Corona-Chronik, Dezember 2020
Die Chronik dieser Pandemie hier zum Nachlesen in gesammelten Pressemeldungen.
RKI meldet 32.552 Neuinfektionen
Die deutschen Gesundheitsämter haben dem Robert Koch-Institut (RKI) 32.552 Corona-Neuinfektionen binnen 24 Stunden gemeldet. Außerdem wurden 964 neue Todesfälle verzeichnet, wie das RKI nun bekanntgab. Die Zahlen sind jedoch nur bedingt mit den Werten der Vorwoche vergleichbar. Das RKI hatte über die Weihnachtstage mit einer geringeren Zahl an Tests und auch weniger Meldungen von den Gesundheitsämtern gerechnet. Die aktuell hohen Zahlen sind deshalb aus Sicht des RKI wohl auch durch Nachmeldungen bedingt. Vor einer Woche waren es 32.195 Neuinfektionen und 802 neue Todesfälle binnen eines Tages.
Die Zahl der binnen sieben Tagen an die Gesundheitsämter gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) liegt nun bei 139,8. Ihr bisheriger Höchststand war am 22. Dezember mit 197,6 erreicht worden. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind groß: Die höchsten Inzidenzen hat Sachsen mit 326,7 und Thüringen mit 246,5 den niedrigsten Wert hat Schleswig-Holstein mit 77,1.
Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 1.719.737 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland (Stand: 31.12., 00.00 Uhr). Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 33.071. Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit etwa 1.328.200 an.
Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert liegt laut RKI-Bericht vom Mittwoch bei 0,68 (Dienstag: 0,67). Dieser R-Wert bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 68 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. Das RKI betont in seinem Bericht aber, dass zum Jahreswechsel hin Corona-Fälle nur verzögert angezeigt, erfasst und übermittelt werden, so dass der R-Wert zudem ggf. unterschätzt wird
. dpa
Merkel ruft in letzter Neujahrsansprache zum Durchhalten auf
Die wohl letzte Neujahrsansprache von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist geprägt von der Corona-Pandemie: In ihrer 16. an Silvester ausgestrahlten Rede ruft die Regierungschefin laut vorab verbreitetem Redetext die Bürger zum Durchhalten auf. Ich denke, ich übertreibe nicht, wenn ich sage: Nie in den letzten 15 Jahren haben wir alle das alte Jahr als so schwer empfunden
, sagt Merkel in ihrer Ansprache. Und nie haben wir trotz aller Sorgen und mancher Skepsis mit so viel Hoffnung dem neuen Jahr entgegengesehen.
Für das letzte Jahr ihrer Amtszeit sehe sie Hoffnung, trotz der Belastungen durch die Corona-Pandemie. Seit wenigen Tagen hat die Hoffnung Gesichter: Es sind die Gesichter der ersten Geimpften
, sagt Merkel. Tagtäglich werden es mehr.
Merkel nannte die Corona-Pandemie eine politische, soziale, ökonomische Jahrhundertaufgabe
, sprach von einem historischen Kraftakt
und schweren Zeiten für unser Land
. Und so wird es auch noch eine ganze Weile bleiben. Es wird noch eine ganze Zeit an uns allen liegen, wie wir durch diese Pandemie kommen. Der Winter ist und bleibt hart
, sagte die Regierungschefin.
Angela Merkel: Viele sind 2020 über sich hinausgewachsen
2020 sei bestimmt gewesen von Sorge und Ungewissheit. Zugleich seien in diesem Jahr viele über sich hinausgewachsen, ohne das an die große Glocke zu hängen
. Merkel nannte medizinisches Personal und Pflegekräfte, Beschäftigte in den Gesundheitsämtern und Angehörige der Bundeswehr.
Unzählige Menschen haben dazu beigetragen, dass unser Leben trotz Pandemie weiter möglich war: in den Supermärkten und im Gütertransport, in den Postfilialen, in Bussen und Bahnen, auf den Polizeiwachen, in den Schulen und Kitas, in den Kirchen, in den Redaktionen
, sagte die Bundeskanzlerin.
