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Königsberg

Königsberg in Preußen war seit 1724 die Königliche Haupt- und Residenzstadt in Preußen.
Bis 1936 hieß die Stadt offiziell Königsberg i. Pr., danach Königsberg (Pr). Die Stadt liegt im Südosten der Halbinsel Samland in der Pregelniederung. Bis 1945 war sie als Hauptstadt der preußischen Provinz Ostpreußen deren kulturelles und wirtschaftliches Zentrum.
Mit der Reichsgründung wurde sie 1871 zur nordöstlichsten Großstadt des Deutschen Reiches. Im April 1945 fiel die durch zwei verheerende britische Luftangriffe schon 1944 weitgehend zerstörte Stadt nach schweren Kämpfen in die Hand der Roten Armee.
Durch das Potsdamer Abkommen wurde Ostpreußen mit den anderen deutschen Gebieten östlich der Oder-Neiße-Linie von Deutschland faktisch abgetrennt. Das nördliche Ostpreußen mit der Provinzhauptstadt Königsberg kam unter sowjetische Verwaltung und wurde militärisches Sperrgebiet. Die bei Kriegsende in Königsberg verbliebene deutsche Bevölkerung, welche die Anfangszeit der sowjetischen Besatzung überlebt hatte, wurde bis 1948 in die vier Besatzungszonen Deutschlands zwangsweise ausgesiedelt. Die Stadt, die seit 1946 Kaliningrad heißt, wurde wie das gesamte nördliche Ostpreußen in der Nachkriegszeit mit Menschen aus verschiedensten Teilen der Sowjetunion neu besiedelt und gehört heute zum Hoheitsgebiet von Russland.

Quelle: Wikipedia.org/wiki/Königsberg Ruine des Königsberger DomesKönigsberger Dom-Ruine (1988) – Bildquelle: By Yuri Syuganov (Flickr: Königsberg cathedral, summer of 1988) [CC-BY-2.0], via Wikimedia Commons

Bei ihren Luftangriffen auf Königsberg im August 1944 zerstörte die Royal Air Force in zwei Nächten den gesamten historischen Kern Königsbergs. Den Angriff am 29./30. August 1944 überstand der Dom zuerst nur leicht beschädigt, brannte dann allerdings aus. In einem Interview mit der Tochter des letzten Domorganisten Herbert Wilhelmi wurde festgehalten, dass es der Feuerwehr durch einen Befehl von Gauleiter Erich Koch verboten war, Löschversuche auf dem Kneiphof zu unternehmen. So wurde auch der Dom schwer in Mitleidenschaft gezogen: das Dach, die gesamte Inneneinrichtung und der im Dom gebliebene Teil (Dubletten) der Wallenrodtschen Bibliothek waren verbrannt. Die Grablege von Georg Wilhelm von Brandenburg ging verloren. An der Ostwand des Hohen Chors blieben Teile des Grabdenkmals für Herzog Albrecht erhalten. Die Reste des Grabmals der Markgräfin Elisabeth wurden ebenso wie das Epitaph der Herzogin Dorothea (Preußen) erst im Zuge früherer Restaurierungsarbeiten vernichtet. An der Südwand finden sich dagegen noch die Epitaphien von Herzogin Anna Maria von Braunschweig-Calenberg-Göttingen, der 2. Frau von Herzog Albrecht. Im Eingangsbereich liegt die Grabplatte des Hochmeisters Luther von Braunschweig, des Erbauers des Doms. Von seinem Grabmal mit einer geschnitzten Plastik des Verstorbenen sind noch Fragmente der steinernen Grabtafel mit Teilen der Inschrift im Dom erhalten. In den Museumsräumen des Turms werden zahlreiche originale Steine und Bodenfundstücke ausgestellt. Gewölbe stürzten teilweise ein, das Grundgerüst des Gebäudes blieb aber stehen.

