6. Auslandsreise Kreuzer »Emden« 1935/36
Der Leichte KreuzerLeicht
bezieht sich dabei nicht auf die Wasserverdrängung, sondern auf das Geschützkaliber der Hauptbewaffnung, das um 15 cm liegt – also deutlich unter der bei der Washingtoner Flottenkonferenz 1922 festgelegten Kaliberobergrenze von 20,3 cm für Kreuzer. »Emden« war ein deutsches Kriegsschiff der Reichsmarine der Weimarer Republik und später der Kriegsmarine. Sie war das dritte deutsche Kriegsschiff, das nach der Stadt Emden benannt wurde.
Die Weisung zu Entwurfs- und Planungsarbeiten für den ersten deutschen Kreuzernachbau nach dem Versailler Vertrag von 1919 erließ der Chef der Admiralität 1920 und die erste Baurate wurde in den Haushaltsplan 1921 aufgenommen. Der Linienriss für das erste größere Kriegsschiff, das fast vollkommen geschweißt war, orientierte sich an den letzten Kreuzern der kaiserlichen Marine, der Cöln-Klasse. Ursprünglich hatte man sogar gehofft, einen der unfertigen Rümpfe der Cöln-Klasse nutzen zu können, was aber seitens der Naval Interallied Commission of Control (NIACC-Teil der Interalliierten Militär-Kontrollkommission IMKK) untersagt wurde. Von den dann abzubrechenden Schiffen konnten aber einige Teile für den Neubau gerettet werden.
Kreuzer »Emden« im Trockendock
Am 7. Januar 1925 lief die »Emden« auf der Reichsmarinewerft Wilhelmshaven vom Stapel. Die Bauzeit hatte sich durch Finanzierungsprobleme wegen der Hyperinflation der Jahre 1922 und 1923 und Schwierigkeiten bei der Materialbeschaffung verzögert. Hinzu kamen die infolge von Fertigungsschwierigkeiten der Industrie und des Einspruchs der Militärkontrollkommission IMKK gegen die vorgesehenen Doppeltürme notwendig werdenden Änderungen an der Konstruktion. Der ursprüngliche Bauplan sah acht 15-cm-Geschütze in vier Zwillingslafetten vor und hätte den Kreuzer zu einem der modernsten seiner Zeit gemacht. Der Vertrag von Versailles untersagte jedoch die Entwicklung neuer Waffensysteme, einschließlich neuer Geschütztürme. Da die deutsche Marine, wie die meisten anderen, bis zu diesem Zeitpunkt keine Doppeltürme für kleinkalibrige Geschütze verwendet hatte, waren alle vorhandenen Turmkonstruktionen für das Kaliber 21 cm oder größer ausgelegt und damit zu schwer für einen Kreuzer, der außerdem laut Versailler Vertrag nicht mehr als 6000 Tonnen verdrängen durfte. Das machte einen Neuentwurf mit wesentlich weniger effektiven Einzelgeschützen notwendig und gab der »Emden« ein ihren Vorgängern sehr ähnliches Erscheinungsbild.
Der Kreuzer wurde am 15. Oktober 1925 von der Reichsmarine feierlich in Dienst gestellt. Dadurch konnte am 24. Juli der Kreuzer Niobe außer Dienst gestellt werden.
