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Schreibmaschine

Schreibmaschine Ideal von Seidel & Naumann, Dresden, Baujahr 1915

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Die Schreibmaschine
oder
die gute Fee

Während ich nun hier an meinem Computer sitze und diese Geschichte aufschreibe, danke ich der guten Fee, die meinen Wunsch von früher erhört hat.

Also, ich wollte und konnte nie richtig Maschinenschreiben und wünschte mir so etwas wie den heutigen PC. Das war jedoch reine Phantasie und außerhalb jeder Vorstellungskraft. Aber ich dachte, wünschen und träumen kann man ja.

Ich begann 1960 eine Lehre als Kaufmännische Auszubildende, - damals hieß es noch Lehrling - in einem großen Autohaus. Der Beruf hieß: Industriekaufmann. Den Begriff Kauffrau gab es offiziell noch nicht. Ich wurde auch noch mit Fräulein angesprochen.
Für diese Lehre waren folgende Kenntnisse Grundvoraussetzung:

1. Steno, das heißt, man schrieb Diktate schnell in Kurzschrift mit.
2. Maschinenschreiben

Leider gehörte beides nicht zu meinen Stärken.
Vor Steno konnte ich mich eigentlich von Anfang an drücken. Denn jeder Chef oder Abteilungsleiter oder Sachbearbeiter, also kurzum jedes männliche Wesen im Verwaltungsbereich der Firma, hatte seine Sekretärin. So wurde damals jede Frau genannt, die nach Diktat einen Brief in die Maschine tippte. Da dies aber absolut nicht mein Berufswunsch war, wurde ich von Anfang an in der Personalabteilung und Buchhaltung eingesetzt.

Heute müssen ja Auszubildende alle Abteilungen, die im Berufsbild vorkommen durchlaufen, aber das war damals nicht überall üblich. Es gab Kommentare wie: Lager ist nichts für Mädchen, im Einkauf sind nur Männer. Die Verkaufsabteilung für Neu- und Gebrauchtwagen war sowieso tabu.

In der Buchhaltung wurde jedoch auch verlangt, dass ich Maschinenschreiben konnte.
Meine Schreibmaschine war eine mechanische Typenhebelmaschine, in die man fest und gleichmäßig reintippen musste, um ein einheitliches Schriftbild zu bekommen. Beim Zeilenende musste man manuell die Schreibwalze mit dem Wagenrücklaufhebel wieder auf den Anfang setzen.

Ich arbeitete wie schon gesagt in einem Autohaus, das ständig Neu- und Gebrauchtwagen auf Kredit verkaufte. Dies geschah damals ausschließlich auf Wechsel. Man sagte damals scherzhaft: Jedes Auto läuft außer auf Rädern auch noch auf Wechsel.

Wechsel waren ein gängiges Zahlungsmittel und stark vereinfacht gesagt, Schuldscheine. Heute spielt diese Zahlungsart keine große Rolle mehr. Für jeden Monat des Kredites wurde ein Wechsel in Höhe der vereinbarten Rate ausgestellt, der dann am Fälligkeitstag, meistens am Ersten jeden Monats, eingelöst werden musste.

Meine Aufgabe war, diese Wechsel mit der Schreibmaschine auszustellen. Ein Autokredit lief in der Regel 3 Jahre, manchmal auch 5 Jahre.
Das bedeutete: 36-mal bzw. 60-mal auf das Formular

• Ort,
• fortlaufendes Einlösedatum,
• Namen und Adresse des Schuldners,
• den monatlichen Betrag - auch in Worten -,

ohne jeden Tippfehler zu schreiben.

Die Formulare waren im Endlosdruck und somit konnte ich keine vertippten Exemplare schnell und heimlich verschwinden lassen.

Wenn ich dann für einen Kreditfall von 60 Monaten ca. 90 Formulare verbraucht hatte, gab es ein Donnerwetter vom Abteilungsleiter.

Da war dann das erste Mal mein Wunsch an die gute Fee, Tippfehler doch einfach verschwinden zu lassen.

Der erste Teilerfolg war dann das Tipp-Ex. Damit konnte man den Tippfehler mit einer weißen Flüssigkeit, die schnell trocknete, überpinseln und neu darüber tippen. Der Schreibfehler fiel dann kaum noch auf. Leider konnte das nicht beim Wechsel angewandt werden, denn dieser ist eine Urkunde, also absolut nicht machbar!