Nach dem Kriegsende wurde der nördliche Teil Ostpreußens Teil der Sowjetunion. Für eine Restaurierung der Domruine sowie anderer historischer Gebäude hatte die Regierung weder Mittel noch Interesse. Vorkriegsbauten, die als Symbole des preußischen Militarismus und Faschismus und Schandmale der neuen sozialistischen Stadt galten, wurden abgerissen. Die Domruine wurde jedoch geduldet: Wegen des darunter liegenden Kant-Grabmals traute sich die neue Stadtregierung nicht, die Ruine zu sprengen. Im Jahre 1960 bekam der Dom den Status eines Kulturdenkmals, es gab jedoch lange Zeit keine Bestrebungen, den Verfall zu stoppen und die Kirche oder das Grabmal Kants zu restaurieren. In den Jahren 1976 und 1982 erfolgten Konservierungsversuche, deren Nutzen jedoch umstritten ist.

Quelle: Wikipedia.org/wiki/Königsberger_Dom Königsberger Dom (2009)Königsberger Dom (2009) – Bildquelle: By Rimantas Lazdynas (Own work) [GFDL or CC-BY-SA-3.0-2.5-2.0-1.0], via Wikimedia Common

Mit der Perestroika wurden Diskussionen über die Zukunft des Königsberger Doms wiederbelebt.
Seit 1992 restauriert Igor Alexandrowitsch Odinzow mit seiner Firma Kafedralny Sobor (Die Kathedrale) den Dom. Die Projektleitung kooperiert eng mit dem Zentrum für Handwerk und Denkmalpflege in Fulda, das große Erfahrungen bei der Restaurierung europäischer Bauten hat. An der Finanzierung der Arbeiten sind folgende Organisationen beteiligt:
Regierung der Russischen Föderation
Zeit-Stiftung
Förderkreis zur Wiedererrichtung des Königsberger Domes:
Stiftung Königsberg Stadtgemeinschaft Königsberg
Gemeinschaft evangelischer Ostpreußen
Landsmannschaft Ostpreußen

Nach Untersuchung der Ruine, Auftreiben alter Baupläne, Fotografien und Zeichnungen des Doms wurde 1993 mit Konservierungsarbeiten begonnen. 1994 begann die Restaurierung der Türme: der Nordturm wurde durch Betondecken und -gurte verstärkt; beim Anbringen des Dachgerüsts am Südturm halfen Hubschrauber der Baltischen Flotte. 1995 wurden am Turm eine funkgesteuerte Uhr und vier Glocken angebracht. Die Glocken schlagen zu jeder vollen Stunde das Eingangsmotiv von Ludwig van Beethovens Fünfter Sinfonie. 1995 und 1996 wurden das Epitaph und das Grabmal Immanuel Kants restauriert. Arbeiten am Dach liefen zwischen 1996 und 1998. Um Gewicht zu sparen, wurde Kupferblech statt Dachziegeln verwendet. 1998 wurden im Nordturm zwei weitere Glocken eingehängt. Seit 1998 läuft die langwierige Außensanierung. Seit 2000 werden das Rippengewölbe und die Fenster erneuert.

Quelle: Wikipedia.org/wiki/Königsberger_Dom

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Reise nach Kaliningrad in Russland
– früher Königsberg in Preußen
Eine Reise in die Vergangenheit - 1991

Im November 1989 wurde die Grenze der DDR geöffnet und die DDR mit der Bundesrepublik Deutschland vereinigt. Kurze Zeit später wurde es möglich, auch nach Kaliningrad, dem früheren Königsberg, zu fliegen. Günter ist in Königsberg geboren und er hat schon lange auf diese Reisemöglichkeit gewartet, um seine Geburtsstadt wiederzusehen.

Am 1. August 1991 starten wir ab Hamburg nach Riga. Die halbe Stunde Verspätung stört uns nicht, die Hauptsache ist, dass es überhaupt klappt. Nach zweieinhalb Stunden sind wir in Riga, Essen und Apfelsaft wurden an Bord serviert. Auf dem Flugplatz in Riga ist nichts los, wir müssen durch die Kontrollen, denn dies ist Lettland und wir wollen nach Russland. Der riesige Tax-Free-Shop hat leider geschlossen. Nach eineinhalb Stunden geht es mit einer kleinen Maschine weiter nach Palanga bzw. Polangen, wer weiß genau, wo das ist?

