenden Entbindungen nach Nairobi in die Klinik zu fliegen. Und wie er tapfer mit der dicken Elefantenbüchse die Speikobra von der Veranda schoss, die den vierjährigen Sohnemann tödlich bedrohte. Und abends kommen immer die beiden Klippschliefer vors Haus und holen sich ihre Ration aus gebrühten Teeblättern, die sie sehr schätzen. Großrallen stehen im Garten und verzehren begeistert glühende Zigarettenkippen, die jemand ihnen zuschnippte. Angst hat Nanny nur vor den Treiberameisen, die den Kindern in die Naslöcher wandern. Alle Bettpfosten stehen deshalb in Petroleumgefäßen. Draußen lacht eine Hyäne – wie im Film.
Der alte britische Polizeioffizier im Office denkt in frühen Kolonialzeiten und stellt für 25 Shilling das Visum aus, er fürchtet eine kommunistische Infiltration der Tanzanischen Regierung. Wir fahren in den Busch. Weit draußen, tief im Grün, das Haus des Ehepaars Jarman, gestandene Fachleute in Sachen Impala
. Mit seinem Assistenten nimmt Peter Jarman eine geschossene Impala aus, er möchte mehr wissen über mögliche Veränderungen der Organe. Sehr früh am Morgen führt Jarman nach Banagi, dort steht eine große Impalaherde. Wir sehen Tiere am Fluß, trinkende Cheetahs, ein paar faule Löwen. Auch einen Baumstumpf, der noch raucht vom letzten Buschfeuer. Jarman berichtet über das Problem des Nahrungsangebots für die Impalas und zeigt die Höhe des Grases im Territorium.
Mit Bertram fahren wir zu einem kranken, alten Löwen. Wir beobachten vier verhungerte Löwenkinder, die bald sterben werden. Am liebsten würde man den Kleinen etwas zu fressen geben, ökologisch ist es aber unsinnig. Wo die Nahrung fehlt, werden Raubtiere dezimiert. Übrigens ist auch die säugende Löwin in erbärmlicher Verfassung. Der Crew gelangen faszinierende Aufnahmen einer nächtlichen Jagd eines Löwenrudels auf ein Gnukalb. Nur die Löwenweibchen jagen, die Herren warten auf das Fleisch, das ihnen zusteht.
Durch den Druck der Siedlungen nimmt die Wilderei zu. Wilderer jagen innerhalb und außerhalb des Nationalparks. Bauern von außerhalb kommen hierher und wildern. Manchmal können wir einige verhaften und ihnen die Waffen wegnehmen. Leider aber nimmt die kommerzielle Wilderei zu, sie wird im großen Maßstab von Landrovern aus betrieben: schießen, schießen, ab in den Wagen. Wir hatten skandalöse Fälle, vier Europäer wurden beim Wildern erwischt, bekamen 4oo Sh. Strafe und alles Eigentum zurückerstattet, was nützt das? Große Sorgen machen uns die vielen Buschbrände. Im Osten brennen die Massaai, um das Wachstum des Grases für ihr Vieh zu forcieren. Brände verhindern das Wachstum junger Bäume, die Woodlands werden ausgedünnt, die Dickichte, auf die Büffel und Rhinos angewiesen sind, verschwinden. Nur die Zebras und Wildebeest gewinnen, weil das Gras wächst nach dem Brand.
Tuskerbier in der schwarzen Bar
Zwanzig Jahre weiter. Nairobi in flirrender Morgensonne. Afrika lässt einen nicht los, sagen Kenner. Der Duft afrikanischer Erde drängt sich in meine Seele, richtet freudiges Magenrumoren an. Neugierig wandert der Europäer durch die Straßen. Wo damals in den 70ern adrette, weiße Kolonialhäuschen standen, ragen nun Wolkenkratzer. Die afrikanisch-britische Kleinstadt ist zur Metropole geworden mit Betonkästen und Bretterslums. Im Villenviertel finde ich die imposante Gründerzeitvilla der Familie des FAO-Experten Dr. Mann. Er empfängt mich mit jovialem Lächeln. Seine Leidenschaft sind pornografische Sprüche, mit denen er seine leicht gequälte Umgebung unterhält. Das Haus bietet das Ambiente eines ethnologischen Museums, Wände und Böden bedeckt mit Masken, Strohteppichen, Gewändern in Leinen und Leder, Penissen, Waffen in Holz und Eisen, Schmuck der verschiedenen ostafrikanischen Stämme. Ich wandere umher, lasse mich einfangen von Afrika. In der düsteren Bar des Hotels langweilen sich schwarze Schönheiten in weißen Wollgewändern, unaggressiv, zufrieden mit dem gespendeten Tuskerbier – immer bereit, dem weißen Mann dienstbar zu sein gegen Bares.
Im Presse-Office geht es britischer zu, als das Empire erlaubt, dunkle Flure, schmutzige Türen, hastig tuende Sergeants, Wartende. Im Vorzimmer der Presseoffizierin zwei schwatzende Sekretärinnen, doch die dunkle Dame von der Presse, in schmucker Uniform, reicht mir liebenswürdig die Drehgenehmigung. Ich lasse mich durch Nairobi fahren auf der Suche nach Motiven. Durch die bunten Textilstraßen mit den Baumwolltüchern, die lebhaften Stoffmärkte, die Armenviertel. In der Hotellobby hockt Rhodia Mann beim britischen Tee, die patente, braungebrannte, erstaunlich kämpferische Farmersfrau, deren Gesicht verrät, dass sie viele Stunden im Landrover und im Busch zubrachte. Rhodia kennt die Menschen unter den Maassai und den Kikuyu gut und ist dabei, mit Begeisterung und handgewirkter Kenntnis ein Kochbuch zu schreiben mit Rezepten, wie sie ostafrikanische Stammesfrauen zu kochen pflegten. Der amerikanische Verleger erhoffte sich davon ein gutes Geschäft bei Leuten, die nicht nur gekochten Kohl mochten..
Wir nehmen den Aperitiv im Stanley-House, wo sich die High Society von Nairobi in stilvollen Roben beobachten läßt und wandern hinüber in den weitläufigen Uhuru-Park, wo Menschengruppen auf weitem Rasen und an bunten Teichen lagern. Hier soll übermorgen Madaraka
stattfinden, das große staatlich befohlene Volksfest. Die Nacht währt kurz, denn die Tuskerbiere in der schwarzen Bar fliessen kalt und die Kehlen sind trocken.
Wir quetschen uns in den winzigen Leihwagen. Stunden rumpelt das Gefährt über Landstraßen. Kenia ist fruchtbar, quillt über von Gemüse und Obst. Satte braune Erde. Halt in Tree-tops vor dem Outspan-Hotel, mit Haufen von Touristen und kitschbeladenen Tischen. Von der Kaffeeterrasse blicke ich zum majestätischen Mount Kenya, der sein Haupt in Wolken gehüllt hat. Hinter hohen Strohzäunen ein kleiner Platz, Rasenfläche. Holzbänke. Bald kommen die wildbemalten Kikuyus. Einer zitierte:
Einst war das seltene Leopardenfall sichtbares Zeichen der Häuptlingswürde und den Stammesfürsten vorbehalten. Heute tragen die Kikuyu Frauen tagsüber Jeans und Acryl-pullover. Doch Touristen wollen echtes Schwarzafrika. Und so verkleiden sie sich einmal
am Tag und tanzen mit den Männern vier oder fünf der alten Stammestänze, jeder mit eigenem Namen und seiner besonderen Bedeutung. Viele Tänze dieses größten Volkes in Kenya wurden früher getanzt, um die Beschneidung der Jungen und Mädchen, also ihren Eintritt in die Welt der Erwachsenen, zu feiern. Das ist schon lange her. Der Boss dieser Gruppe brauchte Monate, um die Tanzfiguren und Liedertexte original-getreu einzuüben. Es bleibt Theater, Show, Erinnerung an eine Vergangenheit, in der Leder und Fell zum Alltag vieler Völker gehörten. Wer die Wandlung zum Europäischen bedauert, hat eines noch nicht verstanden: Dort, wo der Schwarze Kontinent unabhängig wurde, lehnt er seine eigene Volkstümlichkeit ab, weil sie ihm primitiv erscheint und an die Zeit der Unterdrückung durch die Kolonialherren erinnert.
Über schlechte Straßen ins Rift Valley, die allen Paläontologen heilige Stätte ehrwürdiger Fossilien. Heute nur Paviane und Impalas zu sehen. Und die Einfahrt in den Lake Nakuru Nationalpark. In der modernen Lodge wartet der schwarze Besitzer im schwarzen Anzug und serviert Trinkbares. Es erschienen die verabredeten Maassai, und es sah nach Regen aus. Es blieb keine Zeit, die farbtrunkene Kulisse zu bestaunen – der glänzende Nakurusee, davor die Schwärme von Geiern, die sich um die Brocken auf dem Müllplatz stritten.+
1. Mai. Freiheitstag, Madaraka-day. Präsident Moi hält eine aufmunternde Rede im Sportstadion vor tausenden seiner Untertanen, die verhalten jubeln. Tanzgruppen in den buntesten Gewändern aus allen Stoffen paradieren vor der Präsidentenloge. Frontabschreiten, Ehrenkompanie in Rot, Musikcorps, Massenchöre.
Am Bahnhof steht wartend der uralte, hübsch restaurierte Kolonialexpress Nairobi-Mambassa. An weißen Damasttüchern sitzend, bewundern die Gäste das Abendrot über der Savanne, während der Zug durch eine sich ständig wandelnde Landschaft keucht. Wohltuender Schlaf im weißbezogenen Bett aus Mahagoni. Einfahrt in Mombassa . Das Frühstück im historischen Speisewagen britisch-vorzüglich. Wir wandern durch die romantisch verwinkelte alte Stadt, betrachten die Burg, fahren mit einem freundlichen Driver durch die Gassen und sehen lebhafte Szenen von Frauen und Kindern auf den Märkten und in den Straßen, Illustrationen zur fremdartigen, stark vom Islam beeinflussten Mode, vor allem bei den Männern mit dem traditionellen Fez.
Wer nach Ostafrika kommt, wird Olduwai nicht versäumen, es ist das Mekka, die heilige Stätte der Paläoanthropologie. Und diesen Status verdankt sie dem Ehepaar Louis. Auf der Suche nach Fossilien des Frühmenschen kam das Ehepaar Louis und Mary Leakey 1931 nach Olduvai. Louis Seymour Bazett Leakey wurde 1903 als Sohn eines englischen Missionars in Kenia geboren. Die erste Sprache, die er beherrschte, bevor er Englisch sprechen konnte, war Kikuyu. Dieser hochbegabte junge Mann mit einer Riesenenergie lernte 1933 die junge Archäologiestudentin und Illustratorin Mary Nicol kennen, die die von ihm gefundenen Steinwerkzeuge zeichnete. Mary ging mit ihm nach Olduvai. Sie fanden eine 50 km lange und 100 Meter tiefe canyonartige Schlucht als Teil des ostafrikanischen Grabenbruchs. Der Canyon entwässert die östlichen Ebenen der Serengeti und die umliegenden Hänge des Grabenbruchs. Die tiefe, durch Erosion entstandene Senke war vor zwei Millionen Jahren ein flaches Seeufer im Angesicht des erloschenen Ngogoronkraters. Louis Leakey war sich sicher: Hier hat Homo gelebt, hier stand eine der Wiegen der Menschheit! Es gab eine Fülle von Fossilien von Hominiden und ihren Werkzeugen – man musste sie nur finden. Sie suchten unverdrossen - fast 30 Jahre vergebens. Bei einer Expedition im Jahre 1959 aber fand Mary einen Schädel mit riesengroßen Zähnen. Louis war enttäuscht, schon wieder ein Australopithecus, wo er ja den Homo suchte, doch er gab dem lieben Jungen
den volkstümlichen Namen Nußknacker
, wissenschaftlich Zinjanthropus boisei, der Name wurde auf Einsprüche hin später geändert in Australopithecus boisei. Nach der neuen Kalium-Argon-Datierungstechnik war dies große Wesen 1,8 Millionen Jahre alt. Und machte Louis Leakey berühmt – obwohl seine Frau ihn gefunden hatte – und die Paläoanthropologie populär. Die National Geographic Society stiftete erhebliche Forschungsgelder.
