Ein anrüchiges
Thema
Was für ein Luxus: die Toilette mit Wasserspülung. Wer es noch anders erlebt hat, weiß diesen Luxus zu schätzen.
Meine Mutter hatte bis ins hohe Alter Albträume von dem weiten Weg: aus dem Haus raus, eine lange Treppe runter, über den Hof, eine lange Treppe rauf, zum Plumpsklo. Da sie ein Zimmer auf dem Dachboden hatte, gab es für nächtliche Notfälle einen Nachttopf unter dem Bett.
Als unsere Eltern ein Häuschen bauten, wurde die Toilette in den Anbau neben die Waschküche gebaut. Wir mussten nicht über den Hof, das war fast Luxus. Von Wasserspülung haben wir noch nicht einmal geträumt - es war ein Plumpsklo, Goldeimer
nannte mein Vater das. In einem kleinen Raum - sogar mit Fenster aber ohne Heizung - war ein großes Holzbrett, ähnlich einer großen Bank, mit einem Loch in der Mitte. Darunter stand der Eimer, aus dem es von Tag zu Tag mehr stank. Ein runder Holzdeckel mit dickem Griff sollte den Gestank unter Verschluss halten, was kaum gelang. War der Eimer noch leer, plumpste es natürlich. Je voller er wurde, um so eher bekam man Sommersprossen
am Po, wenn es plumpste. Für die Hygiene wurde Zeitungspapier in po-gerechte
Stücke geschnitten und mit einem Bindfaden an einen Nagel gehängt.
Tante Susi, damals ungefähr 13 Jahre alt und durch eine Wohnung in Hamburg schon an den Luxus einer Spültoilette gewöhnt, fand unser Plumpsklo ganz besonders interessant
und sooo bequem
.
Einmal in der Woche wurde der Goldeimer
von der städtischen Müllabfuhr ausgetauscht gegen einen sauberen Eimer.
Da wir mit Oma und Opa sechs Personen waren, nach Harros Geburt sieben und nach Aufnahme einer Flüchtlingsfamilie sogar zeitweilig zwölf, die dieses eine Plumpsklo benutzen mussten, war die Woche viel zu lang. Unser Vater kippte den stinkenden Inhalt dann auf den Misthaufen zum Hühner- und Kaninchenmist - in die hinterste Ecke des Gartens. Daraus wurde Dünger für die Gemüsebeete im Frühjahr! Ich schüttle mich noch, wenn ich daran denke.
Haben wir uns nach dem Klo-Gang immer die Hände gewaschen? Ich weiß es nicht. Es gab ja nur einen Ausguss in der Küche, das Wasser war kalt. So pingelig sauber wie heute waren wir sicher nicht und Salmonellen waren uns unbekannt.
Bei Tante Hilde gab es noch ein Häuschen mit Herz in der Tür auf dem Hof. Da konnte einem im Winter schon mal der A.... einfrieren
– vielleicht stammt der Ausdruck aus dieser Zeit.
Unsere ersten Leseversuche haben wir trotz des Gestanks auf dem Klo gemacht. Sorgfältig versuchten wir, die Zeitungsblättchen wieder zusammen zu setzen, um Geschichten oder Witze zu lesen. Darüber wundere ich mich heute noch. Aber ich höre Mutti rufen: Bist du bald fertig mit Lesen? Ist dein Po immer noch nicht kalt genug?
Da unsere Kinderzimmer im Obergeschoss waren, hatten auch wir für die Nacht einen Topf unter dem Bett, aus dem es nach Notfällen bis zum Morgen miefte. Glücklicherweise haben wir nicht, wie im Mittelalter, den Inhalt einfach auf die Straße gekippt.
Als wir 1953 nach Hamburg umzogen, hatte das Haus eine Toilette mit Wasserspülung: in einem winzigen Raum stand ein weißes Porzellanbecken. An der Wand hing hoch oben ein Wasserkasten mit einer langen Kordel. Wenn man daran zog, rauschte ein Wasserfall von oben durch ein Rohr in das Becken und spülte alles sauber. Fantastisch. Wir waren begeistert. Der Raum war allerdings so klein, dass man sich den Kopf an der Tür stieß, wenn man fertig war
.
Tante Fietsch, die etwas korpulenter war, kam einmal lachend vom Klo und sang: Ich bin froh, dass mein Po gerade passt auf dieses Klo
. Aber auch sie war begeistert von diesem kleinen Luxusraum.
Im Laufe der Jahrzehnte ist aus der kleinen Luxustoilette ein großer Luxusraum mit Badewanne, Dusche, WC und natürlich Heizung geworden.
Wir wissen es zu schätzen - für unsere Kinder ist es selbstverständlich.