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80er, 90er Jahre; das 21. Jahrhundert

1980
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Die 80er bis 90er und das 21.Jahrhundert
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ZeitungsausschnittZeitungsbericht über die Ausstellung Ein Kleid von Dior Weihnachtsbaum in New YorkEislaufen unter dem großen Weihnachtsbaum am Rockefeller Center Häuser als GeschenkWir bestaunten die Hochhäuser, die als große Geschenke verpackt waren


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Ein Kleid von Dior

Anfang der 1980er Jahre gab es einen Fernsehfilm mit dem Titel Ein Kleid von DiorEin Kleid von Dior ist ein deutscher Fernsehfilm von Peter Weck aus dem Jahr 1982. Er beruht auf dem Roman Ein Kleid von Dior (Flowers for Mrs. Harris) von Paul Gallico aus dem Jahr 1958., mit Inge Meysel in der Hauptrolle. Sie spielte eine Putzfrau, deren größter Wunsch es war, ein Kleid aus dem berühmten Pariser Modehaus Dior zu besitzen. Dafür fehlte ihr allerdings das nötige Kleingeld und so sparte sie, wo sie nur konnte, gönnte sich nur das Nötigste, nahm mehrere Putzstellen an und versuchte es sogar mit Glückspiel, um das Geld für ihren Wunschtraum zusammenzusparen.

Es war ein sehr unterhaltsamer Film, den ich mir zusammen mit meiner Schwiegermutter ansah, die gerade bei uns zu Besuch war. Wir beide hatten unterschiedliche Meinungen zu diesem Film. Während für mich die Motivation der Hauptdarstellerin überhaupt nicht nachvollziehbar war, konnte sich meine Schwiegermutter voll damit identifizieren. Das wunderte mich nicht, denn sie legte großen Wert auf gute Kleidung, und zum Einkaufen kamen für sie nur die besten Modegeschäfte am Ort in Frage.

Allerdings hatte sie eine Angewohnheit, die sie auch mit meinen Großtanten teilte: Das neue Stück wurde erst einmal in den Kleiderschrank gehängt und geschont bis zu einem würdigen Anlass, um es zum ersten Mal zu tragen. Das konnte manchmal lange dauern. Aber die Kleidung kam nicht aus der Mode, denn es wurde immer zeitlos und solide gekauft. Zu mir sagte man immer vorwurfsvoll: Musst du denn immer gleich alles aaschlampemundartlich Hessisch; auf Norddeutsch etwa: Man muss immer gleich das Neueste übern Hintern ziehen, verschlampen, verschludern, verhuntzen…?, wenn ich neue Kleidungsstücke sofort trug.

In der Adventszeit des gleichen Jahres verbrachten mein Mann und ich eine Woche in New York. Weniger um zu shoppen, denn dafür ist mein Mann nicht zu begeistern. Wir wollten das weihnachtliche Flair dieser Großstadt einsaugen. Es war unvergesslich, wir waren zum Eislaufen unter dem großen Weihnachtsbaum am Rockefeller Center, bestaunten die Hochhäuser, die als große Geschenke verpackt waren, besuchten eine Show in der Radio City Music Hall und andere Theater. Die Karten hierfür kauften wir, als Restkarten für den laufenden Tag, zum halben Preis, im Erdgeschoss in einem der damals noch existierenden Twin Towers des World Trade Centers.

Doch ganz ohne Einkaufen ging es doch nicht ab. Ich entdeckte in der Nähe der Wall Street einen Outletstore mit Kleidung der berühmtesten Modeschöpfer. Widerstrebend ging mein Mann mit mir hinein. Er konnte aber bald aufatmen, denn ein Haut-Couture-Kleid kam für mich nicht in Frage. Ich war nämlich weit entfernt davon, dass ich in die kleinen Kleidergrößen, die hier angeboten wurden, hineinpasste. Ich kaufte mir dann ein buntes Seidentuch von Hermès. Ein Schal hat keine Kleidergröße und passt immer. Beim Hinausgehen entdeckte ich noch die Wäscheabteilung von Dior. Ich erinnerte mich an den Film, der eingangs beschrieben wurde und dachte, dass wir hier vielleicht für die Schwiegermutter etwas finden könnten. Und tatsächlich, wir erstanden ein cremefarbenes Seidennachthemd von Dior. Es wurde edel in Seidenpapier eingepackt und kam in einen ebenfalls cremefarbenen Karton mit der schwarzen Aufschrift Christian Dior. Eine große Tragetasche mit dem Firmenlogo zum Angeben bekamen wir auch. Beide Sachen kosteten zwar nur einen Bruchteil des normalen Preises, waren aber trotzdem nicht ganz billig.