1957 erschien auch der südafrikanische Anatom Phillip Tobias im Olduvai Tal und nahm an einer Safari teil, die Louis Leakey für Richard Foster von der Universität Yale organisierte. Foster hätte beinahe den Kampf gegen eine Raubkatze verloren, und man fand auch nur einige Säugetierfossilien. 1959 erschien, was Louis so sehr gehofft hatte. Es war Anfang Juli. Leakeys langjähriger Assistent Haselon Mukiri fand im Kalktuff einen Molaren, der in einem Kiefernfragment steckte. Leakey erkannte, dies Fossil mit dem Karteinamen OH 4 repräsentierte die erste Spur des Homo habilis, des Frühmenschen. Und es fanden sich weitere Homo-Fragmente, Unterkiefer, Hirnschädel, Zähne. Einen Homo nannte man nach Leakeys Sohn Jonathan Johnnys Kind
, einen anderen Cindy
von Cinderella = Aschenputtel
, den dritten George
. Tobias machte sich an die endlos mühsame Arbeit, die Schädel zu rekonstruieren und errechnete ein durchschnittliches Gehirnvolumen von 642 Kubikzentimetern, es waren ganz sicher Homos. Wer sich mit der menschlichen Frühgeschichte beschäftigt, kommt automatisch auch zu den Menschenaffen. Wir haben ihr Verhalten Ende der sechziger Jahre mit einem Film dokumentiert mit Unterstützung des Primatologen Adriaan Kortlandt, der meinte, die frühen Schimpansen hätten an einer Wegscheide gestanden, Affen bleiben – oder Menschen werden?
Unsere Vettern die Schimpansen
Sechs heiße Monate lang war die Filmcrew tausend Kilometer nördlich des Äquators verschwunden, weit entfernt von der New Guineas Hauptstadt Konakry. Bis zur 30.000 Seelen-Stadt Kankan waren sie vorgedrungen, wo die Frauen ihre Wäsche im Milo wuschen, dem Seitenarm des Niger. Im Urwald verlief die Grenze zu Nigeria. Die eingeborenen Malenke vom Berg Boussou glaubten, die Horden der Schimpansen droben auf dem heiligen Berg bewachten die Seelen der Toten und dürften nicht gestört werden. Und die Schimpansen kamen. Die Crew gab ihnen Namen, um sie später im Film besser zu unterscheiden. Die wuchtigen, oft cholerischen Männer hießen Konrad (nach Adenauer), Wotan, Scotch und Demu. Die Weibchen nannte man Fatu und Aisetta. Bewunderung verdiente das vielleicht 50 Jahre alte Weibchen mit dem gelähmten Arm, es hatte ein schweres Leben in der Horde. Man nannte sie die Witch
, die Hexe, weil sie eben nicht in Schönheit erblühte.
Die Crew häutete und briet eine 10 m lange Pythonschlange und meinte, sie schmeckte nach Huhn. Die schwarzen Damen aus der Nachbarschaft halfen beim Gießen des Fußbodens mit gequirltem Kuhmist. Und, was war sonst mit den Damen? Niemand verriet es.
Peter hockte in zäher Geduld im Versteck, wartete, beobachtete, drehte Szenen aus dem Alltag der Schimpansenhorde, 20-30 Tiere stark. Regelmäßig kamen alle zum Haufen mit den lockend ausgelegten Pampelmusen. Die Kamera dokumentierte ihr Tun und Treiben. Sexuelle Beziehungen, die Promiskuität, die gegenseitige Pflege des Fells, das Bauen der Baumnester, das Spiel von Müttern mit ihren Kindern, wie Mütter den kleinen Söhnen präsentieren, den Gebrauch von Lianen zum Herauspuhlen der schmackhaften Ameisen, die sechs Techniken zum Schälen einer Pampelmuse. . Nach sorgfältigen Vorbereitungen gab es dann den Hordenkampf mit Geschrei gegen den ausgestopften Leoparden, den Erzfeind. Weit schallten die kreischenden und buhenden Laute der rasend wütenden Bande, die Damen immer vorneweg – große, beeindruckende Szenen. Man fragte, ob unsere Vettern, die Schimpansen, eine Ahnung vom Tode haben könnten, eine Schimpansenmutter, die ein Kind verloren hatte, trug das aus Hamburg mitgebrachte Steiff-Kind lange mit sich herum. Der Schimpansen-Clan ließ die Hexe nicht verhungern, immer blieben genügend Früchte für sie übrig, und niemand nahm ihr etwas weg, wenn sie die Früchte mühsam davontrug. Gab es hier Parallelen zum frühen Menschen?
Seit 1963 studierte die große Forscherin Jane Goodall das Verhalten frei lebender Schimpansen im Gombe-Strom Reservat, Tanzania. Viele Monate, dann Jahre brachte Jane in ihrem Reservat zu und arbeitete streng wissenschaftlich. Jane umfasste das gesamte Verhaltensrepertoire ihrer Gruppe und deren einzelner 5 Mitglieder: Laufen, klettern, springen, sammeln der Nahrung, das Töten kleinerer Tiere, Fleischessen, Bau der Schlafnester, Aufzucht der Jungen, die Aktivitäten der Kleinen, ihre Neugier und wie sie ihre Umgebung beobachten, der Sozialstatus, die Führerschaft der Gruppe, innerartliche Aggressionen. Dazu lieferte Jane eine Fülle hervorragender Fotos und Filmszenen. Jane Goodal hat sich auch danach noch für ihre Schimpansen eingesetzt im Vortragsreihen, hat erbittert gekämpft gegen den Missbrauch dieser Primaten durch den Menschen. Ihre Arbeit im Reservat verdankte sie der Initiative von Luis Leakey. Dieser half auch der amerikanischen Zoologin Dian Fossey, die bis zu ihrer Ermordung 1985 ihr Leben dem Schutz und den Verhaltensstudien der Gorillas widmete. Seit 1963 arbeitete sie im Virunga Vulkangebirge Ruanda. In Borneo studierte zur gleichen zeit Biruté Goladikas das Verhalten der scheuen Oran-Utangs.
Akazien pflanzen in der Wüste.
Nach Westafrika verschlug es mich – leider nicht, um Primaten zu suchen, sondern um deutsche Entwicklungshelfer zu beobachten, die versuchten, die verdorrte Landschaft im Ferlo zu reparieren.
Eine schmale Öffnung in der Hafenmauer von Dakar gewährt Zugang zur Pier mit dem Dämpferchen. An ankernden Frachtern vorbei mit wichtigem Getute bahnt sich unser Schiff seinen Weg zum Hafen hinaus, bald einlaufend an der berühmten Insel Goré. Sie ist der erste von Weißen besiedelte Fleck Westafrikas: um 1440 und hat lange Jahrhunderte als Sklaveninsel gedient. Keine moderne Architektur stört die heile
Kolonialwelt, museal, mit schmalen Straßen, europäisch wirkenden Häusern, den Fortifikationen aus den Kriegen mit Langrohrgeschützen und Bronzekanonen. Um 19o6 angelegt, vielleicht aus Angst vor einer Invasion aus der deutschen Kolonie Kamerun? Historiker meinen, ein französisches Kriegsschiff sei hier vernichtet worden. Der Gesang schwarzer Kinder tönt melodisch aus einem dunklen Klassenzimmer an der schmalen Dorfstraße. Es gibt Orte in der Welt, die den Blick nach innen zwingen, die Wünsche wecken, derer man sich im Alltag kaum bewusst wird. Mittags legt das Dämpferchen ab, voll gepackt mit Schulkindern und ihren Müttern. Männer stopfen winzige Tabakkrümel in winzige Pfeifen, zu arm, um Amizigaretten kaufen zu können.
Wir waren im Senegal. Die Landschaft namens Ferlo lag verschleiert im Dunst. Verdorrte Bäume, Zuckerrohrfelder zum Erbarmen trocken, die Zuckerfabrik stank zum Himmel. In der Ferne wanderten schwarzweiße Ziegen in Richtung Brunnen Sagobé. Dort zog das Eselspaar die langen Seile über weithin quietschende Holzrollen. Tausend Jahre alte Technik im Senegal. Langsam kam der Gummisack hoch, voll Wasser. Früher war er aus Leder. Der Hirte goss das Wasser in Wannen aus Holz, die Herde drängte sich, trank.
Wie aus dem Nichts die Häuser von M'Bar Toubab. Man zeigte mir die deutsche Baumschule und die kostspielig installierte Tröpfchenbewässerung. Mit ihr gediehen im trockenen Sahel gelbe Melonen, rote Tomaten und riesige Sonnenblumen. Das Dorf für die Arbeiter und ihre Familien, einfache aber praktische Betonhäuser, war in Arbeit. Händeschütteln mit dem kleinen bou-bou-geschmückten Forstwart von M'Bar Toubab: Stanislaw Djouf und schon staubten die Wagen über die mahlenden Sandwehen zur nächsten Station, dem Markt- und Brunnenflecken Vindou Tiengoli, willkommen geheißen vom Forstwart Bocar Diogo, dem schwarzen Zwei-Zentner-Mann im weißgrünen Bou-Bou, dem traditionellen Baumwollgewand. Seine drei Frauen schoben sich in den Schatten des Holzhauses. Christian Dering, der große, blonde, deutsche Entwicklungshelfer, rief nach Batschiba, seinem Küchenboy. Sigi und Christian fluchten im Chor über den neuen und erwartungsvoll aufgebauten Gas-Kühlschrank, der nicht kühlen wollte, vermutlich, weil jeder immerzu die Türen aufmachte, um zu sehen, ob er kühlte.
Wasserstelle am Tiefbrunnen. Herden der zebuartigen Rinder standen ruhig an den langen Betonbecken und soffen das leicht salzige Wasser aus der Tiefe der Erde. Frauen beluden ihre Eselkarren mit frischgefüllten Schläuchen von LKW-Reifen. Freundlich grüßte der Hirte den Toubab
, den Europäer. Der heiße, weiche Sand besprenkelt mit Millionen trockener Kothaufen, fühlte sich durch den Leinenschuh hindurch an wie die Lohe in alten Turnhallen und roch auch so streng.
