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Kairo 1961-1966 Kapitel 5

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  1. Auf nach Kairo
  2. Land und Leute
  3. Das Schülerheim
  4. Der Tagesablauf im Schülerheim
  5. Die DEO in Kairo
  6. Freizeit in Kairo
  7. Mein erstes Jahr im Schülerheim
  8. Mein erstes Schuljahr auf der DEO
  9. Neuer Wind im Schülerheim
  10. Klasse 11m mit Ehrenrunde
  11. Meine letzten Heimjahre
  12. Klassenfahrt nach Oberägypten
  13. Letztes Schuljahr und Abitur
Die Gebäude der DEO in ZamaleDie Gebäude der DEO in Zamalek 1965 – Foto: DEO 125-Jahr-Buch Mein Schulweg vom Schülerheim zur DEOMein Schulweg vom Schülerheim zur DEO (Basis OSM) © OpenStreetMap

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Kairo 1961-1966,
Kapitel 5
Die Deutsche Evangelische Oberschule

Die Deutsche Evangelische Oberschule in Kairo wurde 1873 gegründet. Zu meiner Zeit in den 1960er Jahren lag die Schule im Stadtteil Zamalek auf der Nil-Insel Gezira und hatte die Postanschrift 2, Sharia Mansur Muhammad, Cairo-Zamalek. Auf dem Schulgelände standen zwei alte Villen, zwei Neubautrakte und eine Garage. Die Hauptvilla war ein stattliches Gebäude mit einer Freitreppe. In ihr residierte die Schulleitung. In der zweiten nicht so prächtigen Villa (im Bild hinter den Bäumen) saß die Schulverwaltung. Außerdem war dort, wenn ich mich recht erinnere, auch der zur Schule gehörende Kindergarten untergebracht. Die beiden Neubauten hinter der Hauptvilla waren reine Zweckbauten für Klassenräume. Einer stand quer und hatte drei Stockwerke, der andere zur Verwaltungsvilla hin war vierstöckig. Dann gab es noch die Garage direkt an der Straße vor der Verwaltungsvilla.

Die DEO war damals die einzige ausländische Privatschule, die noch nicht nationalisiert worden war (und bis heute nicht ist). Warum wurde mit der deutschen Schule eine Ausnahme gemacht? Ich vermute, aus zwei Gründen: Präsident Nasser hatte in den fünfziger Jahren viele deutsche und österreichische Ingenieure ins Land geholt, zum Teil alte Nazis, die für Ägypten Kampfflugzeuge und Mittelstreckenraketen bauen sollten. Damit wollte Nasser seine Vormachtstellung im Nahen Osten sichern. 1962 waren 150 deutsche SpezialistenDie Affäre um deutsche Raketenexperten in Ägypten war eine politische internationale Auseinandersetzung im Zeitraum zwischen 1962 und 1965, in erster Linie zwischen den Staaten Ägypten, Deutschland und Israel.Lesen Sie auch den Artikel der Wikipedia[1] im Land, 1964 sogar über 300. Diese Techniker hatten ihre Familien mitgebracht, und die Kinder gingen auf die DEO. Möglicherweise hätten die deutschen Facharbeiter und Ingenieure das Land verlassen, wenn für ihre Kinder keine Schulmöglichkeit vorhanden gewesen wäre.

Der zweite Grund war der gute Ruf der Schule. Viele Eltern der ägyptischen Oberschicht, in deren Familien damals Französisch oder Englisch gesprochen wurde, gaben ihre Kinder bereits in den Kindergarten der Schule, damit sie Deutsch lernten und dann die Schule besuchen konnten. Es gab dort alle Klassen, vom Kindergarten bis zum vollwertigen, in Deutschland anerkannten Abitur, vier Grundschuljahre, Realschulzweig und Oberschule nach dem deutschen Schulsystem. Damals besuchten weit über 800 Kinder die DEO, davon etwa 300 Deutsche, 50 andere Europäer, meist Österreicher, und 450 Ägypter. Die meisten deutschen Kinder kamen aus den Familien der Flugzeugbauer. Dann gab es Kinder von Vertretern deutscher Industrie- und Handelskonzerne, der Botschaftsangehörigen und der deutschen Lehrer und auch Kinder binationaler Ehen.

