Corona-Chronik, Mai 2023
Die Chronik der Pandemie im Spiegel der gesammelten Pressemeldungen.
Entscheidung der WHO : Endlich vorbei!
Der globale Corona-Notstand ist nun offiziell aufgehoben. Aber die Probleme, welche die Pandemie in Deutschland erst richtig schlimm gemacht haben, bestehen weiterhin. Auf Handys, Nachrichten-Websites und Fernsehschirmen auf der ganzen Welt blitzte die Eilmeldung auf: Die Weltgesundheitsorganisation hebt den internationalen Gesundheitsnotstand für Covid-19 auf. In Genf hat der WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus die höchste Alarmstufe beendet. Er betonte zwar, dass Sars-CoV-2 nicht besiegt sei. Das Virus zirkuliert weiterhin und niemand kann ausschließen, dass gefährlichere Varianten entstehen, die dem mühsam durch Impfungen und durchgemachte Infektionen aufgebauten Immunschutz entkommen. Dennoch klingt diese Botschaft nach: Es ist vorbei! Das könnte für Begeisterungstürme sorgen, für Auto-Corsos und Freedom-Partys. Theoretisch.
Doch bei den meisten löst die Nachricht wohl nicht mehr aus als ein Schulterzucken. Denn für viele bestätigt die Weltgesundheitsorganisation nur, was in ihren Köpfen schon längst feststeht. Schaut man sich heute in Deutschland um, könnte man meinen, die Pandemie hätte es nie gegeben: In Museen drängen sich die Menschen, man umarmt sorglos Freunde, Masken hat man keine mehr in der Tasche.
Vieles davon ist schön, doch neben der berechtigten Sorglosigkeit ist eine neue kollektive Aversion entstanden. Während die Menschen zunächst, nachdem die WHO am 30. Januar 2020 den Gesundheitsnotstand ausgerufen hatte, noch gierig und unablässig die Corona-Nachrichten aufsaugten, sind sie heute übersättigt. Viele wollen am liebsten gar nichts mehr wissen von Sars-CoV-2. Wer ist heute noch ehrlich motiviert, darüber zu diskutieren, was in der Corona-Zeit gut und schlecht lief? Oder über die Gefahren kommender Pandemien?
Das ist höchst gefährlich, denn an vielen Problemen im Gesundheitssystem, welche die Corona-Pandemie zu einer solchen Katastrophe gemacht haben, hat sich wenig geändert. Haben wir dafür gesorgt, dass das Gesundheitssystem in Zukunft nicht mehr so schnell überlastet? Wurde eine überzeugende Strategie entwickelt, wie sich die 500.000 Pflegekräfte finden lassen, die in deutschen Krankenhäusern und Pflegeheimen bis 2030 gemäß Berechnungen der Bertelsmann Stiftung in Deutschland fehlen werden? Sind wir weniger abhängig von Ländern wie China, wenn es um lebenswichtige Medikamente, Masken oder Schutzkleidung geht? Sind Schulen künftig fit für Online-Unterricht?
Weltweit wurden während der Pandemie 6,9 Millionen Todesfälle gemeldet, allein in Deutschland starben mehr als 170.000 Menschen. Die allermeisten waren älter als 60 Jahre, viele von ihnen starben einsam und alleine, ohne ihre nächsten Familienmitglieder sehen zu dürfen. Viele Schulkinder haben Angehörige verloren – und dazu den Anschluss ans Lernen. Damit das alles nicht umsonst war, sollten wir den Pandemie-Problemen trotz allem weiter Aufmerksamkeit schenken. Auch, wenn die globale Gesundheitsnotlage nun offiziell eines ist: vorbei! FAZ.NET
Warnfunktion abgestellt - Wie erfolgreich war die Corona-App?
Masken sieht man seit Langem nur noch vereinzelt - nun steht auch das Teil-Ende der Warn-App an: Sie hat heute ihre wichtigste Funktion verloren. Überflüssig sei sie aber nicht, sagt der Gesundheitsminister.
16. Juni 2020 - das erste Pandemiejahr. Es gab noch keine Impfung, aber dafür nun eine App, in die die Bundesregierung damals große Hoffnungen setzte: Die Corona-Warn-App ist ein wichtiger Helfer, wenn es darum geht, Infektionsketten zu erkennen und zu unterbrechen
, sagte die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Und der der damalige Kanzleramtschef Helge Braun fügte hinzu, das ist nicht die erste Corona-App, die weltweit vorgestellt wird, aber ich bin ziemlich überzeugt davon, es ist die beste.
Jetzt sind knapp drei Jahre vergangen, die Corona-Maßnahmen sind ausgelaufen, und nun ist die wichtigste Funktion der App abgestellt: die Warnungen, wenn man Kontakt zu einem Corona-Infizierten hatte.
App weiter als digitaler Impfpass nutzbar
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach von der SPD erklärt, warum: Das macht keinen Sinn bei der geringen Inzidenz, die wir zur Zeit haben.
Außerdem gebe es eine hohe Bevölkerungsimmunität, so dass die Krankheit nicht mehr so schwer verlaufe.
Zum 1. Juni tritt die Corona-Warn-App dann in den Schlafmodus. Das bedeutet, dass sie nicht mehr aktualisiert wird und außerdem aus den App-Stores von Google und Apple verschwindet. Man kann sie aber auf dem Handy behalten, wenn man zum Beispiel seine Impfzertifikate dort gespeichert hat und die weiter nutzen möchte. Auch das Kontakttagebuch bleibt erhalten.
Und Lauterbach findet es noch aus anderen Gründen wichtig, die App nicht zu löschen. Es kann sehr gut sein, dass wir sie für Covid wieder nutzen müssen. Es kann aber auch sein, dass wir sie weiterentwickeln für andere Infektionskrankheiten.
Daran werde gerade intensiv gearbeitet. Lauterbachs Appell: Nicht löschen - das Erfolgskonzept gehe weiter.
Wirkung ist umstritten
Den Erfolg beziffert sein Ministerium so: Insgesamt ist sie 48 Millionen Mal runtergeladen worden. Allerdings lässt sich nicht sagen, wie viele Menschen die App auch aktiv genutzt haben. Zumindest ist keine genaue Statistik möglich, weil die Informationen aus Datenschutzgründen nur lokal auf dem Handy gespeichert sind.
Auch deswegen sieht der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann den Erfolg der App eher kritisch. Für den Einzelnen gut, aber gesamtgesellschaftlich müssen wir noch auswerten, inwieweit diese App tatsächlich geholfen hat. Ich behaupte mal, dass es nicht kriegsentscheidend war - diese App in dieser Pandemie.
Er fordert deswegen eine Evaluierung der App durch das Bundesgesundheitsministerium.
App war teurer als geplant
Was es schon gibt, sind Studien und Schätzungen des Corona-Warn-App-Teams, die unter anderem auf freiwilligen Datenspenden basieren. Demnach gab es im letzten Jahr mindestens 25 Millionen aktive Nutzer. Im Frühjahr 2022, als es hohe Infektionszahlen gab, gingen die Wissenschaftler davon aus, dass circa 17 Prozent aller positiven Corona-Testergebnisse in Deutschland in der Corona-Warn-App geteilt wurden.
Gekostet hat sie 220 Millionen Euro - deutlich mehr als veranschlagt. Von Dörthe Nath, ARD-Hauptstadtstudio Berlin