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Trinkgefäße aus der Sammlung des Autors Günter Matiba

Trinkglas in Form eines Stiefels, dieser hier aber nur für Schnaps, nicht zu vergleichen mit den 3-4 Liter Gläsern. Foto: Kennhöfer Drei Gläser aus meiner Sammlung. Zur Erinnerung an das milionste Glas Bier der Dortmunder Aktienbrauerei, das in der Zeit vom 15. Oktober 1953 bis zum 15. Juli 1957 in meiner Stammkneipe ausgeschenkt wurde. Foto: Kennhöfer Tonkrug Weihnachten 1916, 7. Feldartillerie Regiment. Foto: Kennhöfer Das Paradestück meiner Sammlung, Teilansicht des Bierkrugs meines Großvaters, zur Erinnerung an seine Dienstzeit im Feldartillerie Regiment Prinz August von Preußen in Gumbingen/Ostpreußen. Foto: Kennhöfer Das Paradestück meiner Sammlung, Teilansicht des Bierkrugs meines Großvaters, Deckel aus dem Zünder einer Artilleriegranate. Foto: Kennhöfer Das Paradestück meiner Sammlung, Teilansicht des Bierkrugs meines Großvaters, Bodenbild im Innern des Kruges, gegen das Licht sichtbar. Foto: Kennhöfer Ein Teil meiner Sammlung alter Gläser und Bierkrüge. Foto: Kennhöfer


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Stiefeltrinken

Haben Sie schon einmal aus einem Stiefel getrunken, lieber Leser? Wenn nicht, dann tun Sie es bitte auch weiterhin nicht. Wenn ja, dann können Sie bestätigen, was ich in den nächsten Sätzen von mir gebe. Ich schreibe es nicht zum Spaß, sondern zur Warnung. Denn ich halte diese Form des – an sich beliebten – Biergenusses für die rüdeste und meiner Meinung nach abstoßendste, ein Saufritual unter Männern. Frauen beteiligen sich nach meiner Kenntnis nicht daran.

Gelegentlich ein gepflegtes Bier zu trinken, ist doch etwas Schönes. Besonders in geselliger Runde, in einer gemütlichen Kneipe oder im Sommer in einem Biergarten oder bei offiziellen Anlässen. Diese Gelegenheiten ergaben sich für mich als junger Student der Eisenhüttenkunde oft und intensiv. Denn als jemand von der Fakultät der Berg- und Hüttenleute musste man seine Trinkfestigkeit eindeutig und nachhaltig beweisen, ansonsten wurde man für diesen körperlich schweren Beruf als nicht tauglich angesehen, sowohl von Vorgesetzten als auch von den Männern, die an den Hochöfen und Stahlöfen sowie in den Walzwerken malochten. Die Arbeit im Staub, in extremer Hitze und infernalischem Lärm, bei großem Flüssigkeitsverlust verlangte es.

Die große Entfernung des Studienortes von zu Hause und der gewohnten Heimat sowie das Fehlen von Studentinnen in meiner Fakultät taten ein Übriges, um in freien Stunden öfter zum Glas und zu den Spielkarten zu greifen als zum Tanzen zu gehen. Bekanntlich dürfen per Gesetz Frauen in Berg- und Hüttenwerken mit den eigentlichen Arbeiten nicht beschäftigt werden. Die wenigen Studentinnen im Lehramt und Architekturwesen waren meistens schon an höhere Semester vergeben oder spielten aus anderen Gründen keine Rolle. Aber im nahen Holland gab es hinter der Grenze einige Tanzlokale mit lustigen Meisjes. Leider reichte das schmale Studenten-Budget meistens nicht mehr für die Zugfahrt, selbst wenn damit der Einkauf einer kleinen Menge zollfreier Grundnahrungsmittel und Tabakwaren verbunden war. Finanziell lohnen tat sich nur, eine größere Menge zu schmuggeln. Aber das war außer dem moralischen Aspekt äußerst riskant. Beim ersten Erwischen gab es über die Geldstrafe hinaus einen gewaltigen Rüffel von seiner Magnifizenz dem Rektor, und beim zweiten Mal einen Rausschmiss aus der Hochschule.

Als Trinkgefäß benutzt der Mensch üblicherweise das Glas in unterschiedlichsten Größen und Formen. Aber er hat schon von alters her seine Phantasie spielen lassen und das kühle Nass aus Krügen und Bechern aus unterschiedlichen Materialien, oft mit Bemalung und Deckeln in seine Gurgel fließen lassen, (siehe Fotos)Schauen Sie sich dazu die Fotos meiner Sammlung von Trinkgefäßen an, beachten Sie besonders das Panoramabild des Bierkruges meines Großvaters zur Erinnerung an seine Dienstzeit von 1904 bis 1907 beim Feldartillerie Regiment Prinz August v. Preußen in Gumbinnen/Ostpreußen am Ende dieses Artikels.Günter Matiba. Die alten Germanen und Wikinger sollen Rinderhörner nicht nur auf ihren Helmen getragen oder damit zum Raubzug geblasen, sondern auch mit Met gefüllt zum Mund geführt haben.