Etwa 40 Lehrer waren Deutsche, und für den arabischen Unterricht der ägyptischen Kinder waren 20 arabische Lehrer angestellt. Der stellvertretende Direktor war Ägypter.

Neben diesen Lehrern gab es noch eine Englisch-Lehrerin, der hier ein eigener Absatz gewidmet sein soll. Sie war Engländerin und hieß Miss Moneypenny (wirklich!). Sie wurde wohl als Native Speaker eingestellt. Ich hatte nie das zweifelhafte Vergnügen, aber sie unterrichtete meinen Bruder und meine heutige Schwägerin, die in einer Klasse waren. Nach meiner Erinnerung hatte sie die 60 längst überschritten, vermutlich war sie weitaus älter. Als Missionarstochter war sie nach Ägypten gekommen und als Strandgut der britischen Kolonialzeit hängen geblieben. Zu den Schülern war sie sehr nett und freundlich. Während sie mit einem sprach, bohrte sie einem gern ihren spindellangen dürren Zeigefinger in den Brustkorb. Größten Wert legte sie im Unterricht darauf, englische expressions zu vermitteln. Ihre Schüler mussten ein Expressions-Heft führen. In Aufsätzen war es äußerst wichtig, diese expressions einzubauen. Je mehr davon, desto besser die Note. Da aber kein Schüler diese expressions wirklich beherrschte, hatte jeder das Heft unter dem Pult, um reinzuschielen, wenn sie abgefragt wurden. Alle anderen Lehrer wussten das, hielten aber dicht, um ihr die Illusion zu lassen. Aber eines Tages erwischte sie doch eine Schülerin, die heute – Ironie des Schicksals ‒ Simultandolmetscherin bei der EU ist. Ihr Kommentar war Et tu Brute!Dies ist ein Zitat aus William Shakespeares Julius Cäsar. Shakespeare legt Caesar diesen Ausruf auf Latein in den Mund, als er seinen Ziehsohn Brutus unter seinen Mördern wahrnahm.(siehe auch Wikipedia.org/wiki/Liste_lateinischer_Phrasen/E#Et_tu.2C_Brute)[2] und ihr Glaube an ihre Schüler brach zusammen.

Mein Schulweg dauerte genau zwölf Minuten und der Unterricht begann um 7.50 Uhr, sodass wir das Schülerheim um 7.30 Uhr verlassen mussten. Der Weg führte durch verkehrsruhige Straßen, die mit Eukalyptusbäumen und Akazien gesäumt waren, links und rechts sechs- bis achtstöckige Wohnhäuser mit riesigen Komfortwohnungen. Dann mussten wir noch die Fuad überqueren. Das war die Hauptstraße Sharia Fuad el-Auwal, benannt nach König Fuad I. Heute heißt sie 26th July StreetDie Hauptstraße wurde benannt nach dem Tag der Verstaatlichung des Sueskanals am 26. Juli 1956, zwölf Jahre vor Ablauf der Konzession für die Kanalgesellschaft. Die Verstaatlichung führte zur Sueskrise.(siehe auch: Wikipedia.org/wiki/Sueskrise)[3]. Von dort konnten wir schon die Schulbusse sehen, die sich vor der Schule stauten. Die Schule verfügte damals über ein Dutzend Schulbusse, mit denen die Schüler aus den entlegensten Vororten herangekarrt wurden. Je nachdem, wie viele Schüler aus einem Viertel kamen, wurden kleine VW-Busse, in der Mehrzahl aber große Mercedes-Benz-Busse eingesetzt. Alle waren in dunkelgrün-hellgrün-beige gehalten und mit dem Schriftzug der Schule versehen.

