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Die Zeit von 1900 bis 1939

1900 - 1939
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Die Zeit von 1900 bis 1939
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Was es heute alles nicht mehr gibt

Aus der guten alten Zeit, hörte ich in meiner Kindheit die Erwachsenen erzählen. Sie nannten ihre Jugendzeit wirklich die gute alte Zeit. Heute im 21. Jahrhundert kann ich mir das überhaupt nicht mehr vorstellen. Die technische Entwicklung hat mit Riesenschritten ein Jahrhundert durchlaufen und trotzdem, als es noch kein Radio gab, war es in den Stuben abends bei Kerzenschein oder im Licht der Petroleumlampe so gemütlich, wie es heute nie mehr sein kann. Es wurden Geschichten erzählt, man hat gesungen und trotz des kleinen Lampenlichts wurde die Handarbeit selten zur Seite gelegt.

Die ruhige Atmosphäre, das Miteinander-verbunden-sein, jeder kannte den anderen, und er wusste über ihn Bescheid. Das vermiss ich an unserer heutigen Gemeinsamkeit. Also doch die gute alte Zeit?

Bei diesen Gedanken, die manchmal durch mein Gehirn fegen, kam mir die Idee, doch einmal zu schauen, was ich in dem Dorf meiner Kindheit heute vorfinde. In Gedanken malte ich mir aus, wieder auf den Heuboden zu klettern, es zu riechen und die in ihm verborgenen Mäuse aufzuspüren; durch die Ritzen im Mauerwerk nach dem Sonnenlicht zu schauen und die sich im Wind bewegenden Baumwipfel zu beobachten, in denen so oft die Eichhörnchen herumflitzten. Die alte Buche, die bestimmt damals schon 1000 Jahre alt gewesen sein muss, so dick, so gewaltig und trutzig. Wenn sie im Herbst die Blätter abwarf, haben wir diese zu Haufen zusammengetragen und uns ein Auto geformt, hineingeplumpst, um es zu fahren, und die ganze Pracht war wieder hin.

Wirft sie immer noch ihre Blätter ab?
Oh ja, und das Plumpsklo, in dem immer Zeitungspapier lag, das mich riesig interessierte, seit dem Tag, an dem ich die ersten Buchstaben lesen konnte. Es war ja die einzige Möglichkeit, etwas zu lesen, was ich mir unbedingt beweisen musste.

Vor dem - ja heute möchte ich es sagen - stinkenden Etwas, das auch extra weit von den Wohngebäuden entfernt hingestellt war, befand sich der Wäscheplatz. Und wie damals Usus, da es kein fließendes Wasser gab, stand dort auch eine Pumpe. Ich liebte die Pumpe, denn sie war das erste Gerät, an dem ich beweisen konnte, dass ich eine Hilfe bei der großen Wäsche war. Aber leider durfte ich nicht bei der Wäsche auf dem Bauernhof, oder besser gesagt, auf dem Gutshof helfen. Ich hätte dort doch so gerne mal die Wäschemangel gedreht, die mit den Gummiwalzen, in die man die Wäsche hineintat, die Kurbel drehte, und dann spritzte das Wasser heraus! Nein, das durfte ich nicht, denn es hätte ja sein können, dass meine Finger zwischen die Walzen geraten, und außerdem mochten es die Frauen auch nicht, von uns Kindern bei der Arbeit gestört zu werden.
Ach ja, und dieses komische Ding, in das die klein gehackten Zuckerrüben hineingeschüttet wurden, und diese wurden dann gedrückt! Wie das genau funktionierte, kann ich nicht sagen, aber unten war eine Auffangschüssel, und in dieser fing sich der Saft. Lecker, wenn ich mal eine Kostprobe bekam.

Dann war da noch die Tante Lina und Onkel Erich. Ob wohl das Häuschen noch da ist, unten an der Schleuse, über die man gehen musste, um Onkel Erich in der Sägemühle zu besuchen? Besonders im Winter, wenn der Teich zugefroren war, gingen wir zu ihm und holten uns Stöcke bei ihm ab, die er mit angespitzten Nägeln versehen hatte. Die Freude über unsere rasanten Schlittenfahrten über den zugefrorenen Teich zog eine Fröhlichkeit begleitet von Gejauchze und Gelächter nach sich, was sicher im ganzen Dorf zu hören war, denn nach einiger Zeit waren alle Kinder auf dem Teich versammelt.

