So habe ich das Deutsche Jungvolk
erlebt
Kapitel 4 — Grob- und Feinschliff auf dem Schulhof
Körperertüchtigung und immer wieder exerzieren und marschieren mit der flatternden Fahne voran.
Dann übergab er das Kommando unserem Jungzugführer, einem ungefähr 13 bis 14jährigen Uniformierten. Dieser schliff uns in der folgenden Zeit das exakte Grüßen und Exerzieren mit den vielen Kommandos ein. Und immer wieder marschieren — in Zweier-, Dreier — und Viererkolonnen. Der Drill war so nachhaltig, dass ich bis heute nichts davon verlernt habe. Wenn etwas nicht klappte, gab es abgestufte Strafen: Anschnauzen, im Dauerlauf um den Schulhof rennen, Kniebeugen, Liegestütze bis zum Geht nicht mehr
.
Wie oft wir zum Dienst befohlen wurden, weiß ich nicht mehr. Aber es war mindestens einmal in der Woche, meistens sonntags zur Gottesdienstzeit.
Als das Exerzieren einigermaßen zur Zufriedenheit des Jungzugführers klappte, mussten wir Leichtathletik treiben, vor allem Laufen, Weitspringen und Schlagballwerfen. Wir hätten so gerne auch geboxt, aber das durften nur die größeren Pimpfe im Jungzug zwei und eins. Unser Idol war der ehemalige Weltmeister im Schwergewicht Max Schmeling, der sogar den braunen Bomber
Joe Louis in den USA k.o. geschlagen hatte.
Unser Jungzugführer teilte seinen etwa 40 Mann starken Jungzug in drei Gruppen, Jungenschaften genannt, ein und ernannte drei von uns zu Jungenschaftsführern. Als Maßstäbe dienten ihm eindeutig Körpergröße, Muskelstärke und sehr gute Leistungen in der Leichtathletik. Diejenigen, die wie ich noch immer keine Uniform besaßen, kamen erst gar nicht in Betracht, durften aber in Zivil mitmachen. Meine Mutter vergaß
auch immer wieder, zum Wirtschaftsamt zu gehen und einen Bezugsschein für die Uniform zu holen. Lediglich die schwarze Skimütze mit der Hakenkreuzraute kaufte sie mir, aber die gab es ohne Bezugsschein und war für kalte Tage wirklich nötig.