Und sie sei immer wieder dankbar dafür, wie diszipliniert die allermeisten Menschen ihre Masken tragen, wie sie sich um Abstand bemühen
. Darin drückt sich für mich aus, was ein Leben in einer menschenfreundlichen Gesellschaft erst möglich macht: Rücksichtnahme auf andere, die Einsicht, sich selbst auch einmal zurückzunehmen, das Bewusstsein von Gemeinsinn
, sagte Merkel.
Kanzlerin: Verschwörungstheorien zynisch und grausam
Es gebe allerdings nichts zu beschönigen
, sagt Merkel weiter. Es sind schwere Zeiten für unser Land - und so wird es auch noch eine ganze Weile bleiben.
Der Winter werde hart, und jeder müsse seinen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leisten.
Ausdrücklich kritisiert Merkel jene Unverbesserlichen
, die das Virus leugneten. Verschwörungstheorien seien nicht nur unwahr und gefährlich
, sie seien auch zynisch und grausam
jenen Menschen gegenüber, die in der Pandemie geliebte Menschen verloren hätten.
Ihre Neujahrsansprache, die am Silvesterabend ab 20.10 Uhr in der ARD zu sehen ist, schloss Merkel mit persönlichen Worten. Da sie bei der Bundestagswahl im September nicht wieder antrete, sei es heute aller Voraussicht nach das letzte Mal, dass ich mich als Bundeskanzlerin mit einer Neujahrsansprache an Sie wenden darf
. AFP, EPD
RKI meldet Höchstwert von 1.129 Todesfällen
Die Zahl der gemeldeten Todesfälle in Zusammenhang mit dem Coronavirus hat zum ersten Mal die Marke von 1.000 überschritten und damit einen Höchststand erreicht. Binnen einen Tages übermittelten die deutschen Gesundheitsämter dem Robert Koch-Institut (RKI) 1129 neue Todesfälle, wie aus den RKI-Zahlen vom Mittwochmorgen hervorgeht. Außerdem wurden 22.459 Neuinfektionen gemeldet. Vergangenen Mittwoch (23.12.) waren 24.740 Neuinfektionen und der bisherige Höchststand von 962 Todesfällen gemeldet worden. Das RKI hatte vor den Weihnachtstagen mitgeteilt, dass die aktuellen Zahlen nur bedingt mit den Werten der Vorwoche vergleichbar seien, da es zum Jahreswechsel hin mit einer geringeren Zahl an Tests und auch weniger Meldungen von den Gesundheitsämtern rechnete. Dennoch war die Zahl der neuen Todesfälle am Mittwochmorgen deutlich höher als vor einer Woche.
Die Zahl der binnen sieben Tagen an die Gesundheitsämter gemeldeten Neuinfektionen pro 10. 000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) lag am Mittwochmorgen bei 141,3. Ihr bisheriger Höchststand war am 22. Dezember mit 197,6 erreicht worden. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind jedoch enorm: Die höchsten Inzidenzen hatten am Dienstag Sachsen mit 330,0 und Thüringen mit 255,1 den niedrigsten Wert hatte Niedersachsen mit 79,6.
Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 1.687.185 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland (Stand: 30.12., 00.00 Uhr). Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg bis Mittwoch auf 32.107. Die Zahl der Genesenen gab das RKI mit etwa 1.302.600 an.
Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Bericht vom Dienstagabend bei 0,67 (Montag: 0,74). Dieser R-Wert bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 67 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. Das RKI betont in seinem Bericht aber, dass zum Jahreswechsel hin Corona-Fälle nur verzögert angezeigt, erfasst und übermittelt werden, so dass der R-Wert zudem ggf. unterschätzt wird
. dpa}
Städte rufen Bürger zum Verzicht auf Feuerwerk und Böller auf
Der Deutsche Städtetag hat dazu aufgerufen, an Silvester mit Blick auf das Corona-Geschehen auf jegliches Feuerwerk zu verzichten. Leider ist es uns in diesem außergewöhnlichen Jahr nicht gelungen, die Infektionslage nachhaltig in den Griff zu bekommen. Deswegen appellieren die Städte an die Bürgerinnen und Bürger: Bleiben Sie an Silvester zu Hause oder feiern Sie bei Freunden nur in kleinem Kreis
, sagte Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Dass die Bundesregierung den Verkauf von Feuerwerk verboten habe, sei richtig. Das neue Jahr lässt sich auch ohne Feuerwerk begrüßen.
So müsse verhindert werden, dass die Notaufnahmen durch unsachgemäßes Hantieren mit Böllern zusätzlich mit Verletzen belastet werden, sagte Dedy, der mehr als 3400 Städte und Gemeinden vertritt.
Bitte beachten Sie die jeweiligen Verbote für Feuerwerk vor Ort: In vielen Städten gelten sie auf öffentlichen Plätzen, in einigen Städten gibt es sogar ein flächendeckendes Böllerverbot und damit auch auf privaten Grundstücken.
dpa
Peking riegelt zehn Stadtteile ab
In Peking werden zehn Stadtteile im nordöstlichen Bezirk Shunyi abgeriegelt. Dort wurden 16 Infektionen seit dem 18. Dezember gemeldet. Die Covid-Prävention und -Kontrolle der Hauptstadt muss den Notfallmodus einleiten
, sagt ein Sprecher der Stadtverwaltung. Dies ist die erste Absperrung in der chinesischen Hauptstadt seit dem letzten Ausbruch des Coronavirus in den Monaten Juni und Juli. Reuters
Interview | Berliner Ärztin über Corona-Unwissenheit
Die Leute wissen nicht, worum es bei dieser Pandemie geht
Was muss ich tun, wenn ich Symptome spüre? Wie verhalte ich mich als Kontaktperson richtig? Das wissen die wenigsten ihrer Patienten, beklagt eine Berliner Ärztin. Ein Gespräch über Corona-Unwissenheit, langsame Gesundheitsämter und Arbeitgeber, die Druck machen.
rbb|24: Frau Müller* (*Name von der Redaktion geändert), Sie sind Ärztin in einer Praxis in Berlin-Neukölln. Wieviel Ahnung haben Ihre Patienten von den Corona-Regeln?
Corinna Müller*: Viele sind überhaupt nicht adäquat aufgeklärt: weder darüber, wie sie sich verhalten sollen, wenn sie Husten oder Fieber - also mögliche Corona-Symptome - bei sich selbst bemerken. Noch darüber, was zu tun ist, wenn sie Kontaktperson von Infizierten sind. Das merken wir immer deutlicher in den letzten Wochen. Viele wissen überhaupt nicht mehr, worum es eigentlich geht in dieser Pandemie. Und deshalb verhalten sie sich oft falsch.
Neulich standen zwei Patienten mit Erkältungs-Symptomen bei uns in der Praxis – obwohl wir klar kommunizieren, dass niemand mit Husten oder Halsweh bei uns einfach reinspazieren darf. Die Leute sagten mir dann, sie seien doch schon vor drei Monaten getestet worden, und der Test sei negativ gewesen. Dann könnten sie jetzt doch kein Corona haben, meinten sie. An sowas merkt man: Viele Menschen haben nicht verstanden, was ein Test-Ergebnis aussagt – und was nicht. Da wird nicht klar kommuniziert.