Wir eilten auf der Sandpiste durch die Sahellandschaft mit ihren verstreuten Akazien zur Wasserstelle Ganina, wo vielköpfige Herden von Rindern, Schafen und Ziegen sich versammelten und neue hinzu strömten. Immer fragten die Hirten in Wolof oder Fulani: Warum sollen wir unsere Bräuche aufgeben, sie haben sich bewährt, wer garantiert uns, dass dies nicht wieder so ein Reinfall wird, wie wir ihn früher schon erlebten?
Sie hatten gelernt, den Europäern gründlich zu misstrauen. Für sie schmeckte alles aus Europa nach Kolonialismus. Wann werden wir eure Bäume essen?
fragte einer, zum wievielten Male? Immer ging es um das Nächstliegende, um das Futter für die Herden. Ihr legt 1.000 Dollar in die Wüste, wird sie dann grün?
Nein, ihr müsst arbeiten!
Nicht weit von den palavernden Männern standen lachend die stolzen Nomadenfrauen (sie haben das Recht an der Milch
und deshalb eigenes Kapital, was nicht selbstverständlich ist in Afrika). Sie stellten unzweideutige Fragen, machten sinnfällige Zeichen: Streichen über den Bauch hieß: Ich kann Kinder kriegen! Also heirate mich!. Das Verhaken der Zeigefinger: Ich könnte dich vielleicht mögen. Um vier Uhr nachmittags hatten die lustigen Peulhfrauen sich in die Savanne verzogen, und der Markt lag still.
Im zerfurchten Gesicht des alten Fulbe war die Geschichte seines Volkes zu lesen. Die Hirten haben einen erheblichen politischen Einfluss. Eine große Herde bedeutete für den Besitzer Ansehen, Gewicht, Kapital, Macht. Kein Rind wurde geschlachtet. Die Haushalte sind polygam. Ein verheirateter Mann besitzt keine eigene Hütte. Er übernachtet abwechselnd in den Rundhütten seiner drei oder vier Ehefrauen und muss gut achtgeben, dass er die richtige Reihenfolge einhält.
Herdenfürst Inel Salif Sow lud uns in sein Camp, weit draußen im Sahel, wohin kein Weg führte. Fünf wohlgeformte, hölzerne Rundhütten, von den Frauen geflochten, umgeben vom Zaun, den man aus krummen Rundhölzer gebaut hatte. Die Bewohner: Zwei alte, zwei junge Frauen, Kinder, ein Pferd, ein Hund, ein Koranleser. Mit langen Holzstangen stampften die Frauen in rhythmischer Abwechslung Hirse in ausgehöhlten Holzbottichen. Ab und zu gaben sie den herum spielenden, leisen Kindern in ruhiger Würde die Brust. Ein angenommener
junger Mann killte unseren als Gastgeschenk mitgebrachten Ziegenbock und hing ihn außerhalb des Zauns am Kopf an einem Baum und zog ihm die Haut herunter wie einen Handschuh. Kleinere Fleischteile spannte er auf kleine Holzkreuze und ließ sie in der Sonne trocknen – ein gespenstischer Anblick. Das Essen in der hohen, kühlen Rundhütte mit den rundum angebrachten, geflochtenen Sitzbänken wurde zu einem festlichen Ereignis. Herr Sow deutete an, ich möge das gebratene Ziegenbein aus der Hand essen. In der großen Schüssel wölbte sich grobkörniger Reis, angefeuchtet mit dem Saft des Fleisches, darauf gekochte Ziege. Mr.Sow formte den Reis zu Kugeln und stopfte sie mir – als dem Ehrengaste – in den Mund. Aufhören durfte ich erst, als ich Zeichen gänzlicher Überfüllung von mir gab.
Die Hauptfrau, Dianaba, kenntlich am großen Silberring an der großen Zehe, widmete sich der langwierigen Teezeremonie. Eine kleine Kanne stand auf der glühenden Holzkohle. Hinein ein Schnapsglas voll grünen Tees, plus ein Klotz Zucker, abgehauen vom spitzen Zuckerhut. Nun wurde der Tee viele Male umgegossen in die sieben kleinen Gläser und zurück in die Kanne, hin und zurück, bis der Tee schäumte. Frische Minze wurde hinzugefügt. Probieren, umgießen, probieren, aufkochen, umgießen, wohl eine halbe Stunde. Das bittersüße Getränk ließ das Herz explodieren und machte die Nase frei – ich wollte trotz der Fleischesfülle in die Luft springen.
Mit der jungen Mutter Aby geriet ich in Blickkontakt, trotz lähmender Hitze. Aby war scheu, ein Kind noch. Ein Bildhauer hätte ihn modellieren wollen, den fein gebogenen langen Hals, die zarten Brüste. Eine klassisch schöne Hirtenfrau, das Gesicht könnte auf alten ägyptischen Reliefs prunken. Reden konnte sie nicht mit mir, nur angucken und lächeln. Ohne Scheu rutschte Aby näher. Zeichnete stumm mit einem Hölzchen wunderliche Zeichen vor meinen Füßen in den heißen Sand. Die spannende Lösung: es waren die Brandzeichen der großen väterlichen Herde. Aby war nicht arm, o nein! Hin und wieder erschien der vierjährige Sohn Mamadou, spielte mit einem Cocacola-Korken und verlangte zu trinken. Ein Bild kind-mütterlicher Geduld und Ergebenheit. Es sind Frauen wie Aby, die den Clan zusammenhalten, weil sie die althergebrachten Traditionen ihres Volkes weiterführen und ihren Kindern mitteilen.
Inel Salif Sow kam mit der Herde in Staubwolken gehüllt von der weit entfernten Wasserstelle Amadi. Geboren war er 1918. Vor zehn Jahren hatte er dies Camp gebaut (Compound sagte man hier). Seine Herde bestand aus 216 Rindern, 3o Ziegen, 5o Schafen, 3 Kamelen, 5 Eseln und drei Pferden. Viele Rinder litten an Botulismus, die Tiere hinkten, hatten hohes Fieber und starben innerhalb von drei Tagen. Ursache war ein Mineralstoffmangel des Brunnenwassers, es ließ die Tiere Haut und Knochen von Kadavern fressen, damit holten sie sich die Infektion. Medikamente, das war das einzige, womit man ihm eine Freude machen könnte. Der Compound, die kleine Heimat für Aby und ihrer Hirtenfamilie, verschwand im Dunst von La Brousse. Das Versinken von Bildern und Szenen in die Erinnerung war diesmal ein recht schmerzhafter Prozeß.
Vindou verschwand in der Vergangenheit. Was dort geschah, wurde Erinnerung. Batschiba, Coumba, Diogo, die Leute aus dem Dorf, die Hirten – Schemen. Und wie oft die Gewissheit, könntest du das alles noch einmal sehen, du würdest es bewusster erleben, mehr daraus destillieren. Aber auch: beim zweiten Mal gäbe es die Unmittelbarkeit des Erlebens nicht, vieles würde schon erwartet werden. Doch das Versinken von Bildern und Szenen in die Erinnerung ist ein schmerzhafter Prozess.
Hirsebrei und Erdnußsoße
Diese Episode spielt in Gambia, dem Blinddarm Afrikas, einst britische Kolonie. In steter Geduld taucht Werner die Hände tief in die schwarze Erde, hebt sie heraus, gräbt nach und nach ein rundes tiefes Loch in den Boden der Plantage. Ein Baumpflänzchen hebt er sorgsam hinein in das eben gegrabene Loch, drückt sanft die Erde fest um die zarten Wurzeln, besieht sein Werk, lächelt und rutscht auf den Knien ein paar Meter weiter, setzt sein Tun fort, bis zum späten Nachmittag, wenn die Sonne verschwindet. Werner Schindele, der Entwicklungshelfer aus Oberfranken, er liebt seine Bäume, er kämpft um ihr Überleben in einer Welt, die ihre Wälder rodet, um Land zu gewinnen für den Anbau, Land für die dauernd wachsende Bevölkerung.
Schwül heute, die Regenzeit steht bevor, lass uns in den Schatten gehen.
Werner lehnt sich an einen dünnen Baum. Ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein, was wir hier machen, aber sonst macht es eben keiner. Schauen Sie sich doch um im Land, wo finden Sie noch einen halbwegs intakten Wald? Nur verkümmerte Palmen auf den Ackerflächen, die Wälder sind längst gerodet, weg, verschwunden. Ein Trauerspiel, aber so ist es in Afrika, die Leute brauchen was zum Kochen und Braten, Holz eben. Und sie holen sich's, wo sie's finden. Heute hat Gambia 600 000 Einwohner, is'n kleines Land, aber eine Geburtenrate von 3,2%, Tendenz steigend. Und die Edelhölzer sind längst ins Ausland verkauft, auch nach Deutschland: Jallo, die Mahagoni, Kyembo, das Eisenholz, Duto, der Buschmango, Kobal, der Balsambaum. Aber die Frauen hier wollen nur Keno zum Kochen, das Rosenholz, weil es gut riecht und lange hält und glüht ohne Rauch. Ein Holzbundle reicht für anderthalb Tage, so braucht die Frau pro Monat 26 Bundle, die kosten sie ein Fünftel ihres Einkommens. Na und das Rosenholz wird natürlich aus dem Wald geholt. Da kommen Sie nicht gegenan. Die beste Ernährung ist nichts wert, wenn man sie nicht kochen kann, wenn man kein sauberes Wasser hat, so ist das eben.
Nicht weit vom Dorf Kafuta finden wir an der breiten Dorfstraße den viereckigen Hof eines Compounds, hier der Ausdruck für den Wohnsitz einer Großfamilie. Fast sieht es aus, als brächen die Europäer in den Frieden Afrikas. Aber unsere Gastgeschenke, liebevoll eingewickelte Colanüsse, werden lächelnd akzeptiert. Der Boß und oberste Erzeuger begrüßt uns, Landing Kujabi, seine Frauen bleiben im Hintergrund: Mama Jargu, Aisatou Badjie, Binta Jargu. Frauen behalten nach der Hochzeit ihren Mädchennamen. Dann tritt der Held unserer kleinen Filmstory auf, ältester Sohn Jobé, kenntlich an seiner tiefroten Wollmütze. Seine hübsche Frau hört auf den Namen Binta Kamara. Alle im Compound sind miteinander verwandt und verschwägert, nicht zu zählen die sauberen und gut genährten Kinder. Man führt uns lächelnd durch das Haus – in die hübschen Wohn- und Schlafzimmer, wir bewundern das Brunnenklo im Gärtchen, den Körperwaschplatz, die Frauen in der Kochhöhle, das Geschirr aus traditionellem Ton und buntem Plastik. Jobé hat dabei nichts zu suchen, das sind Arbeiten für die Frauen. Fische aus dem nahen Gambiafluss werden gereinigt, Zwiebeln aus dem Garten geschält, die harten Körner der Hirse mühsam im Holzmörser gestampft, um die Schale zu entfernen, mit dem zweiten Stampfen entsteht ein grauweißes Pulver, dies wird ausgesiebt und im Tontopf gekocht … alles in zwanghafter Enge, ohne Rauchabzug, uns laufen die Tränen über die Backen, und auf den kleinen Feuern aus Rosenholz, das so gut riecht. Der Fisch wird in Erdnussöl gebraten, dazu gibt es eine schmackhafte Soße aus Zwiebeln, Tomaten, Erdnussbutter und getrockneten Austern aus dem Fluss. Im Compound essen die Geschlechter getrennt, wir werden bei den Männern versorgt.
