Swattbroot
No'n Krieg weer allns knapp. Egol von wat du schnackst, dat geev eenfach nix. Allns wöör todeelt: Tüüch, Schoh oder wat to Eten — dat geev eenfach nix ohne Marken. Un wat man op de Marken kreeg, dat reck nich hin un nich her. Op den swatten Mark kunn man wat kriegen, aver keen kunn sik dat denn leisten?
Uns Bäcker kreeg sien Mehl ton Backen leevert, ok dat wöör em todeelt. Dorvon back he denn Broot. Nu wöör aver dat Roggenmehl knapp un he kreeg Maismehl dorto. Nu müss he de beiden Sorten mischen un dorut Broot backen. Aver dat smeck uns nich un mien Modder sä: Höhnerfutter eet ick nich. Ick back mien Broot sülven
.
Se köff för de Brootmarken Roggenmehl. Siet Johren hebbt wi op de affornten Feller Ähren sammelt, mit de wi uns Göös futtert hebbt. Nu wöörn de Roggenkörner utpuult un dörch uns Kaffeemöhl dreiht ton grobet Mehl. Dat mischen wi ünner dat geköffte. Von Hermann Bäcker holn wi uns Suurdeeg un frogen glieks, ob he uns Broot in sienen Backoben backen wöör. Kloor, dat mook ick
.
No wat för een Rezept mien Modder den Deeg anröögt hett, dat weet ick nich. De ganze Kroom wöör in een Waschbalje vermengeleert un müss düchdig kneet warrn. Dat weer een swoore Arbeid un wi hebbt all mitholpen.
Över Nacht wöör de Deeg affdeckt un an annern Morgen wöör de Waschbalje mit de Schuuvkoor non Bäcker brööcht. Hermann Bäcker bekeek sik den Deeg un kreeg em nochmol ton Dörchkneten in een Maschien. Dorno form he ut den Deeg von Hand groote Swattbrööt un schööv se in den Backoben. Jedes Mol harrn wi son Stücker fief bis söss groote Swattbrööt. Un dat smeck grootartig, dat Hermann Bäcker froog, ob he nich 'n Stück affkriegen kunn. He weer selig un sä: Dat is wenigstens Mol een richdiget Swattbroot
. In disse Tiet heff ick keen Schoolbroot mitnohmen, ick müch mien Klassenkamerodinnen dit schööne Broot nich wiesen.
Bit to de Währungsreform 1948 hebbt wi uns Broot sülven backt. Dat weer veel Arbeid, hett sik aver lohnt un Hermann Bäcker bin ick hüüt noch dankbor för sien groote Hölp.
Schwarzbrot
Nach dem Kriege war alles knapp. Egal wovon du sprachst, was du haben wolltest, es gab einfach nichts. Alles wurde zugeteilt: Zeug, Schuhe, etwas zum Essen — es gab einfach nichts ohne Marken. Und was man für die Marken bekam, das reichte nicht zum Überleben. Auf dem Schwarzen Markt konnte man zwar etwas bekommen, aber wer konnte sich das denn leisten?
Unser Bäcker bekam sein Mehl zum Backen geliefert, auch ihm wurde die Menge zugeteilt. Davon backte er sein Brot für den Laden. Nun wurde aber das Roggenmehl knapp und er bekam Maismehl dazu. Er musste die beiden Mehle mischen und daraus Brote backen. Aber das schmeckte uns nicht und meine Mutter sagte: Hühnerfutter mag ich nicht, ich backe mein Brot jetzt selbst.
Sie kaufte für unsere Brotmarken Roggenmehl. Da wir seit Jahren auf den abgeernteten Feldern Ähren gesammelt hatten, mit denen wir unsere Gänse fütterten, wurden die Körner nun ausgepult und durch unsere Kaffeemühle gedreht zu einem groben Mehl. Das mischten wir unter das Gekaufte. Von Hermann Bäcker holten wir uns Sauerteig und fragten gleich, ob er unsere Brote in seinem Backofen backen würde. Klar, das mache ich
.
Nach welchem Rezept meine Mutter den Teig anrührte, das weiß ich nicht. Der ganze Kram wurde in einer Waschbalje, einer Wanne aus Zinkblech, vermengt und musste tüchtig durchgeknetet werden. Das war eine schwere Arbeit und wir haben alle mitgeholfen.
Über Nacht wurde der Teig abgedeckt und am anderen Morgen in der Waschbalje auf der Schubkarre zum Bäcker gebracht. Hermann Bäcker besah sich den Teig und ließ ihn in einer Maschine nochmal durchkneten. Danach formte er von Hand große Brote daraus und schob sie in den Backofen. Jedes Mal hatten wir so fünf bis sechs große Schwarzbrote. Und das schmeckte und duftete so großartig, dass Hermann Bäcker fragte, ob er nicht ein Stück abhaben könnte. Er war selig und sagte: Das ist mal ein richtiges Schwarzbrot
. In dieser Zeit habe ich kein Pausenbrot mit in die Schule genommen, ich mochte meinen Klassenkameradinnen dieses schöne Brot nicht zeigen.
Bis zur Währungsreform haben wir unser Brot selbst gebacken. Das war viel Arbeit, aber es hat sich gelohnt und Hermann Bäcker bin ich heute noch dankbar für seine Hilfe.