Kriegstagebuch des Stabsgefreiten Werner Harms
August und September 1944
Zum Geleit
Das auf diesen Seiten veröffentlichte Kriegstagebuch beruht auf den Aufzeichnungen des Stabsgefreiten Werner Harms, die er während des Rückzugs aus Frankreich unter dem unmittelbaren Eindruck der Geschehnisse in ein Notizbuch geschrieben hat. Er hat damit ein wichtiges und wertvolles Zeitzeugendokument geschaffen, das geeignet ist, den heutigen Generationen die Sinnlosigkeit dieses Zweiten Weltkrieges, eines Krieges überhaupt, vor Augen zu führen.
Als Verbrechen der Wehrmacht
werden heute Verbrechen bezeichnet, die Angehörige der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg begingen. Dazu gehören Planung und Durchführung dieses Angriffs- und Vernichtungskrieges, Massenmorde an Zivilisten und als Partisanen Verdächtigten, Misshandlung und Ermordung von Kriegsgefangenen, Besatzungsverbrechen sowie die direkte und indirekte Teilnahme an Völkermorden, darunter dem Holocaust (Völkermord an Juden) und dem Porajmos (Völkermord an Roma und Sinti). Die Wehrmachtführung erließ verbrecherische Befehle, die gegen Normen des Kriegsvölkerrechts (Genfer Konventionen, Haager Landkriegsordnung und Gepflogenheiten des Krieges) verstießen.
Die juristische und politische Aufarbeitung dieses verbrecherischen Krieges ist bis heute nicht abgeschlossen. In den NS-Prozessen seit 1945 wurden nur wenige Verbrechen der Wehrmacht verhandelt. Sie wurden in der Bundesrepublik Deutschland lange öffentlich bestritten oder verharmlost, ihre Strafverfolgung verschleppt und behindert. Wie viele einfache Soldaten an ihnen beteiligt waren, die Opferzahlen und die Motive der Täter sind bis heute umstritten.
Nach der Landung der Alliierten in der Normandie am 6. Juni 1944 (D-Day) begann die Befreiung Frankreichs von den deutschen Besatzern. Verzweifelte Anstrengungen des Führers
, die alliierten Armeen wieder ins Meer zurückzuwerfen scheiterten. Auch der Stabsgefreite Werner Harms wurde mit seiner Einheit am 11. August 1944 über Gent, Kortrijk, Tourcoing Lille in Richtung Normandie in Marsch gesetzt. Er schreibt: Am Mittwoch dem 9. August 1944 fiel bei uns das Stichwort D
, worauf wir uns in Marsch setzten. Wegen der feindlichen Luftüberlegenheit geriet ihr Vormarsch bereits in Lille ins Stocken. Er schreibt: Verschiedene Tieffliegerangriffe zwangen uns dort schon zum Aussteigen
1944: Historischer Hintergrund (Wikipedia)
Nach dem erfolgreichen Verlauf der Operation Overlord (D-Day) und dem Durchbrechen der deutschen Linien im Zuge der Operation Cobra kam es Anfang August 1944 südlich von Caen zur Kesselschlacht bei Falaise. Die alliierte Landung in der Normandie hatte eine zweite Front in Westeuropa angelegt, doch standen einem weiteren alliierten Vormarsch Verbände der deutschen Wehrmacht entgegen, die einen Riegel um den Brückenkopf bildeten. Nach dem Erfolg der Operation Cobra, der im Westen zum Ausbruch der 3. US-Armee am Atlantik nahe der Bretagne führte, gelang es den Amerikanern unter dem Oberbefehl Bradleys und dem kommandierenden General Patton mit dem linken Ausbruchsflügel die deutsche 7. Armee in deren Hinterland zu umfassen. Am Ostende des Landungskopfes versuchten Briten und Kanadier unter Montgomery aus Richtung Caen den Kessel von Falaise abzuriegeln.
Aufgrund des Führerbefehls, um keinen Preis zurückzuweichen, wurden die deutschen Truppen von Pattons Einheiten beinahe ungehindert in ihrer offenen Südflanke umgangen. Mit der Operation Totalize startete Montgomery einen weiteren Angriff gegen die deutschen Verbände bei Caen. Dieser brachte zwei britische Panzerdivisionen weit genug nach vorn, um den hinteren Teil der deutschen Linien zu bedrohen. Durch dieses Vorgehen gerieten 28 Infanteriedivisionen und elf Panzerdivisionen der Deutschen in Gefahr, von den Alliierten in die Zange genommen zu werden.