Wir, die bäuerliche Landschaft mit ihren Palmen, schwarze Gewitterwolken, hackende Frauen unter Bäumen, den verbrannten Wald bei Bwiam, abgestorbene Mangroven am Bintang, einem Seitenarm des Gambia: Frauen beim Säen und Einhacken des Upland-Reis. Spät am Tandaba Camp, eine Ansammlung runder Gästehütten. Sie gehört einem knorrigen Schweden, der ein Festessen zelebriert mit Kalebassen voller Reis, Krabben, Erdnusssoße, Hirsebrei, zartes Ziegenfleisch. Die Luft steht still und heiß über dem brauen Gambia. Dann der heulende Sturm, der hereinbrechende Sturzregen in wilden Kaskaden, alles rennt und flieht. Und am heiteren Morgen wecken uns die melodiösen Vogelstimmen. Die Dusche ist lau und das Handtuch riecht nach Fäulnis – doch wen stört das. Während meine Crew im schmalen Boot durch die Mangroven gleitet, erzählt mir Herr Bandura ein wenig über die Ethnobotanik seines Landes. Über die beliebte Zahnbürste, nämlich die gekauten Zweige des Jambakateng, die man auch als Reinigungstee gegen Magenschmerzen aufgießt. Oder das Lalo aus den gemahlenen Blättern des Nettobaums, dessen gelbe Samen das beliebte Speisegewürz liefern, Netto ist auch gut zum Schreinern. Kinder mögen die süßsauren Früchte des kleinen Baumes namens Sisiphus duduba. Die Blätter des Combrettum nigranta helfen gegen Malaria. Palmwein gewinnt man aus der Rhunpalme, deren Blätter zum Teppichknüpfen dienen, der Stamm ergibt Dächer und Brücken. Die Stämme des wilden Mango verarbeitet man zu Möbeln und zu Hirsestampfern. Und schließlich führt er mich auf der Rückfahrt geheimnisvoll in den dichten Pirangwald. Er steht nur deshalb noch, weil ein Schamane ihn vor drei Generationen mit einem Bann belegte. So mögen weite Landstriche Gambias einmal ausgesehen haben. Die kleine Fläche ist heute ein zaungeschützter Staatsforst. Ein Schicksal, das vielen Waldflächen Afrikas bevorsteht.
Sigi starb in Afrika.
Zehn Jahre waren vergangen, seit wir den blonden Christian mit der Kamera begleiteten zu den dornigen Acazien im fernen Ferlo des Senegal in Westafrika. 198o und 199o, eine Generation hatte die nächste abgelöst in La Brousse
im Süden des Sahel. 1990 brachen wir wieder auf in den Senegal, um zu dokumentieren, wie deutsche Entwicklungshilfe (Hilfe zur Selbsthilfe, Ressourcenschutz) sich hier entwickelt hatte, ob sie den Hirten geholfen hatte bei der Reparatur unendlicher Schäden an der Umwelt aus der Vergangenheit.
Wir fuhren wieder von Dakar auf der Küstenstraße nach St.Louis. Die Ortsnamen klangen vertraut. Die Bäume an der Landstraße waren höher gewachsen, aber die Baobabs sind noch immer die Denkmäler botanischer Lächerlichkeit. St.Louis, Hotel La Poste am Markt, vertraut die primitiven Wald- und Jagdbilder an den Wänden der Rezeption. Der Tee auf der umrankten Terrasse vor der stählernen Flussbrücke, deren Belag unter den Autoreifen sang wie die Berliner S-Bahn. Der Wind vom Meer kühlte die heiße Stirn. Draußen bettelten Kinder um ein paar Münzen. Ein uralter Bus bot Abenteuerfahrten ins Innere. Die Mädchen stolzierten schnippisch umher in kurzen Röcken und bunten Ohrgehängen. Das Zimmer 221 roch nach hunderttausend schwitzenden Vormietern. Fliegengitter knarrten, der Lokus zog nicht ab, die Dusche tröpfelte, die gehäkelte Überdecke gepunktet von Millionen Mückenleichen, auf dem dunklen Fliesenboden wanderten Heerscharen von Insekten unbekannte Wege. Die Nacht war durchwebt von bangen Träumen. Heiß stieg die Sonne über dem dunstig braunen Wasser.
Sigi steuerte nicht den vertrauten Weg über Richard Toll, er kam von Süden her und der alte Fuchs verfuhr sich im Gewirr der kreuz- und quer verlaufenden Pfade im gelben endlosen Sand. Musste freundliche Hirten nach dem Wege fragen, durch tiefe Furchen, vorbei an dürren Büschen, an Kümmerbäumen, und nirgends rief ein Vogel. Es knallte unerfreulich und der Reifen war platt. In kochender Hitze Gepäck auspacken, Wagenheber raus, Toyota hat den Ersatzreifen tief unter dem hinteren Blech versteckt. Der Backofenwind ohne Feuchte dörrte die Haut, der Körper verlangte nach Sprite
. Herden zogen meckernd vorüber, Hirten grüßten, ein Eselsgespann schleppte Wasser in dicken schwarzen LKW-Autoschläuchen.
Eine Rundhütte an kleiner Wasserstelle – und endlich, die weite, flache, braune, hufezertretene Arena um den Betonbrunnen. Vindou Tiengoli, Zentrum deutscher Entwicklungshilfe im Norden Senegals, Ort eines einst ehrgeizigen Aufforstungsprogramms der Acacia senegal. Größer war die deutsche Station geworden, schicker, mit Gästehaus, Veranda, Garten und Sonnendach. Hundert Meter weiter: Vindou, 7ooo Einwohner inzwischen, mit Straßen, einer Moschee, einer Schule und Kaufmannsläden. Die ordentlichen Deutschen haben eine Straßenbeleuchtung installiert. Fulbefrauen wanderten einher, neugierig die Toubabs musternd, hübsch in ihren leuchtend blauen Boubous mit den gleichfarbigen Kopftüchern. Weiß die langen Gewänder der würdevollen Herdenführer. Feuchte Händedrücke, Gemurmel in Französisch, in Fula und Wolof. Aber die schöne Aby, die einst die Zeichen in den Sand malte, sie ist nicht zu sehen, ist sie glücklich irgendwo da draußen im Ferlo mit dem Vater Ines?
Sigi hatte Weideperimeter vermessen und Zäune bauen lassen, wie schon vor zehn Jahren. Doch wer hielt sie instand gegen die akrobatischen bäumekletternden Ziegen? Wer zahlte wann für was? Immer nur die Deutschen? So wichtige Fragen wurden, wie überall in Afrika, im großen Palaver besprochen. Von Männern natürlich, denn die Frauen blieben beim Brunnen, bei den Kindern und am Kochherd. Unter den Männern des Fulbestammes war der würdige Carlingel alias Salika der Boss, ein gut aussehender Familienvater und Herdenführer aus altem Stamm. Mit ihm versammelten sich die Honoratioren im Hof, alle fein gemacht mit den besten Gewändern. Kein Afrikaner sitzt freiwillig in der Sonne, der Kameramann fürchtete aber um die richtige Belichtung der schwarzen Gesichter und ordnete an: alle ins Licht setzen. Sie taten es und schwitzten. (Wer zahlt, schafft an, oder?) Genossenschaftspräsident Dadal-ka begrüßte das deutsche Team und sagte, er würde gern mal nach Deutschland fahren um zu sehen, wie sich dort das Leben abspielt.
Gemessenen Schrittes gingen die Herdenführer auseinander, freundlich die Deutschen grüßend, die hier einen Wandel in Gang gesetzt haben. Sigi unter dem zerknüllten Trapperhut strahlte. Sein Baby, die geschützte Weide, war das einzige Projekt der Deutschen, das eine Zukunft hatte. Weil es den Intentionen der Fulanis entgegenkam, weil sie es begriffen. Vom hohen Wasserturm aus drehte die Kamera die ruhenden und trinkenden Herden an der Wasserstelle. Hier hatte sich in den zehn Jahren nichts zum Besseren geändert, aller Boden war wie immer zertrampelt von Hunderttausend Hufen und tot. Im Gästehaus. aufs Essen wartend, redete man über das gescheiterte deutsche Projekt. Sigi verteilte Kondome aus einer großen Tüte, für alle Fälle, ihr wisst ja, die Fulbefrauen sind selbstbewusst und frei in ihrem Liebesleben, aber passt gut auf!!!
Aufbruch. Schweigsam, bedrückt saß Sigi am Steuer. Früh morgens führte er zur Wasserstelle M'bar Toubab. Vor zehn Jahren ein Paradepferd der Entwicklungshilfe. Und heute? Wo waren Sigis Wassermelonen, wo die Tröpfchenbewässerung, wo die vielen kleinen Akazien in ihren Pflanzbeuteln, wo das neue Palaverhaus im schönen Arbeiterdorf? Ruinen, verwehte Trümmer, geborstene Wände, überwucherte Beete, ein einsamer Esel. Wieviele Deutsche Mark lagen im Sande vergraben und wieviele Hoffnungen. Ein ehrgeiziges Modell einer ökologischen Rundum-Aufforstung mit Siedlung und Gärten zur Selbstversorgung: tot und kaputt. Gescheitert an fehlender Zukunftsplanung, an der Überheblichkeit mancher Experten, die zwar die Landessprachen nicht sprechen, aber alles besser wissen als die Einheimischen. Weiter zur Wasserstelle Tatki.
Ach, da standen sie noch, die pflegeleichten Vielzweckbäume
der Marke Acacia senegal in Reih und Glied. In seiner produktiven Zeit liefert jeder Baum an die 3,6 kg des kostbaren Gummi arabicum. Doch das Missverhältnis zwischen den Produktionskosten und den Marktpreisen war zu groß. Schlimmer noch: 1983, drei Jahre nach dem ersten euphorischen Dreh brach die schreckliche langanhaltende Dürre übers Land herein – und so war aus der Traum.
Der Autor fragte nach den Betroffenen, den Fulbe (Pullo, Peul, Fulani). Das selbstbewußte 5-Millionen Volk gibt Rätsel auf. Deutsche Projekte erkundeten interdisziplinär das menschliche Umfeld: Geschichte, Religion, Bräuche, Gesundheit, Literatur, botanisches Wissen. Aus alter Freundschaft wurde er freundlich geladen ins geflochtene Rundhaus des alten Carlingel alias Salika. Der Kameramann hellte das Dunkel im Inneren auf mit Hilfe zweier Batterieleuchten, es entstand ein Rembrandt-Effekt. Selbstbewußt und schweigsam saßen sie auf den buntbedeckten Rundbänken an den Innenwänden. Das Familienoberhaupt Carlingel, neben ihm die älteste seiner vier Frauen namens Djoumel, eben befaßt mit der langwierigen Tee-Zeremonie. Zweitfrau Selam trug das Baby auf dem Arm. Tiefblau gewandet Tochter Dengeré, neben ihr die hübsche Fatime im grünen Gewand. Im Dunklen das Baby Djoumel und die Schwiegertochter Hola. Mit seinem ältesten Sohn zusammen hatte Carlingel im eingezäunten Perimeter 8o erwachsene Rinder, 3o Kälber, 8o Schafe und 4o Ziegen. Sie alle fühlten sich wohl, waren gut genährt, wohlhabend. Nirgends die Trommelbäuche der Unterernährung wie in anderen Teilen Afrikas.
