Aus der Geschichte Ostpreußens
Das Gebiet zwischen Weichsel und Memel (Ostpreußen und das östliche Westpreußen) wird ursprünglich von den Stämmen der indogermanischen, besonders eng mit den Litauern und Letten verwandten Prussen bewohnt (auch Prusai
, von dem römischen Schriftsteller Tacitus Aesti
genannt).
Ostgermanische Stämme ziehen ins Weichselgebiet und besiedeln auch das westliche Ostpreußen (Bastarnen, Burgunder, Goten, bei Soldau auch Vandalen). Das Land östlich der Passarge bleibt im wesentlichen prussisch; starke burgundische und gotische Kultureinflüsse sind aber auch östlich der Passarge, besonders im Samland und in Natangen spürbar.
Während der Völkerwanderung geben die meisten Germanen ihre Wohnsitze in Ostmittel - und Osteuropa auf und wandern nach dem Süden und Westen Europas ab. Gemeinsam mit den Germanen ziehen auch Teile der Prussen (Galinder), die zusammen mit den Westgoten bis nach Spanien gelangen. Im Weichselmündungsraum) sowie bei Allenstein und Ortelsburg bleiben gotische Volksteile zurück, die - bis 600 bzw. sogar bis 900 n. Chr. durch Bodenfunde nachweisbar - allmählich im Prussentum aufgehen.
Die Prussen dringen im Westen bis zur Weichsel und an einigen Stellen noch darüber hinaus bis nach Pommerellen vor. Im Süden (Kulmerland und Masovien) kommt es zu kriegerischen Zusammenstößen mit Polen.
Die christliche Mission beginnt im Prussenland. (997 erleidet Adalbert v. Prag den Märtyrertod; seit 1206 wirkt Bischof Christian unter den Prussen.)
Die junge prussische Missionsbewegung wird der polnischen Kirche unterstellt und dadurch eine heidnisch- nationale Reaktion in prussischen Volk herausgefordert.
Erster Heidenaufstand. Auf Betreiben Bischof Christians beseitigt der Pabst zwar 1218 die Abhängigkeit de prussischen Kirche von der polnischen, diese Maßnahme kommt jedoch zu spät und kann die Vernichtung des Christentums in Prussenland nicht mehr aufhalten.
Ein erster Kreuzzug deutscher und polnischer Fürsten (der Herzöge von Masovien, von Krakau und von Schlesien sowie des .Markgrafen von Meißen) gegen die Prussen bleibt im wesentlichen - lediglich das Kastell Kulm wird erobert - erfolglos.
Die Prussen erobern das Kulmerland im Gegenstoß zurück und gewinnen dazu die nördliche Hälfte des Herzogtums Masovien. Der Herrscher dieses polnischen Teilstaates, Herzog Konrad aus dem germanischen Hause der Piasten, bittet in höchster Bedrängnis den deutschen Ritterorden um Hilfe.
Der römisch-deutsche Kaiser Friedrich II. aus dem Hause der Hohenstaufen verleiht das Prussenland in einer Urkunde, der so genannten Goldenen Bulle von Rimini
dem Deutschen Orden.
Der deutsche Ritterorden beginnt von seiner ersten Festung Thorn aus die Eroberung und Christianisierung des Prussenlandes. Er wird dabei nicht nur von deutschen, sondern auch von polnischen, tschechischen und pommerellischen Hilfsheeren, sowie auch schon von Anfang an von prussischen Parteigängern unterstützt.
Zweiter Heidenaufstand. Der Orden siegt 1247 in der Schlacht bei Christburg.
Der Orden schließt mit den aufständischen Prussen den Versöhnungsfrieden von Christburg: Die Prussen versprechen die Annahme des Christentums und werden dafür als gleichwertige und gleichberechtigte Bürger des Ordensstaates anerkannt.
Ein Kreuzheer unter der Führung des przemyslidischen Königs Ottokar von Böhmen erobert einen Heidenstützpunkt im Walde Zwangste am unteren Pregel und gründet dafür eine Stadt, die zu Ehren des Königs den Namen Königsberg erhält.
Ordensritter, Prussen und Kuren führen gemeinsam einen Feldzug gegen die im Heidentum verharrenden Litauer. Die kurischen Truppen laufen jedoch während der Entscheidungsschlacht an der Durbe zu den Litauern über; für die Prussen aber bekennt deren Heerführer Sclodo, dass sie lieber den Tod erleiden als von Christum abfallen wollen … Ordensritter und Prussen gehen gemeinsam in der litauisch-kurischen Übermacht zu Grunde, auch der edle Sclodo besiegelt seine Treue mit dem Tode. Nach Bekanntwerden der furchtbaren Niederlage erhebt sich die heidnische Partei innerhalb des Prussenvolkes am 20. September 1260: Es kommt zum dritten Heidenaufstand.
