TimetunnelMachen Sie eine Zeitreise … mit der Zeitleiste zur Machtergreifung 1933
  • Start
  • Aktuelles * Termine * Seitenüberblick * Zeitzeugenberichte als Buch
    Leitartikel & TermineAktuelle MitteilungenRSS-Feed
    SitemapImpressumDatenschutz
    2019     |     20202021     |     20222023
  • 88 Zeitzeugen stellen sich vor * Zeitzeugenberichte; unsere Bücher
    Zeitzeugen von A - G Zeitzeugen von G - J Zeitzeugen von J - M Zeitzeugen von M - R Zeitzeugen von S - Z
    Die Schreibwerkstatt
     
    Für Mitwirkende
    LogIn Intern
    Bücher bestellenKriegskinderSchwarzbrot mit ZuckerDennoch gelacht…
  • 1.792 Zeitzeugenberichte, zeitlich und thematisch geordnet
    Kaiserreich1900 - 1939Erster WeltkriegNS-DiktaturZweiter WeltkriegShoa, HolocaustU-Boot und Seekrieg
    NachkriegszeitWährungsreform40 Jahre DDR1950 - 1970Rund ums Auto1980 bis HeuteFluchtgeschichten
    Moderne ZeitenWeihnachtlichesSchule, TanzstundeVerschickungskinderMaritimes, SeefahrtReiseberichteDer vordere Orient
    Omas KücheTierischesHeiter bis poetischGeschichtliches WissenGeschichte in ZeittafelnGedanken zur Zeit - BlogThemen im Überblick
  • Lexikon der alten Wörter und Begriffe
    A - AalB - BaasC - CalculusD - dalbernE - EcherF - FäheG - Gabelfrühstück
    H - HaarnetzI - IlmeJ - JachK - KaapL - LaberdanM - MachorkaN - Nachgenuss
    O - ObersP - PachulkeQ - QuacksalberR - RabattmarkeS - SabberlatzT - TabernakelU - Ubiquisten
    V - VakanzW - WackelpeterX - XanthippeY - YachtZ - ZachMaritimes LexikonOstpreußens Vokabular
  • Impressum * Kontakt zur Erinnerungswerkstatt * Gästebuch
    KontaktformularImpressum
    GästebuchBuchbestellung

Nachkriegszeit 1945 - 1950

1945
1946
1947
1945
1946
1947
Nachkriegszeit 1945 bis 1950
  Diese Seite anzeigen im …  
  • Bildschirm-ModusBildschirm
  • Lesemodus NormalLesemodus Normal
  • Lesemodus KontrastLesemodus Kontrast

Wählen Sie ein Kapitel dieses Zeitzeugenberichtes:

Lebenserinnerungen
Kap. 2: Verhaftung und Verhör

Diesen Bericht können Sie sich auch vorlesen lassen. Steuern Sie die Wiedergabefunktion mit den Bedienelementen des Players.

Leider unterstützt dein Browser dieses Audio Element nicht.

  1. Bei der Flieger-HJ
  2. Verhaftung und Verhör
  3. Sibirien, im Kusnezker Becken
  4. Die Spuckliese
  5. Meine Heimkehr
Mitgliedsauweis der Hilter-Jugend

Mit Schrecken fiel mir während des Marsches ein, dass in der Brusttasche meiner Jacke noch der HJ-Ausweis steckte, ich habe ihn auf dem langen Marsch unbemerkt aufgegessen.

Die Organisation Werwolf

Die Organisation Werwolf (seltener: Wehrwolf) war eine nationalsozialistische Organisation zum Aufbau einer Untergrundbewegung am Ende des Zweiten Weltkrieges, die im September 1944 von Heinrich Himmler als Minister und Reichsführer SS gegründet wurde. Aufrufe zur Bildung der Werwolf-Gruppen fanden in der Bevölkerung und unter Angehörigen der Wehrmacht nur ein geringes Echo. Nach Hitlers Tod untersagte Karl Dönitz am 5. Mai 1945 weitere Werwolf-Aktionen als illegale Kampftätigkeit.

Nach Himmlers Vorstellung waren die Werwölfe eine geheime Widerstandsbewegung. Sie sollte keinen allgemeinen Volkskrieg auslösen, sondern im Untergrund kämpfen. Ihre Aufgaben sollten bestehen in:

  • Attentaten und terroristischen Anschlägen gegen die Besatzungsmächte, deren führende Köpfe, sowie gegen deutsche Kollaborateure,
  • Sabotage im Rücken der alliierten Verbände,
  • Stören des feindlichen Aufmarsches durch Militärische Aufklärung,
  • Decken der Rückzugbewegungen der Wehrmacht durch Angriffe auf die Flanken der verfolgenden Angriffsspitzen,
  • Stoppen der Welle des Verrats durch Volksgenossen mittels Terrors gegen Deutsche

Goebbels, der in seinen Tagebüchern suggerierte, die Werwolfbewegung gehe auf seine Initiative zurück, hatte andere Vorstellungen. Durch einen Rundfunkappell des Senders Werwolf wurde der Werwolf am Ostersonntag, dem 1. April 1945, als angeblich spontane Untergrundbewegung der deutschen Bevölkerung in den besetzten Gebieten des Reiches bekannt gemacht. Die hierbei eingeführte Losung Haß ist unser Gebet und Rache ist unser Feldgeschrei sollte den fanatischen Auftrag der Unternehmung unterstreichen. Am 24. April stellte der Sender seinen Betrieb ein.

