KWAS – ein russisches Erfrischungsgetränk
Kwas (квас) ist ein typisch russisches Erfrischungsgetränk, sehr populär und beliebt. Es ist für Russland ebenso immanent, wie für Bayern ein Dirndl, kurze Lederhosen, ein Hut mit Gamsbart und Bier.
Das Wort Kwas kommt vom russischen Verb kwasit'
- säuern, kwaschennaya kapusta
auf Deutsch: Sauerkohl; (aber raskwasit' mordu
heißt jemandem die Schnauze - blutig schlagen), Kwaschnya (закваска) – auf Deutsch: Sauerteig, aber auch Schlappschwanz.
Kwas ist ein sehr altes Getränk. Die ersten Prototypen, die eine Kreuzung zwischen Kwas und Bier darstellen, erschienen im dritten Jahrtausend v. Chr. in Ägypten.
Die allererste Erwähnung von Kwas in russischen, schriftlichen Quellen stammt aus dem Jahr 996. Nach der Taufe befahl Fürst Wladimir Swjatoslawitsch, den Menschen Essen, Honig und Kwas
zu verteilen.
Bis zum zwölften Jahrhundert war Kwas in Russland stärker und dicker als modernes Bier. Kwas galt als alkoholisches Getränk, und das Analogon des Wortes Trunkenbold
in der damaligen Sprache war das Wort Kwasnik. Später begann man Kwas als säurearmes Getränk mit niedrigem Alkoholgehalt und Kwas als stark berauschendes Getränk zu unterscheiden.
Im vorrevolutionären Russland war Kwas ein allgegenwärtiges und alltägliches Getränk: Es wurde von Bauern, Gutsbesitzern, Militärs und Mönchen zubereitet.
Kwas wurde traditionell wie folgt hergestellt: Eine Mischung aus Malz, Roggen, Weizen oder trockenem Roggenbrot wurde in einen Holzkübel gelegt und mit kochendem Wasser aufgebrüht. Die resultierende dicke Masse wurde mit einem Rührer so lange gerührt, bis ein süßer Geschmack darin auftrat; danach wurde die Maische in Gusseisen umgefüllt und diese für einen Tag in einen zuvor beheizten russischen Ofen gestellt. Danach wurden die Gusseisen aus dem Ofen genommen und die Maische wurde in große Bottiche gefüllt, dann mit Wasser verdünnt und zwei bis drei Stunden stehen gelassen. Die abgesetzte Flüssigkeit wurde nach Zugabe von Hefe in vorbereitete Fässer gegossen. Die Fässer mit Kwas wurden im Eiskeller gelagert.
Russische Bauern, die auf dem Feld hart arbeiteten, nahmen Kwas mit, da sie glaubten, dass es die Kraft wiederherstellt und Müdigkeit lindert. Dies wird durch gängige Sprichwörter bestätigt: Kwas wie Brot wird nie langweilig.
, Kohlsuppe mit Fleisch, wenn nicht, dann Brot mit Kwas
.
Während des Fastens, besonders im Sommer, war die Hauptnahrung des einfachen Volkes Kwas, Lauchzwiebeln und Schwarzbrot. Diese Speise hieß in Russland Tyurya
.
Kwas wurde als fast heiliges Getränk verehrt und war bei zahlreichen Ritualen immer präsent. Zum Beispiel gossen die Mädchen vor der Hochzeit beim Ritual des Waschens der Braut Kwas mit Hopfen auf den Steinofen, den Rest tranken sie dann. Nach der Hochzeit begrüßten die Eltern des Bräutigams die jungen Eheleute mit Brot und Kwas.
Zu meiner Zeit konnte man im berühmten Buch über leckeres und gesundes Essen
, erschien in Moskau in 1938, dieses Rezept lesen:
Ein Kilo Schwarzbrot schneiden und im Backofen trocknen. Die Zwiebäcke in einen Topf legen und mit kochendem Wasser begießen. Zudecken und drei bis vier Stunden stehen lassen. Dann durchsieben, 200 g. Zucker, 25 g Hefe und 25 g. Minze zugeben, mit einer Serviette bedecken und fünf bis sechs Stunden gären lassen, wieder durchsieben und in Flaschen, in denen ein paar Rosinen liegen, gießen. Verkorken, liegend im Keller aufbewahren. (für zehn bis zwölf Flaschen Kwas).
Man konnte auch trockenen Kwas in Paketen im Laden bekommen. Aber wozu sich bemühen, ohne zu wissen, was herauskommt? Lieber draußen fertigen Kwas kaufen.
Schon im Mai erschienen in Moskau auf den Straßen große gelbe Tonnen mit Kwas. Die Verkäufer und Verkäuferinnen hatten einen Wasseranschluss, um die Krüge zu waschen. An warmen Tagen bildeten sich große Menschenschlangen. Viele hatten Milchkannen oder Karaffen mit, um das Getränk nach Hause zu bringen.
Zuhause konnte man aus Kwas die berühmte russische kalte Suppe OkroschkaOkroschka (russisch окрошка, von крошить, krümeln) ist ein russisches Nationalgericht.
Die kalte Suppe wird aus Sauerrahm (wahlweise auch einfache Buttermilch oder Kefir), Wurst (Lyoner), hartgekochtem Ei, Radieschen, Kartoffel, Petersilie, Schnittlauch, Dill und Gurke zubereitet. Sie wird meistens mit scharfem Senf, Essig, Pfeffer und Salz gewürzt. Es gibt auch eine Zubereitungsart, bei der sie mit Kwas vermischt wird. zubereiten. Es kommt vom Wort kroschit
- zerbröckeln. Man schneidet gekochtes kaltes Fleisch oder Wurst, gekochte kalte Kartoffeln, hartgekochte Eier, Lauchzwiebeln, Gurken, Radieschen in kleine Stückchen und begießt die Mischung mit Kwas, etwas saurer Sahne, Salz, Pfeffer und Senf nach Bedarf – und die Suppe ist fertig, wunderbar an heißen Tagen. Okroschka konnte man auch im Restaurant bekommen, manchmal zusammen mit einem Durchfall – wer weiß, wie man den Kwas gehalten hat oder wie sauber die Tonne gewaschen wurde.
Komischerweise hielten ich und auch andere Kwas für ein Getränk ohne Alkohol, das auch für Kinder geeignet ist. Aber wenn man nachdenkt – Zucker, Hefe, Gären – muss doch Alkohol dabei sein – ja, ein bis zwei Prozent sind es.
Ich habe Kwas gerne getrunken. Aber hier in Deutschland nicht mehr, obwohl es im russischen Laden eine große Auswahl verschiedener Sorten Kwas in Flaschen gibt. Mit dem Alter verändert sich der Geschmack, Mineralwasser ist mir jetzt lieber.
Was kann ich noch über Kwas erzählen?
Als ich noch klein war, hat man mich im Hof geneckt, weil ich mit Oma deutsch sprach, mit einem Liedchen – ich übersetze:
Schto takoe? Was ist das?
Klaps auf die Fresse! Saurer Kwas!
Und es gab in Russland einen Begriff Kwasnoi patriotism
. Das Wörterbuch übersetzt es als Hurrapatriotismus
.
PS: Okroschka kann man auch ohne Kwas machen. Die Mischung statt Kwas mit Kefir oder Buttermilch begießen. Schmeckt auch lecker.
Guten Appetit!