Der erste Ausflug nach Freest
Ende der 1990er Jahre kannte ich den Ort Freest in Ostvorpommern noch nicht. Unsere Schwiegertochter erzählte bei ihrem ersten Besuch bei uns über ihren Heimatort. Er liegt elf Kilometer vor der großen Klappbrücke auf die Insel Usedom. Wolgast ist der nächst größere Ort. Schwiegertochter arbeitete in einem Hamburger Krankenhaus. Sie hatte schon Freitagmittag Dienstschluss. Unser ältester Sohn war auch um die Mittagszeit schon von der Arbeit zurück.
So fuhren wir am frühen Nachmittag in das neue Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Vorher schmierte Schwiegertochter noch einige Stullen, alkoholfreie Getränke und Obst wurden mit eingepackt. Es war eine längere Fahrt dorthin. Man musste erst von Norderstedt quer durch die Stadt Hamburg zum Horner Kreisel fahren. Dass es Freitagnachmittag auf allen Straßen voll ist, brauche ich ja keinem zu erzählen. Hinzu kamen die vielen Ampeln mit der schönen Farbe Rot. Weiter ging es dann auf die Autobahn A24 in Richtung Berlin. Nach ungefähr drei Stunden legten wir auf einem Parkplatz eine Pause ein. Die Stullen, Getränke und Vitamine wurden rausgekramt und verzehrt. Das machten viele Autofahrer auf dem Parkplatz.
Dann ging es weiter über Bundes- und Landstraßen. Die Straßen waren nicht so gut ausgebaut wie heute. Es waren ja noch nicht so viele Jahre vergangen seit der Wiedervereinigung. Es ging weiter durch viele kleine Dörfer mit grauen Häusern. Die Fahrt wollte kein Ende nehmen. Ein kleiner Trost waren die Richtungsschilder nach Wolgast. Jetzt waren es noch 15 Kilometer. Im Ort gibt es eine große Kreuzung der Bundesstraße B111. Zur einen Richtung ging es auf die Insel Usedom, in den anderen Richtungen nach Greifswald, Groß-Ernsthof. Und Gützkow. Hier an der Kreuzung stand ein Postamt, ein roter Backsteinbau. Zu der Zeit war das Postamt noch in Betrieb. Seit einigen Jahren ist es geschlossen. Jetzt konnte man den Namen Freest schon lesen. Als wir in Freest ankamen war es schon sehr dunkel. Wir hatten fast sechs Stunden mit Stau und Stop-and-Go gebraucht.
Beim Kaffee auf der Terrasse am nächsten Morgen konnte man von dort aus den Greifswalder Bodden sehen, eine tolle Aussicht. Nach dem ausgedehnten Frühstück wurde ein Besuch auf dem Polenmarkt eingeplant. Wir fuhren alle bis Ahlbeck, Richtung polnische Grenze. Hier wurde der PKW abgestellt. Es war nicht leicht, einen geeigneten Parkplatz zu finden. In Ahlbeck musste man ca. 1 bis 2 Kilometer laufen, um an den Grenzposten zu gelangen. Dort standen einige Grenzkontrollhäuschen, die man mit Personalausweis passieren durfte. Natürlich warteten viele an der Kontrollstelle, es bildeten sich lange Warteschlangen. Dann ging man ungefähr einen Kilometer Richtung Swinemünde und war auf dem Polenmarkt. Er war so gut besucht wie der Hamburger Fischmarkt sonntags. Die Händler sprachen jeden gleich an, wenn man sich etwas anschaute. Am meisten wurden Zigarettenstangen, Textilien und CDs verkauft. Käseproben wurden verteilt mit der Absicht, Käse im Stück zu verkaufen. Angeln und Gartenfiguren waren auch viel zu sehen, Die Buden bestanden aus leichten Bretterverschlägen. Einige Pferdegespanne beförderten die Besucher von A nach B gegen eine Gebühr wie ein Taxi. Natürlich bezahlte man auf dem Polenmarkt mit der D-Mark. Sie wurde sehr gern als Zahlungsmittel angenommen. Mit zwei Gänsen aus Keramik für unseren Garten gingen wir vom Polenmarkt, sie waren sehr günstig und sahen wie echt aus. Ich kam mir vor wie Hans im Glück, unter jedem Arm eine Gans. Am späten Nachmittag mussten meine Frau und ich uns erst einmal von dem langen Fußmarsch erholen. Aber man muss den Markt einmal gesehen haben.
Am Sonntag machten wir einen Spaziergang zum Freester Hafen. Er wurde zu der Zeit saniert, in den Jahren 1995 bis 2000. Die Freester Fischer mit ihren Booten fangen je nach Saison Heringe, Flundern, Dorsch, Zander, Barsch, Hecht, Aal, Steinbutt, Hornhecht und andere Fischarten. Als ich den Freester Hafen das erste Mal zu Gesicht bekam, kannte ich die schönen Ecken des Hafens nicht. Nach fast siebzehn Jahren sind mir alle Ecken rund um Freest vertraut und ich brauche länger als damals beim Spaziergang mit dem Hund und der Enkelin, weil ich viele Leute zum Klönen treffe. Am späten Sonntagnachmittag machten wir uns auf den Heimweg Richtung Norderstedt. Was soll ich sagen, die Rückfahrt ging schneller als die Hinfahrt, aber das ist ja immer so.