In welchem Umfeld befindet sich die Praxis, in der Sie arbeiten?In einem Gebiet in Neukölln, das eher nicht von Akademikern bewohnt wird. Wir machen dort täglich eine Infekt-Sprechstunde für Menschen, die Symptome haben, die auf Corona deuten könnten. Da kommen die Patienten durch einen separaten Eingang. Komplett in Schutzmontur machen wir dann Abstriche, also Corona-Tests. Aber ganz viele Patienten glauben, sie wüssten auch ohne Test, dass sie kein Corona haben – sie hätten ja kein Fieber. Dann könne das kein Corona sein. Quarantäne-Regeln sind vielen auch völlig unklar. Da ist die Ehepartnerin positiv getestet und deshalb zu Hause, aber der Ehemann geht munter weiter arbeiten. Denn er fühlt sich gut und solange sein Arbeitgeber nicht sagt: Bleib zu Hause - solange geht er arbeiten.
Wie oft begegnen Ihnen solche Fälle?Fälle dieser Art begegnen uns leider jeden Tag mehrere. Das macht uns große Sorgen. Angesichts dieser schlechten Informationslage bei den Leuten wundern wir uns kaum noch darüber, dass die Infektionszahlen in Berlin nicht sinken. Es fehlt in der breiten Bevölkerung das Verständnis – zum Beispiel davon, was eine Inkubationszeit ist. Dass man jetzt negativ getestet sein kann, aber sich das innerhalb weniger Tage möglicherweise ändert. Ich glaube nicht, dass dieses falsche Verhalten aus bösem Willen entsteht, sondern weil viele Leute vor ihrem Wissenhintergrund nicht nachvollziehen können, was ihr Handeln in der Pandemie für Folgen hat.
Eigentlich ist es Aufgabe der Gesundheitsämter, das zu erklären, Kontaktpersonen von Infizierten zu informieren und in Quarantäne zu schicken.Richtig, aber die Kollegen kommen überhaupt nicht mehr hinterher. Die Informationen, wie man sich richtig verhält, kommen zu langsam oder gar nicht bei den Betroffenen an. Was wir auch hören in der Praxis, ist, dass gerade im Niedriglohnsektor die Arbeitgeber sehr Druck machen, dass niemand ausfallen darf. Das Personal soll sich erst dann testen lassen, wenn sowieso der Urlaub ansteht – vorher bitte nicht. Teilweise erzählen uns Patienten, dass sie nicht zu Hause bleiben dürfen, obwohl ihre Kinder krank sind. Dass sie ihre kranken Kinder mit auf die Arbeit nehmen – und sich dann hinterher rausstellt, dass die Kinder positiv auf Corona getestet wurden.
Und damit ist die nächste Infektionskette in Gang gesetzt.Ja, das ist zum Verzweifeln. Sehr aufgeregt hat mich eine Geschichte einer meiner Patientinnen. Sie arbeitet als Servicekraft in einem Berliner Klinikum, das ich hier nicht nennen will. Sie hat viel in den Zimmern von Covid-Patienten gearbeitet, hat dann selbst Symptome entwickelt - und ist in der Klinik nicht getestet worden, obwohl sie das wollte. Das würde jetzt zu viel Aufwand machen, hat man ihr gesagt. Also ist sie erstmal weiter arbeiten gegangen, hat sich aber an unsere Praxis gewendet, um sich testen zu lassen. Als das positive Testergebnis kam, habe ich sie sofort in Quarantäne geschickt. In solchen Jobs gibt es wirklich einen enormen Druck und gleichzeitig Angst, die Arbeit zu verlieren.
Beobachten Sie auch in Kreisen mit besser bezahlten Jobs Unwissenheit gegenüber der Pandemie-Lage?Durchaus. Ich lebe in Prenzlauer Berg und die Klasse meines Sohnes in einem Gymnasium hier im Bezirk musste in Quarantäne. Da habe ich dem Schuldirektor angeboten, zu kommen und Abstriche zu machen, draußen auf dem Schulhof bei Schülern und Lehrern - weil ich wusste: Das Gesundheitsamt schafft sowas gar nicht mehr. Die kommen nicht hinterher. Aber ich bin mit diesem Vorschlag abgeblitzt beim Direktor. Der wollte auf das Gesundheitsamt warten. Die haben dann die Schule informiert - zum Ende der Quarantäne. Und erst zehn Tage später auch uns Eltern. Meinen Sohn hatte ich da schon längst selbst getestet: Er war negativ.
