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DDR

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Leben in der DDR — 40 Jahre Diktatur / Die 50er bis 70er Jahre, Nierentisch und Tütenlampe
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Berjoska-Scheck über 3 RubelBerjoska-Scheck über 3 Rubel, gemeinfrei via Wikimedia-Commons Mantel mit LeopardenmusterWir kauften für mich einen Kunststoffpelz mit Leopardenmuster


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Unser Leben in Zeiten der Stagnation

Man hört immer, wie schwer, wie arm das Leben in der DDR war im Vergleich mit dem Westen. Aber es gab doch noch den Osten!

1973 war ich geschäftlich in Prag und habe mit dem tschechischen Kollegen geplaudert. Er sagte: Die DDR ist die wohlhabendste Baracke unseres sozialistischen Lagers. Der Westen ist nah, man kann hinter die Mauer gucken und vergleichen, also bemüht man sich sehr, das Niveau zu halten. Ich fragte, was er von seiner Baracke hält, er antwortete: Nach 1968, nach dem Prager FrühlingPrager Frühling ist die Bezeichnung für das Streben der tschechoslowakischen Kommunistischen Partei (KPČ) unter Alexander Dubček im Frühjahr 1968, ein Liberalisierungs- und Demokratisierungsprogramm durchzusetzen, sowie vor allem die Beeinflussung und Verstärkung dieser Reformbemühungen durch eine sich rasch entwickelnde kritische Öffentlichkeit.Siehe Wikipedia.org, [1] ist unsere Baracke die lustigste.

Die Baracke der UdSSR war damals weder wohlhabend, noch lustig. Die DDR haben wir für ein Schlaraffenland gehalten. Dort konnte man Orangen und Bananen kaufen, der Blumenkohl war weiß, bei uns immer faul, und junge Familien hatten die Möglichkeit, von den Eltern wegzuziehen. Und bei uns in Moskau bewohnten noch immer drei, oder mit der Oma sogar vier Generationen ein Zimmer in der Kommunalka ohne Bad. Obwohl man in Chruschtschows Zeiten angefangen hat, Plattenbauten zu bauen und man die Hoffnung hatte, irgendwann eine eigene Wohnung zu bekommen. Besonders lustig war das Leben nicht. Das Tauwetter war vorbei, vieles war uns verboten. Man brauchte nicht mehr Angst zu haben, wegen einer Anekdote erschossen zu werden, die Zeiten wurden vegetarisch genannt. Aber eigene Meinungen auszutauschen traute man sich nur in der Küche.

Das feine Leben kannten wir von Filmen, Erzählungen der Bekannten, die das Glück hatten, in das kapitalistische Ausland zu reisen, und Bekannten, denen es gelungen war, den Laden BerjoskaБерёзка, Birklein, waren Einzelhandelsgeschäfte in der Russischen SFSR, die ab 1964 gegen Valuta Artikel an Ausländer oder unter strikten Voraussetzungen an bestimmte Gruppen sowjetischer Bürger verkaufte. Siehe Wikipedia.org [2] von innen zu sehen. Berjoska galt damals als Oase des kapitalistischen Paradieses.

Berjoskas wurden 1964 in Moskau geöffnet. Dort wurden verschiedene Waren für ausländische Valuta verkauft. Solche Waren, hauptsächlich ausländische, konnte man in normalen Läden für hölzerne Rubel, so hat die Bevölkerung unser Geld genannt, nicht finden. In Berjoska verkehrten Ausländer oder sowjetische Bürger, die im Ausland arbeiteten und einen Teil ihres Lohnes in Valuta verdienten. Die mussten aber ihre Valuta in der Bank in Zertifikate (Valuta-Rubel) umtauschen. Es war keine Gleichheit – aus kapitalistischen Ländern brachte man rote Zertifikate, aus den sozialistischen blaue. Nicht alle Waren konnte man dann kaufen, aber es war sowieso kein Vergleich mit Waren in normalen Läden. Natürlich konnte man die Zertifikate und auch Dollars auf den Schwarzmarkt kaufen. Aber für sowjetische Leute war es gefährlich, mit Valuta in den Berjoska zu kommen. Am Eingang gab es eine strenge Kontrolle, und der Besitzer von Dollars konnte wegen Devisenschieberei im Knast landen. Man konnte in Begleitung von Ausländern kommen, auch nicht ungefährlich, sogar ins Schaufenster sollte man lieber nicht gucken, denn es wimmelte von Beamten in Zivil.