Die arabischen Schüler mussten vor dem Unterricht auf dem Schulhof zum Appell antreten und das Loblied Naser ya habibi kullo (Nasser, du Liebling aller) auf den großen Führer singen. Ich war froh, dass mir das erspart blieb.

Freitag und Sonntag waren unterrichtsfrei, der Sonnabend war Schultag. Da der Freitag frei war, die deutschen Lehrpläne aber eingehalten werden mussten, hatten die Großen sieben Schulstunden, die bis 15 Uhr dauerten. Für die Kleinen war um 13.00 Uhr Schulschluss. Im Monat Ramadan fing die Schule erst eine Stunde später an und die Schulstunden dauerten nur 30 statt 45 Minuten. Für die Oberstufe wurde dadurch ein Ausgleich geschaffen, dass mehrstündige Klassenarbeiten auf den zweiten und vierten Freitag im Monat angesetzt wurden. Das war mit dem für die DEO zuständigen Vertreter der Kultusministerkonferenz der Länder der Bundesrepublik Deutschland abgesprochen. Und die Ägyptische Behörde hatte sicherlich auch zugestimmt, denn sonst wäre das nicht möglich gewesen. Damals war in der Oberstufe noch ein recht geringer Prozentsatz an ägyptischen Schülern.

Während unserer Schulzeit in Kairo flogen mein Bruder Thomas und ich dreimal im Jahr nach Hause zu unseren Eltern in Jerusalem. In den drei Monate langen Sommerferien (Mitte Juni bis Mitte September) waren wir zu Hause, außerdem in den Weihnachtsferien und einmal im Frühjahr, denn dann gab es zwei kleine Ferienblöcke, die Oster- und die Bayramferien. Das Bayram-Fest wanderte während unserer Kairoer Zeit wegen des kürzeren islamischen Mondjahres in unserem Kalender rückwärts vom März bis zum Januar. Um die kurzen Ferien gab es immer ein Geschacher zwischen den Eltern der Heimkinder und dem Direktor, ob wir früher fliegen oder ein oder zwei Brückentage länger zu Hause bleiben durften.

[1] Die Affäre um deutsche Raketenexperten in Ägypten war eine politische internationale Auseinandersetzung im Zeitraum zwischen 1962 und 1965, in erster Linie zwischen den Staaten Ägypten, Deutschland und Israel. Es ging darum, dass (u. a.) deutsche Staatsbürger an Rüstungsprojekten in Ägypten mitarbeiteten. Deutsche Experten waren, neben dem Flugzeugbau, an der Entwicklung von Kurzstreckenraketen beteiligt, von denen sich der Staat Israel direkt bedroht fühlte. Diese Vorgänge belasteten das Verhältnis der beiden Staaten Bundesrepublik Deutschland und Israel, die sich zu diesem Zeitpunkt aufeinander zubewegten. Besonders brisant war die Tatsache, dass einzelne der Experten bereits während der Zeit des Nationalsozialismus am deutschen Raketenbau beteiligt waren. Das Thema fand in beiden Ländern, aber vor allem in Israel, große Öffentlichkeit und wurde kontrovers diskutiert. Die Bundesregierung versuchte schließlich unterschiedliche Maßnahmen zu unternehmen, um das Problem zu beseitigen. Bis zum Jahre 1965 hin, als die Bundesrepublik und Israel erstmals diplomatische Beziehungen aufnahmen, hatte die Angelegenheit jedoch immer stärker an Bedeutung verloren, da die deutschen Experten sich sukzessive aus Ägypten zurückzogen.
[2] Dies ist ein Zitat aus William Shakespeares Julius Cäsar. Shakespeare legt Caesar diesen Ausruf auf Latein in den Mund, als er seinen Ziehsohn Brutus unter seinen Mördern wahrnahm.
[3] Die Hauptstraße wurde benannt nach dem Tag der Verstaatlichung des Sueskanals am 26. Juli 1956, zwölf Jahre vor Ablauf der Konzession für die Kanalgesellschaft. Die Verstaatlichung führte zur Sueskrise.


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  • Autor: Michael Malsch, November 2015
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