Quelle: Wikipedia.org

© Copyright by Erinnerungswerkstatt Norderstedt 2004 - 2023
https://ewnor.de / https://www.erinnerungswerkstatt-norderstedt.de
Ausdruck nur als Leseprobe zum persönlichen Gebrauch, weitergehende Nutzung oder Weitergabe in jeglicher Form nur mit dem schriftlichem Einverständnis der Urheber!
 zurück zur Normalansicht 

Ein Abschnitt meines Lebens vom Mai 1945 bis zum Mai 1950
Kapitel 2
Verhaftung und Verhör

Anfang Juni holte man mich wiederum mitten in der Nacht ab, dieses Mal kam ich in den Keller des Warener Landratsamtes. Hier herrschten die NKWD-Offiziere mit ihren Dolmetscherinnen.

Ich wurde zunächst in einem ungefähr 30 Quadratmeter großen Kellerraum gemeinsam mit weiteren sechs Gefangenen untergebracht. Wir erhielten regelmäßiges, jedoch kärgliches Essen und schliefen auf einer langen Holzpritsche ohne Decken. Fast jeden Abend wurden wir verhört. Es ging stets um eine angebliche Werwolf-Organisation und die Namen der Warener Parteiführer sowie der HJ-Führer. Alle Aussagen wurden protokolliert, doch die Verhöre wurden stets von Drohungen, körperlichen Schlägen, Tritten und sonstigen Misshandlungen begleitet. Da ich die gewünschten Namen nicht kannte, wir hatten uns immer nur beim Vornamen genannt, und auch vom Werwolf nichts wusste, liefen meine Verhöre immer nach dem gleichen Schema, mit denselben Fragen und quälenden Begleiterscheinungen ab.

Inzwischen war ein Warener Schulfreund von mir, Gerhard, ebenfalls 17 Jahre alt, verhaftet und zu uns im Keller einquartiert worden. Seine Verhöre und auch die gefürchteten Methoden, eine Aussage zu erpressen, deckten sich mit meinen Erfahrungen. Wir wurden gemeinsam in einem Lieferwagen nach Fünfeichen gefahren. Gerhard wurde dort abgeliefert, ich wieder zurück nach Waren gebracht. Gerhard ist 1977 nach schwerer Krankheit in Kamp-Lintfort gestorben. Warum ich in Fünfeichen nicht aufgenommen wurde, kann ich nicht sagen. Meine Verhöre wurden in heftigerer Form weitergeführt, doch nach drei weiteren Wochen entließ man mich wieder mit der Aufforderung, mich nun doch um die gewünschten Namen zu bemühen und sie ihnen zu melden.

Diesen Auftrag hatte ich zwar nicht vergessen, aber wohl nicht ernst genug genommen. Ich fühlte mich ohne Schuld, von den Russen dreimal entlassen, also wollte ich mich auf meine weitere Berufsausbildung konzentrieren.

Doch ich hatte die Situation falsch eingeschätzt. Mitte Juli 1945 erfolgte meine erneute Verhaftung, ich kam zunächst für zwei Tage in den Keller eines Privathauses Ecke Gerhart-Hauptmann-Allee, Goethestraße. Hier hatte ich einen Kellerraum ganz für mich alleine und sonst nur russische Soldaten im Haus. Zum Empfang der ersten dünnen Kohlsuppe gab man mir einen alten Blumentopf. Ich hatte weder Essbesteck noch Essnapf. Ich sollte einen Finger unter das Loch halten und die Suppe dann trinken. Doch die Suppe war kochend heiß und so lief sie bald auf den Kellerboden und meinen Finger bedeckte eine große Blase.

Am zweiten Tag kam Zuwachs in meine Zelle Herr Eugen Graf von Maltzahn beehrte mich mit seinem Besuch. Er sprach fließend russisch und konnte mir wenigstens einen Löffel und einen Blechnapf besorgen. Dann wurden wir beide in den Keller des Landratsamtes verlegt, nun jedoch in Einzelzellen von ungefähr eineinhalb Meter Breite und zweieinhalb Meter Länge mit Holzpritsche und einem Blecheimer.

