Hartpuckern
Dat wär in de sößtiger Johrn int letzte Johrhunnert, dor wärn wi - min Mann un ik - von min Onkel no Amerika inlodt, un dat wär schon wat Besünneres. To de Tied gift dat noch nich son Tourismus no dröben als hüt, denn domols möt wi veer Mark un twinntig för een Dollar betoln un dat kunnen nur Geschäftslüd toweeg bringen oder eben wenn man inlodt wär.
Son langen Floog makt uns schon een beten Hartpuckern, man dat käm veel slimmer as wi dat dacht harrn. Uns Fleeger güng ersmol no New York un dor mussen wi op een annern Flooghoben umstiegen, man de harr Verspätung un wi kreegen den Ansluss nich mehr. De Flooggesellschap besorg uns een Hotel in de Nähe vun LA GUARDIA. An nächsten Dag bannig fröh bring uns een Taxi to unsern Flugplatz. Unsre Bagasch smit de Taxifohrer rut un dampf ab to een annern Flugplatz. Eh wi uns recht besinnen, wär de eene Reisetasch nich mit dorbi. Un de wär das Wichtigste vun allem, denn dor wär de ganze Fotoausrüstung vun mien Mann und de ganzen Papiern - ok för de Rückfohrt - in. Dat wär denn keen Hartpuckern mehr, sonnern dat Hart wär uns ganz woanners hinrutscht. Ik harr all mien Engelschkenntnisse vergeten un snack mit de Lüd in dütsch. De dachen seker ik wär'n beten tüdelig, man dat wär ik in diesen Momang wohl ok. Wi beiden föhrt nu mit een annern Taxi trüch in dat Hotel un dor schulln wi nu seggen, welkeen Fohrer uns denn fohrt hebt. Dor stünnen nun so Stücka söben swatte Mannslüd in Uniform. Wir wärn in Hamburg jo noch nich so an Farbige wennt un dorum sähn för uns all gliek ut. Een Mann wär aber noch ünnerwegens un wi schullen op den noch töben. In de Twischentied fört wi noch mol ton Flughoben um to frogen, ob viellicht uns Tasch funn un afgeben wär. Man nix! Wi also wedder trüch int Hotel mit'n Taxi. To foot käm nich in de Tüt, wiel dat dor gor keen Footgängerweg geben hett.
De Hotelier bekäm allmählich Mitleid mit us un bröch uns ersmol een Fröhstück. Eeten kunn ik gor nix, ik wär veel to opgeregt, man Dost harr ik unendlich. Dann käm de letzte Fohrer, den wir noch nich sehn hefft un he meen als erstes, dat he de ganze Kledasch ut sin Wogen rutsmeeten hett, wull aber geern noch mol an de Stelle nokiken. He also wedder ton Flugplatz - un dat wärn de spannendsten Minuten vun de ganze Tied. No endlose 45 Minuten käm he trüch - mit use Tasch in de Hand. Wi kunnen dat gor nich glöben. Över twee Stünnen stunn dat goode Stück op den groten Flugplatz in New York einsam un verloten un uns Fohrer hett se wedderfunnen. Allens wär noch drin bit op twee Buddeln Whisky, de wi in Duty Freeschop för mien Onkal kööft harrn - hett wohl'n dostige Seel utdrunken. Wär uns aber ganz egol, wi harrn use Tasch wedder un dat wär de Hauptsook. Dat Hartpucken wär likers noch dor, man een lütt beeten lieser.
Wenn ik hüt dor an denken do, denn hev ik miene Twiefel: Wär das nur een echtet Wunner oder harr dor jemand an dreiht. Un dat Hartpuckern kummt ganz sachten wedder hoch.
Herzklopfen
Es war in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, als wir – mein Mann und ich – von meinem Onkel nach Amerika eingeladen wurden, und das war schon etwas Besonderes. Zu der Zeit gab es noch nicht so einen Tourismus nach drüben, denn damals mussten wir vier Mark zwanzig für einen Dollar bezahlen und das konnten sich nur Geschäftsleute leisten, oder eben, wenn man eingeladen war.
Der lange Flug machte uns schon ein bisschen Herzklopfen, aber es kam viel schlimmer, als wir dachten. Unser Flieger ging erst mal nach New York und dort mussten wir auf einen anderen Flughafen umsteigen, aber wegen der Verspätung kriegten wir unseren Anschluss nicht mehr. Die Fluggesellschaft besorgte uns ein Hotel in der Nähe des LaGuardia-Airport. Sehr früh am nächsten Morgen bringt uns ein Taxi zum Flugplatz. Der Taxifahrer wirft unser Gepäck raus und dampft ab zu einem anderen Flugplatz. Als wir zur Besinnung kommen, fehlt eine Reisetasche. Und die war die Wichtigste von allen, denn darin waren die Fotoausrüstung meines Mannes und unsere Papiere – auch die für Rückfahrt. Jetzt hatten wir kein Herzklopfen mehr, das Herz war ganz woanders hin gerutscht. Ich hatte all meine Englischkenntnisse vergessen und spreche die Leute auf Deutsch an. Die dachten wohl, ich wäre ein bisschen verrückt und das war ich in diesem Moment wohl auch. Wir fahren nun mit einem anderen Taxi zurück in das Hotel und wollen dort fragen, welcher Fahrer uns gefahren hat. Dort standen sieben dunkelhäutige Männer in Uniform. Wir waren aus Hamburg ja noch nicht so an Schwarze gewöhnt und darum sahen die für uns alle gleich aus. Einer war aber noch unterwegs und wir sollten doch auf ihn warten. In der Zwischenzeit fahren wir nochmal zum Flughafen, um zu fragen, ob die Tasche gefunden und abgegeben wurde. Aber nichts! Wir also mit dem Taxi wieder zurück zum Hotel. Zu Fuß kam nicht infrage, weil es dort gar keinen Fußgängerweg gab.
Der Hotelier bekam allmählich Mitleid mit uns und brachte uns erst einmal ein Frühstück. Essen konnte ich gar nichts, ich bin viel zu aufgeregt, aber Durst habe ich unendlich. Dann kommt der letzte Fahrer, den wir noch nicht gesehen hatten und er Erstes, dass er das ganze Gepäck aus seinem Wagen geladen hat, er will aber sofort und auf der Stelle noch einmal nachschauen. Er also wieder zum Flugplatz. Das waren die spannendsten Minuten der ganzen Zeit. Nach endlosen 45 Minuten kommt er mit unserer Tasche in der Hand zurück. Wir können es kaum glauben. Über zwei Stunden stand das gute Stück einsam und verlassen auf dem großen Flughafen in New York und unser Fahrer hat es wiedergefunden. Alles war noch darin, bis auf zwei Flaschen Whiskey, die wir im Duty-free-Shop für meinen Onkel gekauft hatten – die hat wohl eine durstige Seele ausgetrunken. Aber das war uns jetzt egal, wir hatten die Tasche wieder und das war die Hauptsache. Das Herzklopfen war immer noch da, aber ein klein bisschen leiser. Wenn ich heute daran denke, habe ich meine Zweifel; war das nun ein echtes Wunder oder hat da einer was gedreht? Und das Herzklopfen fängt ganz sachte wieder an.