Dat Liekdorn
Ik glööv, dat gifft anner Wedder, mi deit mien Liekdorn so weh.
Wat deit di weh?
Mien Liekdorn — weest du nich wat dat is? Mien Höhneroog.
Segg dat doch glieks. Wieso heet dat eegentlich Liekdorn? Wat hett dat mit'n Liek to doon?
Gor nix, fröher heet dat Lief ok Liek. De Dorn is kloor. De stickt di in't Lief oder Liek un dat deit weh.
Dat heff ik nu verstohn. Also - een Liek is nich bloß een Doden, dat kann ok genauso goot een lebennigen Lief wesen. Man lehrt jümmers wat dorto. Also dien Liekdorn piert di un du meenst, deswegen warrt dat Wedder slechter. Heff ik noch nix von höört. Aver mi treckt dat männichmol dörch den Rüüch, un denn denk ik , dat is mien Reiß-mich-tüchtig un keen neen Wedderbericht.
Nu hool aver op. Wullt du mi op'n Arm nemmen? Paß bloß op, dat du di nich'n Bruch driggst! - Aver mien Liekdorn bedüüdt mi, dat dat beter is mien holsteener Fööt ut de Pariser Schöh to trecken un plattbarft to lopen.
Denn sind wi jo wedder bi dien Liekdorn, wat deist du eegentlich dorför?
Gor nix dorför — wenn schon, denn wat dorgegen. Ik heff mi Poggenpulver-Plooster hoolt, dat schall helpen.
Mien Doog noch nix von höört. Hest du dat ut de Afteek? Jo? De Afteeker kann doch gor keen plattdüütsch. Hett he di denn verstohn?
Man — ik heff doch Höhneroogenplooster föddert. Du mookst mi mit dien Snackeree noch wild. Harr ik bloß nix seggt von mien Liekdorn-Wehdoog.
Mi schient, dat dat Plooster ok nich dat Richdige is. Ik kiek mol in mien Plattdüütsch Nokixel no. Mol sehn, wat dor steiht.
Glöövst du, dat dor Rezepten in stoht. Ik meen, dor bruukst wohl eher een Dokderbook.
Lie, liek, Liekdorn. Hier hebbt wi dat all. Hier steiht: Ik heff em mol önnig op de Liekdorn peddt, dat schall heten, ik heff em beleidigt. Un: He sitt op't Peerd, as wenn he Liekdörn in Achtersten hett - paßt ok nich. Aver nu kommt dat: Wehdoog in Liekdorn wiest op slechtet Wedder hin, dat stimmt also. Un wenn du se los warrn wullt, mußt du mit'n swatte Schneck dree mol krüüzwies doröver strieken un se denn över de Achsel smieten. Du dröffst aver nich dorbi snacken. Du kannst de Schneck aver ok op'n Dorn opspießen. Is dat villicht keen Rezept? Dat hebbt wi glieks. Ik go gau mol in Goorn un hool een swatte Schneck, un den Rest muss du denn sülven doon.
Du bist wohl nich recht klook. Ik foot doch keen swatte Schneck an. Dorför kann ik mi bloß ekeln. Överhaupt dat is all Höhnergloben, wat du mi ut dien slauet Book vörleest. Dat glöövt doch keen vernünftigen Menschen.
Nee, denn bin ik also een unvernünftigen Menschen, wenn ik di glööv, dat dat anner Wedder gifft, bloß weil di dien Liekdorn weh deit?
Hool dien Swiegstill. Du bringst mi ganz dörch'n anner. Ik weet jetzt wat ik do. Ik goh no de Footpleegersch, de kann mi wohl an besten helpen.
Süh an, nu hett se de Döör achter sik tosloon un is op'n Weg dorhin, wo ik ehr hinhebben wull: no de Footpleegersch. Harr ik dat glieks seggt, weer dat bestimmt nich richdig west. Heff ik doch goot hinkreegen — meenst nich ok?
Das Hühnerauge
Ich glaube, das Wetter schlägt um, mir tut mein Liekdorn so weh. — Was tut dir weh?