Wir genießen den Blick auf die endlose Küste bei wolkenlosem Himmel. Nach einer halben Stunde setzt die Maschine zur Landung an, um dann mit einer Vollbremsung kurz vor einem Zaun anzuhalten – in letzter Minute! Nun erfahren wir, wo Palanga ist: Es ist der Flughafen von Memel in Litauen, wir sind also noch nicht in Russland. Wir hatten gehofft, Palanga sei in der Nähe von Königsberg – weit gefehlt. Es ist sehr heiß und schwül. Der Saft, den wir im Flugzeug bekamen, ist schon wieder verdampft. Wir werden in drei Busse umgeladen und hören schon mal von Mitreisenden, dass wir nun fünf Stunden Busfahrt vor uns haben, und das in russischen Rüttelbussen. Erste Fotos werden gezeigt, ostpreußischer Dialekt ist zu hören. Einige machen die Reise schon zum zweiten Mal. Für die meisten ist es eine Reise in die verlorene Heimat. Freude auf ein Wiedersehen und Ungewissheit vermischen sich. Was ist geblieben von Königsberg und der Umgebung. Wer wird sein Geburtshaus wiederfinden?

Die Aussicht auf die Landschaft entschädigt uns für die Fahrerei. Auf einem Parkplatz gibt es Pinkelpause im Gebüsch, Lokalitäten und WC gibt es hier nicht. Aber was macht das schon, wir fahren nach Königsberg. Auf den Feldern stehen vereinzelt Kühe, Frauen laufen mit Milchkannen und Melkschemel über die endlosen Weiden, am Wegrand stehen kleine Holzhäuschen, die Straße ist wenig befahren. In Tilsit fahren wir auf der Königin-Luise-Brücke mit dem großen Brückentor über die Memel. Tilsit sieht ziemlich grau aus, jetzt sind wir in Russland. Weiter geht die Fahrt durch endlose Birken-Alleen, vorbei an Feldern mit Heuhocken, viele Störche stolzieren über die Felder, ab und zu begegnet uns ein Panjewagen. Gegen 22:00 Uhr fahren wir endlich durch Königsberg. Hier ist noch Betrieb, das Hotel Kaliningrad mitten in der Stadt ist spärlich erleuchtet. Unser Hotel (Wolno) liegt in Rauschen (Swetlogorsk), einem ehemaligen Badeort an der Ostsee. Es ist ein hässlicher Kasten, aber die Zimmer sind groß und sauber, grün tapeziert. Das Bad gleicht einer alten Waschküche, aber Klo, Waschbecken und Dusche sind vorhanden, der Wasserhahn tropft. Von dem schmalen Balkon haben wir Ausblick auf den Wald und einen kleinen Campingplatz.

Zum Abendessen bekommen wir Fischfilet (wohl Forelle), Salat, dann Bratfisch und Kartoffeln, dazu deutsches Bier. Um 24:00 Uhr fallen wir todmüde ins Bett – autsch, die Sprungfedern lassen uns noch mal hochschnellen, aber wir schlafen dann doch ein.

Am nächsten Morgen poltert gegen 5:00 Uhr ein Zug durch den Wald. Der Himmel strahlt schon blau, wir haben blaue Flecken von den Sprungfedern, versuchen aber noch ein bisschen weiter zu dösen, denn Frühstück gibt es erst um 8:00 Uhr. Nach dem Frühstück ist die ganze Gruppe schon auf dem Weg zur Bank, zum Geldumtausch. Ich hab mich etwas verspätet und frage mich durch, komme trotzdem noch rechtzeitig an. Mit unendlicher Gelassenheit wird uns unser Geld getauscht: DM 20,-- = 361 Rubel, mal sehen, was wir dafür kaufen können.

Der Bus bringt uns nach Königsberg, vorbei an Wiesen mit Lupinen und Mohnblumen, aber kaum bearbeiteten Feldern. Dies war einmal die Kornkammer Deutschlands! Endlich sind wir in Königsberg – oder besser Kaliningrad – denn es sieht nach einer russischen Stadt aus: Kopfsteinpflaster mit riesigen Schlaglöchern, große, leere Plätze, ungepflegte Grünflächen.

