Der Honig von heute …
Teil I
Der Ferienort (Resort)
Im Januar 1997 bekamen wir eine Einladung unserer Tochter Beatriz, einen gemeinsamen Urlaub in der Dominikanischen Republik zu verbringen. Sie würde von Buenos Aires aus mit ihrem Ehemann und Sohn Horacio schon vorfahren und das reservierte Appartement belegen. Wir kämen dann aus Norderstedt dazu.
Meine Frau und ich buchten einen Charterflug nach Puerto Plata und machten uns auf den Weg. Der Flug sollte nonstop von Hamburg bis in die Dominikanische Republik gehen. Wir mussten aber eine Zwischenlandung in Santiago de Compostela machen, um zusätzlichen Treibstoff zu tanken, da über dem Atlantik starke Gegenwinde vorausgesagt waren. Ansonsten verlief der Flug reibungslos und in fröhlicher Stimmung. Es waren ja alles Urlauber an Bord, die sich auf die bevorstehenden Ferien freuten.
In Punta Plata angekommen, wurden wir schon von der Familie erwartet. Mir ist aufgefallen, dass auf dem Flughafen überall Wechselgeld angeboten wurde. Junge Einheimische sprachen uns in perfektem Deutsch an und forderten uns auf, unsere D-Mark günstig
in dominikanische Pesos umzutauschen. Dabei war der angebotene Wechselkurs alles andere als günstig
. Wir waren aber vorgewarnt und ließen uns auf diesen Trick nicht ein. In jeder Wechselstube bekam man nämlich den korrekten Kurs abgerechnet.
Unsere Familie war inzwischen schon ortskundig geworden und erklärte uns einige Eigenschaften der Insel. So erfuhren wir, dass die immer überfüllten Kleinbusse gua-gua
genannt werden und dass der Straßenverkehr wegen der vielen Schlaglöchern sehr riskant werden könnte. Bald würden wir unsere eigenen Erfahrungen damit machen.
Also stiegen wir vorerst in ein Taxi, um uns zu dem Resort in Cabarete fahren zu lassen. Die etwa 25 km lange Strecke kam uns wie eine Slalom-Fahrt vor. Andauernd mussten Löchern oder anderen Hindernissen ausgewichen werden, ohne jedoch die Fahrtgeschwindigkeit zu vermindern. Als wir endlich am Resort angekommen waren und das Taxi scharf in den Eingangsweg einbog, flogen beide Hecktüren des Wagens auf und unser ganzes Gepäck lag auf der Straße. Mit aller Gelassenheit stieg der Fahrer aus und lud die Koffer wieder ein. Dabei kommentierte er, dass es ihm schon öfter passiert wäre. Ich muss mal gelegentlich das Türschloss reparieren lassen
, fügte er hinzu.
Als wir schließlich im Resort waren, konnten wir unseren Augen nicht trauen. Nach den vielen schmählichen Gebäuden, die wir am Straßenrand gesehen hatten, befanden wir uns nun vor einem prächtigen, im Kolonialstil gebauten Hotel, ganz in Rosa gestrichen, mit einem eleganten, von Palmen umgebenden Schwimmbad, mit anschließender Tropen-Bar und sauberen und gepflegten Gartenanlagen.
Die Räumlichkeiten unserer Suite waren ausgiebig und vom Balkon aus konnte man das Meer über dem dichten Palmenwald erblicken. Die Fenster waren zwar mit Jalousien versehen, hatten aber kein Glas! Die Zimmerluft wurde eben durch die Außenluft temperiert. Sollte es zu warm werden, sorgten die Deckenventilatoren für Abkühlung. Das Frühstück wurde im gemütlichen Wohnzimmer serviert und die anderen Speisen konnten entweder an der Bar oder im hoteleigenen Restaurant eingenommen werden. An Dienstpersonal fehlte es überhaupt nicht. Zu jeder Zeit hatte man einen Diener oder ein Zimmermädchen zur Hand. Alle waren sehr höflich und man wurde stets mit einem Lächeln bedient.
Zum Frühstück esse ich gerne Honig und habe mich sehr gefreut, als ich als erstes auf dem Tisch ein größeres Glas mit Bienenhonig stehen sah. Dabei fiel mir auf, dass das Glas mit einem Etikett versehen war, auf dem stand: La miel de hoy es salud de mañana
(Der Honig von heute ist Gesundheit von morgen). Das Zimmermädchen erklärte uns dazu, dass dieser Slogan von der Dominikanischen Regierung eingeführt worden war, um den Verbrauch von Honig unter der Bevölkerung zu fördern. Alle Behälter mit Honig seien in gleicher Art bezeichnet. Auch in den Lebensmittelläden seien Schilder mit diesem Werbeslogan zu sehen.
Da das Leitungswasser nicht trinkbar war, wurden wir andauernd mit Wasser in großen Behältern versorgt. Letzteres musste sogar zum Zähneputzen benutzt werden. In die Toilette durfte man kein Papier werfen. Dafür stand ein Eimer bereit, der mehrmals am Tage vom Dienstpersonal entleert wurde. Das war der einzige Wermutstropfen in diesem Ferienparadies.
Um an den Strand zu gelangen, konnte man entweder zu Fuß durch den üppigen Mischwald etwa 15 Minuten lang laufen oder sich mit dem Beach-Transport
kutschieren lassen. Letzterer war ein von einem Esel gezogener Holzwagen. Normalerweise dauerte die Eselfahrt
länger als der Fußgang, Wenn man aber den jungen Eselführer bat, die Fahrt zu beschleunigen, bediente sich dieser einer äußerst unorthodoxen Methode. Auf der Deichsel sitzend, hob er des Esels Schwanz und pustete ihm heftig in den Po. Das gefiel dem Tier überhaupt nicht und es rannte los. Im Nu waren wir dann am Strand angekommen.
Der breite und von Palmen umsäumte Strand war meistens menschenleer und wir konnten die Natur praktisch für uns alleine genießen. Der größte Teil der Touristen begnügte sich mit Hotel. Trotz der Einsamkeit fehlte am Strand keineswegs die Dienstleistung des Hotels. Diskret unter einer hölzernen Überdachung befanden sich Utensilien, die für den Strand gebraucht werden könnten, wie Liegestühle, Kissen oder Badetücher. Auch kalte Getränke standen in einem Kühlkasten bereit. Man brauchte nur nach dem Diener zu rufen, und schon bekam man das Gewünschte. Sogar frische Kokosnüsse konnte man sich von den Palmen pflücken lassen. Der Diener kletterte dann geschickt den Stamm hinauf, indem er sich mit den Knien festklammerte und mit den Händen hochzog. Mit seiner Machete trennte er dann die Kokosnüsse ab und köpfte sie, damit der Gast die Kokosmilch durch einen Strohhalm schlürfen oder direkt aus der Nuss trinken konnte.
Alles, was man sich an einem Ferienort wünschen konnte, war im Resort und seiner Umgebung vorhanden. Man brauchte also die Anlage gar nicht zu verlassen, um die schönen Ferientage zu verbringen. Jedoch wollten wir ja auch andere Teile der Insel erkunden und da wir die hiesige Sprache (Spanisch) beherrschten, würde dieses eine leichte Aufgabe sein. Also machten wir uns auf den Weg und besuchten einige Sehenswürdigkeiten des Landes.
Aber das ist eine andere Geschichte …