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80er, 90er Jahre; das 21. Jahrhundert

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Die 80er bis 90er und das 21.Jahrhundert / Ausflüge und Fernreisen — Reiseberichte
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Renault 14Mit dem klapperigen Renault 14 (Mümchen) startete die Reise im Mai 1981 - Foto: H.Kennhöfer, Zenza Bronica S2A (6x6), 75mm Zencanon Aletsch-GletscherBlick vom Eggishorn auf den Aletschgletscher, den größten und längsten Gletscher der Alpen - Foto: H.Kennhöfer, Zenza Bronica S2A (6x6), 75mm Zencanon

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Botschafter seines Landes

Im Mai 1981 brach ich zu einer großen Europarundreise mit dem Auto auf. Mit dem klapprigen Renault 14, der mir als einziges von Wert nach geschiedener Ehe geblieben war, startete die Reise in Hamburg und führte zunächst an die französische Kanalküste an die Mündung der Seine. Von dort ging es in Etappen entlang der Loire immer weiter nach Osten, und wenig später, am Ende des Geldes, Richtung Heimat durch das wilde Vercors, die Westalpen und die Schweiz. Die Walliser Alpen mit ihren Viertausendern faszinierten mich derart, dass ich in den folgenden Jahren immer wieder ins Schweizer Hochgebirge zum Wandern und Bergsteigen fuhr.

So lernte ich auch die Einstellung mancher Schweizer zu uns Deutschen und zu Europa näher kennen. Einmal erlebte ich, wie ein Hüttenwirt meine Begleiter und mich ins Winterlager schickte, weil die Hütte angeblich überbelegt war. Tags darauf konnten wir sehen, dass kaum Gäste in der warmen Hütte übernachtet hatten. Die dünnen Wände des Winterlagers schützten kaum vor der Kälte des Altschnees, der noch meterhoch dahinter lag. Die Temperaturen im Schlafraum waren entsprechend niedrig. Später erzählte uns ein Bergführer, der in der Hütte übernachtet hatte, dass der Hüttenwirt die Deutschen nicht mag und sie deshalb immer ins Winterlager schickt.

Ab 1984 verfolgte ich Presseberichte über die Einführung einer Autobahnmaut für Ausländer, die in der Schweiz eingeführt werden sollte. Die Diskussion wurde recht national geführt, ob die Ausländer, die die Schweizer Fernstraßen nur zum Durchqueren in andere Länder nutzen, nicht an den Kosten für Ausbau und Unterhalt in Form einer Mautabgabe beteiligt werden sollten. Ein Jahr später wurde die Maut dann per Volksabstimmung eingeführt, wobei offenbar übersehen wurde, dass die Abgabe nun von allen zu entrichten war, also auch von den Schweizern selbst. Im Sommer 1985 kaufte ich also zum ersten Mal für 30 Schweizer Franken eine Autobahnvignette, dem Wechselkurs entsprechend für 30 D-Mark. Die musste an der Innenseite der Windschutzscheibe fest verklebt werden.

In den folgenden Jahren habe ich die Vignetten zum halben Preis gekauft, und das ging so: Im Alpenverein gab es immer Leute, die im Frühjahr zum Skifahren in die Schweiz fuhren und eine Vignette kauften, sie aber für den Rest des Jahres nicht mehr benötigten. Diese Vignette wurde nun mit einer durchsichtigen Folie abgedeckt und dann sehr vorsichtig mit dem Föhn erwärmt, bis sie unbeschädigt von der Scheibe entfernt werden konnte. So ließ sie sich für den halben Preis an jene weiterverkaufen, die im Sommer in der Schweiz Urlaub machten. In den folgenden Jahren zahlte ich nur noch die halbe Maut, manchmal konnte ich die Vignette sogar noch einmal weiterverkaufen. Dabei empfand ich kein schlechtes Gewissen, 15 D-Mark für die Benutzung der Autobahn an zwei Tagen, für eine Hin- und eine Rückfahrt, sind doch der reinste Wucher. Nutzten andere doch die Autobahn an 365 Tagen mit der einmaligen Mautabgabe.

Um den 1. August waren die Hütten immer proppenvoll. Die Schweizer feierten ihren Nationalfeiertag und hatten arbeitsfrei. Im Gründungsmythos der Schweiz heißt es, dass die drei Kantone Uri, Schwyz und Unterwalden Anfang August 1291 mit dem Rütlischwur sich gegenseitige Unterstützung geschworen haben.

Meine Partnerin und ich waren aus dem Rhonetal, einer schmalen Bergstraße nach Süden folgend, bis hinauf in ein Nebental gefahren. Von hier ging es nur zu Fuß weiter zur Turtmannhütte. Der 1. August fiel auf einen Montag, wir konnten also davon ausgehen, dass die Hütte für drei Tage übervoll sein würde. Also blieben wir unten im Turtmanntal und bauten am Freitagabend auf der Kuhweide unser kleines Leichtzelt auf. Den Sonnabend verbrachten wir mit Wandern im Blümlistäli und anschließendem Füße baden im eiskalten Gletscherbach.