Und dann stand ich wirklich an diesem Ort, der immer wieder Sehnsucht in mir weckt. Als erstes vermisste ich die Scheune, in der unsere Familie zuletzt gewohnt hatte. Wir waren in zwei Zimmer untergebracht, die an dem einen Ende eingebaut worden waren. Vor uns wohnte aber noch eine andere Familie darin, die dann nach Kanada ausgewandert ist. Und auch die andere Scheune, in der die Pferde ihren Stall hatten, sie war nicht mehr da. Ich ging weiter, zu den Deputatshäusern, zwei sind es immer noch. In dem einen haben wir gewohnt, bis wir in die Scheune umziehen mussten. Ja, sie ist noch da, die alte Pumpe und sie funktioniert noch, das gute alte Stück. Soll ich oder soll ich nicht? Die Leute, die hier jetzt wohnen, kenne ich nicht, aber was soll's? Geh und frag einmal, ob du noch einmal die Zimmer sehen darfst, in denen deine Kindheit stattfand!
Ich darf, und mit einem ziemlichen Aufruhr in meinem Herzen stehe ich in unserem alten Wohnzimmer. Hier steht immer noch der große Kachelofen, in dem wir oft genug mit Sägespänen heizten. Und wenn keiner aufgepasst hat, haben wir die Späne über die Glut gelegt, und nach einiger Zeit gab es dann eine kleine Explosion. Im Stillen hab ich mich darüber köstlich amüsiert, durfte mir aber nichts anmerken lassen.

Dann gehe durch den kleinen Wald, hinter dem meine Lieblingsblumenwiese an dem kleinen Bach war, indem ich jedes Jahr zu Ostern mit Moos viele Osternester gebaut habe in der Hoffnung, dass der Osterhase in diesem Jahr alle findet und füllt.
Aber, was ist denn hier geschehen? Die Wiese - sie trägt keine Blumen mehr, sieht aus, wie ein alter, verfilzter Teppich! Kein Wiesenschaumkraut, keine einzige Kuckucksblume! Diese Veränderung möchte ich am liebsten ignorieren. Aber der Kätzchenbaum, der steht da noch, doch leider in viel zuviel Wasser, ich kann nicht mehr zu ihm.

Ich geh zurück, und mache mich auf den Weg zum anderen Ende des Dorfes. Und schon von weitem sehe ich, dass es nicht mehr da ist, das kleine Häuschen von Tante Lina und Onkel Erich. Später hat mir meine Schwester erzählt, dass es sich ins Wasser geneigt habe und somit nicht mehr bewohnbar war.
Sie sind alle fort, die Menschen, die meine Kindheit begleiteten. Aber halt, die alte Buche - sie ist noch da, und wie zu Zeiten meiner Kindheit, war wieder eine große Pfütze da unter ihrem Blätterdach! Es muss gestern geregnet haben.
Ja, und die alte Sägemühle, sie ist auch nicht mehr da. Dort, wo sie einmal stand, sind jetzt Karpfenteiche. Ein Stück weiter am Waldrand wurde eine neue gebaut. Ein Standort, an dem kein Wasserantrieb mehr nötig ist, da jetzt Elektrizität als antreibende Kraft genutzt wird.

Es hat sich viel verändert. Das Schulgebäude, an dem ich auf dem Heimweg vorbeifuhr, hat ein ganz anderes Gesicht bekommen und der Schulhof wurde bebaut.

Mit Sehnsucht im Herzen nach der guten alten Zeit nehme ich noch einmal Abschied.

Sehnsucht

Sehnsucht hab ich noch immer,
Nach dem kleinen Zimmer,
Nach der Geborgenheit
Und den Wiesen, die so weit.
Wo im Winter Eis ist an den Wänden
Und die Kälte frisst an Händen
Wo die Mäuse fallen von der Decke
Und die Küh uns morgens wecken
Wo ich in das Wespennest dort trat
Und auch mal Heimweh hatt
Wo im Winter Schnee noch lag
Und die Sommersonne das ihre tat.

Wo ein Fest der Ernte Dank
Mit dem Bruder hab gezankt,
wo die Welt noch Heimat ist
und das erste Mal geküsst,
wo die Bienen summen auf der Heide
und verdreckt das Kleid aus Seide
wo die Mutter im schwarzen Herde kocht
und das Herz vor Weihnacht richtig pocht.

Ich hab Sehnsucht heut noch immer
Nach dem kleinen Zimmer,
nach der Jugend Träume
dass das Leben ich nicht versäume.


  • Autorin: Helga Grünert, Oktober 2008
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