Dritter Heidenaufstand. Die Führer der Heiden sind die prussischen Wittinge (Edelleute) Herkus Montingo und Auctumno; später der Fürst Skomand von Sudauen. Zahlreiche Prussen bleiben dem Christentum und dem Orden treu. Ein Anführer der christlichen Prussenpartei, der Witting Iboto kämpft glücklos gegen die Heiden im Samland; die Ordensritter selber unterliegen gegen Herkus Montingo in den Schlachten bei Pokarben (1261) und bei Löbau (1263). Die meisten Burgen und Städte im Inneren des Landes fallen nach verzweifeltem Widerstand der christlichen Prussen und der Ordensritter in die Hände der Heiden, die die Christen mit gnadenloser Grausamkeit zu Tode martern. Die Erstürmung der wichtigen Verbindungsstadt Elbing, die unter anderem auch von den christlichen Prussenführern Slarotin, Preiboto, Gedun und Tropo verteidigt wird, gelingt den Heiden nicht.
Das Eintreffen deutscher Hilfsheere bewirkt die Wende des Krieges. Der Orden besiegt den prussischen Fürsten Diwans von Barten bei Liebemühl.
Herkus Montingo wird von Parteigängern des Ordens in den Wäldern des Stablack überfallen und ermordet.
Heftige Kämpfe zwischen den Ordensrittern und dem Fürsten Skomand von Sudauen, der den Orden aus dem Kulmerland zu vertreiben versucht.
Fürst Skomand kapituliert, nachdem er jahrelang versucht hatte, wenigstens seinen Heimatgau gegen die in immer größerer Überzahl andrängenden Ordensheere zu verteidigen. Der deutsche Ritterorden rächt sich nicht an diesem Prussenführer, der ebenso tapfer wie ritterlich gekämpft hatte, sondern gewährt ihm Adelsrechte und verleiht ihm und seinen Nachkommen das Dorf Steegen im Kreis Preußisch-Eylau. Das Prussenland bleibt seitdem (bis 1466 bzw. bis 1525) fest in der Hand des Ordens. Die einheimischen und von den Ordensrittern keineswegs ausgerotteten Prussen - noch bis ins 17./18. Jahrhundert wird ihre Sprache in Ostpreußen gesprochen - vermischen sich allmählich mit den einwandernden Deutschen und wachsen mit ihnen im Lauf der Jahrhunderte zum Stamm der Ostpreußen zusammen.
Innerer Verfall des Ordensstaates.
Wladislaw II. Jagiello - König von Polen und Großfürst von Litauen - vernichtet das Ordensheer in der Schlacht bei Tannenberg (Grunwald), scheitert jedoch an den Mauern der von Heinrich v. Plauen aufopferungsvoll verteidigten Marienburg.
Hochmeister Heinrich von Plauen versucht durch innere Reformen (Einführung einer landständischen Verfassung) den Bestand des Ordensstaates in Preußen zu retten. Der Versuch scheitert; 1413 wird Heinrich v. Plauen von der Ordensreaktion gestürzt.
Vergebliche polnische Angriffe gegen den Ordensstaat. Die Abwehr aus Preußen wird jedoch immer mühsamer, weil sich der innere Gegensatz zwischen dem Ritterorden und den preußischen Landständen, die eine Beteiligung an der Regierung fordern, mehr und mehr verschärft.
Aufstand der Stände (Städte, Adel, Geistlichkeit) gegen den Ritterorden. Es kommt zu einem unheilvollen Bürgerkrieg, der bis 1466 das Land verwüstet.
Die Aufständischen bieten - nachdem sie vorher die Landesherrschaft vergeblich dem Hohenzollern Friedrich von Brandenburg, dem Habsburger Albrecht von Österreich, dem König Christian von Dänemark und sogar dem König von Ungarn angeboten hatten - die Krone Preußens jetzt König Kasimir IV Jagiello von Polen an und vereinbaren mit ihm in einer Verfassungsurkunde, dem sogenannten Inkorporationsprivileg, eine Personalunion zwischen dem preußischen und dem polnischen Staat. Kasimir Jagiello will den Aufständischen zu Hilfe kommen, wird jedoch am 19. September 1454 in der Schlacht bei Konitz durch den Ordensmarschall Heinrich Reuß von Plauen besiegt.