Eine russische Touristenführerin steigt in den Bus und erklärt uns Einiges auf einer Rundfahrt. Der ehemalige Nordbahnhof ist jetzt ein Seemannsheim (MOPR – Meer steht im Giebel). Vor dem Gericht stehen noch die kämpfenden Wisente. Auf der Dom-Insel machen wir einen Rundgang. Günter erzählt mir von der Speicherstadt, die hier einmal gestanden hat, jetzt ist alles Grünfläche. Der Dom ist eine Ruine, man hofft, ihn mit westlicher Hilfe wieder aufbauen zu können. An der einen Seite ist das Grabmal von Immanuel Kant, dem deutschen Philosophen, der hier als russischer Philosoph geehrt wird.

Weiter geht die Fahrt über den Oberhaberberg, hier hat Günter mal gewohnt. Im Villenviertel die Hufen, entdeckt eine Familie ihr Wohnhaus. Hier ist im Krieg nicht so viel zerbombt worden wie in der Innenstadt.
Im Restaurant Allenstein, hinter dichten Vorhängen, gibt es ein Menü. Den Wodka bekommt Günter im Sektglas serviert, das zur Erinnerung jetzt bei uns im Glasschrank steht.

Am Nachmittag haben wir Freizeit und suchen das Haus, in dem Günter mal gewohnt hat, es steht noch. An einer Wäscheleine über dem Hof hängen Plastiktüten zum Trocknen. Eine Nebenstraße, die Bismarckstraße, fehlt völlig. Gegenüber sollte das Haus Nr. 73/75 stehen, aber hier sind hässliche Neubauten entstanden. Auf der Straße entdecken wir einen Gullideckel der Firma Steinfurt/Königsberg von 1934.

Die Haberberger Mittelschule für Knaben wird noch als Schule genutzt. Wir schleichen uns rein. Hier ist fast alles wie früher und es riecht auch so, meint Günter. Nur die Schulbücher sind in kyrillischer Schrift geschrieben. Das verschnörkelte Treppengeländer hat mindestens fünf Schichten Farbe übereinander. Wir können uns ungehindert alles ansehen.
Im Schlossteich mit ziemlich undurchsichtigem Wasser baden die Jungs und hoffen auf Geldstücke für einen Sprung von der Brücke, von der man auf das hässlichste Hochhaus der Stadt guckt, das Haus der Räte – hier stand früher das Königsberger Schloss. 1969 ließ Chruschtschow das Schloss sprengen, um hier alles Deutsche auszulöschen. Die Domruine ist von der Sprengung verschont geblieben.

Um 18:00 Uhr bringt uns der Bus zurück ins Hotel zum Abendessen. Es ist noch hell und warm und wir fahren mit der Seilbahn zum Strand runter. Wo gibt es schon eine Seilbahn zum Strand? Obwohl wir August haben, ist das Wasser kühl, ein Fußbad reicht. Die letzte Seilbahn nach oben verpassen wir dann leider, da wir nicht daran gedacht haben, dass Fahrpläne sich nach der Moskauer Zeit richten, was eine Stunde Zeitverschiebung bedeutet. Der Aufstieg treibt uns noch mal den Schweiß auf die Stirn.

Am Samstag haben wir Zeit für eigene Unternehmungen. Viele Mitreisende besuchen ihre Heimatdörfer, suchen nach ihren Wohnhäusern oder nach Spuren der Vergangenheit.
Günter und ich werden von dem Reisebus nach Königsberg gefahren, wir hoffen, dass er uns nachmittags wieder abholt. Aber es fährt auch ein Zug nach Swetlogorsk und ich kann ja die kyrillische Schrift lesen.

Vom Nordbahnhof bummeln wir zum Zoo. Die Tiere sehen traurig und verhungert aus. Der Bär freut sich über jeden Bissen, den ihm die Kinder zuwerfen. Die Menschen haben sich fein gemacht für den Besuch im Zoo mit Glitzer- und Rüschenkleidern, die kleinen Mädchen mit großen Schleifen im Haar.