Am Spätnachmittag fuhren mehrere Autos und ein Kleintransporter auf die Wiese und hielten am Bach. Ein junger Mann kam zu uns ans Zelt und meinte, wir sollten doch besser wo anders zelten, hier würde es jetzt ziemlich laut werden. Wir wollten aber nicht umziehen, wohin auch, und die jungen Leute waren gut hundert Meter von uns entfernt, das konnte doch nicht so schlimm werden. Zu unserem Erstaunen wurde der Kleintransporter entladen und zum Vorschein kam ein ganzes Disco-Equipment mit riesigen Lautsprechern, Scheinwerfern und einer Beleuchterbrücke, die jetzt dort am Bach aufgebaut wurde. Der anschließende Soundcheck ließ Schlimmes erahnen.

Als es dämmerte, wurde noch ein Feuer entzündet, Weinflaschen entkorkt und aus den Lautsprechern brüllte ein infernalischer Lärm durch das stille Tal. Wir legten uns schlafen, vorher stopften wir uns Watte in die Ohren – als Ohropax-Ersatz. Die Nacht wurde schlimm, der Schall übertrug sich über den felsigen Boden, der so vibrierte, dass uns die Watte aus den Ohren rutschte. Gegen Morgen müssen die Batterien des Transporters leer gewesen sein, die Lichtorgel war aus und im Tal kehrte Stille ein. Ein paar Stunden haben wir noch schlafen können.

Vor dem Zelt haben wir dann auf dem Spirituskocher den Kaffee für unser Frühstück gekocht. Ein Blick hinüber zum Bach zeigte jetzt, bei Tageslicht, das ganze Ausmaß des nächtlichen Treibens. Weinflaschen, Unrat und Kleidungsstücke lagen wild verstreut auf der Wiese, ein Zelt platt am Boden, und von den jungen Leuten war nur ein Bein zu sehen, das aus einem der Zelte hing. Erst am Nachmittag, als wir von einer Wanderung zurückkamen, regte sich dort etwas. Als wir durch den Bach wateten, sprach uns einer der Jungen an und fragte, ob es uns nicht zu laut gewesen sei. So kamen wir ins Gespräch. Nach und nach tauchten auch die anderen jungen Leute aus ihren Zelten auf und kamen dazu. Eine junge Frau öffnete den Zeltreißverschluss und beteiligte sich an unserem Gespräch, sie entschuldigte sich, dass sie dabei liegenblieb, ihr war noch so schlecht. Nach dem woher kommt ihr und was macht ihr in der Schweiz, erzählten sie, dass sie am Freitag mit ihren Vätern ins Turtmanntal gefahren sind, um im Gletscherbach kleine Forellen auszusetzen. Die sollten hier groß und heimisch werden. Die Väter frönten dem Angelsport, es wäre eine Herausforderung, eine ausgewachsene Forelle mit der Fliegenrute zu fangen, erzählten sie. Aber die Jungfische sind noch unerfahren und verstecken sich nach dem Aussetzen hinter den Steinen, wo man sie leicht mit dem Kescher fangen kann. Wollt ihr auch eine Forelle? wurden wir gefragt. Gern, gaben wir zur Antwort. Daraufhin kam eine riesige gusseiserne Pfanne zum Vorschein und ein ebenso großer Brenner samt Gasflasche. Das ist unsere Küchenausrüstung bei der Armee, sagte einer der jungen Männer und stellte den Gleichaltrigen neben ihm als seinen Oberst vor.

Wir erfuhren eine Menge über die Schweizer Armee und dass alle jungen Männer Uniform und Waffen zu Hause haben. Regelmäßig werden Übungen abgehalten, die Dienstgrade und Hierarchien sind gleich wie in den Armeen der Welt. Der junge Oberst bestätigte, dass er Offizier ist und die Anderen im Dienst zu befehligen hat. Inzwischen ließen wir uns die aus dem Bach geklauten Fischlein schmecken und wurden, weil wir so nett waren, auch zu einem Wein eingeladen, den der Oberst in Mengen mitgebracht hatte. So verbrachten wir einen interessanten Nachmittag mit den jungen Schweizern und erhielten beim Gehen noch ein besonderes Kompliment: Wir hätten nie gedacht, dass Deutsche so nette Leute sind, hieß es. Na ja, wie es in den Wald hineinruft …, heißt es doch. Man ist immer auch Botschafter seines Landes, ganz besonders, wenn man im Ausland ist.

Eine Visitenkarte, vom Oberst überreicht, führte uns kurz vor Ende des Urlaubs nach St. German in eine Kellerei. Dort haben wir dem Vater des Oberst, vermutlich einer der Angler, dessen Fisch wir im Turtmanntal genossen haben, einen köstlichen FendantDer Fendant ist ein trockener und weicher AOC-zertifizierter Weisswein, der ausschließlich im Schweizer Kanton Wallis kultiviert wird und der aus der Rebsorte stammt, die von Deutschsprachigen als Gutedel und von Französischsprachigen als Chasselas bezeichnet wird. Wikipedia abgekauft und mit nach Hause genommen.


  • Autor: Hartmut Kennhöfer, 22. August 2024
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