Nomen is Omen
Ende Negenteinhunnertachtuntwinnig bin ik op de Welt komen, as de Tiden noch ganz anners wesen sünd. De grote Inflation weer vörbi man de Arbeitslosigkeit noch vull in de Gang'n.
Mien Öllern weern nu uneens wat se mi förn Nomen geven schulln. Claudia
un Manuela
weern domols noch nich In
. Mien Vadder weer grood op'n Russentrip, he hett veel russische Literatur leest un müch de Nomens so geern. Mien Swester, de veer Johr öller weer as ik, de heet all Sonja
un nu schull ik Manja
heeten. Aber mien Grootmodder harr op'n Stutz wat dagegen. Noch son russischen Nomen keem gor nich in de Tüüt. Wenn ik doch wensgens(?) een Jung worrn weer, denn harrn se keene Schwierigkeiten Mal'esche hatt, man son Deern kunn jo nich no min Grootvadder Karl
heeten. Se keemen denn op Karla
, aber dat weer min Modder to öllerhaftig, se wull lever een neemodschen Nomen, un so heet ik nu Ursel
.
Dat weer ja noch nich allens, mien Grootmodder harr ok een Woort mit to reden, un all tohoop keemen se op een Kompromiss (övereens), denn mien Opa schull dor een beeten mang sien un so nöömt se mi Ursel Charlotte
.
As ik son beeten ranwussen weer un jemand mienen Nomen weeten wull, heff ik jümmers as Antwort geven: Ursel Charlotte. Eenes Dogs, wi weern bi mien Grootmodder - wohin min Modder dreemol de Week erst mit'n Kinnerwogen un loter mit twee Kinner an de Hand von Barmbek no de Uhlenhorst to Foot amenn een dreeveertel Stünn - un obends wedder trüüch - hendüsen dee - harr de Nobersch von ehr Handwerkers. Dor mutt ik as lütte Deern doch mol kieken. De een vun de Mannslüüd frog mi den ok ganz fründlich wo ik denn heetendee un ik anter em vull Stolt: Ursel Charlotte
.
He keek mi so wunnerlich an un sä: Dann bist Du ja eine Zwiebel
. Son Unfug hett mi jo noch keeneen vertellt un ne Zwiebel wull ik jo mien Leevdag nich ween. Mit de Tiet heff ik mien'n Nomen nich mehr verroden, tominnst nich den tweeten. In de Familie un bi miene Speelkameroden harr sik sowieso de Nome Ulli
rutklamüstert, blots mien Oma seggt to mi jümmers Charlotten
. Un so heet ik denn eben bit ik to School keem. Dor möten wi uns'n richtigen Nomen nömen un ik heet jo nun malUrsel
. As alle sik vörstellt harrn stell' sik rut, dat von veertig Kinnern (so veel weern domols in eene Klass) söben Ursels
dorbi weern.
Von de Tiet an much ik mienen Nomen gor nich mehr lieden un hüüttodoogs mennichmool, wenn Öllern ehr Kinner utfullne Nomen geben wüllt, denk ik: Wat doot se ehr Kinner blots an.
Nomen est omen
Ende neunzehnhundertachtundzwanzig bin ich auf die Welt gekommen, als die Zeiten noch ganz anders waren. Die große Inflation war gerade vorbei, aber die Arbeitslosigkeit noch in vollem Gange.
Meine Eltern waren sich nicht einig, welchen Namen sie mir geben sollten. Claudia
und Manuela
waren damals noch nicht in. Mein Vater war gerade auf dem Russen-Trip, er hatte einiges an russischer Literatur gelesen und mochte die Namen so gern. Meine Schwester, die vier Jahre älter ist als ich, heißt schon Sonja
und ich soll nun Manja
heißen. Aber meine Großmutter hat partout was dagegen. Noch so ein russischer Name kommt gar nicht infrage. Wenn ich doch wenigstens (?) ein Junge geworden wäre, dann hätten sie keine Malesche gehabt, aber ein Mädchen kann ja nicht nach dem Großvater Karl
heißen. Sie kommen auf Karla
, aber das war meiner Mutter zu altmodisch, sie will lieber einen modernen Namen, und so heiße ich jetzt Ursel
.
Das ist aber nicht alles, meine Großmutter hat da auch noch ein Wort mitzureden und alle zusammen finden einen Kompromiss, denn mein Opa soll da auch ein bisschen bei sein und so nennen sie mich Ursel Charlotte
.
Als ich schon etwas größer war und jemand meinen Namen wissen wollte, habe ich immer zur Antwort gegeben Ursel Charlotte
. Eines Tages, wir waren bei meiner Großmutter, zu der meine Mutter dreimal die Woche erst mit dem Kinderwagen und später mit zwei Kindern an der Hand von Barmbek nach der Uhlenhorst zu Fuß, vielleicht eine dreiviertel Stunde, und abends wieder zurück eilte, hatte ihre Nachbarin Handwerker. Da muss ich als kleines Mädchen doch mal neugierig gucken. Einer der Männer fragt mich auch ganz freundlich nach meinem Namen und ich antworte ihm voller Stolz: Ursel Charlotte
.
Er guckt mich so merkwürdig an und sagt: Dann bist Du ja eine Zwiebel
. So einen Unsinn hat mir ja noch niemand erzählt und eine Zwiebel will ich ja mein Lebtag nicht sein. Mit der Zeit habe ich meinen Namen nicht mehr verraten, zumindest nicht den zweiten. In der Familie und bei meinen Spielkameraden hat sich sowieso der Name Ulli
eingebürgert, bloß meine Oma sagt immer Charlotten
zu mir. Und so hieß ich dann eben, bis ich zur Schule kam. Da mussten wir unseren richtigen Namen nennen und ich heiße nun mal Ursel
. Als sich alle vorgestellt haben stellt sich raus, dass von vierzig Kindern, so viel waren damals in eine Klasse, sieben Ursels
dabei waren.
Von der Zeit an mochte ich meinen Namen gar nicht mehr leiden und heutzutage manchmal, wenn Eltern ihren Kindern ausgefallene Namen geben wollen, denke ich: Was tun sie ihren Kindern bloß an?
.