Die Marienburg an der Nogat
Der Frieden von Thorn (sog. 2. Thorner Frieden) beendet den Bürgerkrieg: Das Preußenland wird in eine westliche und in eine östliche Hälfte geteilt. Der westliche Teil Preußens - nämlich Pommerellen, das Kulmerland, das Gebiet der Städte Thorn, Elbing und Danzig, das nördliche Pomesanien und das Ermeland - wird, wie es im Inkorporationsprivileg ursprünglich für ganz Preußen vorgesehen war, ein souveräner Ständestaat, der mit Polen durch die Person des gleichen Herrschers (Personalunion) verbunden ist. Der östliche Teil Preußens, der gebietsmäßig ungefähr dem späteren Ostpreußen, allerdings noch ohne das westpreußische Ermeland, entspricht, verbleibt der Herrschaft des deutschen Ritterordens. Der polnische König erhält über dieses Restgebiet des Ordens die Lehnsoberhoheit; die Ableistung des Lehneides wird jedoch von den Hochmeistern verweigert.
Der letzte Ordenshochmeister in Preußen, Markgraf Albrecht von Brandenburg-Ansbach aus dem Hause Hohenzollern, versucht vergeblich im sog. Reutterkrieg die polnischen Lehnsansprüche abzuschütteln.

Albrecht von
Brandenburg-Ansbach
Er führt die Reformation ein – die heilige Schrift wird bei diesem Anlass auch ins Prussische übersetzt, weil vielerorts immer noch prussisch gesprochen wird und gründet 1544 in Königsberg die Albertus-Universität. Königsberg wird dadurch ein geistiger Mittelpunkt Ostpreußens.
Das Herzogtum Preußens fällt - nach dem Erlöschen der von Albrecht I. gegründeten Dynastie – an den brandenburgischen Kurfürsten Johann Siegmund als nächstberechtigten Erben.
König Gustav Adolf von Schweden besetzt die Küstenstriche Preußens, zieht jedoch 1629 ab, so dass das östliche Preußen von den Schrecken des 30jährien Krieges verschont bleibt.
Das östliche Preußen unter der Regierungezeit des großen Kurfürsten. Diesem gelingt es während eines schwedisch polnischen Krieges, die Lehnsoberhoheit fremder Mächte über Ostpreußen abzuschütteln: 1656 greift der schwedische König Karl X. Polen an, zwingt den Großen Kurfürsten zum Abschluss eines Bündnisses und zur Anerkennung einer schwedischen Lehnsoberhoheit über das östliche Preußen. In der Schlacht von Warschau (28. - 30. Juli 1656) siegen die vereinigten Truppen Schwedens und Ostpreußen-Brandenburgs über ein dreifach überlegenes polnisches Ritterheer. Um sich den Beistand des Großen Kurfürsten weiter zu sichern, verzichtet Schweden im Vertrag von Labiau auf die Lehnsoberhoheit. 1657 wendet sich der geschickt zwischen den Parteien lavierende Kurfürst wieder dem polnischen König zu und erreicht dafür im Vertrag von Wehlau auch von Polen den Verzicht auf die Lehnshoheit. Im Frieden von Oliva (3. Mai 1660) wird die Unabhängigkeit, des (ost-)preußischen Herzogtums international anerkannt.
Das Herzogtum Preußen wird Königreich. Am 18. Januar 1701 wird der Sohn des Großen Kurfürsten in Königsberg als Friedrich I. zum ersten König gekrönt; bis 1918 bleibt Königsberg die Krönungsstadt der preußischen Könige.
König Friedrich Wilhelm I. siedelt rd. 20.000 Glaubensflüchtlinge aus Salzburg in Ostpreußen an. Im gleichen Jahr gründet er das Gestüt in Trakehnen.

Friedrich der Große
Preußen wird wiedervereinigt. (1656 wollte bereits Karl X. von Schweden dem Großen Kurfürsten das westliche Preußen überlassen; dem Sohn des Großen Kurfürsten, König Friedrich I. bot Karl XII. den Erwerb des westlichen Teils Preußens an; Dem preußischen Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I legte die russische Kaiserin die Besetzung Westpreußens nahe - aber die brandenburgisch-ostpreußischen Herrscher lehnten jedes Mal ab. 1732 fanden bereits Verhandlungen zwischen Preußen und dem polnischen König August II. über eine Abtretung des westlichen Teiles Preußens an Brandenburg-Preußen statt; Friedrich dem Großen wurde nach seiner Thronbesteigung von England, 1769 von Frankreich und 1771 von Russland die Inbesitznahme und Wiedervereinigung ganz Preußens angeboten!)