Ich durfte dann auch Kontoauszüge, Mahnungen, Rechnung und später auch kurze Werbebriefe an Kunden schreiben. Immer wieder musste ich den gleichen Text mit geringfügigen Abwandlungen schreiben.
Die Briefe hatten mehrere Durchschläge. Kopiergeräte gab es zu dieser Zeit noch nicht. Diese wurden erst später erfunden, auch wenn hier kein direkter Wunsch von mir an die Fee ging.
Für die Kopien wurde zwischen das Firmenpapier und jedes einzelne der dünnen, verschiedenfarbigen Durchschlagpapiere Kohlepapier gelegt. Dann musste man auf einem manchmal recht dicken Papiersatz schreiben. Damit auch auf der letzten Kopie etwas zu lesen war, musste man fest in die Tasten hauen.

Hier ein Tippfehler zu machen war eine mittlere Katastrophe, die ich allerdings ziemlich oft erlebt habe. Außerdem hatte man kohlschwarze Finger.
Die Durchschläge wurden dann verteilt: rot in Abteilung A, blau in Abteilung B usw. Der letzte weiße Durchschlag ging dann in die Ablage, wo der Herr der Akten, der sich Registrator nannte, alles penibel einordnete.

Trotz der vielen Übung wurden die Schreibmaschine und ich niemals Freundinnen.
Wenn es mal so richtig gut lief, vergaßich prompt, rechtzeitig den Wagenrücklauf manuell zu betätigen und schrieb über den Rand hinaus auf die Walze. Also alles wieder von vorn.
Strengte ich mich ganz besonders an, einen Brief fehlerfrei bis zu Ende zu schreiben, fehlte plötzlich in der letzten Zeile ein Wort oder es kam ein Buchstabendreher. Und alles begann wieder von vorn.

Und immer wieder kam ein Stoßseufzer mit der großen Bitte an die gute Fee, mich doch endlich von der Schreibmaschine zu erlösen.

Mein Arbeitsplatz war später die Personalabteilung. Dort musste ich überwiegend vertrauliche Korrespondenz erledigen. Da meine unüberwindliche Abneigung gegenüber der Schreibmaschine bekannt war, stellte mir der Chef für Schreibarbeiten seine Sekretärin zur Verfügung.

Übrigens, alle Kollegen in vergleichbarer Position hatten niemals eine Schreibmaschine. Ich habe beobachtet, dass nach dem Weggang einer Kollegin der männliche Nachfolger zuerst dieses Gerät aus dem Büro entfernen ließund eine neue Mitarbeiterin, die sich dann Stenotypistin nannte, einstellte.

Dann, nach vielen Jahren geschah das große Wunder. Die Fee hatte mich erhört.

Der PC und auch die Textverarbeitung wurden erfunden. Wovon ich früher nur zu träumen wagte, ist jetzt Wirklichkeit. Dank an Microsoft und Word.
Ich kann jetzt drauflos tippen und der Computer merkt, wann die Zeile zu Ende ist. Wenn ich mich vertippt habe, kann ich es sofort ändern, er sagt mir sogar wenn ich Rechtschreibfehler gemacht habe. Ich kümmere mich jetzt auch nicht mehr um die neue deutsche Rechtschreibung, mit der ich total auf Kriegsfußstehe, denn der Computer sagt mir immer, wie es richtig geschrieben wird. Ich hoffe es wenigstens.
Und wenn der Brief fertig geschrieben ist, kann ich noch mal so viel umändern wie ich will. Ich kann mit Schriftart und Schriftgröße und sonstigem Schnickschnack den Brief schöner gestalten. Zum Schluss kann ich ihn fehlerfrei ausdrucken, sofern ich vorher hoffentlich alle Fehler gefunden und berichtigt habe. Vor einem dummen Text kann mich allerdings auch der Computer nicht bewahren.

In den Büros fanden jetzt große Veränderungen statt. Jeder, der früher aber auch gar nichts mit einer Schreibmaschine zu tun haben wollte, brauchte nun dringend einen PC auf dem Schreibtisch. Ich auch.
Jeder wollte nun auch seine Korrespondenz selbst schreiben. Ich auch.
Das führte aber dazu, dass viele Stenotypistinnen nicht mehr gebraucht wurden.

Auch wurden andere Computerprogramme entwickelt, die viele Arbeitsplätze im Büro überflüssig machten. In der Buchhaltung, in der früher mehr als 10 Personen beschäftigt waren, sitzen jetzt höchstens nur noch zwei. Technische Zeichner am Brett gibt es gar nicht mehr, der Ingenieur erledigt jetzt alles selbst am Computer.

Ich glaube, viele von diesen Mitarbeitern die ihre Stellung verloren, sind auf meine gute Fee gar nicht so gut zu sprechen.
Man muss halt auch mit dem Wünschen sehr vorsichtig sein.
Meine persönliche Feindin habe ich vor ein paar Jahren wieder getroffen und sofort erkannt, es war exakt die gleiche Schreibmaschine, über die ich mich so lange geärgert habe, sie stand im Deutschen Museum in München.

  • Autorin: Margot Bintig, 10. April 2012
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