Am frühen Morgen trugen, wie stets, die Frauen mühe- und würdevoll die Gefäße mit 4o und 5o Litern Wasser vom Brunnen in die Häuser, bereiteten den Tee, buken Küchlein aus Hirse in Öl. Die Herren ruhten derweil im Schatten, rauchten und plauderten. Eine junge Frau machte den Toubab aus Allemannia an, strich sich den Bauch, grinste freundlich mit weißen Zähnen. Alles lachte – sie nahm den Fremden auf den Arm und freute sich über dessen Verlegenheit. Zeigte aber stolz ihren Ausweis mit den Namen der Familie und viele große Fotos. Alle waren bereit, sich fotografieren zu lassen zum Abschied. Aus winzigen Gläsern der letzte süße, heiße Tee, ein feuchter Händedruck.
Die Wagenkolonne in Richtung Richard Toll und St.Louis rutschte durch den ausgefahrenen Sand. Der Ferlo sieht aus wie ein Stück afrikanischer Savanne, nur die Elefanten fehlen. Durch die Fenster strömte Luft aus dem Backofen, 5o Grad mindestens. Zeit zum Dösen. Bilder flimmerten vorbei. Erstaunlich, diese Fulani – immer brachen sie in Gelächter aus, für sie war der Toubab ein unbegreifliches Wesen aus einer fernen Welt. Wenn der Autor den Männern eine grobe Afrikakarte in den Sand malt, begriffen sie sofort, wo die Heimat war. Und zeigten auf Dinge, die sie haben wollten, akzeptierten ohne Aggression, wenn er seine Uhr nicht hergeben mochte. Diese Menschen lehrten ihn Geduld, Zeit-haben, das Hinnehmen von Gegebenheiten, das sich anpassen an Raum, Klima und Mitmensch. Niemand wird sie idealisieren, Schlitzohren die sie sind. Aber sie können Dinge lehren, die Westler mit ihrer Ratio dringend nötig hätten. In ihrer komfortablen Isolation wirkten die weißen Helfer oft unbeholfen, obwohl sie betont höflich auftraten, manchmal kriecherisch. Um ja nicht als Rassisten zu gelten.
Die Deutschen wollten das Verhalten der Hirten ändern, zu deren Bestem, wie man so sagte. Seit Jahrtausenden aber wandern die Herden über alle Grenzen hinweg dorthin, wo Gras wächst und ein Brunnen Wasser spendet. Dann sollten sie in umzäunten Arealen sesshaft werden, sollten ihren Stolz, die Herden, dezimieren, sollten gar Kühe schlachten lange vor dem Schlachtalter. Ein Markt für Kalbfleisch sollte in St.Louis entstehen, mit Hilfe der mutigen Madame Kane in ihrem buntbemalten Fleischstand. Wie aber wird es weitergehen? Sigi schnippste die Zigarette in den Sand, schob den Sombrero ins Genick: Da kommt ein alter Mann, wo wir in der Runde sitzen, und sagt, er will auch reden, aber nicht zu viel. Er wirft einen Stock in den Kreis und sagt, wir wollen nicht hoffen, daß dieser Stock ein geladenes Gewehr ist, denn dann löst sich ein Schuss, das Pulver ist verschossen, alles ist wie früher. Vor den Deutschen waren schon viele hier. Die haben es so gemacht wie das Gewehr, dann war das Pulver weg, sie selber weg und wir sind immer noch hier.
In der Runde sagte Sigi: ich bleibe! und heute sagt man, Sigi ist immer noch da.
Ein Kollege sagte, Sigi, du spinnst, gehst gesundheitlich kaputt in dem Backofen
. Dazu Sigi: Ich bin jetzt 23 Jahre hier, in Deutschland gehe ich kaputt, ich bin kein Bürokrat.
Sigi ist gestorben, irgendwo in Afrika, verbraucht im Dienst an der Sache, die sein Leben war.
Nachts in der bunten Halle des Hotels La Poste saß ein friedliches und fröhliches und manchmal singendes Relikt aus dem vorigen Jahrzehnt, die Lebedame Coumba – immer und zu allen Diensten bereit. Und leise rauschte der Gambia unter dem Fenster.
Im Lande der Apartheid
Episode Südafrika. Ich laufe in der Großstadt Johannesburg umher, sehe die getrennten Eingänge für Schwarz und Weiß an den Banken, an der Post, erblicke die schwarzen und weißen Bänke im Park. Die Menschen gehen aneinander vorbei, aber sie sehen sich nicht an, reden nicht miteinander, höchstens an der Tankstelle, im Laden, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Südafrika befindet sich noch in den Fängen der unseligen Apartheid. Sie ist erschreckend, diese strikte Trennung der Rassen. Ich will das Land und seine Menschen kennenlernen, mir einen Eindruck der besonderen Atmosphäre der Apartheid verschaffen. In grauslicher Morgenfrühe sitze ich in meinem VW, vollgetankt, das Tonbandgerät bereit mit frischen Batterien, hinten eine Kiste Bier für den Notfall. In diesem Land denkt man rechts und fährt links. Man fährt langsam mit 8o km/h. Radarkontrollen überall. Tankstellen nur in den Ortschaften und auf einer Farm vielleicht. Benzinpreise 60-70 Pfennig je Liter. Die Straßen sind gut, stückweise Autobahnen, nach einer Stunde erreiche ich das Städtchen mit dem vertrauten Namen Heidelberg, fahre weiter durch eine kahle Landschaft, hoch steht das Zuckerrohr auf den Feldern. Die politische Lage – so erzählt man mir, ist unruhig. Überall werden die kommenden Wahlen besprochen. Man erhofft sich danach einen stärkeren Einfluß der Conservation-Leute
, denn hier haben Naturliebhaber im Parlament keine Lobby, dafür um so mehr die Farmer. Wenn die für ihre Felder Wasser brauchen, werden von der Regierung Dämme gebaut, auch in den Tierparks. Um 10 bin ich in Warden, starker Regen setzt ein, ich fühle mich einsam in meinem Gehäuse, kaum ein Wagen passiert, die Straßen werden schmal. Mittags fahre ich in Pietermaritzburg ein, frage mich durch nach dem Campus der kleinen Universität. Hier residiert der junge Säugetiermann Dr. Meesters, der mir sein Institut zeigt. Er hält Kleinsäuger und Schlangen in Käfigen. Sein wissenschaftliches Hobby sind Fledermäuse, Gartenschläfer und Golden Mole. Die Nyalas sollen schon auf der Roten Liste gefährdeter Tiere stehen, sie seien besonders angepasst an das feuchte Klima des Zululandes. Er führt mich zum jugendlich englisch wirkenden Herrn Rowe-Rowe (gesprochen Raurau), der vor mir her fährt zum Queen-Elisabeth Park, seinem Arbeitsplatz, ein wunderschöner Park, wirklich.
Um 10 holt mich ein typischer Wildlife Mann ab, man traut ihm zu, dass der blauäugige Riese eine Legende wurde. Ian Player war es, der der Serie Daktari
zum Welterfolg verhalf. Über 25 Jahre hat er mit Erfolg versucht, durch das riesige Umsiedlungsprojekt das White Rhino zu retten. Ein schönes Buch hat Ian Player darüber geschrieben, und seine schwarzen Mitarbeiter kommen dabei nicht zu kurz, sein Verhältnis zu den Zulus ist ganz unverkrampft. Player kennt sie alle, die Geschichten der ersten Jäger, die Rhinos abschossen wie Hasen und wie König Shaka von seinem Halbbruder ermordet wurde. Heute werden die Rhinos vom Hubschrauber aus mit modernen Drogen betäubt, dann mit LKW abtransportiert, in der Rhino-Boama akklimatisiert und an die Zoos der Welt verschickt.
Player hat eine Wilderness Leadership School
gegründet auf einem Gutshof in Pietermaritzburg, wir besuchen sie, hier lernen junge Menschen aus aller Herren Länder in Kursen, wie man Spuren liest, wie man Lager errichtet und Tiere beobachtet, wie man ökologische Situationen einschätzt. Er ist recht stolz auf diese Schule, die sich lebhaften Zuspruchs erfreut. Aber Zulus sind wasserscheu, und die indischen Mädchen allzu schwer zu bewachen, er möchte gern mehr europäische Jugendliche hier haben.
Die rote Erde von Natal spritzt mir so heftig gegen die Scheibe, dass meine Wischer nicht gegenan kommen, dabei gießt es in Strömen. Fast blind folge ich dem vorausfahrenden Landrover Ian Players, der mit dem Tempo gar keine Rücksicht nimmt und neuen Schlamm aufwirft. Endlich fahren wir in den Hof. Ein altes, grün gestrichenes, fast könnte man sagen, heimeliges Kolonial-Stil-Haus mit großer Veranda und ganz aus Holz. Uns empfängt eine riesige Küche, nur Petroleumlicht leuchtet. In der hintersten Ecke, im Dustern nur zu ahnen, hockt eine tiefschwarze Gestalt mit weißen Haaren. Das ist Joe (einen eigenen Namen hat er auch), aber nicht irgendein Zulu, es ist der Urenkel von König Shaka, der einst die Engländer schlug. Wir trinken Kaffee, Ian redet seinen alten Mitarbeiter und Freund, der ihm immer half beim Umsiedeln der Rhinos, in der völlig unbegreiflichen Klicklautsprache der Zulus an und bittet ihn, für den Besucher doch etwas zu erzählen. Das tut Joe, und er erzählt in Zulu, Ian übersetzt ins Englische. Eine fantastische Geschichte entsteht vor meinen inneren Augen. Da ist ein uralter Baum in der Savanne irgendwo. Und in den Jahreszeiten kommen die Tiere, die Gazellen, die Baumläufer, die Vögel, jedes Tier hat etwas anderes vor mit dem Baum, jedem gibt er Nahrung. Schließlich kommt der Mensch, wird er den Baum fällen? Spannend ist es in der stillen Küche, draußen rauscht der Regen, drinnen duftet der Whisky in den Gläsern. Ich bin gebannt und fern in der rätselhaften Vergangenheit dieses unbegreiflichen Landes und kann die Apartheid nun schon gar nicht mehr verstehen Dann bringt Ian mich in ein Verandazimmer, ich öffne das Fenster und lausche den mannigfaltigen Tönen des dichten Waldes, der nahe am Haus beginnt. Und träume von Nashörnern, die auf mich zurennen, und ich kann nicht fliehen.
Es hat aufgeklart. Ian und ich fahren zu seinem Büro im Board und weiter in den Queen Elisabeth Park. Game-Warden David Rowe-Rowe zeigt mir noch ein paar seiner Lieblingstiere, er studiert eben das Fressverhalten des Fischotters, den er hier hält und erklärt mir den Weg zum 24 ooo Hektar großen Mkuzi Park. Ich fahre los, auf einer belebten Landstraße, die rechts manchmal den Blick freigibt auf den leuchtenden Pazifik. Schwarze Kinder am Straßenrand halten Holzfigürchen von Elefanten, Krokodilen und Büffeln feil.
