Bi Nacht
Dat is nu all lang her as wi noch ne richtige Familie weem: Min Mann, ick un uns beiden Kinner, een Mäken un een Jung. Ick as Modder wär bi de Erziehung för de Kultur tostennig. De Söhn holl dor nich so veel vun, aber de Deern güng gern af un an mit mi int Theoter. Eenmol wär dat een langes Stück un bannig laat ut, man as wi no Hus föhrt seggt de Dochter, dat se noch Vokabeln mit mi öben mut, wieldat se den nächsten Dag een Engelsch-Arbeit in de School schrieven wullt.
To Hus ankamen wärt mucksmusenstill överall un wi slichen uns ganz liesen in de Wohnstuv. Se hool ehr Böker her un nu schull dat lernen lotgohn. Doch irgendwat raschel dor ganz merkwürdig un mit eens kriesch de Deern los, jump op den Sessel un sett sik op de Lehne, dat se meist kopeister no hinten kippt. Ick hev denn ok een Schreck kregen un säh grod noch, as een lurlütte Feldmus lang de Larmperien peest un versöch de Schwelle no buten to öberwinnen um in Gorden so verswinnen. Se schafft dat aber partout nich un wi kunnen ehr nich helpen, denn se harr vor uns jo noch mehr Angst as wi vor ehr. Wi schriet nu beide um de Wett no unsern Vadder, un de keern denn ok ganz verdattert mittn ut'n Sloop in de Stuv un wunnerwark wat passeert weer. He kreeg dat denn ok schnell spitz mit de Mus un harr dor glieks ne Idee. He kramt sin Luftgewehr ut'n Schapp un versöch, sik in Positschon to leggen. Ganz langsam kriech he op den Footboden un genauso langsam güng sin Pyjamabüx no ünnen. Dat säh grod so ut, as wenn de Mand opgeiht. Nu kreeg wi beiden Froonslüd dat lachen, denn dat säh jo bannig putzig ut. Min Mann kümmer sik gor nich dorum, he harr sine leeve Möh, de Mus int Visier to kreegen. Vorher hett he sik ut Papier een lütten Fidibus mokt un in den Lauf steckt, dormit dat nich son Larm geev. Un PENG
- do harr he ehr dropen; een lütten Blootspritzer hangt an de Tapete un de Mus leeg bewegungslos op den Boden.
Statt dat wi nu all tofreden weern fung uns Deern an to plarrn un de blanken Drahnen kullern ehr öbert Gesicht. Ehr dä de arme Mus so leed un se harr jo nich dacht, dat se glieks doot bleev. Ick kumm mi ganz slecht un hartlos vör, wieldat ick doröber froh wär, dat de Zirkus nu vorbi un ick endlich to Bett kunn. Min Mann verswinn trüch in de Slaapkammer, man ick meen von em son lieset Gemurmel wie Weiber
to höörn, aber ick kann mi natürlich ok irren.
An annern Dag frog min Nohbersch mi, wat wi denn de letzte Nacht so orig fiert hebbt, dat Juchzen funn jo keen Enn. Dor hebb ick ehr vun de beiden Theoterstücken verteilt, dat eene, wo wi tokeeken un dat annere, wat wi belevt harrn.
In der Nacht
Es ist nun schon sehr lange her, als wir noch eine richtige Familie waren; mein Mann, ich und unsere beiden Kinder, ein Mädchen und ein Junge. Ich als Mutter war bei der Erziehung für die Kultur zuständig. Der Sohn hielt nicht viel davon, aber unsere Tochter ging gern ab und zu mit mir ins Theater. Einmal sehen wir ein langes Stück, das sehr spät zu Ende war. Als wir nach Hause fahren sagt meine Tochter, dass sie noch Vokabeln üben muss, weil sie am nächsten Tag eine Englisch-Arbeit in der Schule schreiben wollen.
Zu Hause angekommen ist es mucksmäuschenstill überall und wir schleichen ganz leise ins Wohnzimmer. Sie holt die Bücher und jetzt kann das Lernen losgehen. Doch irgendwas raschelt da ganz merkwürdig und mit einem Mal kreischt die Tochter los, springt auf den Sessel und setzt sich auf die Lehne, dass sie fast koppheister nach hinten kippt. Ich habe auch einen Schreck gekriegt und sehe gerade noch, wie eine kleine Feldmaus entlang der Lamperie flitzt, die Schwelle zu überwinden versucht, um im Garten zu verschwinden. Sie schafft das aber partout nicht und wir können ihr nicht helfen, denn sie hat vor uns noch mehr Angst als wir vor ihr. So rufen wir nun um die Wette nach unserem Vater, und der kommt auch ganz verwirrt mitten aus dem Schlaf gerissen in die Stube und fragt verwundert, was passiert ist. Er begreift das mit der Maus schnell und hat auch gleich eine Idee. Er holt das Luftgewehr aus dem Schrank und versucht, sich damit in Schussposition zu bringen. Ganz langsam kriecht er auf dem Fußboden und ebenso langsam rutscht seine Pyjamahose nach unten. Das sieht gerade so aus, als ob der Mond aufgeht. Jetzt fangen wir beiden Frauen an zu lachen, denn das sieht unglaublich drollig aus. Mein Mann kümmert sich aber gar nicht darum, er hat seine liebe Mühe, die Maus ins Visier zu kriegen. Vorher hat er sich aus Papier noch einen kleinen Fidibus gedreht und in den Lauf gesteckt, damit es nicht so einen Lärm gibt. Und Peng
, da hat er sie getroffen, ein kleiner Blutspritzer hängt an der Tapete und die Maus liegt bewegungslos auf dem Boden.
Statt dass wir nun zufrieden sind, fängt unser Mädchen jetzt an zu weinen und die blanken Tränen kullern ihr über das Gesicht. Ihr tut die arme Maus so leid, sie hätte ja nicht gedacht, dass sie gleich stirbt. Ich komme mir schlecht und herzlos vor, weil ich darüber froh bin, dass der Zirkus jetzt vorbei ist und ich endlich ins Bett kann. Mein Man verschwindet zurück in das Schlafzimmer, ich meine von ihm noch so ein leises Gemurmel wie Weiber
zu hören, aber ich kann mich natürlich auch getäuscht haben.
Am nächsten Tag fragt meine Nachbarin mich, was wir denn in der letzten Nacht so tüchtig gefeiert haben, das Jauchzen fand ja kein Ende. Da habe ich ihr von den beiden Theaterstücken erzählt, das eine, wo wir zuschauen durften und das andere, das wir erlebt haben.