Dieses Nachthemd bekam meine Schwiegermutter zu Weihnachten geschenkt. Wie erwartet, freute sie sich riesig darüber. Nun hatte sie, wenn schon kein Kleid, doch wenigstens ein Nachtkleid von Dior.

Ein paar Jahre später ging es meiner Schwiegermutter gesundheitlich nicht mehr so gut und sie zog aus ihrer Wohnung in Offenbach in eine Wohnung im Haus ihres Bruders in einen Vorort von Gießen. Hier war sie nicht mehr allein, denn hier lebte ihre große Familie. Ihr Neffe ist Arzt, der sich hauptberuflich für einen würdevollen Umgang mit Sterben und Tod in unserer Gesellschaft einsetzt, seine Frau ist Krankenschwester. Somit waren diese beiden eine große Hilfe bei der nun benötigten Pflege.

Den Umzug organisierten mein Mann und ich. Als wir den Hausstand in die Umzugskartons packten, entdeckte ich das Nachthemd, noch originalverpackt und ungetragen, in ihrem Kleiderschrank. Nanu, für welchen Anlass will sie das denn aufsparen?, dachte ich.

Die Krankheit zog sich länger hin und Schwiegermutter lebte noch einige schöne Jahre im Haus ihres Bruders, wo wir sie immer wieder besuchten. 2003 verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand jedoch und wir wussten, dass es dem Ende zuging. Wir waren gerade von einem Besuch in Gießen zurückgekommen, als der Bruder anrief und uns bat, sofort wieder zurückzufahren. Das taten wir und kamen gerade noch rechtzeitig, um uns von der Mutter und Schwiegermutter zu verabschieden. In der folgenden Nacht schlief sie friedlich für immer in ihrem eigenen Bett ein.

Nachdem am frühen Morgen der Arzt den Totenschein ausgestellt hatte, gingen wir zum Beerdigungsinstitut, um die weiteren Formalitäten zu erledigen. Währenddessen wurde die Verstorbene von ihrem Neffen und dessen Frau gewaschen, angezogen und aufgebahrt. Als wir zurückkamen, lag die Schwiegermutter wie friedlich schlafend in ihrem Bett, über den gefalteten Händen lag ein Rosenkranz und auf dem Nachttisch brannte eine große Kerze. Als ich näher hinsah, war ich sprachlos, sie hatte das Nachthemd von Dior an. Wir hatten ihr also ihr Totenhemd geschenkt. - Makaber!

Als ich darüber nachdachte, kam ich zu dem Schluss: Sie hatte dieses für sie wertvolle Stück für einen ganz besonderen Anlass aufgehoben. Als fromme Katholikin war das wohl nach ihrem Glauben der Tag, an dem sie ihrem Schöpfer gegenüberstehen würde, ihr Todestag. Sie hatte sich das genau überlegt, denn sie gab ihrem Neffen schon lange vor ihrem Tod die Anweisung, dass sie in diesem Nachtkleid beerdigt werden möchte.

Im Laufe des Tages kamen alle Verwandten, viele Freunde, Nachbarn und sogar Kinder und verabschiedeten sich am Bett der Toten in stillem Gedenken oder mit einem Gebet. Anschließend unterhielten sich die Besucher in der großen Wohnküche des Bruders. Es wurden Anekdoten erzählt und sogar manchmal gelacht. Die Schwägerin bewirtete alle Besucher mit Getränken, Kuchen und belegten Broten. Es war eine besinnliche, fast feierliche und keinesfalls beängstigte Stimmung. Erst am späten Abend kam das Beerdigungsinstitut und holte die Verstorbene ab.
Es war ein tröstlicher und würdevoller Abschied.


  • Autorin: Margot Bintig, im Juli 2019
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