Der doppelte Tannenbaum
„In diesem Jahr“ sagte Mutti mit ernster Miene, kaufe ich keinen Tannenbaum.
Erschrocken sahen wir sie an. Sie sah zu unserem Vater. Ich habe mit dem Einkauf von Backzutaten, dem Backen der Plätzchen und des Stollen, dem Hausputz, dem Besorgen der Gans und der ganzen Esserei genug zu tun.
Papa zuckte mit der Schulter: Soll ich etwa den Baum besorgen? Der ist doch bestimmt nicht nach deinen Wünschen. Außerdem arbeite ich, damit du alles einkaufen kannst.
Ich - kaufe – keinen - Baum
wiederholte Mutti.
Jeden Tag sah sie hinter dem Haus nach, ob wohl schon ein Tannenbaum auf das Fest wartete – nichts tat sich. Mutti wurde unruhig.
Zwei Tage vor Weihnachten nahm sie meinen Bruder zur Seite: Was meinst du, wollen wir zusammen einen Tannenbaum besorgen? Ich fürchte, sonst müssen wir Weihnachten ohne Baum feiern.
Gute Idee
, sagte Günther, ich hole den Schlitten aus dem Stall, da können wir den Baum besser transportieren.
Es lag schon dicker Schnee in diesem Jahr. Ein Auto für den Transport besaßen wir noch nicht. So zogen sie los und holten einen schönen großen Tannenbaum und stellten ihn hinter das Haus. Günther fuhr noch ein bisschen mit dem Schlitten herum, als er Papa kommen sah – mit einem Tannenbaum über der Schulter. Er rannte so schnell er konnte nach Hause und alarmierte Mutti. Oh je, was machen wir jetzt?
fragte sie. Aber sie hatte eine Idee, der Tannenbaum wanderte schnell über den Zaun zum Nachbarn. Papa wurde freudig begrüßt und sein Tannenbaum bewundert.
Nach dem Abendessen sagte Mutti: Ich will mal eben zu Frau Beth, mal sehen, ob sie noch ein paar von den leckeren Äpfeln hat für den Rotkohl.
Als sie mit einigen Äpfeln zurück kam, flüsterte sie Günther zu: Alles in Ordnung, Frau Beth nimmt den Baum, sie hatte noch keinen.
Günther dachte: Das ist noch gerade gut gegangen, aber auf Papa kann man sich doch verlassen.