Die »Emden« wurde schon vor ihrer Fertigstellung nicht für kriegerische Einsätze vorgesehen und wurde als Schulschiff eingesetzt. Im Rahmen der Ausbildung wurden mehrere Reisen durchgeführt.Quelle: Wikipedia.de
Kreuzer »Emden« Reisebefehl, Ausrüstung und Überführung nach Wilhelmshaven
1. Reisebericht Wilhelmshaven — Angra do Heroismo, Terceira (Azoren)
Der Auftakt zur diesjährigen Auslandsreise war die gründliche Überholung des Kreuzers in der Werft, Als sich dann beim Herbststellenwechsel auch ein Kommandantenwechsel vollzog, konnte der scheidende Kommandant, Fregattenkapitän DönitzKarl Dönitz (* 16.09.1891 - † 24.12.1980) war ein deutscher Marineoffizier (ab Januar 1943 Großadmiral). Er war einer der 24 Angeklagten im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Er wurde wegen Führens von Angriffskriegen und Kriegsverbrechen schuldig gesprochen und am 1. Oktober 1946 zu zehn Jahren Haft verurteilt, die er bis zum 1. Oktober 1956 vollständig verbüßte., dem neuen Kommandant, Kapitän zur See Bachmann, das Schiff in einem tadellosen Zustande übergeben.
Nach der Kadetteneinschiffung erledigte Kreuzer Emden seine Übungsfahrt und erhielt nach der Seeklarbesichtigung durch den B.I. das Reifezeugnis
für die Reise.
Mit der Rückkehr nach Wilhelmshaven setzte sofort die Verproviantierung des Kreuzers und unseres Begleitdampfers »Hansa« ein.
Der ganze Bedarf an Proviant und Genussmittel für die Reise wurde verstaut. Nur das Nötigste an Frischproviant soll im Ausland ergänzt werden.
Beim Abschiedsfest im Gesellschaftshaus erlebte die Besatzung mit ihren Angehörigen bei Tanz und Fröhlichkeit einen letzten festlichen Abend in der Heimat. Mit einem Umzug der ganzen Besatzung und einem Vorbeimarsch vor dem Stationschef vollzog sich der offizielle Abschied der »Emden« - Besatzung von der Bevölkerung der Jadestädte. In beiden Garnisonkirchen fanden am Abend des 21. Oktobers Abschiedsgottesdienste statt. Am 22. war dienstfrei, jeder, der noch etwas zu erledigen hatte, nutzte diesen Tag dazu aus.
Kreuzer »Emden« verlässt Wilhelmshaven zur 1. Ausbildungsfahrt
Mit strahlendem Herbstsonnenschein begann der 23. Oktober, der Tag des Auslaufens. Schon in der Frühe ergingen sich Angehörige der Besatzung vor dem Schiff, die interessiert den letzten Vorbereitungen zum Auslaufen zusahen. Geschäftig hantierende Film- und Radiomänner unterstrichen mit ihrem Tun das Aktuelle des Tages. 9:00 Uhr kamen die Angehörigen zum letzten Beisammensein an Bord. Vor dem Schiff spielte die Kapelle der II.M.A.A., die von unserer Kapelle kurz vor dem Ablegen abgelöst wurde. Um 09:40 Uhr erscholl ein Kommando: Alle Besucher von Bord, Besatzungsangehörige an Bord!
Ein letztes Abschiednehmen, die Bordkapelle spielte das schon traditionelle: Liebchen ade, scheiden tut weh …
, und Punkt 10:00 Uhr werden die Leinen losgeworfen. In der Schleuse kam der kommandierende Admiral der Nordsee mit seinem Stabe an Bord. In seiner Ansprache hielt er der Besatzung noch einmal die Wichtigkeit der auf sie wartenden Aufgaben vor Augen. Mit einem dreifachen Sieg Heil
auf Führer und Vaterland schloss der Admiral seine Ansprache, nach seinem Vonbordgang verließ Kreuzer »Emden« die Schleuse. Die auf der Schleuse angetretenen Truppenabordnungen brachten drei donnernde Hurras für die scheidende »Emden« aus, die von uns in derselben Lautstärke prompt erwidert wurden. Mit Muss i denn …
und Wem Gott will rechte Gunst erweisen …
traten wir unsere Reise an, — Mützen- und Tücherschwenken hüben und drüben.