Warum aber ausgerechnet der Stiefel als Trinkgefäß herhalten muss, konnte mir auch Wikipedia nicht verraten. Meiner Meinung nach könnte es aus dem Militärischen stammen und dem griechischen Philosophen Heraklit, 500 v. Chr., recht geben, der gesagt hat: Der Krieg ist der Vater aller Dinge. Wenn zum Beispiel nach einer Schlacht die auf dem Feld liegenden Verwundeten oder die Pferde dringend Wasser benötigten, aber keine Gefäße vorhanden waren, nahmen die Kameraden ihre Stiefel als Wasserbehälter.
Beim Biertrinken ist der gefüllte Stiefel und der obwaltende Ritus – jedenfalls den ich kennengelernt habe – unpraktisch und für den Geldbeutel gefährlich. Warum?:

Einen Stiefel bestellt nur eine schon sehr angeheiterte und damit leichtsinnige Männergruppe. Die Stiefel variieren im Fassungsvermögen. In den meisten Wirtschaften passen zwischen zwei bis drei Liter hinein. Der Wirt nimmt die Bestellung mit gemischten Gefühlen entgegen, weil er die Wirkung kennt. Aber sein Geschäftssinn siegt.

Die Trinker vereinbaren die üblichen Bedingungen als da sind:
Getrunken wird der Reihe nach im Stehen und ohne abzusetzen. Der Stiefel wird von Hand zu Hand weitergereicht. Jeder muss mindestens einen kräftigen Schluck tun. Der Vorletzte bezahlt den Stiefel, es ist ein nicht unerheblicher Betrag.
Beim Trinken muss man höllisch aufpassen, denn aufgrund der besonderen Form des Stiefels fließt das Bier nicht gleichmäßig. Wenn der Stiefel nicht richtig gehalten wird, schießt der Inhalt wie ein kleiner Tsunami dem Trinker ins Gesicht, über die Brust und den Tisch. Die anderen, die nur darauf gewartet haben, grölen vor Schadenfreude über den Kumpan, der wie ein begossener Pudel dasteht und bis zum Ende des Kneipenbesuchs nasse Klamotten hat. Richtig spannend wird es, wenn nur noch ungefähr ein halber Liter drin ist. Wer dann dran ist, läuft Gefahr, Vorletzter zu werden und den Spaß bezahlen zu müssen, wenn ein geübter Trinker nach ihm kommt. Um das zu vermeiden, muss er also den Rest in einem Zug austrinken. Die Runde verfällt in schadenfrohes Gelächter, denn sie weiß, was nun kommt. Mit aller Macht versucht er, Schluck um Schluck in sich hinein zu quälen, ohne abzusetzen. Schließlich hat er ja schon einiges intus. Will er mit dem Stiefel am Mund etwas innehalten, wird er sofort scharf angebrüllt, zügig zu schlucken. Er verdreht die Augen und kämpft. Manchem gelingt es, manchem nicht. Wenn er sich verschluckt, hat er nicht nur die Zeche am Hals, sondern obendrein ein nasses Hemd.

Ich selber habe nur einmal so ein irrsinniges Spiel mitgemacht und Glück gehabt, war aber einige Male Zuschauer. Einer, der unbedingt nicht Vorletzter werden wollte, setzte, schon stark schwankend am beschlabberten Tisch, den Stiefel an und pumpte den letzten Inhalt sichtbar mit größter Überwindung und Kraftanstrengung in sich hinein. Jedermann ahnte, dass das nicht gut gehen konnte.

Liebe Leserin, lieber Leser, wenn Sie der feingeistigen Literatur anhängen, dem Grobianismus in der Sprache abhold sind und den Genuss romantischer Poesie lieben, dann empfehle ich, von der weiteren Lektüre Abstand zu nehmen, auf dass Ihr edles Gemüt keine Beleidigung erfahre.

Dem Wissbegierigen sei jedoch der weitere Verlauf berichtet. Das köstliche Bier – vormals blond und prickelnd mit einem schneeweißen Häubchen (auch Feldwebel genannt) im gläsernen Stiefel – spürte nun im dunklen, unförmigen Magen, dass es dort wegen Überfüllung nicht willkommen war und flüchtete postwendend in das Gefäß zurück in Begleitung anderer Inhaltsstoffe als da schon waren einige Gläser Korn, Bier, zwei Soleier, ein LöwenkürtelLöwenkürtel, Ruhrpottjargon = Frikadelle. In fast jeder Kneipe standen auf der Theke ein großes Glas mit Soleiern und eine Schale mit selbst gebratenen Frikadellen als Unterlage für die Zecher. Die Currywurst war noch völlig unbekannt. [1] und mehreres Undefinierbares. Als unansehnliche braune Brühe mit scharfem Geruch und kleinen, schwimmenden Bröckchen füllte es den halben Stiefel, den der Wirt mit spitzen Fingern schleunigst aus dem Gastraum entfernte.

Ich hoffe, Sie nehmen jetzt meine Warnung ernst und lassen den Stiefel oben auf dem Bord.

Der Bierkrug meines Großvaters als Panoramabild:

Kanonier Orgaßa, zur Erinnerung an seine Dienstzeit beim Feldartillerie Regiment
Prinz August v. Preußen, Battalion Gumbinnen/Ostpreußen von 1904 bis 1907

Der Bierkrug meines Großvaters zur Erinnerung an seine Dienstzeit als Panorama-Bild. Klicken Sie auf den rechten Schalter Vollbildmodus und scrollen Sie mit dem Scrollrad Ihrer Maus in das Panorama-Bild.

[1]Löwenkürtel, Ruhrpottjargon = Frikadelle. In fast jeder Kneipe standen auf der Theke ein großes Glas mit Soleiern und eine Schale mit selbst gebratenen Frikadellen als Unterlage für die Zecher. Die Currywurst war noch völlig unbekannt.
  • Autor: Günter Matiba, 31. Januar 2016
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