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Hausschlachtung in Bad Grund

Im Januar, Februar kam die Zeit des Schweineschlachtens. Dazu kam der Hausschlachter ins Haus. Das Abstechen des Schweines haben wir Kinder nie miterlebt. Wir durften erst dazukommen, wenn das Schwein bereits im Trog mit heißem Wasser lag, damit die Borsten mit der Glocke entfernt werden konnten. Danach wurde das nun glatte Schwein an einem dicken Haken an der Hauswand im Hof aufgehängt.

Mit der Weiterverarbeitung musste gewartet werden, bis der Trichinenbeschauer das Tier untersucht und durch einen Stempel freigegeben hatte. Den Ringelschwanz steckten wir Kinder heimlich dem Schlachter an, der dies natürlich nicht bemerkte. Die Zerteilung folgte, Schinken und Speckseiten wurden präpariert, die Därme sauber gespült, sie wurden später noch für die Wurst gebraucht. In der Waschküche stand ein langer Tisch, auf dem das weitere Geschehen ablief. Währenddessen brodelten im Waschkessel, unter Omas Aufsicht, Fett- und Fleischstücke für die Würste, rot-weiß, Mett und Leberwurst, Sülze. In einer Molle wurde die jeweilige Grundmischung vorbereitet und mit Salz, Pfeffer, Majoran, Thymian und anderen Kräutern gewürzt, anschließend mit der Wurstmaschine in die Därme gepresst. Einiges kam in Konservendosen, die am Vortag bereits vorbereitet wurden, der Rand musste abgeschnitten werden, das führte Herr Pförtner aus, ich glaube, dass er der Einzige war, der die dazu notwendigen Maschinen besaß. Er verschloss später die Dosen auch mit dem passenden Deckel.

Die Oma verteidigte ihren Platz am Kessel bei der Wurst- und Fleischbrühe, sie war zuständig für die Abgabe an die Nachbarn, die bei jedem Schlachten etwas bekamen, um unnötigen Zwist zu vermeiden. Wir Kinder hatten vorher entsprechende Gefäße dort abgeholt und brachten sie den Nachbarn zurück. Oft kam in die Brühe auch ein Stück Fleisch oder eine kleine Wurst. Mittags kam für alle Beteiligten das Schlachteessen auf den Tisch. Es gab Kartoffeln, Sauerkraut, frische gebratene Leber, gekochtes Wellfleisch und was noch alles zu einer Schlachtplatte gehörte.

Am Nachmittag wurden die fertigen Würste mit Bindfadenschlaufen auf lange Stöcke gefädelt und auf den Dachboden in die sogenannte „Wurstekammer“ gebracht. Spannend war immer die erste Probe, stimmte das Gewürz, die Mischung und die Härte.

Ich muss mich offensichtlich bei diesem Ablauf recht geschickt angestellt haben, denn als ich bereits in Bremen war, forderte mich Tante Adele immer noch zum Schlachten an.