In der Jade gab uns Torpedoboot »Möwe« das Ehrengeleit; in kurzen Abständen wurde Kreuzer »Leipzig« und Linienschiff »Schleswig-Holstein«Das Linienschiff SMS Schleswig-Holstein war das fünfte und letzte Schiff der Deutschland-Klasse der Kaiserlichen Marine. Mit der am 1. September 1939 vom Hafenkanal in Danzig begonnene Beschießung der Westerplatte begann der Zweite Weltkrieg. passiert. 24 Stunden später passierten wir die Linie Dover – Calais. Nach der Kanaldurchquerung nahm uns der Atlantik mit seiner rollenden Dünung auf. Wir sichteten unser Schwesterschiff: Kreuzer »Karlsruhe«, das wie wir seine Auslandsreise angetreten hat.
1. Reisebericht: Wilhelmshaven — Angra do Heroismo (Azoren)
Am nächsten Tage wurde die Besatzung als notwendige Maßnahme gegen Typhus geimpft. Langsam begann auch der Ausbildungsdienst, denn neben all dem Schönen und Herrlichen, das wir auf der Reise erleben werden, muss auch die Hauptaufgabe, — die Ausbildung der Kadetten und Rekruten bis zur Gefechtsreife — erledigt werden.
Der Reichssender Hamburg brachte am Sonnabend eine Hörfolge von unserem Auslaufen. In allen Decks hatte sich die Besatzung zum Gemeinschaftsempfang versammelt und erlebte am Lautsprecher noch einmal alle Einzelheiten des Auslaufens.
Ab Sonntag, den 27. Oktober, trug die Besatzung wieder weiße Mützen und weiße Hosen, wir fahren ja nach Süden und erleben dieses Jahr einen zweiten Frühling und einen zweiten Sommer.
Am Donnerstag, den 31. Oktober, wird Kreuzer »Emden« seinen ersten Auslandshafen: Angra do Heroismo auf den Azoren anlaufen.
2. Reisebericht. Angra do Heroismo - Bermudas
Programmäßig liefen wir am 31. Oktober unseren ersten Auslandshafen, Angra auf der Insel Teroeira, an. Mit 21 Schuss salutierten wir die portugiesische Flagge. Bei strömenden Regen fanden die offiziellen Besuche statt. Aber bald klarte das Wetter auf und wir hatten einen wunderbaren Ausblick auf die Insel und die Stadt. Hell leuchteten die weißen Häuser und die vielen Kirchen in der strahlenden Sonne. Das ganze Bild machte auf uns einen guten Eindruck, der sich noch vertiefte, als wir an Land kamen; alles sah sauber und nett aus. Ein gepflegter Park mit Palmen und anderen Vertretern der tropischen Pflanzenwelt gefiel uns ganz besonders gut. Hier konzertierte an einem Abend unsere Kapelle und erntete reichen Beifall.
2. Reisebericht. Angra do Heroismo - Hamilton / Bermudas
Schnell war der Kontakt zwischen den Insulanern und unseren blauen Jungens hergestellt. Unter sachkundiger Führung besuchte mancher von ihnen die kleinen Probierstuben und versuchte den Vino tinto
oder Vino blanco
, doch fand der süße Madeira
die meisten Anhänger. Und alles war spottbillig! — Innerhalb der Divisionen wurden Ausflüge in die schöne Umgebung Angras gemacht. — Montagabend gab der Zivilgouverneur der Azoren einen Ball. Als Gegenveranstaltung stieg bei uns am Dienstag das erste Bordfest. — Mittwoch wurde für uns ein Stierkampf veranstaltet, der sich nicht in der Arena, sondern auf der Straße abspielte. Es war für uns eine höchst lustige Angelegenheit. Dem Stier war ein zirka 100 m langes Seil um den Hals befestigt, mit dem sechs starke Männer die Bewegungsfreiheit des Stieres je nach Kampflage hinderten oder förderten. Durch Abbrennen von Raketen, durch Mützen- oder Tücherschwenken oder mittels eines vorgehaltenen Regenschirmes wurde der Stier gereizt. Ging er zum Angriff über, so hob ein Rennen und Flüchten an, auf Mauern oder in die Häuser. Das waren dann die lustigsten und spannendsten Augenblicke des Kampfes. Manchmal erwischte der Stier auch einen seiner Peiniger und nahm ihn auf die Hörner. Es konnte aber selten für den Betreffenden gefährlich werden, weil dem Stier die Hörner durch aufgesetzte Lederkappen gestumpft waren, oder, er wurde durch das Seil im Angriff behindert. Es soll aber auch schon Knochenbrüche gegeben haben!