Mit der scheppernden Straßenbahn fahren wir zum Markt, auf dem es Blumen, Obst, Gemüse, Wassermelonen, gebrauchte westliche Kleidung,Schuhe, Messer, Schrauben usw. zu kaufen gibt. Alte Frauen verkaufen Äpfel oder Gemüse aus ihrem Garten. Durch das Menschengewühl ist kaum durch zu kommen. Einige Männer haben schon Wodka-Augen. Wir verdrücken uns Richtung Oberteich und Dona-Turm. Hier besichtigen wir das Bernstein-Museum. Gleich daneben ist ein Restaurant. Günter reicht mir die Speisekarte: kyrillische Schrift, gut dass ich die gelernt habe. Ich bestelle Schnitzel und Gurkensalat. Bier (Piwo) ist ausverkauft, Wasser tut’s auch. Wir können mit Rubel bezahlen und rechnen im Stillen mal um, 90 Pfennige für beide. Kein Wunder, dass hier keiner Lust hat zum Arbeiten, viel kann er ja nicht verdienen. Das Restaurant ist sauber, das Essen gut. Das Klo ist russisch: zum Verkneifen.

Vom Oberteich zum Schlossteich gab es früher Kaskaden, die jetzt leider total verfallen und verdreckt sind, schade. Aber der Weg am Wasser entlang ist schön und führt uns weiter durch ein neues Wohnviertel mit vielen Grünanlagen. Wir entdecken ein Café. Der Kaffee ist trinkbar, leider gibt es keine einzige Tasse mit Henkel, alles angeschlagen. Der Kuchen sieht aus wie Brot mit rosa Margarine-Creme und Garnitur in weiß, wir verzichten.

Auf einem großen freien Platz steht die russische Matka, die wegen ihrer stolzen Haltung nicht dem Gefühl der russischen Frauen entspricht, wie uns die Reiseleiterin erzählte. Hier gibt es einen kleinen feinen Laden mit Souvenirs. Wir entscheiden uns für eine Matrjoschka (die Puppe in der Puppe) für 35 Rubel (DM 2,–) und einen Bernstein. In einem weiteren Laden an der Langgasse entdeckt Günter eine Onyx-Vase für 130 Rubel, das Geld muss ja unter die Leute, zurücktauschen ist nicht möglich.

Am Oberen Rollberg entdeckt Günter eine alte Kopfsteinpflasterstraße. Von der Brücke, die über den Pregel führt, werfen wir noch einen Blick auf die Dom-Ruine. Die alte Börse am Pregelufer ist jetzt ein Kulturhaus des Meeres.
Vor dem Hotel Kaliningrad steht ein Auto mit Berliner Kennzeichen. Wir fragen den Fahrer, wie er mit dem Auto hierher gekommen ist. Es war sehr schwierig – erzählt er – und nur über Brest in Weißrussland möglich. Fliegen ist doch einfacher und bewahrt das eigene Auto vor dem Achsenbruch oder dem Verschwinden. – Im Hotel suchen wir eine Toilette, was nicht so einfach ist wie in spanischen Hotels. Schließlich öffnet man uns eine Abstellkammer mit Klo, es ist sogar sauber.

Um 17:30 Uhr erwartet uns der Busfahrer und bringt uns zurück nach Rauschen. Ein Glück, denn der Zug hatte einen Zusammenstoß mit einem Lastwagen.
Beim Abendessen hat die Reiseleiterin gefragt, wer in eine Familie eingeladen werden möchte und wir haben zugestimmt. Jetzt sind wir bei einer Familie in Neukuhren zum Abendessen eingeladen. Der Hotelboy fährt uns hin. Es gibt unheimlich viel zu essen und reichlich Wodka, ist ein lustiger Abend. Die Söhne, sieben und neun Jahre jung, sind sehr schüchtern. Die Familie will uns für die nächste Reise einladen, aber erstmal zu uns eingeladen werden. Ohne Einladung können sie nicht nach Deutschland reisen. Wir versprechen, ihnen zu schreiben. Der Hotelboy holt uns gegen Mitternacht wieder ab.

Am nächsten Tag meint die Reiseleiterin: Hoffentlich haben Sie keine Adresse angegeben. Na, das hätte sie vorher sagen sollen. Den Grund erfahren wir erst später: Die Familie möchte nämlich in den Westen. Wenn wir sie einladen, werden sie wohl nicht mehr zurück fahren und dann sind wir für alles verantwortlich (finanziell).