Nach dem Abbruch der Operation Lüttich, dem Gegenangriff bei Mortain, der auf ein Abschneiden des Flaschenhalses an der Ausbruchsstelle der Amerikaner bei Avranches zielt, erhielt die 5. deutsche Panzerarmee den Befehl, in südwestlicher Richtung anzugreifen. Damit wurde sie dem Risiko ausgesetzt, zwischen Falaise und Argentan von den alliierten Streitkräften eingeschlossen zu werden.
Im Kriegstagebuch des kommandierenden Feldmarschall von Kluge heißt es in Bezug auf Hitlers Befehl dazu:
Unglaublichkeit einer großen militärischen Streitkraft …, die in Seelenruhe einen Angriff plant, während der Feind weit hinter ihr eifrig eine Schlinge bildet, um sie zu strangulieren.Die deutsche Wehrmacht verlor zwischen dem 7. und 21. August im Westen insgesamt 50.000 Soldaten (Tote, Verwundete und Vermisste); weitere 200.000 gerieten in Kriegsgefangenschaft. Bis zu diesem Zeitpunkt beliefen sich die Verluste der Deutschen in der Normandie auf mehr als 240.000 Tote oder Verwundete und 250.000 Gefangene. An Material büßte die Wehrmacht dabei 1.500 Panzer, 3500 Geschütze und 20.000 sonstige Fahrzeuge ein.
Die Alliierten bezifferten ihre Verluste während der Operation Overlord auf 209.672, darunter 36.976 Gefallene.
Durch ihren Sieg bei Falaise waren die alliierten Streitkräfte anschließend in der Lage, in Richtung Seine und schließlich nach Paris vorzurücken.Wikipedia, Kessel von Falaise
Die, im Original in Sütterlinschrift gemachten Aufzeichnungen wurden von der Sütterlinstube Hamburg e.V. - Dieter Gebbert - buchstabengetreu transkribiert. Die genannten Orte konnten von der Erinnerungswerkstatt weitgehend recherchiert werden, um die Marschroute des Stabsgefreiten nachvollziehbar zu machen. Die recherchierten Ortsnamen sind hinter den vom Autor genannten Orten in eckige Klammern gesetzt. Der Originaltext wurde zur besseren Lesbarkeit gekürzt und vereinfacht, ohne die Bedeutung des Textes zu verändern. Auch wurde der Text in die heutige Schreibweise übertragen und auf die geltenden Rechtschreibregeln umgestellt.
Bemerkungen:
Die genaue Schreibweise der angegebenen Orte wurden zur Verfolgung der Marschroute weitgehend recherchiert und durch Ortsnamen in eckigen Klammern hinter den genannten Ortsnamen gesetzt.
Zur groben Orientierung sei die Gliederung der Wehrmacht von 1936 aufgeführt:
Eine Division besteht aus drei Infanterieregimentern (Sollstärke ca. 3.000 Mann), je drei Bataillone (Sollstärke 860 Mann), die jeweils in Kompanien aufgeteilt sind.
Die hierarchische Reihenfolge in etwa: General Feldmarschall / Generaloberst / General / Oberst / Oberstleutnant / Major / Hauptmann / Oberleutnant / Leutnant / Stabsfeldwebel / Oberfeldwebel (= Wachtmeister) / Feldwebel / Stabsgefreiter / Obergefreiter / Gefreiter / Oberschütze / Schütze.
Der Spieß ist die rechte Hand des Kompanieführers und erledigt die Organisationsarbeiten wie Iststärke, Krankheit und Heimaturlaub.
Abkürzungen:
Rgt.: Regiment
Hptm.: Hauptmann
Batl. oder: Btl.: Bataillon
Kdt.: Kommandant (Kmdt.)
Komp.: Kompanie
Lt.: Leutnant
I: Infanterie
Gren.: Grenadier
Iwan: der Russe
Plenni: der einf. russ. Soldat, später das Synonym für kriegsgefangene Heimkehrer aus Russland
Landser: der einfache deutsche. Soldat
Uffz.: Unteroffizier
g. Kdos.: geheime Kommandosache
Pak.: Panzerabwehrkanone
Flak.: Flugabwehrkanone
Mg.: Maschinengewehr
H.K.L.: Hauptkampflinie
beim Barras: bei den Soldaten