Anlässlich der Teilung Polens unter Russland, Österreich und Preußen erhält Friedrich der Große das bislang immer noch mit Polen in Personalunion verbunden gewesene westliche Teilstück Preußens.
Friedrich der Große legt durch königliche Kabinettorder die Grenzen zwischen dem östlichen und dem westlichen Preußen neu fest, Riesenburg und Deutsch-Eylau fallen an das westliche, das Ermeland an das östliche Preußen Die beiden Teile Preußens führen seitdem auch offiziell die Namen West- bzw. Ostpreußen.

Kaisers Napoleon
Der Tilsiter Frieden (9. Juli 1807) drückt Preußen fast zu einem Vasallenstaat Frankreichs herab. Die Abtretung Ostpreußens an Russland sowie diejenige Westpreußens an Polen lehnt Napoleon jedoch ab.
Die ostpreußischen Stände - Bürger, Bauern und Adel - erheben sich einmütig gegen das napoleonische Joch und geben damit für ganz Deutschland das Signal zum Beginn der Befreiungskriege.
Ostpreußen nimmt, wie alle Teile Deutschlands, an den Wahlen zur Deutschen Nationalversammlung in Frankfurt teil.

Königsberger Schloss
Ostpreußen wird als preußische Provinz ein Teil des erneuerten Deutschen Reiches.
Der I. Weltkrieg. Russische Truppen versuchen im August 1914 die Eroberung Ostpreußens. Hindenburg siegt über die russischen Heerführer Samsonow (Schlacht bei Tannenberg, 23. - 31. August 1914) und Rennenkampf (Winterschlacht in Masuren, 4. - 22. Februar 1915) und kämpft Ostpreußen frei.
Die Friedensverhandlungen in Versailles. Der polnische Politiker Roman Dmowski fordert, gestützt auf gefälschte Volkstumskarten, die Abtretung Westpreußens an Polen und die Lostrennung Ostpreußens von Deutschland.
Das Friedensdiktat
von Versailles tritt am 10. Januar in Kraft: Der zu 63 % von Deutschen bevölkerte Netzbezirk, das größte, zu 58% von Deutschen bevölkerte Mittelstück Westpreußens und das zu 81 % von Deutschen und Masuren bevölkerte ostpreußisch Gebiet von Soldau werden ohne Beachtung der Bitten und Kundgebungen der Bevölkerung vom Deutschen Reich losgerissen; der dadurch entstehende sog. polnische Korridor zur Ostsee trennt Ostpreußens Landverbindung zum übrigen Deutschland, Eine Volksabstimmung wird weder in den Netzgebieten noch in Westpreußen noch im Soldauer Gebiet zugelassen. Ostpreußen muss außerdem das Memelland, das von französischen Truppen besetzt wird an den Völkerbund abtreten. Auch hier wird eine Volksabstimmung - trotz ständiger Bitten, Telegramme und Denkschriften nicht zugelassen, vielmehr schließlich erklärt, dass ein weiteres Eintreten für die Wiedervereinigung mit Deutschland als Hochverrat
betrachtet werden würde.
Lediglich einige östliche Restkreise Westpreußens und das südliche Ostpreußen (Masuren) dürfen am 11. Juli 1920 in einer Volksabstimmung frei über die Frage entscheiden, ob der Anschluss an Polen oder der Verbleib bei Deutschland gewünscht werde. Die Volksabstimmung wird zu einem überwältigenden Treuebekenntnis: in dem östlichen Restgebiet Westpreußens erklären sich 92 % der Abstimmenden, in Masuren sogar 98 % für den Verbleib bei Deutschland.
Litauische Freischaren dringen ins Memelgebiet ein und drängen die französischen Truppen aus dem Lande. Am 19. Januar zwingt der litauische Oberst Budrys den letzten französischen Gouverneur des Memellandes, Petisné, in Memel zur Kapitulation.
Litauen gibt am 23. März das Memelland an Deutschland zurück.

Königsberger Schloss
zerstört 1945
Insgesamt verlieren nach dem Zweiten Weltkrieg 12 bis 14 Millionen Menschen ihre Heimat durch Flucht und Vertreibung.