Der 8. März ‒ Weltfrauentag
Der Frauentag – für die meisten Deutschen ein Tag wie alle anderen. Nur im Radio und Fernsehen hört man von Clara ZetkinClara Josephine Zetkin, geborene Eißner (geboren am 5. Juli 1857 in Wiederau, Amtshauptmannschaft Rochlitz, Königreich Sachsen; gestorben am 20. Juni 1933 in Archangelskoje, Oblast Moskau, Sowjetunion) war eine sozialistische deutsche Politikerin, Friedensaktivistin und Frauenrechtlerin. Sie war bis 1917 aktiv in der SPD und in dieser Partei eine markante Vertreterin der revolutionär-marxistischen Fraktion. 1917 schloss sie sich der SPD-Abspaltung USPD an. In der USPD gehörte sie zum linken Flügel bzw. zur Spartakusgruppe (1918 umbenannt in Spartakusbund). Danach war sie ein einflussreiches Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Während der Weimarer Republik war sie von 1920 bis 1933 Reichstagsabgeordnete für die KPD und 1932 Alterspräsidentin des Parlaments.Siehe Wikipedia.org und Rosa LuxemburgRosa Luxemburg (* 5. März 1871 als Rozalia Luksenburg in Zamość, Königreich Polen; † 15. Januar 1919 in Berlin) war eine einflussreiche Vertreterin der europäischen Arbeiterbewegung, des Marxismus, Antimilitarismus und proletarischen Internationalismus
Siehe Wikipedia.org.. Für mich ist es ein Tag mit nostalgischem Flair.
Ich erinnere mich an meine Schuljahre. Anfang März in Moskau ist eigentlich noch Winter, aber es riecht schon nach Frühling. In der Sonne dringen durch Schnee und Eis lustige Bäche und an den Straßenecken verkauft man Mimosen. Das sind die einzigen Blumen, die damals in Moskau zu kaufen waren, die Händler brachten sie vom Kaukasus. Galante Männer schenkten die Blumen an Frauen, und das war der einzige Tag im Jahr, an dem die Männer galant waren und sogar im Haushalt halfen. Und die Warenhäuser machten ein Riesengeschäft, alle kauften Geschenke wie hier zu Weihnachten, nur konnte man sie nicht zurückgeben. Wir Kinder sparten lange Zeit unser Taschengeld und kauften Geschenke für unsere Lehrerinnen. Kaum vorstellbar, was es für Geschenke waren, aber unbedingt Mimosen. Für Mutter und Oma gab es auch immer ein Geschenk, und auch Mimosen.
Als wir Mädels erwachsen wurden, bekamen wir Geschenke von Kommilitonen, Kavalieren. Am schönsten war es am Arbeitsplatz.
Am Morgen hatte ich mich herausgeputzt, geschminkt. An dem Tag sollte man sich zur Arbeit nicht verspäten. Beim Eingang zum Institut standen Vertreter der Verwaltung, Gewerkschaft, Partei und KomsomolKomsomol (russisch Комсомол) war die Jugendorganisation der KPdSU., alle mit Blumen und einem Lächeln auf den Gesichtern, und jede Dame bekam Blümchen. Im Labor hatten die Männer die Tische zusammengeschoben und mit weißem Papier bedeckt. Sie hatten Wein, kalten Aufschnitt, Früchte und Süßigkeiten besorgt und als alles fertig war, bat man uns, die Frauen, herein. Jede von uns hat ein Souvenir, ein kleines Geschenk bekommen. Und dann gab es ein lustiges Trinkgelage. Alkohol am Arbeitsplatz war streng verboten, aber an dem Tag hat sich keiner darum gekümmert.
Aber so eine Feier musste man sich verdienen. Am 23. Februar feierte das Land den Tag der Roten Armee, und alle nannten ihn „Männertag“. Man feierte die Soldaten, die im Krieg gekämpft haben und Männer, die nach dem Krieg beim Militär dienten. Dazu muss man sagen, dass in unserem Labor alle Männer recht jung waren, keiner war im Krieg gewesen. Und beim Militär hat auch nur einer gedient, weil das Studium vom Dienst befreite. Nur eine einzige Frau war älter und war als Funkerin einberufen. Sie hatte auch einen Offiziersrang und einen Rotbannerorden bekommen. Aber trotzdem war es ein Männertag und man musste ihn feiern. Also, am Männertag haben wir, die Frauen, ein Trinkgelage für unsere Männer organisiert. Es war nicht leicht, weil wir in der Minderheit waren. Aber wir haben uns bemüht. Immer etwas Neues ausgedacht. Einmal habe ich aus Teig eine riesige nackte Frau gebacken, gefüllt, mit Rosinen und Marmelade. Und die Männer hatten sie mit Gewieher verzehrt. Also, von der Qualität der Feier am 23. Februar hing die Qualität der Feier am Frauentag ab. Aber schön war es immer, weil man uns nach dem Umtrunk nach Hause geschickt hat.
Jetzt ist alles anders in Russland. Am 23. Februar und am 8. März haben alle frei, und in diesem Jahr sogar mit Brücke, also 4 Tage. Und ich muss mich mit Mails an meine alten Freundinnen begnügen. Trotzdem bin ich Clara Zetkin und Rosa Luxemburg dankbar für diesen schönen Feiertag – Tag des Frühlings.