Am Sonntag ist um 02:00 Uhr nachts Wecken. Mit Bratkartoffeln, Hähnchen und Wodka im Bauch haben wir kaum geschlafen. Bei Sandra, der Etagendame, gibt es Kaffee oder Tee. Dann fährt uns der Bus durch die Nacht in den Morgen. Ein Wolf läuft über die Straße, ab und zu steht eine Kuh am Straßenrand. Über den Wiesen liegt Nebel, die Baumkronen scheinen in der Luft zu schweben. Der Himmel färbt sich langsam rot: Sonnenaufgang in Ostpreußen, einmalig schön. Um 6:00 Uhr breiten die ersten Marktfrauen ihre Beeren am Straßenrand aus und hoffen auf Käufer. Diese Fahrt mit dem Rüttelbus in den Morgen entschädigt für die kurze Nacht. Die Felder und Wiesen scheinen fast endlos zu sein, es ist zu schön, um es zu verschlafen.

Um 8:30 Uhr fliegen wir ab nach Riga. Frau Thomsen, die Reiseleiterin von Schnieder-Reisen begleitet uns bis Riga, dann fliegt sie mit der nächsten Gruppe zurück. Heute ist auf dem kleinen Flughafen Hochbetrieb. Bei einigen Mitreisenden wird Kaviar entdeckt und muss abgegeben werden. Der Playboy-Typ vor mir hat seinen Kaviar gerettet und freut sich mächtig. Die kleine Aeroflot startet um 11:25 Uhr Moskauer Zeit (10:25 Uhr MEZ) und bringt uns ohne Komplikationen nach Hamburg.

Wir sind k.o., müde, aber voller Eindrücke. Für mich war Königsberg eine fremde Stadt, jetzt weiß ich, wo Günter seine Kindheit verbracht hat. Aber ich weiß auch, das ist nicht mehr Königsberg, sondern Kaliningrad. Nur wenig Altes ist erhalten, die neuen russischen Plattenbauten sind grau und hässlich. Vielleicht wird es einmal wieder eine schöne Stadt, aber das wird lange dauern.

Epilog:

Mit der Perestroika wurden Diskussionen über die Zukunft des Königsberger Doms wiederbelebt.

Seit 1992 restauriert Igor Alexandrowitsch Odinzow mit seiner Firma Katedralny Sobor (Die Kathedrale) den Dom. Die Projektleitung kooperiert eng mit dem Zentrum für Handwerk und Denkmalpflege in Fulda, das große Erfahrungen bei der Restaurierung europäischer Bauten hat.

An der Finanzierung der Arbeiten sind folgende Organisationen beteiligt:

  • Regierung der Russischen Föderation
  • Zeit-Stiftung
  • Förderkreis zur Wiedererrichtung des Königsberger Doms:
    • Stiftung Königsberg
    • Stadtgemeinschaft Königsberg
    • Gemeinschaft evangelischer Ostpreußen
    • Landsmannschaft Ostpreußen

Nach Untersuchung der Ruine, Auftreiben alter Baupläne, Fotografien und Zeichnungen des Doms wurde 1993 mit Konservierungsarbeiten begonnen. 1994 begann die Restaurierung der Türme: der Nordturm wurde durch Betondecken und -gurte verstärkt; beim Anbringen des Dachgerüsts am Südturm halfen Hubschrauber der Baltischen Flotte. 1995 wurden am Turm eine funkgesteuerte Uhr und vier Glocken angebracht. Die Glocken schlagen zu jeder vollen Stunde das Eingangsmotiv von Ludwig van Beethovens Fünfter Sinfonie. 1995 und 1996 wurden das Epitaph und das Grabmal Immanuel Kants restauriert. Arbeiten am Dach liefen zwischen 1996 und 1998. Um Gewicht zu sparen, wurde Kupferblech statt Dachziegeln verwendet. 1998 wurden im Nordturm zwei weitere Glocken eingehängt. Seit 1998 läuft die langwierige Außensanierung. Seit 2000 werden das Rippengewölbe und die Fenster erneuert.

Quelle: Wikipedia.org

  • Autorin: Renate Rubach, 1991 geschrieben / EWNOR 10. Dezember 2013
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