Schilder weisen mich zum Parkplatz. Weiter in ein Rund ganz runder Häuser mit Strohdächern. Das ist die Mkuzi-Lodge. Irgendwo bezahle ich meinen Obolus von 5 Rand plus 2 fürs Auto und bekomme die Schlüssel zum Häuschen Nr.5. Die Doppeltür mit feiner Moskitogaze lässt mich in ein sauberes Innere, rund wie außen, mit kühlem Steinfußboden und hellem Holzmobilar. Ein schwarzer Boy kommt grüßend und fragt nach dem Begehr. Mir ist nach Fleisch, ich ordere ein Steak mit Bier. Es ist totenstill, selten ein dumpfer Vogellaut. Nach einer halben Stunde erscheint der Boy, deckt fein sauber den Tisch und stellt das Fleisch darauf mit dem Bier. Ein Trinkgeld lehnt er ab. Ich probiere.,. kaue ...
Es ist sauber gebratenes, duftendes Schuhsohlenleder. Meine Zähne leiden, aber ich habe Hunger und bleibe tapfer. Ein paar Sätze ins Tonband und ich schlafe tief. Die Parks sind in Südafrika Nationaleigentum, sie sollen so unberührt wie möglich bleiben, deshalb erlaubt der Board keinerlei Kommerzialisierung in Form von Läden oder Restaurants. Bettwäsche sollte jeder selbst mitbringen. Zelten nur unter Aufsicht eines Rangers. Wegen der Zäune und Farmen in der Umgebung kann das Wild nicht mehr frei umherwandern, es tendiert zu Überpopulationen, deshalb hat der Board 1972 schon 20 000 Antilopen und 1000 Rhinos in andere Gegenden umquartiert. Mkuzi hat Giraffen, Blue Wildebeest, Nyala, Steenbok, Zebras.
Die Nsumu-Pfanne ist in der Regenzeit überflutet und beherbergt Massen von Wasservögeln. Verstecke für beobachtende Touristen wurden überall gebaut. Streng verboten ist es, außerhalb des Camps zu Fuß zu gehen und Waffen zu tragen, man darf keine Geweihe wegnehmen und nicht im Fluss paddeln.
Ich nehme mein karges Gepäck, schaue auf die Benzinuhr, noch was drin, und fahre los. Drei Stunden Landstraße, zwei Zulumädchen winken, ich lasse sie ein. Sie sitzen auf der hinteren Bank und malen sich an, zinnoberrot die Lippen, ein hinreißender Kontrast zur mahagonischwarzen Haut. Sie reden mit vielen Klicks, ich finde dabei nicht statt. Mitnehmen von Schwarzen ist bei Strafe verboten, aber ich kann die Damen doch bei dem Regen nicht auf der Straße stehenlassen, oder? Irgendeiner erzählte mir, bei schweren Verkehrsvergehen gäbe es im Johannesburger Gefängnis sogar die Prügelstrafe! Dann der Eingang des großen Umfolozi-Game Reserve. Auf dem Parkweg, der befahren werden darf, treffe ich den jungen Wildhüter Christoph Freeman, der mich in sein Häuschen führt und zeigt, draußen äsen friedlich die Giraffen hoch im Gezweig. Eine Familie Warzenschweine rast schwanzwedelnd über den Weg. Herden von Pavianen laufen umher. Es gibt wieder 1500 Weiße Nashörner. Verstecke für das Filmen dürfen nur mit Dornengestrüpp erbaut werden, weil die Löwen hier überaus aggressiv seien. Der Park ist in einem vorzüglichen Zustand, der manchmal über die Ufer tretende Umfolozi bildet aber durchaus eine Gefahr. Es geht das Gerücht, man wolle den Umfolozi aufstauen, weil ein paar Zuckerrohrfarmer das wollen, das wäre das Ende des Parks und der White Rhinos. Der Park ist weit größer als Mkuzi und teilweise noch wilder. Die Hälfte des Gebiets um den Weißen Umfolozi ist mit Wagen nicht befahrbar.
Wieder auf die Landstraße. Ich fahre quer durch das Zululand, über Hlabisa, Nongoma, Sihlengeni, sechs Stunden durch eine wildromantische, einsame Gebirgslandschaft, hin und wieder ein Zuludorf, erstaunlich viel Wild. Rechtzeitig zum Abendbrot bin ich im Ort Vryheid, das nur aus alten Häusern und einer Tankstelle besteht. Mein Hotel ist ebenso alt und besteht aus Plüsch und Mief. An meinem Tisch sitzt ein unerfreulicher Handelsvertreter, der mir einen langen Vortrag hält über die unbezweifelbaren Vorteile der Apartheid, denn ohne diese würde der Staat ja untergehen, weil die Schwarzen ja gar nichts könnten, keine Technik, keine Landwirtschaft, überhaupt nichts. Der Abend endet mühsam, mir wird das Geschwätz zu viel, ich begebe mich in mein Plüschzimmer und sitze in der Badewanne, die auf geschwungenen Füßen ruht.
Bei den Paläoanthropologen
Mit einem weißen Wal-Skelett über dem Tor prunkt der backsteinerne Prachtbau des Museums für Anthropologie in Pretoria. Ein schwarzer Boy führt mich ins Chefzimmer, wo hinter Bergen von fossilierten Knochen und Schädeln verborgen das feine Gelehrtengesicht des Dr. Robert Brain hervor lugt. Er spricht über seine und der Kollegen Funde in den Höhlen von Sterkfontein und Swaartkrans, vom Australopitecus und dem frühen Homo. Er will mir alle Hilfe angedeihen lassen und lässt mich zurück mit Mr.Kemp, einem bekannten Vogelliebhaber und –forscher. Der mich aber nur nebenbei interessiert. Da ist die nächste Tür. Hinter ihr hockt eine wohlgestaltete Dame auf dem Boden, auch sie umgeben von braungrauen offenbar uralten Knochen. Freundlich berichtet sie von ihrer Arbeit über die Gazellen, die vor 3 Millionen Jahren in dieser Gegend lebten und über die sie ihre Dissertation schrieb, die beiden Bücher werden mir mit einer liebenswürdigen Widmung überreicht. Elisabeth Vrba ist eine Hamburgerin, hat nach Südafrika geheiratet und interessiert sich als Paläoanthropologin lebhaft für die klimatische Situation des Landes vor 2,5 Millionen Jahren, als es zu einer großräumigen Austrocknung Ostafrikas kam, zum Verschwinden der Urwälder. Und zum Erscheinen des frühen Menschen. Ein Zufall?
Ich bin für den Abend eingeladen und finde mich in der hübschen Vrba-Villa ein, mit Swimming Pool und einem tiefschwarzen Gärtner, der artig Good Evening sagt. Elisabeth spricht über Mrs.Ples und die Australopithecinen, die es einst hier reichlich gab. Wann, frage ich, hat das Drama mit den Vor- und Frühmenschen in Südafrika angefangen? Tobias sagt, in Taung, dieser Kleinstadt zwischen Kimberley und Vryburg in der Nordwestprovinz von Südafrika. Dort machte ein Arbeiter des Buxton-Steinbruchs jenen Fund, der das Weltbild änderte. 2005 wurde Taung und Makapanskat in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Alles begann mit einem Kind
wird Tobias später sagen. Dr.Raymond Dart, der Initiator, lehrte damals, 1924, an der University of Witwatersrand in Johannesburg. Er war sehr an Fossilien interessiert und bat den Besitzer des Steinbruchs in Taung, ihm Proben von Fossilien zu schicken, und es kamen Kisten voller Trümmer. Darunter der Abdruck einer Schädelinnenfläche. Dart berichtet: Man konnte deutlich die Ausbuchtungen und Furchen des Gehirns und die Blutgefäße erkennen
. Vorsichtig legte Dart den kleinen Schädel in eine mit Sand gefüllte Kiste und klopfte vorsichtig die Breccie ab. Und dann sah er den Schädel eines kleinen Kindes. Dart dachte lange nach, dann schrieb er einen Artikel für die angesehene britische Zeitschrift Nature
, in dem er diesem Wesen auch den Namen gab: Australopithecus africanus, der aus dem Süden stammende Affe aus Afrika. Zum ersten Mal erfuhren die Leser, daß ein aufrecht gehendes Wesen mit einem Gehirn, das kaum größer war als das eines Menschenaffen, auf dieser Erde gelebt hatte. Und das Kind von Taung brachte einen Schlager in die Welt: Who was that girl I saw you with last night; is she from Taung?
Phillip Tobias in seinen Erinnerungen:
Alles begann mit einem etwa vierjährigen Kind, mit dem drei Millionen Jahre alten Schädel von Taung, dem ersten aller Geschenke Afrikas zur menschlichen Vergangenheit. Die Welt erfuhr davon an dem Tag, da ich empfangen wurde, und neun Monate später wurde ich geboren. Der Schädel hat uns die Augen geöffnet. Er zeigte uns zum ersten Mal, dass Afrika sich mit Recht die
Wiege der Menschheit
nennt. Das Taungkind war ein Schock, und die Welt weigerte sich 25 Jahre lang, es zu akzeptieren. Dann aber brachte das Kind den Stein ins Rollen. Es war kein Mensch, noch nicht. Zu seiner Zeit, lebten in den Landschaften Südafrikas kleine Horden der Australopithecinen, afrikanische Südaffen, zu denen auch das Kind gehörte.
Als ich mit 18 Jahren zuerst von diesem Taung Schädel hörte, war ich sofort gefangen in den vielen Fragen nach unseren Vorfahren und habe seitdem nie aufgehört, nach Antworten zu suchen.
Skelettwüste Namib
Auf der Südhalbkugel neigte sich das Jahr dem Herbst zu. Die Sonne schien noch warm vom hohen Himmel mit den aufgetürmten weißen Wolken. Auf der Kaiserstraße in Windhoek sprach man das Deutsch der Kolonialzeit, und die schwarzen Ladies wandelten in blaugestreiften Wollstolas, fußlangen Kleidern und Kopftüchern umher wie seinerzeit die Dienstmädchen der wohlhabenden deutschen Kolonisten. Todschick. Ihre Lippen waren, anders wohl als 1890, zinnoberrot bemalt, und auch sie unterhielten sich in deutscher Sprache. Wie die Kuchenvertilger im Café, wie der Mann an der Wurlitzer Orgel im Hotel Foyer, wie Frau Großmann in der deutschen Buchhandlung, die mir einen Krimi für den langen Abend verkaufte. So kurz die Epoche der deutschen Kolonie Deutsch Südwest
gewährt hatte, sie hinterließ Spuren. Wie ein Kleindeutschland aus heroischer Kaiserzeit war ein Relikt namens Windhoek übrig geblieben, eine biedermeierliche Oase strikter Apartheid. Wenn nur die stiernackigen Mannsbilder nicht gewesen wären im Biergarten gegenüber. Sie stemmten Humpen mit dem goldenen Bier und grölten vaterländische Lieder, die weithin hallten. Ich floh die Stätte. Ich hatte zu warten im bunt blühenden Park vor dem kaiserlich-klassizistischen Bau der ehemaligen Kolonialverwaltung, entworfen von Berliner Architekten. Männer mähten und begossen gemächlich das satte Rasengrün. Geschützrohre von Krupp drohten vor roten Geranien irgendwohin. Ein Gainsborough Gemälde zwischen Krieg und Frieden. Ein Platz zum Träumen über huschenden Eidechsen.
