Die Borgward - Chronik
– Chronik einer Bremer Automobillegende –
1890 wird Carl Friedrich Wilhelm Borgward am 10. Nov. in Altona als Sohn eines Kohlenhändlers geboren, erlernt das Schlosserhandwerk, studiert Maschinenbau und ist mit 23 Jahren Oberingenieur.
1919 wurde Carl F. W. Borgward Teilhaber und Geschäftsführer der Bremer Reifenindustrie GmbH
des Kaufmann Ernst Baerold und machte damit den ersten Schritt zum eigenen Unternehmen.
Borgward stellte die Produktion auf den Bedarf der Hansa-Lloyd-Werke um und produzierte Kühler und Kotflügel. Mit den Hansa-Lloyd-Werken als Großabnehmer war das kleine Unternehmen recht erfolgreich.
1921 verließ Ernst Baerold die Firma, Borgward änderte den Firmennamen in Bremer Kühlerfabrik Borgward & Co.
und führte es allein
Sein Traum eigene Autos zu produzieren konnte wegen der beengten Räumlichkeiten und der geringen Finanzkraft noch nicht realisiert werden. Es wurden aber schon zwei Versuchsfahrzeuge gebaut, die nie in Serie gingen.
1922 zog das junge Unternehmen auf ein neues, wesentlich größeres Fabrikgelände um. Jetzt begann die Produktion der ersten Borgward-Fahrzeugmodelle, mit dem dreirädrigen Blitzkarren
.
1924 trat der Kaufmann Wilhelm Tecklenborg, als Teilhaber in das Unternehmen ein. Der Blitzkarren wurde ein Erfolg und Borgward entwickelte verbesserte Nachfolgemodelle.
1928 wurde das Fabrikationsgelände zu klein. Borgward und Tecklenborg übernahmen die zum Verkauf stehende Bremer Karosseriefabrik vorm. Louis Gärtner AG
. Beide interessierten sich hauptsächlich für die Gebäude, die direkt gegenüber dem Verwaltungsgebäude der Hansa-Lloyd AG standen.
Das Geschäft mit den Transportfahrzeugen lief weiterhin so gut, dass die Produktpalette um den Vierrad-Lastwagen Superior
, einen eineinhalb Tonner ergänzt wurde. Das Werk bekam wieder einen neuen Namen und hieß ab März 1928 Goliath-Werke, Borgward & Co
.
1929 verkauften die Banken ihre Anteile an der schlecht gehenden Hansa-Lloyd AG. Der Wert betrug mit 150.000 Reichsmark nur noch 6% des Nennwertes und Borgward und Tecklenborg griffen zu. So wurden sie Geschäftsführer der Goliath-Werke und Vorstand der Hansa-Lloyd.
1931 war, bedingt durch den Börsenkrach, der Zusammenbruch der Hansa-Lloyd AG nicht mehr aufzuhalten.
Das Werk wurde mit den gesunden Goliath-Werken zusammengelegt und es entstand ein neues Großunternehmen Hansa-Lloyd-Goliath-Werke Borgward & Tecklenborg
.
Der Hansa 1100
und Hansa 1700
wurden neu konstruiert. Die Holzkarosserien wurden nun aus Stahl gefertigt, dafür wurde eine große Stahlpresse angeschafft und Borgward begann mit dem Motorenbau.
1937 kauften Borgward und Tecklenborg ein 223.000 Quadratmeter großes Grundstück in Sebaldsbrück, auf dem eine der vorbildlichsten Arbeitsstätten der damaligen Zeit entstand. Diese Fabrik war im Gegensatz zu vielen anderen hell und sauber, mit viel Platz und erholsamen Grünanlagen versehen.
Im gleichen Jahr wurde das Unternehmen in eine AG umgewandelt, aus der Tecklenborg dann nach Unstimmigkeiten mit Borgward im September mit einer Abfindung von vier Millionen Reichsmark austrat. 14 Tage später wurde die AG dann wieder in eine Einzelfirma mit dem Name Hansa-Lloyd-Goliath-Werke Carl F.W. Borgward
umgewandelt.
