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Nachkriegszeit 1945 - 1950

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Nachkriegszeit 1945 bis 1950
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SommerzeitVom 24. Mai 1945 bis zum 24. September 1945 MEHSZ; so genannte „Doppelte Sommerzeit“

In der sowjetischen Besatzungszone und Berlin galt vom 24. Mai 1945 bis zum 24. September 1945 die mitteleuropäische Hochsommerzeit (MEHSZ; so genannte Doppelte Sommerzeit), die mit der damals gültigen Moskauer Zeit UTC+3 übereinstimmte, mit einer Zeitdifferenz von plus zwei Stunden zur MEZ; nach deren Ende galt noch bis zum 18. November 1945 die MESZ. Zwischen dem 11. Mai und dem 29. Juni 1947 galt in ganz Deutschland die MEHSZ. Quelle: Wikipedia.de


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Günter Matiba

Sommerzeit? Winterzeit? Ach, du liebe Zeit!

Keine Sorge, liebe Leserin, lieber Leser. Ich werde Sie im Folgenden nicht mit geistigen Ergüssen über das Wesen der Zeit traktieren. Über dieses Thema haben bereits hochkarätige Physiker von Demokrit bis Stephen Hawking, Philosophen, Theologen und Vertreter anderer Wissenschaften seit Erfindung der Schreibkunst ungezählte Bücher geschrieben, die zusammen wahrscheinlich eine mittlere Bibliothek füllen würden. Haben Sie schon einmal überlegt, wie sehr das menschliche Leben mit der ruhig dahinfließenden Zeit verbunden ist, ausgedrückt durch viele zusammengesetzte Wörter, die wir täglich benutzen? Es gibt die Anfangszeit, Hochzeit, Endzeit, Kriegszeit, Arbeitszeit, Freizeit, Steinzeit, die U(h)rzeit mit oder ohne h usw. usw. und neuerdings auch die Altersteilzeit.

Aber pünktlich zweimal im Jahr lässt die Umstellung von der sogenannten Sommerzeit auf die sogenannte Winterzeit und umgekehrt eine Riesenwelle aufgeheizter Diskussionen über unser Land schwappen. Dabei geht es gar nicht um die beiden genannten Zeiten im astrophysikalischen Sinne — sie lassen sich durch Menschen auch gar nicht umstellen —, sondern nur um ihre Einteilung mit der Uhr, deren Umstellung 1980 wiedereingeführt worden war. Sehr viele bezweifeln die damit beabsichtigte Energieersparnis, weil sie nicht plausibel nachgewiesen worden ist, und verweisen zudem auf den gestörten Biorhythmus bei Menschen und Vieh. Aber auch beim Biorhythmus reiben sich die Meinungen, je nach dem, ob der Mensch ein Typ Lerche oder Eule ist. Wissenschaftlich fundierte Beweise für die eine oder andere Meinung liegen nicht vor. Für Politiker ist es ein heißes Eisen und sie packen es nicht an. Es lassen sich auch keine Wahlen damit gewinnen.

Als Kind haben mich diese Zeitumstellungen völlig kalt gelassen, vielmehr habe ich sie gar nicht bemerkt. Ich besaß keine eigene Uhr, richtete mich weitgehend nach dem Stand der Sonne und hatte auch so gut wie kein Zeitbewusstsein. Eltern, Lehrer oder andere Bezugspersonen sagten mir, wann ich etwas zu tun oder zu lassen hatte und ich hielt mich daran. War ich unterwegs auf genaue Uhrzeit angewiesen, dann guckte ich auf Kirchturmuhren, in den Städten standen an markanten Stellen sogenannte Normaluhren, an den Bahnhöfen gab es ganz genau gehende Uhren, und wenn alles nicht zur Verfügung stand, fragte ich einfach einen erwachsenen Mann auf der Straße, denn Männer hatten meistens eine Armband- oder Taschenuhr bei sich.

An die früheren vielen Zeitumstellungen seit 1939 habe ich also keine Erinnerungen. Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass die Erwachsenen über den Sinn oder Unsinn von Zeitumstellungen gesprochen oder geklagt hätten. Wahrscheinlich war das für sie überhaupt kein Problem. Sie hatten ganz andere Sorgen.