Woran liegt es, dass viele Leute so schlecht Bescheid wissen?Erstens ist es schwer, sich Regeln zu merken, die sich so oft ändern und die von Region zu Region verschieden sind. Da ist der Landkreis sowieso, der zu Weihnachten Lockerung XY versprach und sie inzwischen längst zurücknehmen musste. Sowas ist unklug in einer Pandemie-Situation. Damit suggeriert man, die ganze Sache sei doch gar nicht so gefährlich. Problematisch sind auch solche Formulierengen wie: Jedes vierte Intensivbett ist von einem Corona-Patienten belegt. Da denken auch Leute in meinem Freundeskreis, die anderen drei Betten seien frei. Dass da Menschen liegen, die Unfälle hatten oder einen Schlaganfall – solche abstrakten Zusammenhänge haben viele nicht auf dem Schirm.
Wie müsste der Senat kommunizieren, damit es mehr Leute - am besten alle - verstehen, wie man sich in dieser Pandemie richtig verhält?Es gab im Verlauf der letzten Monate schon mal einen Brief vom Regierenden Bürgermeister an alle Haushalte. Sowas könnte helfen, formuliert in einfacher Sprache mit ganz klaren Anweisungen und auch mit Bildern: Wie verhalte ich mich in welcher Situation? Wenn ich selbst Symptome spüre, dann … Wenn ich Kontakt mit einer positiv getesteten Person hatte, dann… Wichtig ist, dass wir den Menschen klarmachen: Ihr könnt es nicht selbst fühlen, ob eure Symptome von Corona kommen oder nicht. Um das zu wissen, müsst ihr euch testen lassen. Im Zweifel: Verhaltet euch so vorsichtig, als wärt ihr infiziert, um andere nicht zu gefährden.
Vielen Dank für das Gespräch! rbb, das Interview führte Anne Kohlick.Spahn gegen Privilegien für Geimpfte
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lehnt Sonderrechte für Geimpfte ab. Viele warten solidarisch, damit einige als Erste geimpft werden können. Und die Noch-Nicht-Geimpften erwarten umgekehrt, dass sich die Geimpften solidarisch gedulden
, sagte Spahn den Zeitungen der Funke-Mediengruppe laut Vorabbericht. Keiner sollte Sonderrechte einfordern, bis alle die Chance zur Impfung hatten.
Es sei diese gegenseitige Rücksicht, die die Nation zusammenhalte: Gegen die Pandemie kämpfen wir gemeinsam - und wir werden sie nur gemeinsam überwinden.
Zuvor hatten sich schon Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach gegen Privilegien für Geimpfte ausgesprochen. Reuters
60 Klagen gegen Kostenbeteiligung an Corona-Rückholaktion
Acht Monate nach der beispiellosen Rückholaktion wegen der Corona-Pandemie hat die Bundesregierung erst gut ein Viertel der veranschlagten Kostenbeteiligung von den Flugpassagieren kassiert. Einige wollen gegen die Zahlungsbescheide sogar vor Gericht ziehen. Nach einer Antwort des Auswärtigen Amts auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Roman Müller-Böhm, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, gibt es inzwischen 60 Klagen.