Als Erstes wurde mir der Kopf kahlgeschoren, ein für mich sehr demütigender Akt. Danach bekam ich schon im Voraus eine tüchtige Tracht Prügel und im Verhör immer wieder die gleichen Fragen nach den Namen der Partei- und HJ-Führer. Die ganze Art der allabendlichen Verhöre lief jetzt strenger und härter ab. Grundsätzlich wurde der Verhörte von einer 100-Watt-Lampe angestrahlt, so dass er den vernehmenden Offizier gar nicht sehen konnte. Ich sollte nun sogar angeblich versteckte Waffenlager und Munitionsdepots kennen. Man glaubte mir zwar nicht, dass ich in der HJ das Fliegen von Segelflugzeugen erlernt habe, doch traute man mir zu, einen Aufstand gegen die russische Besatzung geplant und fertig organisiert zu haben.

Die sogenannte und gefürchtete Wasserzelle, als Einzelzelle, in der der Boden mit zehn Zentimeter Wasser bedeckt war, habe ich verschiedentlich bewohnt. In der Einzelzelle waren das Sitzen und das Liegen während des Tages nicht erlaubt und man durfte nur stehen oder die zweieinhalb Meter hin- und hergehen. Häufig brachte man mich mit zwei Wachposten in meine Zelle zurück, und ich sah aus wie ein Boxer nach langem verlorenem Kampf.

Als ich eines Nachts das Protokoll wieder einmal nicht unterschreiben wollte, warf mir der NKWD-Offizier nach mehreren Tritten in den Unterleib seine Pistole ins Gesicht. Der abgebrochene Schneidezahn hat mich noch lange Jahre an dieses Verhör erinnert.

Es ist schon schwer zu sagen, wo eine Misshandlung endet, und wann die Folter beginnt. Eines Abends habe ich während des Verhörs vom Schreibtisch des vernehmenden Offiziers ein Taschenmesser geklaut. Es steckte an diesem Abend mehrere Stunden lang geöffnet in meiner Hosentasche …

Der Sohn eines im Landratsamt beschäftigten Handwerkers, Hans, brachte dieses Messer am nächsten Tag mit einem Gruß von mir zu meinen Eltern. Heute hat dieses Messer bei mir im Schreibtisch einen Ehrenplatz.

Die Wochen im Landratsamt waren lang. Tagsüber keine Ruhe, nur Angst vor dem nächsten Verhör und nachts kaum Schlaf. Man hatte gegen mich kein ausreichendes Material an Aussagen für eine Verurteilung, und ich war froh, als ich endlich im Oktober wieder nach Fünfeichen gebracht wurde und mich fortan nichts weiter als nur die Unfreiheit und der Hunger quälte.

Und doch war es nur die Verlegung von einer Hölle in die nächste. Die hermetische Abgeschlossenheit von der Außenwelt, von Angehörigen und Freunden, die Ungewissheit über die Zukunft und die unbekannte Dauer des Lageraufenthaltes stellten eine seelische Belastung dar, der so mancher nicht gewachsen war. Hinzu kam der allgegenwärtige Hunger von einer Mahlzeit zur anderen, die totale Untätigkeit und die geistige Verblödung, der die Gerüchteküche zu immer neuen Hoffnungen verhalf. Zu vergessen sind auch nicht die uns bisher unbekannten Tierchen, wie Wanzen und Flöhe. Hier traf ich auch den Warener Gerhard wieder.

Im Kampf gegen den Stumpfsinn baten wir die älteren, erfahrenen Lagerinsassen, uns über die Themen ihres Berufes Vorträge zu halten. Das half beiden Parteien und unter den Zuhörern fand man nicht nur die Jugendlichen. Interessant waren die Erzählungen eines professionellen Expeditionsleiters mit vier Doktor-Titeln und lehrreich die Themen aus der Medizin, den Naturwissenschaften sowie der Technik. Ich selbst habe aus diesen Vorträgen sehr viel gelernt.

Anstelle des morgendlichen gestrichenen Esslöffels Zucker erhielten wir manchmal eine Tube Nescafé Pulver. Aus diesem Pulver machten wir uns, in Wasser gelöst und mit einer Gabel geschlagen, eine herrliche Kaffee-Schlagcreme. Das gab fast einen Liter Schaumcreme der den Magen zwar nur mit Luft füllte, uns aber den Zustand der Sättigung vorgaukelte.

Erhard, ein Jugendlicher aus meiner Baracke, hatte eine recht gute Stimme und er sang auch gerne. So baten wir ihn abends häufig uns das Lied: Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt, zu singen. Bei der Melodie konnte man so herrlich träumen und an zu Hause denken.


  • Sie sind hier: Kap. 2 von 5
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • Autor: Karl A. Kramer, 23. Juni 2004
  • Artikel drucken
  • Seitenanfang
  • SiteMap
  • Impressum
  • Kontakt
  • Gästebuch
  • Developed by © HaKenn 2004 - 2023