Doch an einen schönen Hochsommerabend kann ich mich in diesem Zusammenhang erinnern, ein bis zwei Jahre nach Kriegsende, ich war 13 oder 14 Jahre alt. Mein Vater war an der Ostfront gefallen, meine Mutter war einige Tage hamsternHamstern, umgangssprachlich, mit der Eisenbahn in ländliche Gebiete fahren und irgendwelche Dinge (von Nägeln und Schrauben bis zu Teppichen) bei Bauern tauschen gegen Nahrungsmittel wie Butter, Speck, Eier, Mehl oder Kartoffeln, um dem (Ver-)Hungern in der Stadt zu entgehen. Die Militärregierung hatte es verboten, ließ strenge Kontrollen an den Bahnhöfen durchführen und die Nahrungsmittel konfiszieren. Meistens hatten die Hamsterer Glück.1.), also nicht zu Hause, und ich hatte den ganzen Haushalt neben dem Schulunterricht am Hals. Ich musste auch für meine kleine Schwester Doris (6) und für unser Kleinvieh sorgen, Hühner, Enten, Kaninchen. An diesem besagten Abend ging ich — wie jeden Tag — mit dem Nachbarjungen, Gerd K., Gras suchen für unsere Kaninchen. Jeder mit einem großen, leeren Sack, denn in jedem Stall von uns hoppelten rund zehn bis zwanzig Mümmelmänner. Sie mussten dreimal am Tag gefüttert werden. Das bedeutete, es war eine große Menge Grünfutter heranzuschaffen. Da wir keine eigene Wiese hatten, mussten wir immer nach außerhalb unseres Wohngebietes tippeln und auf freiem Land oder an Feldwegrändern das Grün rupfen.

Diesen Abend machten wir uns nach WischermühleWischermühle, ein quadratkilometergroßes Gebiet in einer Bodensenke, durch die der Weg von Bochum-Werne nach Harpen führte.2.) auf. Meine kleine Schwester nahm ich mit, denn zu Hause alleine hatte sie verständlicherweise Angst. Unser Ziel war ein großes und einsames Gebiet mit dem riesigen KlärteichKlärteich oder Schlammteich wurde das natürliche Auffang- und Sickerbecken für die Abwässer aus der Kohlenwäsche genannt.3.) und einer hohen Abraumhalde der Zeche Robert Müser und/oder der Zeche Vollmond. (Die genauen Besitzverhältnisse interessierten mich damals nicht die Bohne.) Das Land war landwirtschaftlich ungenutzt und mit Bombentrichtern übersät. Für uns Jungen ein Eldorado. Es wuchsen dort üppiges, fettes Gras und andere grünen Leckerbissen in Hülle und Fülle für die hungrigen Schnuten in unseren Ställen. In den Bombentrichtern stand Wasser und dort fingen wir Molche sowie Wasserflöhe, TubifexTubifex, langer, dünner, rötlicher Wurm von der Art Gemeiner Schlammröhrenwurm.4.) und anderes Wassergetier als Nahrung für unsere AquariumfischeMeine Zierfische konnte ich allerdings — wie die allermeisten Jungen - damals nicht in einem Aquarium halten, weil es nach dem Bombenkrieg fast keine Aquarien gab, die wenigen waren für uns unbezahlbar teuer. Ich hielt meine Guppys und Schwertträger in einem 2 Liter großen Weckglas, das ich der Mutter abgebettelt hatte, denn auch Einweckgläser waren damals sehr rar.5.). Heute würden wir sagen, ein unberührtes Biotop. Außerdem konnten wir dort nach Herzenslust herumzutollen. Nur einen Haken hatte es, man musste fast eine halbe Stunde bis dahin laufen.

Gerd, der Nachbarjunge, wollte an diesem Abend zuerst nicht dorthin. Es ist so weit, maulte er.

Ich erwiderte: Wir haben aber ruck zuck die Säcke voll. Morgen ist Sonntag, deshalb müssen wir für zwei Tage sorgen.

Aber wenn uns da so einsam einer überfällt, was dann? Jedes Kind hatte damals von dem Massenmörder Hamann gehört.

Ach was! zerstreute ich ihm die Angst, Heute ist Samstag, dann gehen doch so viele Tommys in das BumslokalBums, bumsen hatte damals noch nicht die heute vom St. Pauli-Milieu übernommene Bedeutung. Ein Bums war ein Lokal mit einem Tanzboden, auf dem nicht die feine Gesellschaft verkehrte, die Musikkapelle auch Gassenhauer intonierte, Bier und Schnaps reichlich flossen und eine Schlägerei zum Gesamtbild passte.6.). Da wagt sich kein Verbrecher in die Gegend. Damit hatte ich Gerd überzeugt.
Es gab dort nämlich ein großes, abgelegenes Restaurant nur für die britische Besatzungsmacht. Jeden Samstagabend spielte eine Big Band dröhnend zum Tanz auf. Dann strömten die Soldaten mit ihren Mädchen nur so dahin und die Militärpolizei sorgte für Ordnung. Denn es blieb ja nicht nur beim Tanzen. Im Sommer waren Fenster und Türen geöffnet und wir rupften Gras, Löwenzahn und Co. beim Klang heißer Rhythmen.