Am 7. November, um 10 Uhr, verließen wir Angra mit Kurs auf die Bermudasinseln. Um 11 Uhr wurde in militärisch-feierlicher Weise nach dem Befehl des Führers der Wechsel der Kriegsflagge vollzogen. Unter der neuen Flagge, die in grandioser Form das Hakenkreuz mit dem Eisernen Kreuz verbindet, fahren wir in die Welt hinaus, stolz darauf, nun auch mit der Kriegsflagge die Farben des wiedererwachten Deutschlands im Auslande zeigen und vertreten zu dürfen.
3. Reisebericht Hamilton — Port au Prince.
Am Morgen des 15. November! Ein Regenschauer zieht übers Schiff, doch bald lacht die Sonne wieder. So die Bermudas zu sehen, ist für uns schon Vorahnung der in ihnen verborgenen Schönheiten. Viele Inseln und Riffe, bedeckt mit grünem Wald, in diesem gebettet schöne Häuser, weiß und freundlich, im Hintergrund die Berge, die sich bis zu 100 m erheben, das ist unser zweiter Hafen, Hamilton.
Hamilton/Bermudas
Tropisches Klima ist vorherrschend, daher tragen wir im Dienst nur Sportzeug. Bald können wir an Land gehen und uns die üppige Vegetation der Bermudas aus nächster Nähe ansehen. Die Inselbahn führt uns zum Aquarium, in dem alle um die Inseln lebenden Fische zu sehen sind. Deren Pracht und Buntheit hinterlässt bei allen Besuchern einen bleibenden Eindruck, der sich durch den Besuch der Tropfsteinhöhlen noch verstärkt; denn auch hier offenbart sich uns die Wunderwelt der Natur.
Während des Dienstes der kommenden Tage gehen die Divisionen zum Baden. Aller Übermut, alle überschüssige Kraft wird ausgetobt in der salzigen Flut. Es ist ein herrliches Gefühl, sich von den hohen Wellen an Land tragen zu lassen. Weicher ist der Sand als bei uns an deutschen Küsten, denn er besteht aus unendlich vielen winzigen Korallenteilchen.
Hamilton-Hotel! Festliche Räume, abgeblendete Lampen, Tische voll köstlicher Sandwiches, Karaffen mit eiskalten Cocktails! Das ist der Rahmen zu einem Tanzabend, wie wir ihn selten erleben, denn das Hamilton-Hotel ist für reiche Amerikaner erbaut, deren Riviera die Bermudas-Inseln sind.
Port au Prince/Haiti
Private Einladungen zu deutschen und englischen Familien, die Teilnahme der Bevölkerung an der Kranzniederlegung durch unseren Kommandanten am Denkmal des Unbekannten Soldaten, alles das sind Zeichen des guten Einvernehmens, das in diesen Tagen zwischen Deutschen und Engländern herrschte. Schade, dass wir nur vier Tage hier sein können!
Beim Auslaufen am 19. November schießen wir Landes- und Rangsalut für den Befehlshaber des achten englischen Kreuzergeschwaders. Vor den Inseln gehen wir an der »Hansa« längsseits und übernehmen Öl und Proviant. Die neue deutsche Kriegsflagge, die sich der englische Kreuzer »York« ausgeliehen hatte, wird per Flugzeug zurück gebracht.
- Zeitzeugenbericht und Fotos: August Rittweger, Oktober 1935
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