Bis zum 16. Dezember zahlten die zurückgeholten Touristen oder Geschäftsreisenden den Angaben des Ministeriums zufolge 10,6 Millionen Euro in die Staatskasse ein. Das entspricht 11 Prozent der im Juni berechneten Gesamtkosten der Aktion von 93,8 Millionen Euro. Das Auswärtige Amt ging damals aber davon aus, dass sich die aus aller Welt zurückgeholten Reisenden insgesamt zu knapp 40 Prozent beteiligen.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte die Aktion am 17. März zusammen mit Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften gestartet, nachdem viele Länder wegen der Corona-Pandemie kurzfristig Grenzen geschlossen und Flugverbindungen gekappt hatten. Insgesamt wurden etwa 240.000 Reisende zurückgebracht. Die Reiseveranstalter flogen die Touristen, die bei ihnen gebucht hatten, selbst kostenlos aus. dpa
Offenbar weitere neue Coronavirus-Variante in Nigeria
In Nigeria scheint eine weitere neue Variante des Coronavirus aufgetaucht zu sein. Das sagte der Chef der panafrikanischen Gesundheitsbehörde Africa CDC, John Nkengasong, am Donnerstag. Weitere Untersuchungen seien aber nötig. Es ist eine Linie, die separat von Großbritannien und Südafrika ist
, sagte er. In diesen beiden Ländern waren in den vergangenen Tagen neue Varianten des Virus entdeckt worden, weswegen viele Staaten rasch für Personen von dort Einreisebeschränkungen verhängten.
Gesundheitseinrichtungen in Nigeria würden weitere Proben untersuchen, sagte Nkengasong. Die Warnung vor der offenkundig neuen Variante des Virus basiere auf zwei oder drei Gensequenzen. Die Variante wurde in zwei Patientenproben entdeckt, die am 3. August und am 9. Oktober in der nigerianischen Region Osun entnommen worden waren, wie aus dem Entwurf für einen wissenschaftlichen Aufsatz hervor geht. Wir haben keine Beweise, die darauf hindeuten, dass die Variante P681H zu einer verstärkten Verbreitung des Virus in Nigeria beiträgt
, heißt es in dem Aufsatz.
Die in Großbritannien aufgetauchte Mutation des Virus gilt als wesentlich ansteckender als die bislang bekannte. Auch die südafrikanische Variante breitet sich rasch aus und ist laut Nkengasong nun die dominierende Variante in dem Land. Mehr als 14.000 neue Coronafälle innerhalb eines Tages wurden am Mittwoch in dem Land bekannt gegeben.
Die Infektionen auf dem afrikanischen Kontinent seien in den vergangenen Wochen um 10,9 Prozent gestiegen, sagte Nkengasong. In Nigeria hätten sie um 52 Prozent zugenommen, in Südafrika um 40 Prozent. ap
RKI meldet über 32.000 Neuinfektionen und 802 weitere Todesfälle
Trotz Lockdown bleiben die Corona-Zahlen in Deutschland auf hohem Niveau. Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldete am Donnerstag 32.195 Neuinfektionen. Das ist der zweithöchste Wert, nachdem am vergangenen Freitag ein Rekord von 33.777 neuen Fällen binnen 24 Stunden verzeichnet worden war. Zudem sind es rund 5.300 Fälle mehr als vor einer Woche, allerdings waren damals etwa 3.500 Fälle aus Baden-Württemberg aus technischen Gründen zu wenig übermittelt worden. Weitere 802 Menschen starben an oder mit dem Virus. Erst am Vortag hatte es mit 962 Todesfällen einen neuen Höchstwert geg
eben.
Insgesamt sind nun 1.587.115 Ansteckungen und 28.770 Todesfälle bestätigt. Als genesen gelten rund 1.184.400 Menschen. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz steigt wieder auf 196,2 von zuletzt 195,1. Der Wert gibt an, wie viele Menschen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen positiv getestet wurden. Bund und Länder streben zur Eindämmung des Virus einen Wert von 50 an. Am Sonntag soll mit ersten Impfungen gegen das Virus begonnen werden. rts
Österreich öffnet Ski-Pisten
Trotz der Coronapandemie haben in Österreich an Heiligabend die mehr als 400 Ski-Stationen des Landes wieder geöffnet. Wie zu Monatsbeginn von der Regierung angekündigt, durfte der Ski-Betrieb am Donnerstag wieder aufgenommen werden – und das obwohl in zwei Tagen ein dritter landesweiter Corona-Lockdown in Kraft tritt. Die österreichische Regierung argumentiert, als Sport im Freien sei Skifahren ohne Ansteckungsgefahren möglich, wenn die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen ergriffen würden. Da nicht nur Bars und Restaurants, sondern auch Hotels geschlossen bleiben müssen, bleibt das Ski-Vergnügen praktisch der örtlichen Bevölkerung vorbehalten – und das ohne Après-Ski. Besucher aus Deutschland müssen in Österreich zuerst zehn Tage lang in Quarantäne, so dass Skiausflüge in das Nachbarland unrealistisch sind.