Als die Säcke voll waren, wuchteten wir sie auf die Schulter und machten uns auf den langen Heimweg. Wieder im Stadtgebiet, vorbei am grauen Hochbunker, der uns mit seinen meterdicken Mauern aus Stahlbeton so oft das Leben gerettet hatte, wenn die feindlichen Luftgeschwader ihre Bombenteppiche über unseren Ort legten, vorbei am bombenzerpflügten Marktplatz flüsterte Gerd zwischen dem halbzerstörten Amtsgebäude und der Ruine der evangelischen Kirche auf einmal aufgeregt: Da kommt 'n PutzPutz war im Gossenjargon der Ausdruck für Polizist,7.) und wollte weglaufen. Er hatte wie alle Futtersucher permanent ein schlechtes Gewissen vor der Polizei, weil wir es bei der Futtersuche hin und wieder mit der Grenze zwischen Feldweg und bepflanztem FeldDieses Tun fassten wir im weitesten Sinne als Mundraub auf, der ethisch gesehen sogar von höchster katholischer Stelle als nicht verwerflich und strafbar angesehen wurde. Leider hatte die Polizei eine gegenteilige Auffassung. nicht so genau genommen haben8.).

Bleib hier! Wir haben doch nichts getan, herrschte ich ihn an. Gerd gehorchte. Der deutsche Polizist, er lief Streife, schlenderte auf uns zu und hielt uns an. Aber dieses Mal interessierte er sich nicht für den Inhalt unserer Säcke, sondern fragte streng: Was habt ihr noch so spät mit dem kleinen Mädchen auf der Straße zu suchen? und zeigte auf Doris. Ich erklärte ihm die Situation, war aber über seine Frage erstaunt, weil es noch taghell war. Ich besaß keine Armbanduhr und fragte den Gesetzeshüter: Wieviel Uhr ist es denn? Er antwortete: Es ist gleich halb zwölf und macht jetzt schnell, dass ihr nach Hause kommt. Wir nickten artig. Das wollten wir sowieso tun.

Dieses muss stattgefunden haben, als die Hochsommerzeit — das heißt, die Uhr ist zwei Stunden vorgestellt — eingeführt worden war. Ich — Typ Eule — fand diese langen, hellen Abende prima, aber interessiert hat das die Öffentlichkeit überhaupt nicht.


Anmerkungen:

1.) Hamstern, umgangssprachlich, mit der Eisenbahn in ländliche Gebiete fahren und irgendwelche Dinge (von Nägeln und Schrauben bis zu Teppichen) bei Bauern tauschen gegen Nahrungsmittel wie Butter, Speck, Eier, Mehl oder Kartoffeln, um dem (Ver-)Hungern in der Stadt zu entgehen. Die Militärregierung hatte es verboten, ließ strenge Kontrollen an den Bahnhöfen durchführen und die Nahrungsmittel konfiszieren. Meistens hatten die Hamsterer Glück.

2.) Wischermühle, ein quadratkilometergroßes Gebiet in einer Bodensenke, durch die der Weg von Bochum-Werne nach Harpen führte.

3.) Klärteich oder Schlammteich wurde das natürliche Auffang- und Sickerbecken für die Abwässer aus der Kohlenwäsche genannt.

4.) Tubifex, langer, dünner, rötlicher Wurm von der Art Gemeiner Schlammröhrenwurm.

5.) Meine Zierfische konnte ich allerdings — wie die allermeisten Jungen - damals nicht in einem Aquarium halten, weil es nach dem Bombenkrieg fast keine Aquarien gab, die wenigen waren für uns unbezahlbar teuer. Ich hielt meine Guppys und Schwertträger in einem 2 Liter großen Weckglas, das ich der Mutter abgebettelt hatte, denn auch Einweckgläser waren damals sehr rar.

6.) Bums, bumsen hatte damals noch nicht die heute vom St. Pauli-Milieu übernommene Bedeutung. Ein Bums war ein Lokal mit einem Tanzboden, auf dem nicht die feine Gesellschaft verkehrte, die Musikkapelle auch Gassenhauer intonierte, Bier und Schnaps reichlich flossen und eine Schlägerei zum Gesamtbild passte.

7.) Putz war im Gossenjargon der Ausdruck für Polizist.

8.) Dieses Tun fassten wir im weitesten Sinne als Mundraub auf, der ethisch gesehen sogar von höchster katholischer Stelle als nicht verwerflich und strafbar angesehen wurde. Leider hatte die Polizei eine gegenteilige Auffassung.

  • Autor: Günter Matiba, 10. November 2014
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