Auf der Sandpad aus rotbraunem Schotterstein bin ich einige Stunden gefahren, eingehüllt in Wolken von Staub, so dass der Straußenhahn, der mit mir um die Wette lief, mich kaum sah und resigniert aufgab. Die wenigen Flüsse führten nur Rinnsale. Kein Mensch weit und breit, kein Haus. Verstreute Pinien. Das Gras stand in einsamen Büscheln. Windräder am Horizont pumpten Grundwasser. Immer häufiger die wulstigen Nester der Siedelweber-Vögel hoch im Geäst, die Nester fast zu schwer für den Baum, es sah aus, als mahnten Fanale gegen den rötlichen Horizont. Irgendwo kam eine Abzweigung, und ich hielt vor dem Hoftor der Familie Crantz, die mich im feinsten Deutsch empfing. Seit 1923 bewirtschaftete Jürgen Crantz seine 60 000 Hektar Farm. Der dürre Boden reichte nur für Karakul Schafe, deren frisch Geborene schwarzes Fell trugen, das ihnen genommen wurde und aufgespannt wurde zum Trocknen, auf dem Markt brachte das Persianer Fell einen hohen Preis. Jürgen flog oft mit seiner Cessna über sein Land, weil es so riesig war. Ich speiste im gut deutschen Wohnzimmer und verließ die Familie nur ungern. In Deutschland, meinte der Farmer, könne er nicht leben, viel zu eng. Kein Wunder bei seinen Grenzen bis zum Horizont.
Ich war wieder unterwegs. Stunden grandioser Langeweile auf der Pad nach Swakopmund. Meterhohe, rostrote Termitenhügel, deutsche Namen im Dorf Okahandja. Der Swakopfluß trocken gefallen. Gedanken beim Fahren. Vor Jahrzehnten sind die Schutztruppen des Deutschen Reiches hier drei Wochen marschiert auf einer Strecke, die mich fünf Stunden kostet. Haben sie gejubelt – 1914, als der Krieg gegen England ausbrach und der verehrte General Paul von Lettow-Vorbeck die Deutschen kommandierte? Deutsch-Südwest bewahrte verflogene, deutsche Träume wie ein Freilichtmuseum.
Mittags am Felsenstrand vor dem gewaltigen Ozean, hinter mir das Museum von Swakopmund. Weiter über Walfischbucht auf trockener Straße neben roten Dünen, niemand begegnete mir. Bitte lieber Gott, hier keine Reifenpanne, keine Zapfsäule bis zum Horizont. Das verrostete Schild Namibpark
ließ einen Wächter vermuten, doch niemand verlangte Paß oder Ticket.
Die Namib, Skelettwüste
unter Kennern, hatte manchen Forscher, manche ortsfremden Diamantsucher als Skelett im braunen Sand verdorren lassen. Nur in jeweils zwei Landrovern durften Expeditionen fahren in den Sänden, damit einer Hilfe holen konnte im Falle des Verirrens. Triffst du auf die eigenen Spuren, kehre um, bevor es zu spät ist
, sagte man den Reisenden. Und im Sande, verweht von der Zeit, fand sich manches Utensil aus den Tagen der deutschen Schutztruppe. Ein Helm, ein Kochgeschirr, ein paar Patronenhülsen. Es war ein deutscher Corporal, der 1914 den ersten Rohdiamanten fand und so ungewollt das weltweite Diamantenfieber auslöste.
Dann hielten wir vor dem schmucken, weißen Bungalowdorf Gobabeb mit dem hohen Wasserturm. Das Eiland in der Wüste. Im Gästebungalow summte der Kühlschrank, die Lücken in den vorgebauten Ziegelwänden beherbergten Blumen und Schmetterlinge, heimelig. Der Abend warf lange Schatten in der staubfreien Luft. Jedes Sandkorn sah aus wie ein winziger Turm. Der Abend verlor sich in rötlich-blauen Farbtönen. Meine Schritte knirschten im Sand, mich überfiel unbeherrschbar eine Traumzeitstimmung – ich glaubte, die Vögel wie Geisterstimmen aus dem Jenseits zu hören. Könnte dieser Augenblick Ewigkeit werden! Wie im Scherz und aus unerfindlichen Gründen sprangen Grillen meterhoch und fielen mit einem sanften Plop zu Boden. Minuten später brach die Nacht herein . Die glimmenden Punkte der Zigaretten schwebten vor dem Himmel und dem Kreuz des Südens. Leise Worte über Wüsten, wie wir sie kannten. Die Gobi, der Sinai, die Namib, die Sahara. Warum wurden die großen Religionen in Wüsten geboren? Ist es die Wüste, die uns aus uns selbst herausschleudert in die Unwägbarkeit der eigenen Existenz, so dass wir glauben, göttliche Stimmen zu hören? Wüsten stellen so viele Fragen und geben so selten Antworten, die ein dummer Mensch verstehen könnte.
Die Chefin des Wüstenforschungsinstituts Gobabeb, Mary Seely, rief mich zu sich. Im Labor pusselte sie an ihren Käfersammlungen herum. Anpassungen sind unser Thema
, sagte sie, überall Anpassungen an die Wüstentrockenheit, aber die sind gar nicht so häufig, viel eher trifft man auf Vermeidungsstrategien, die Tiere graben sich tagsüber ein, um der Hitze zu entgehen. Viele Wüstentiere kommen nur früh am Morgen ins Freie, weil später die Hitze ihr Maximum erreicht, und die ist nur für Minuten zu ertragen. Eine weiße Schutzfärbung als Anpassung allein würde nichts bringen.
Mary dozierte gern bei Tee und Biskuits, über adaptive Färbungen, dann sprudelte sie über von Ideen, und es gebe ja immer neue, offene Fragen. Stunden wollte ich mit dieser sympathisch engagierten Forscherin diskutieren, ihr zuhören, lernen. Nach einem freundlichen Gutenachtgruß musste ich hinaustreten in die samtschwarze Nacht, hörte das Plop der verrückten Springgrillen und schaute wieder hinauf zum Kreuz des Südens, das jeder Autor zu besingen hat. Ich fand es eher enttäuschend im Vergleich zu unserem Großen Bären – aber das ist vielleicht nördlicher Lokalpatriotismus.
Am Morgen erzählte Mary gelöst und fröhlich von dem spannenden Verhalten der Ernteameisen und den Tieren, die von ihnen leben. Efficiency
, rief sie und dozierte über die Energiekrise, die das Leben hier im Lande lähmte. In der Efficiency könne der Mensch von den Wüstentieren lernen, die ja sehr vorsichtig mit ihren Energien umgehen. Und da sind die Leben tragenden Nebelschwaden mit ihrer geringen, aber unendlich wichtigen Feuchtigkeit. Und der Wind, auch er ein Umweltfaktor für Tier und Mensch. Mary erzählte von ihrer meteorologischen Station, 25 km draußen, da hielte es kein Mensch aus, aber sie bekäme von da hervorragende Klimadaten. Sie würde so gern Wissenschaftler und Publizisten aus Europa und den USA einladen, damit sie es sehen könnten. Mit hochgekrempelten Hosenbeinen standen wir im warmen, leise strömenden braunen Wasser des Kuisib und sprachen über die Hottentotten, die hier oft vorbeikommen. Am Ufer fotografierte ich voller Hingabe die Blütenstände der Welwitschia mirabilis, der ältesten und primitivsten Pflanze der Erde. Unendlich alt soll sie werden, niemand weiß es genau. Wie ja auch die Namib so viele Rätsel birgt, die niemand löste bisher.
13 Jahre nach meinem Besuch wurde Südwestafrika, ohne die Walfischbucht, zur Republik Namibia ausgerufen. Im März 1990 wurde die Republik unabhängig. Ich telefonierte noch manchmal mit Dr.Seely in Gobabeb. Strahlend erzählte sie mir, ihre Desert Research Foundation of Namibia
sei seit der Unabhängigkeit von Geldgebern abhängig, wie der Deutschen Gesellschaft für technische Zusammenarbeit GTZ, von Aufenthaltsgebühren ausländischer Wissenschaftler und von großzügigen Sponsoren. Mary hatte ihre Hände nicht in den Schoß gelegt. Über Jahre hatte sie das Verhalten des nebeltrinkenden Schwarzkäfers
Onomacris unguicularis studiert. Er nutzt die rund 60 Tage, an denen die Nebel von der Atlantikküste bis weit in die Dünen hinein kriechen, um vom Dünenkamm aus sein Hinterteil in den Wind zu halten. Die Luftfeuchtigkeit kondensiert an seinem Körper und läuft bis zu seiner Mundöffnung. Dr. Seelys hier gewonnenen Erkenntnisse gaben Forschern in Chile die Idee, Trinkwasser aus Nebel zu gewinnen. Nahe dem chilenischen Dorf El Tofo, das in einem Trockengebiet an der Küste liegt und von Nebeln überzogen wird, filtern Nebelnetze rund 11.000 Liter Wasser pro Nebeltag aus der Luft. Solche Netze stehen nun auch in Gobabeb, für Großversuche fehlten aber bisher die Mittel. Ein Wunder für mich und manchen Besucher, was eine Forscherin den Winzlingen – wir würden sie kaum erkennen – im Wüstensand alles ablauscht. Auch dies machte für mich die Faszination aus, die Gobabeb in die Welt hinausschickt.
Der Frühmensch war kein Killer!
Ich bin wieder in Pretoria. Verabredung: Um 1o am Walfisch. Riesig und weiß hing er dekorativ aber irgendwie fehl am Platz an der Frontseite des klassizistischen Museumsbaus. Elisabeth Vrba hatte ihren Gatten mitgebracht und ein befreundetes Ehepaar mit Kindern und Hund. Drei Autos rollten in Kolonne hinaus über unbelebte Landstraßen, bis es irgendwo links ab ging. Keuchend mühten sich die Stadtwagen steinige Dornenwege hinauf und hinab, bis nichts mehr ging. Sonntäglich gewandet marschierte man das letzte steile Stück, kaum achtend der eigentümlichen Landschaft, die meine Phantasie an graue Frühzeit erinnert, als Pithek und Homo ängstlich schnatternd umherliefen, auf der Flucht vor falschen und echten Säbelzahnkatzen. Rot angehaucht von Hitze und Lauf, den gelben Sonnenhut schlenkernd in der Hand, konnte Elisabeth es kaum erwarten, ihrem Publikum i h r e Höhle vorzuführen, wie eine ganz besondere Theaterkulisse. Sie hatte Brodersdorp in der vorigen Woche entdeckt, hatte sofort entschieden, dass man dort graben würde.
