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Smuggelee

An neegenteinten März 1939, an mienen achten Geburtsdag, harr mien Swester Grete Konfirmatschon un Vadders Modder, uns Oma Dall, keem anreist. Se wohn in Hadersleben in Dänemark. Se müß also över de Grenz un dörch den Toll. Von Tollbetohlen höll se nich veel. Se wies bloß dat, wat se mitnemmen dröff, dat Annere wöör smuggelt. Nu schull mien Swester von ehr echte sülverne Teeleepels hebb'n, un de müssen jo vertollt warrn — man dat, meen se, dee nich nödig. Se wüß een ganz feinet Versteek.

As se nu mit de Bohn an de Grenz keem, müß se utstiegen un dörch dat Tollhuus gohn. De Koffer weer nich licht, man een von de Töllners nemm ehr den aff un rop dormit op den Disch. Se wies, wat se mit harr un wat se dröff, dat Annere natürlich nich. De Töllner weer dormit tofreeden un help ehr wedder no den Tog hen, de intwischen een Stück wieder föhrt weer.

As se ut de Döör güngen, keem een scharpen Wind un weih ehr den Hoot vun'n Kopp. He trudel op sienen Rand de Bohnstieg lang grood op den Statschonsvörsteher to. De Hoot weer em meist twüschen de Been dörchsuust, man he kneep de gau tohoop un harr em foot. As he mien Grootmodder den Hoot geven wull, seh he de inneihten söss Teeleepels. He dreih den Hoot üm un lach ehr an. Se bedank sik un sett den Hoot wedder op. Denn steeg se in den Tog un de Töllner brööch se bit ant Affdeel un pack den Koffer ok in dat Gepäcknett. Besten Dank ok, sä se un sett sik eerstmol dol. Man dat harr scheef gohn kunnt.

As de Tog wieder fohrn dee, vertell se de Lüüd in' t Affdeel, wat se jüst beleevt harr. De amüseern sik un de een sä to ehr: Dat weer jo een'n schöönen Schreck, dor höört 'n Konjack op. Ik heff eenen dorbi, aver keenen Proppentrecker. Keeneen harr son Ding in de Tasch, aver he hett so lang op den Proppen drückt, bit de in den Buddel weer. Denn güng dat reegüm, jeder nemm 'n Sluck ut den Buddel bit he leddig weer. Dat weer een ganz fidelet Affdeel!

As Grootmodder den endlich bi uns anlangt weer, müß se dat glieks bi'n Tass Kaffee vertelln. Un wi harrn ok unsen Spooß doran. Mit'n Mol sä se denn: Hebbt ji so dull inbött? Mi is dat veel to warm hier. Nee, nich mehr as sünst anter uns Vadder. Oh, ik heff jo wat vergeten, lach se un suus hen no de Tante Meier. As se wedderkeem, harr se eenen rot-blau-kareerten Ünnerrock ut Wull in de Hand. Dat weer een Kleederstoff för mi ton Geburtsdag. Den wull se natürlich ok nich vertolln un harr sik dor een scheunen Ünnerrock von neiht. Ünner ehr knöchellanget Kleed weer dat jo nich to sehn. Uns Modder kreeg dat Lachen un reep: Ik dach all, du harrst twintig Pund tonohmen!

Wenn ik hüüt an mien Grootmodder trüüchdenk, seh ik jümmers een vergnögte Fro, de allns kunn un veel Humor harr. Se kunn an veele Soken Spooß finnen un besonners an de Smuggelee.


Schmuggelei

Am neunzehnten März 1939, an meinem achten Geburtstag, hatte meine Schwester Grete Konfirmation und Vaters Mutter, unsere Oma Dall, reiste an. Sie wohnte in Hadersleben in Dänemark. Sie musste also über die Grenze und durch den Zoll. Vom Zollbezahlen hielt sie nicht viel. Sie deklariert nur das, was sie mitnehmen darf, alles andere wird geschmuggelt. Nun sollte meine Schwester von ihr echte silberne Teelöffel bekommen und die müssen ja verzollt werden – aber das, meinte sie – ist nicht nötig. Sie kannte ein ganz feines Versteck.

Als sie nun mit der Bahn an die Grenze kam, musste sie aussteigen und durch das Zollhaus gehen. Der Koffer war nicht leicht und einer der Zöllner nahm ihr den ab und stellt ihn auf den Tisch. Sie zeigte vor, was sie mithatte und was erlaubt war, das Andere natürlich nicht. Der Zöllner war damit zufrieden und half ihr wieder zum Zug zurück, der inzwischen ein Stück weiter gefahren war.

Als sie aber aus der Tür kamen, kam ein scharfer Wind und wehte ihr den Hut vom Kopf. Der trudelte auf seinem Rand den Bahnsteig entlang, gerade auf den Stationsvorsteher zu. Der Hut wäre ihm fast zwischen den Beinen hindurch gesaust, aber er drückte die Beine schnell zusammen und hielt ihn fest. Als er meiner Großmutter den Hut zurückgeben will, sieht er die eingenähten sechs Teelöffel. Er drehte den Hut um und lachte sie an. Sie bedankte sich bei ihm und setzte den Hut wieder auf. Dann stieg sie in den Zug und der Zöllner brachte sie bis ins Abteil und hob auch noch den Koffer in das Gepäcknetz. Besten Dank auch, sagte sie und setzte sich erstmal hin. Das hätte schiefgehen können.

Als der Zug wieder fährt, erzählt sie den anderen Leuten im Abteil, was sie gerade erlebt hatte. Die amüsieren sich und einer sagt zu ihr: Da haben sie ja einen gehörigen Schrecken bekommen, da müssen wir eigentlich einen Cognac drauf trinken. Ich habe zwar einen dabei, aber keinen Korkenzieher. Niemand hatte so ein Ding in der Tasche, deshalb drückte er so lange auf den Korken, bis er in der Flasche war. Dann ging die Flasche reihum, jeder nahm einen Schluck aus der Flasche, bis sie leer war. Was war das für ein gutgelauntes Abteil!

Als meine Großmutter dann endlich bei uns ankam, musste sie das Erlebte sofort bei einer Tasse Kaffee erzählen. Auch wir hatten unseren Spaß dabei. Mit einem Mal sagte sie: Hab ihr so stark geheizt? Mir ist es viel zu warm hier. Nein, nicht mehr als sonst, antwortete unser Vater. Oh, ich habe ja etwas vergessen, lachte sie, stand auf und ging zur Toilette. Als sie wiederkam, hatte sie einen rot-blau-karierten Unterrock aus Wolle in der Hand. Das ist der Kleiderstoff für mich zum Geburtstag. Den wollte sie natürlich auch nicht verzollen und hatte sich daraus einen schönen Unterrock genäht. Unter ihrem knöchellangen Kleid war der ja nicht zu sehen. Unsere Mutter fängt an zu lachen, und ruft: Ich dachte schon, du hast zwanzig Pfund zugenommen!

Wenn ich heute an meine Großmutter zurückdenke, sehe ich eine immer vergnügte Frau, die alles konnte und viel Humor hatte. Sie hatte an vielen Sachen ihren Spaß und ganz besonders an der Schmuggelei.