1938 ernennt Hitler Carl F.W. Borgward zum Wehrwirtschaftsführer
, der sich nun um wehrwirtschaftliche Aufgaben zu kümmern hatte. Es wurden der Borgward 2300
als einziger Personenwagen, drei unterschiedliche Lkw, Elektrofahrzeuge und Omnibusse produziert. Borgward hatte auf das Unternehmen mit rund 8.000 Arbeitern nur noch geringen Einfluss.
Bei den schweren Luftangriffen auf Bremen wurden schließlich auch die Borgward-Werke zum großen Teil zerstört. Borgward selber wurde nach dem Krieg von den Siegermächten wegen seines Amtes als Wehrwirtschaftsführer interniert und durfte erst im Juli 1948 sein Werk wieder betreten.
Nach dem Krieg
1948 standen nur noch 400 Arbeiter zu Verfügung, das Betriebsgelände war zerstört. Der von der Stadt Bremen eingesetzte und von den Alliierten bestätigte Treuhänder, Verkaufsdirektor Schindelhauer, ließ die Trümmer beseitigen, Notdächer bauen und das brauchbare Material bergen.
Sein Geschick im Umgang mit den Besatzungstruppen und seine unbelastete Vergangenheit ermöglichten es Schindelhauer, die Produktion von Lastwagen wieder aufzunehmen.
Als Borgward sein Unternehmen wieder führen durfte, ließ er weitere Werke in Sebaldsbrück und Hastedt aufbauen. Er wandelte seine Firmen in drei GmbH um, die Goliath GmbH
, die Lloyd-Maschinenfabrik GmbH
und die Automobil- und Motorenwerke Carl F.W. Borgward GmbH
. Auf diese Weise erhielten seine Unternehmen die dreifache Rohstoffmenge.
Im Borgward-Werk Sebaldsbrück wurden nun Lastkraftwagen, im Goliath-Werk ein erfolgreicher dreirädriger Lieferwagen und in der Lloyd-Maschinenfabrik Spinnereimaschinen, Webstühle und Elektrokarren gebaut.
1949 stellt Borgward mit dem Hansa 1500
die erste deutsche Nachkriegskonstruktion eines Personenwagens auf dem Genfer Autosalon vor. Dieser besaß eine völlig neue Pontonform und die gerade von der Firma Bosch entwickelten Blinkleuchten, die den vorher üblichen Winker ablösten. Trotz der ungewöhnlichen Form fand der Wagen sowohl im Inland, als auch im Ausland zahlreiche Abnehmer. Borward hatte den Anschluss an die internationale Konkurrenz gefunden. Um dies noch zu unterstreichen wurde auf der Basis des Hansa 1500 sogar ein Rennsportwagen gebaut.
Für die Käuferschicht mit geringerem Einkommen wurde der Leukoplastbomber
Lloyd LP 300 gebaut, ein Fahrzeug mit Holzkarosserie und 10 PS leistenden 300 cm³ Motor, das bei abendlicher Windstille auf gerader Strecke eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h entwickelte.
1950 wurde die Lloyd-Maschinenfabrik GmbH
auf ein neu gekauftes 20.000 Quadratmeter großes Grundstück in Bremen-Neustadt umgesiedelt und die Produktion der Textilmaschinen aufgegeben. Das Werk wurde in Lloyd-Motoren-Werke GmbH
umbenannt.
1954 gründete Borgward die Borgward Argentinia S.A. Industrial
in Argentinien. Das Grundkapital wurde je zur Hälfte von Borgward und argentinischen Wirtschaftskreisen eingebracht. Für die Ausrüstung des Unternehmens sorgte Borgward, während Argentinien 14.000 Quadratmeter Land und Gebäude zur Verfügung stellte. Dort wurde dann der Kleinlaster Rastrojero
gebaut.
In den folgende Jahren expandierte die Borgward-Gruppe immer weiter, wobei auch eine möglichst große Unabhängigkeit von Zulieferern angestrebt wurde.
1955 gründete Borgward die Carl F.W. Borgward-Leichtmetallwerke
. Eine schwache Wintersaison auf dem Inlandsmarkt führten dazu, dass 2000 gerade neu eingestelle Arbeiter wieder entlassen werden mussten. Dennoch entschloss sich Borgward mit Mitteln aus dem Lastenausgleich eine Produktionsstätte für Spezialkarosserien aufzubauen. In dieser Zeit begann auch die Entwicklung eines eigenen Hubschraubers zusammen mit dem deutschen Flugzeugkonstrukteur Prof. Focke.