Den Dolomit erläuterte sie, und die harte Breccia mit den auch dem Laien erkennbaren Einschlüssen von Knochenfragmenten. Mindestens eine, vermutlich aber zweieinhalb Millionen Jahre sei die Höhle alt, das wäre die Periode früher Homo Evolution. Mit Glück hoffte sie den Südaffen, vielleicht gar Steinwerkzeug zu finden. Holz wurde gesammelt, klein gehauen, Steine zum Rund geschichtet, Feuer entzündet. Wie ganz früher lagerten Männer, Frauen, Kinder und Hunde , öffneten Dosen, leerten Kofferräume. An alles war gedacht, man war es gewöhnt, zu lagern im weiten eigenen Land. Von den Schwarzen sprach man nicht, sie waren nicht existent, eine akademische Frage im Lande der Apartheid. Inzwischen saß Elisabeth für die Kamera mit Hut vor der Nachbarhöhle in Kromdraai und erklärte ihre Philosophie:
Früher als vor zwei Millionen Jahren finden wir Antilopen mit kurzen Zähnen. Es waren Laubfresser und auf Wasser angewiesen. Diese Tiere lebten vor 3 Millionen Jahren zusammen mit Lebewesen wie Mrs.Ples, dem Affenmenschen von Sterkfontein. Dies bedeutet, es hat im Tal von Sterkfontein zwei Phasen des Klimas und der Vegetation gegeben: Ganz früh war es Buschland, vermutlich mit höheren Niederschlägen, da lebte der grazile Affenmensch. Später dann, mit der Ankunft des Frühmenschen, öffnete sich die afrikanische Savanne. Wir entdecken in ganz Afrika: Der Ursprung des Menschen ist eng verbunden mit dem offenen Grasland, in dem Regenzeiten herrschen und trockenere Umweltbedingungen.
Nach ihrer These haben wir Menschen klein angefangen und mussten einen weiten Weg gehen, vom Gejagten zum Jäger. Elisabeth lächelt charmant. Vorfahr Pithecanthropus starrt ernst von der Wand. Eine Schlüsselfrage lautete: Wie und wann haben unsere frühen Vorfahren den entscheidenden Schritt getan, vom Affenmenschen zum Menschen? Eine Antwort fand ich in den Kalksteinhöhlen von Transvaal. Am Eingang der Höhle von Swaartkrans traf ich den prominenten Paläontologen Dr.Robert Brain:
Ich glaube nicht, dass irgendeines der Zeugnisse, die ich in den Höhlen von Transvaal gefunden habe, die Theorie untermauert, der Mensch habe als mächtiger Jäger oder Killer begonnen. Die Zeugnisse zeigen vielmehr, dass der Mensch ein gejagtes Tier war. Ganz allmählich nur, mit wachsender Intelligenz, mit sich entwickelnder Technik, mit seiner Steinkultur, vielleicht mit seiner Knochen- und Holzkultur, hat sich der Mensch allmählich zum mächtigen Jäger entwickelt. In gemeinschaftlicher Jagd konnte er die großen und mächtigen Tiere überwinden, die damals mit ihm lebten.
Nach Brains These haben wir Menschen ziemlich klein angefangen und mussten einen weiten Weg gehen, vom Gejagten zum Jäger.
Alles begann mit einem Kind
Freunde hatten mich gewarnt. Die Apartheid sei ja nun, dank Mandela, vorbei – das neue Bandenunwesen, der Hass auf die ehemaligen, weißen Herren, aber sei dabei, das Land und das Leben darin lahmzulegen. Überall sah ich Wohnanlagen der Weißen, die mit massiven Stahlkonstruktionen und elektronischen Anlagen vor Einbrüchen gesichert waren. Am Flugplatz stand Herr Groenewald, mein Kameramann, ein Deutscher aus Namibia. Er sammelte mein Gepäck auf, wir suchten den Leihwagen, fuhren in die Stadt. Man muss sehr vorsichtig sein, meinte er, niemand hält bei Rot an der Kreuzung an, jeder hat zu viel Angst vor den schwarzen Banden. Die nehmen keine Rücksicht. Als wir dann über die Landstraßen fuhren in Richtung Süden, erkannten wir die Wirkungen der neuen Apartheid
, am Wegrand standen die Schilder: Zu verkaufen! Viele weiße Farmer waren schon ausgewandert, hatten verkauft, andere würden folgen. Das schöne und einst wohlhabende Agrarland hatte sich verändert. Am Tag nach Pfingsten konnte ich endlich Sterkfontein wiedersehen, die inzwischen weltbekannte Schatzkammer fossiler Knochen. Sterkfontein, das Nationale Monument, das Erbe der Menschheit auf der UNESCO-Liste. Der kleine Verkaufsladen am Eingang hatte sich modernisiert, da kaufte man sich ein T-Shirt mit Aufdruck. Am dunklen Eingang zur Höhle war mir seltsam zumute, ich dachte an einen heiligen Friedhof, auf dem unsere äonenalten Ahnen ruhen. Ron Clarke erschien und wirkte ernsthafter, professoraler als vor 25 Jahren, da wir uns zum letzten Mal sahen.
Ron ist wie keiner zuhause in den Gängen und Höhlen im dolomitischen Gestein mit ihren Einschlüssen von Tier- und Menschenknochen. Die Höhlen Südafrikas befinden sich in mehr als 2 Milliarden Jahre altem Dolomitgestein (Travertin, ein fast reiner Kalkstein) Sie wurden vor wenigen Millionen Jahren zuerst mit unter der Grundwasser-Oberfläche ausfallendem Travertin und später mit Sedimenten und Knochenresten von außen aufgefüllt. Als der Travertin zu Beginn des 20. Jahrhunderts bergmännisch abgebaut wurde, blieb eine heute begehbare Aushöhlung entlang der Grenzen der mit Calcit verfestigten übrigen Höhlenfüllungen zurück. Beim Abbau des Travertin hat man viel zerstört durch Sprengungen, aber auch manchen Fund zutage gebracht. Clarke deutet im Schein der Lampe auf hervortretende Knochen. Hier sehen Sie Bruchstücke großer Affen, von der Säbelzahnkatze, von einer langbeinigen Hyäne, alle so alt wie das Skelett des Australopithecus, das wir vor kurzem gefunden haben.
Professor Tobias glaubt, dass nach den etwa 700 Fundstücken, die in Sterkfontein bisher geborgen wurden, (das sind etwa 5% der Schätze) Funde für mindestens noch 100 Jahre Arbeit hier lagern. Die ältesten Depots wurden noch nicht entdeckt. Die Evolution des Menschen könnte hier immer neue Gesichter bekommen. Wer wird die kostbaren Knochen ausgraben, wenn die Weißen das Land vielleicht verlassen müssen?
Johannesburg, Witwatersrand Universität. Der große Alte Mann sitzt vor mir, hinter ihm die Vitrinen mit der weltweit größten Sammlung fossiler Vor-und Frühmenschenknochen. Was wäre aus der Paläoanthropologie geworden ohne diesen unbestechlichen Geist mit seinen lebhaften Intuitionen. Mancher Adept dieser Wissenschaft pilgerte schon nach Südafrika, nur um Professor Phillip Tobias zu hören, wenn er z.B. über das Wachstum des menschlichen Hirns im Laufe der Evolution spricht. Wir hatten uns in den 7oer Jahren gesehen, und nun waren wir beide alt geworden, und ich frage ihn bei der ersten Tasse Tee, die Heather, seine besorgte Sekretärin, brachte, wo dieser ganze Zirkus, den man heute um den frühesten Menschen macht, begonnen habe. Und Tobias in seinem gepflegten, sonderbar altmodisch klingenden Englisch sprach, während seine großen Hände liebevoll den winzigen Schädel umfassten:
Alles hat angefangen mit diesem kleinen Kind, dem Taung Schädel. Dies war das erste der vielen Geschenke Afrikas an die Menschheit. Es wurde der Welt gezeigt fast am selben Tag, da ich empfangen wurde, und neun Monate später bin ich geboren worden. Der Schädel gelangte in die Hände meines alten Lehrers Professor Raymond Dart. Dieser Australier saß auf dem Lehrstuhl für Anatomie der Witwatersrand Universität.
Der Kinderschädel hat allen die Augen geöffnet. Er zeigte zum ersten Mal, dass Afrika sich die Wiege der Menschheit nennen konnte. Aber so hat man dies Kind von Taung nicht sehen wollen, denn es kam ja vom falschen
Kontinent. Es war ein Schock, und man weigerte sich 25 Jahre lang, das Fossil anzuerkennen. Inzwischen kamen viele neue und ähnliche Fossilien ans Licht, und man erkannte, dass Taung zu Lebzeiten ein kleines Kind gewesen ist im Alter von drei oder vier Jahren. Und es war gestorben vor drei oder vier Millionen Jahren hier beim Ort Taung in Südafrika. Heute haben wir solche Fossilien von erwachsenen Männer und Frauen und Heranwachsenden. Raymond Dart gab der Population den Namen Australopithecus africanus.
Tobias hält den Schädel von Mrs. Ples in Händen und man sieht, er liebt sie sehr. Dies Fossil einer erwachsenen Frau, dem wir den Kosenamen
Mrs. Ples
gaben, kommt aus der Sterkfontein – eine wundervolle Entdeckung. Dann starb Broom und Robinson ging nach Amerika – da habe ich in der Nachfolge von Raymond Dart den Lehrstuhl für Anatomie geerbt. 1966 gab ich den Startschuß für eine neue Grabung in Sterkfontein. Es sind nun 35 Jahre, dass ein Team von 8-1o Leuten da arbeiten, fünf Tage die Woche, 40 Wochen im Jahr, und das Jahr für Jahr –können Sie sich so was vorstellen? Nun, dann ist es kein Wunder, dass wir in dieser langen Arbeitsperiode 600 Skelette von Hominiden fanden, die meisten gehörten zur Spezies Australopithecus africanus. Und diese 600 Skelette gaben uns eine fantastische Einsicht in die Biologie einer Population, in die Vielfalt der Erscheinungen, die großen Wesen, die kleinen, die älteren, die jüngeren, die Männer, die Frauen – also die ganze Serie von Unterschieden innerhalb der Spezies. Ich weiß heute, dass unsere Vorfahren genau so unterschiedlich aussahen wie wir heute.
Wir haben so viel Material, dass wir heute den Zeitraum von annähernd 3,5 Millionen Jahren bis zu weniger als 100 000 Jahren Menschheitsgeschichte überblicken können. Aber irgendwo in dieser Geschichte finden wir in Sterkfontein die Werkzeuge von zwei verschiedenen Kulturen. Die ältere ist die, von der Mary Leaky sprach in ihrem großen Werk At Oldoway Gorge
in Tanzania. In späteren Schichten menschlicher Entwicklung, finden wir Faustbeile und Handäxte. Frage also: Wer machte diese Steinwerkzeuge? War das der Australopithecus?
Nein, denn in dessen Schichten gibt es keine Werkzeuge. Wenn Sie aber in die jüngeren Schichten gehen, näher als 2 Millionen Jahre, dann finden Sie Werkzeuge, und auf einmal kommt da eine andere Art von Hominid ins Bild, die südafrikanische Form des Homo habilis. Des ersten richtigen Menschen, der sprechen konnte.
Afrika ist also doch die Wiege der Menschheit. Paläoanthropologen wie Tobias haben es bewiesen. Und wir sind aufgerufen, diese unsere Wiege sorglich zu behandeln und nicht zu zerstören, wie es jetzt an so vielen Orten des Kontinents geschieht.