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Zweiter Weltkrieg, 1939 bis 1945

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Zweiter Weltkrieg, Flucht und Vertreibung, 1939 bis 1945
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Gott im Bunker

Fliegeralarm! Amerikanischer Bomberverband im Anflug auf Münster! so hatte die Meldung im Radio gelautet.
Ich war zum nächsten Bunker gerannt. Vor den wenigen Eingängen stauten sich die Menschen und verschwanden langsam im Inneren des Betonklotzes. In der Schlange stehend vernahm ich schon das leise Summen des anfliegenden Verbandes und schon meldete sich auch die Flak im Westen vor der Stadt, die dumpf grollenden Abschüsse der schweren Geschütze und dann das schnelle Tackern der leichten Flak. Dann ein Rauschen, Pfeifen, sofort vermischt mit ohrenbetäubendem Krachen, dumpfen Dröhnen, heulenden Splittern – der erste Verband hatte seine Bombenlast auf die Stadt abgeworfen. Der Kern der schönen alten Stadt war getroffen, in der Straße vor dem Bunker waren die letzten Bomben gefallen.
Die Hunderte von Menschen, die soeben noch angstvoll schimpfend oder verbissen schweigend sich den Zugang in den Bunker erkämpften, lagen nun verstreut auf dem Boden ausgestreckt, den Kopf in den Händen vergraben oder zusammengeknäuelt an den Betonwänden des Bunkers und in den Haustüren der gegenüberliegenden Häuser.

Ich hob den Kopf und überlegte blitzschnell: der erste Verband flog soeben ab, die nächsten Wellen würden gewiss nicht nur den innersten Stadtkern treffen. Ob die vielen Menschen, die ungeschützt um den großen Bunker herumlagen, das wohl überstehen würden? Die schweren Eisentüren des Betonklotzes waren beim ersten Heranheulen der Bomben dumpf dröhnend ins Schloss gefallen und würden sich auch nicht wieder öffnen. Sicher war der Bunker auch wieder mal überfüllt. Ganz in der Nähe befand sich ein Stück des alten Stadtwalles. Dort hatte ich doch aneinandergestellte große Betonröhren gesehen, mit einem Meter Erde bedeckt und an beiden Enden mit dicken eichenen Holzbohlentüren verschlossen. Dieser Stollen, als Behelfsbunker gedacht, bot sicherlich keinen Schutz vor Sprengbomben, doch war man dort sicher vor Brandbomben, Splittern und Sprengstücken.

Während mir das noch durch den Kopf fuhr, war ich schon aufgesprungen und hastete dorthin, schon das Summen des zweiten anfliegenden Verbandes im Ohr. Die dicken Holztüren der Betonröhre öffneten sich bereitwillig meinem Klopfen auf einen Spalt, während in nicht weiter Entfernung das Dröhnen weiterer Detonationen die Luft erfüllte.
Außer Atem schaute ich mich um. Auf schmalen, rohen Holzbänken saßen etwa sechzig Menschen an den gewölbten Wänden der Betonröhre entlang, strenge, ernste Gesichter, weiße Scheitel und graue Haarknoten. Nur wenige junge Gesichter waren darunter. Absolute Stille herrschte in der Röhre. Kein Geschrei, kein Geschimpfe, nicht einmal ein Flüstern war zu hören. Aber die Aufschläge der Bomben klangen seltsam laut und hell in der Stille. Schon belegte ein dritter Verband die Stadt mit einem Bombenteppich. Näher und näher klangen die Aufschläge, wie ein Riese, der sich mit stampfenden Schritten unserem Schlupfwinkel näherte – gleich wird er uns zertreten –jetzt – nein –jetzt.

Die drückende Stille in der Betonröhre wurde plötzlich laut, der Atem der Menschen heftiger, das Entsetzen stieg in die Herzen und in die Augen und erfüllte sie ganz. Gleich wird ein Schrei losbrechen aus den vielen Menschenkehlen, voll irrsinniger Angst, tierisch laut – oh ich kannte ihn von Angriffen her, diesen Schrei. Und während das Atmen der Menschen wie ersticktes Röcheln klang, sagte eine tiefe Männerstimme langsam und überdeutlich, wie Tropfen fielen die Worte einzeln in jedes Ohr und tiefer in jedes Herz: Wir-alle-stehen-in-Gottes-Hand.

Waren die Bomberverbände abgeflogen? Nein, draußen prasselte es weiter, dumpf dröhnten die Aufschläge. Doch erreichte der Lärm durch das Ohr nicht mehr das Herz. Darin waren nun die Worte in Gottes Hand. Friedlich atmeten die Menschen, die Köpfe geneigt. Manche Hände hatten sich gefaltet.

Noch eine Stunde lang bombardierten Flugzeuge in immer neuen Wellen die wunderschöne mittelalterliche Stadt und schlugen sie in Trümmer. In dem Stollen am alten Stadtwall aber saß eine stille Gemeinde von Menschen, die in der entfesselten Hölle eines schweren Bombenangriffes von Gottes Hand angerührt war.

  • Autorin: Liesel Hünichen, 2. Oktober 2012
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