Es ging nach der Einführung der TS
und de Luxe
Modelle der Isabella weiter bergauf.
1959 waren ca. 20.000 Menschen bei Borgward beschäftigt und produzierten 104.410 Fahrzeuge, die einen Umsatz von 632 Millionen D-Mark brachten. Das Angebot des amerikanischen Chrysler-Konzerns, die Werke als Ganzes zu erwerben lehnte Borgward ab.
Während die Marke Borgward selber nach der Einführung des P100
, einem, luxuriösen, großen, PS-starken Wagen, weiterhin Gewinne erzielte, begannen Goliath und Lloyd mit Verlust zu arbeiten. Anfangsschwierigkeiten bei der Einführung der Lloyd Arabella
kosteten Millionen und schädigten den Ruf des Unternehmens. Obwohl die Borgward-Gruppe ein lückenloses Programm an Fahrzeugen anbot, deren technische Qualitäten sich nicht vor der Konkurrenz zu scheuen brauchten, gingen die Verkaufszahlen immer weiter zurück, besonders stark in den USA.
1960 konnte die Produktion durch Kredite der Stadt Bremen nur noch bis Jahresende aufrecht erhalten werden. Dann wurden die Finanzprobleme der Borgwardgruppe öffentlich, was zu einer Verunsicherung der Händler, Lieferanten und Kunden führte. Selbst Straffung der Geschäftsführung, Entlassungen und weitere Kredite konnten die Borgward-Gruppe nicht mehr retten.
Nach einem Bericht des durch die Stadt Bremen eingesetzten Wirtschaftsprüfers Dr. Semler wurde jeder weitere Kredit verweigert. Statt dessen forderte die Stadt die komplette Übergabe des Unternehmens und erklärte sich dafür im Gegenzug bereit den Betrieb weiterzuführen. Borgwards Verkaufsversuche waren alle gescheitert, deshalb nahm Borgward das Angebot an und sicherte so vorerst die Arbeitsplätze.
1961 wurde durch das am 11. September eingeleitete Konkursverfahren das Ende der Traditionsmarke Borgward besiegelt. Dr. Semler persönlich versuchte in aller Welt die Borgward-Gruppe zu verkaufen, anstatt das Unternehmen auch durch unpopuläre Maßnahmen wie Entlassungen zu sanieren.
Nachdem auch die letzten Verhandlungen mit Chrysler gescheitert waren, wurde am 28. Juli 1961 das vorläufige Vergleichsverfahren eingeleitet und 12.600 Arbeiter entlassen.
Eine Borgward Interessengemeinschaft, bestehend aus Händlern, Lieferanten, großen Banken und Kunden, versuchte das Werk Sebalsbrück für 90 Millionen D-Mark aufzukaufen, das Angebot wurde jedoch vom Bremer Senat abgelehnt. Der Konkurs wird von den Borgward-Anhängern auch heute noch nicht anerkannt, da einige Jahre später alle finanziellen Ansprüche der Gläubiger befriedigt wurden.
1963 Carl F. W. Borgward überlebte seine Firma nur um zwei Jahre, er erlag 1963 einem Herzinfarkt. Eine Gruppe von Investoren kaufte 1964 die Maschinen und die Rechte, und baute in den Jahren 1967 bis 1970 den Borgward P100 in Mexiko nach.
Das Werk in Sebaldsbrück wurde von der hannoverschen Hanomag übernommen, die dort in den Folgejahren Kleintransporter, leichte Lkw und Baumaschinen produzierte. Nach der Übernahme der Hanomag-Henschel durch Daimler-Benz bekam das Werk 1971 wieder einen neuen Eigentümer und gehört heute zu DaimlerChrysler.
Das Werk in Osterholz-Scharmbeck übernahm 1962 Büssing aus Braunschweig, um dort bis 1969 den Kübelwagen für den Bundesgrenzschutz weiter zu fertigen. Büssing verkaufte das Werk schließlich an Faun.