Ein tragischer Verlust
Seit vielen Jahren lieben und bearbeiten wir unseren Schrebergarten. Anfangs sogar zusammen mit unseren damals noch nicht schulpflichtigen Kindern, die aber vorerst mehr Spaß beim Spielen in der Sandkiste, beim Schaukeln, bei der Erdbeerernte usw. hatten.
Da in unseren Breitengraden die Tomaten und Schlangengurken nicht ideal im Freien gedeihen (die erste Ernte fiel wirklich nicht vielversprechend aus), bauten wir uns nach dieser Erfahrung ein etwas einfaches Gewächshaus aus Dachlatten mit Gitter-Plastikfolie überzogen. So waren die Pflanzen nicht mehr dem Regen und kalten Nacht-Tau ausgesetzt.
Nach mehreren Wintern hing das Plastik zerfetzt an den Streben, und mühsam mussten wir es im Frühling neu beziehen.
So gönnten wir uns im Jahre 1994 endlich ein dauerhaftes und standfestes Gewächshaus mit Doppelsteg-Platten einschließlich Fundament. In mühevoller Arbeit wurde endlich ein richtiges Treibhaus mit 9 qm Grundfläche daraus. Bei einer Gartengröße von 400 qm hätten wir gem. Gartenordnung ein Haus von 12 qm bauen dürfen, doch wir entschieden uns für eine kleinere Ausführung.
Automatische Fensteröffner sollten demnächst auch noch eingebaut werden, so dass die Belüftung des Pflanzenhäuschens nicht mehr durch ständiges Öffnen und Schließen der beiden Dachfenster erfolgen musste.
Vorerst ließen wir daher die Tür immer ein wenig offen, um diesen Effekt für die Zwischenzeit zu erzielen.
Nach getaner Arbeit gönnten wir uns einige Tage Urlaub bei Freunden, ehe die Frühjahrsbestellung im April beginnen sollte und somit auch die Einweihung des neuen Gewächshauses.
Als wir endlich mit unseren Tomaten- und Gurkenpflanzen das Gewächshaus bestücken wollten, entdeckten wir, dass inzwischen eine Amsel unser Treibhaus als Domizil für ihren Nestbau erwählt hatte. Ganz frech hatte sie in unserer Abwesenheit auf einem kleinen Abstelltisch ihr Nest errichtet und guckte uns herausfordernd an. Im Nest lagen schon vier Eier, und so wagten wir es nicht, ihre Arbeit zu zerstören, sondern wollten versuchen, mit dieser engen Nachbarschaft auszukommen.
Anfangs war die Amsel immer sehr skeptisch und etwas ängstlich, wenn wir in ihr und unser Haus eintraten, um unsere Pflanzen zu begießen. Allmählich gewöhnte sie sich an uns und wir uns an sie, und wir akzeptierten gegenseitig die Anwesenheit der verschiedenen Parteien. Wir redeten der Amsel immer leise gut zu, damit sie keine Angst vor uns zu haben brauchte, und wie es schien, verstand sie es. Jedenfalls hielt sie wacker auf dem Nest aus und bebrütete fleißig ihre Eier.
Nach dem Schlüpfen der Kleinen wurden diese von den Eltern emsig gefüttert und zusehends größer.
Eines Tages waren die drei ersten jungen Amseln ausgeflogen, und das Nesthäkchen sollte auch das Fliegen versuchen. Wir wollten nicht stören und warteten darauf, dass der Nachzügler endlich flügge wurde, damit wir wieder ungestört zu unseren Gemüsepflanzen gelangen konnten.
Aber welch eine Tragik erwartete uns am nächsten Tag.
Das letzte Vögelchen hatte seine ersten Flugversuche gestartet. Dabei war es ausgerechnet in der bereitstehenden und leider nicht abgedeckten Gießkanne, mit der wir fast täglich unsere Pflanzen wässerten, gelandet, kopfüber und unrettbar verloren.
Wir waren sehr traurig ob dieses Verlustes.
Schnell besorgten wir daraufhin die nun wirklich erforderlichen automatischen Fensteröffner für das Häuschen, so dass wir nun die Tür immer schließen konnten.
Kein Vogel bekam seitdem mehr die Chance, sich in unser Treibhaus zwecks Nestbau zu schleichen. Schließlich gibt es genügend Hecken und Bäume in unserem Garten, in denen ein Vogelpaar unbeobachtet seine Kinderstube einrichten kann.