— Mein Liekdorn — weißt du nicht, was das ist — mein Hühnerauge
. Sag das doch gleich. Warum heißt das eigentlich Liekdorn? Was hat das mit einer Leiche zu tun?
— Gar nichts. Früher hieß der Leib auch Liek — der Dorn ist klar. Der sticht dir in deinen Zeh oder Leib und das tut weh.
Das habe ich nun begriffen. Also ein Liek ist nicht nur ein Toter, es kann auch ein ganz lebendiger Leib oder Mensch sein. Man lernt doch immer noch etwas dazu. Also dein Hühnerauge piesackt dich und du meinst, deshalb ändert sich das Wetter. Davon habe ich noch nie etwas gehört. Aber mir tut manchmal mein Rücken sehr weh, und dann denke ich, das ist mein Reiß-mich-tüchtig oder Rheuma und kein neuer Wetterbericht.
Nun halt mal deinen Mund. Willst du mich auf den Arm nehmen? Pass bloß auf, dass du dir dabei keinen Bruch hebst. — Aber mein Hühnerauge sagt mir, dass ich meine Holsteiner Füße von den Pariser Schuhen befreien und barfuß laufen soll.
Denn sind wir ja wieder bei deinem Hühnerauge. Was tust du eigentlich dafür?
— Gar nichts dafür — wenn schon dann etwas dagegen. Ich habe mir Poggenpulverpflaster aus der Apotheke geholt, das soll helfen.
Davon habe ich noch nie etwas gehört. Hat der Apotheker dich denn verstanden, der kann doch gar kein Plattdeutsch?
Mann — ich habe doch Hühneraugenpflaster geordert. Du machst mich mit deiner Schnackerei ganz wild. Hätte ich bloß nichts gesagt von meinen Hühneraugenschmerzen.
Mir scheint, dass das Pflaster auch nicht das Richtige ist. Ich sehe mal in meinem plattdeutschen Lexikon nach, mal sehen was da steht.
Glaubst du, dass darin Rezepte stehen, da brauchst du wohl eher ein Doktorbuch.
Lie — Lie — Liekdorn. Hier haben wir es schon. Hier steht: Ich habe ihm mal ordentlich auf die Hühneraugen getreten, das soll heißen, ich habe ihn beleidigt. Und: Er sitzt auf dem Pferd, als wenn er Hühneraugen am Hintern hat. Aber nun kommt es, Schmerzen durch Hühneraugen deuten auf schlechtes Wetter hin. Das stimmt also. Und wenn du sie loswerden willst, musst du mit einer schwarzen Schnecke dreimal kreuzweise darüber streichen und sie dann über die Achsel werfen. Du darfst aber nicht dabei sprechen. Du kannst die Schnecke aber auch auf einen Dorn aufspießen. Ist das vielleicht kein Rezept? Ich gehe gleich in den Garten und hole eine schwarze Schnecke, den Rest musst du schon selber machen.
Du bist wohl nicht ganz klar im Kopf. Ich fasse doch keine schwarze Schnecke an. Davor kann ich mich bloß ekeln. Überhaupt, was ist das für ein Hühnerglaube, was du mir da aus deinem Buch vorgelesen hast? Das glaubt doch kein vernünftiger Mensch.
Nee, dann bin ich also ein unvernünftiger Mensch, wenn ich dir glaube, dass es anderes Wetter gibt, weil dir dein Hühnerauge weh tut?
Halte deinen Mund. Du bringst mich ganz durcheinander — Ich weiß jetzt, was ich tu. Ich gehe zu unserer Fußpflegerin, die kann mir bestimmt helfen.
Sieh an, nun hat sie die Tür hinter sich zugeschlagen und ist auf dem Weg, wo ich sie hin haben wollte, zur Fußpflegerin. Hätte ich das gleich gesagt, wäre es bestimmt nicht richtig gewesen — hab ich doch gut hinbekommen — meinst du das nicht auch?