Die Berjoski wurden legendär. Es gab sogar eine Anekdote, dass ein einfacher Bürger, der zufällig dorthin gelangte, dort zum KukuEr ist verrückt geworden [3] geworden ist und um ein Asyl gebeten hat.

Für unbefugte sowjetische Bürger war der Besitz von Dollar, Pfund, Mark usw. streng verboten. Wenn ein Bürger von Verwandten oder Bekannten aus dem Ausland Dollars bekam, mussten sie sofort in Rubel ausgetauscht werden. Früher war es sehr gefährlich, jeder Kontakt mit dem Ausland war verdächtig und konnte in den Knast führen. Meine Tante hat vor dem Krieg goldene amerikanische Dollars, die ihr ihr Onkel schenkte, im Klosett heruntergespült. Nachher war sie in Panik geraten, sie hatte Angst gehabt, dass der Klempner sie dort findet und zum KGB bringt. In vegetarischen Zeiten war es nicht mehr so gefährlich. Der Staat hatte zwei Möglichkeiten: Wenn der Bürger unbescholten war, wurden die Dollars in Valuta-Rubel umgetauscht. Aber wenn er ein Dissident war, wurden die Dollars in hölzerne Rubel gewechselt. Und der offizielle Kurs war alle die Jahre ungefähr 60 bis 70 Kopeken für einen Dollar. Auf den Schwarzmarkt kostete ein Dollar zwischen fünf bis 15 Rubel, deshalb belagerten die mutigen Schieber die Eingänge der Hotels, wo ausländische Touristen lebten.

Mutters Cousin hat plötzlich eine Erbschaft bekommen. Sein verstorbener Vater hat vor dem Krieg in einer schwedischen Firma gearbeitet und dort die Rentenversicherung gezahlt. Jetzt hatten die Juristen ihn als Erben gefunden. Er bekam das Erbe in Valuta und ihm wurden Valuta-Rubel ausgezahlt. Sie sind nach Moskau zu uns gekommen, um in Berjoska einzukaufen. Aber sie brauchten dringend einen Kühlschrank und Möbel, das gab es günstiger in Riga für normales Geld. Sie hatten Mutter einen Tausch angeboten, so kamen wir in den Besitz der Zertifikate und ich konnte die Berjoska von innen sehen. Wir kauften für Mutter einen Jersey-Mantel und für mich einen Kunststoffpelz mit Leopardenmuster, in dem ich viele Jahre stolzierte. Und noch eine Menge Mohair in verschiedenen Farben. Stricken war Mutters Hobby und Sachen aus Mohair waren damals sehr modern. Ein Bündel Mohair kostete in Berjoska einen Dollar und auf dem Schwarzmarkt damals fünf Rubel. Daran konnte man immer den realen Dollarkurs erkennen.

Übrigens, Berjoska heißt auf Deutsch Birke. Man hat uns immer vorgesungen, dass Birken spezifisch für Russland sind und mit der russischen Seele verbunden. Deshalb staunte ich zuerst, dass in Norderstedt so viele Berjoska wachsen.


[1] Der Prager Frühling ist die Bezeichnung für das Streben der tschechoslowakischen Kommunistischen Partei (KPČ) unter Alexander Dubček im Frühjahr 1968, ein Liberalisierungs- und Demokratisierungsprogramm durchzusetzen, sowie vor allem die Beeinflussung und Verstärkung dieser Reformbemühungen durch eine sich rasch entwickelnde kritische Öffentlichkeit.
[2] Berjoska (russisch Берёзка, deutsch Birklein, nach dem russischen Nationalbaum; offiziell verwendete Transkription in Lateinschrift Beriozka) waren Einzelhandelsgeschäfte in der Russischen SFSR, die ab 1964 gegen Valuta Artikel an Ausländer oder unter strikten Voraussetzungen an bestimmte Gruppen sowjetischer Bürger verkaufte.
[3] KuKu: Verrückt geworden.
  • Autorin: Elena Orkina, im Juni 2018
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