Die Ski-Industrie macht drei Prozent des österreichischen Bruttoinlandsproduktes (BIP) aus und ist in der Politik des Landes gut vernetzt. Viele Wintersportorte kritisieren, dass sich der Betrieb von Pisten und Liften ohne Touristen nicht lohne.
Die deutschen Pisten und Lifte bleiben zunächst bis zum 10. Januar geschlossen. afp
Querdenken-GründerHerr Ballweg
Der geschäftige Herr Ballweg
Der wichtigste Akteur von Querdenken
ruft zu Überweisungen auf ein Konto auf, das auf seinen Namen läuft, verdient am Merchandise und an Veranstaltungen der Initiative. Recherchen von netzpolitik.org und dem ZDF Magazin Royale zeigen außerdem, wie er versucht, der Bewegung seinen Willen aufzuzwingen.
In einem mexikanischen Restaurant im thüringischen Saalfeld kommen im November Querdenken
-Anhänger:innen aus ganz Deutschland zusammen. Viele von ihnen wissen nicht, worauf sie sich eingelassen haben. Sie wissen nicht, dass das Hacienda Mexicana
nicht irgendein Restaurant ist, sondern laut einem Schild im Eingangsbereich zum fiktiven Königreich Deutschland
zählt und damit zur Szene der Reichsbürger. Sie wissen auch nicht, dass König Peter I.
persönlich anwesend sein wird. Oder zumindest jemand, der sich so nennen lässt, aber eigentlich Peter Fitzek heißt.
Eingefädelt haben soll das Treffen Michael Ballweg, wie mehrere Querdenker
übereinstimmend berichten. Der Querdenken
-Gründer dürfte gewusst haben, mit wem er sich einließ. Bereits im Oktober hat er Fitzek getroffen, fasziniert war er von einer Bank, die das Königreich Deutschland
betreibt. Sogar ein Konto eröffnete er dort.
Viele Eingeladene werfen Ballweg nun vor, den pikanten Charakter des Treffens vor ihnen verheimlicht zu haben, die Rede ist von Verrat
. Es heißt, Eingeweihte sollen im Vorfeld sogar vor dem Plan gewarnt haben – aber Ballweg habe nicht mit sich reden lassen. Die Causa Saalfeld hat innerhalb der Bewegung zu viel Ärger geführt.
Wer Michael Ballweg reden hört, könnte den Eindruck gewinnen, er habe zumindest in seinen Augen noble Ziele. Seit dem Frühjahr protestiert Querdenken
gegen die Maßnahmen, die Menschen vor der Corona-Pandemie schützen sollen. Die Erzählung, die der 46-jährige IT-Unternehmer aus Stuttgart kundtut, um sein politisches Engagement zu begründen, sieht so aus: Er habe das Hauptprodukt seiner Firma verkauft, ein Programm zum Projektmanagement, und seine Rentenversicherungen aufgelöst. Das Geld nutze er nun, um für das vermeintlich Gute zu kämpfen.
Erst diese Woche behauptete er wieder in einer Pressemitteilung, er lebe lieber in einer freien Welt ohne Geld als in einer unfreien Welt mit viel Geld. Dabei hat Michael Ballweg im Zusammenhang mit Querdenken
Geschäfte mit Firmen gemacht, von denen er persönlich profitiert hat. Das zeigen gemeinsame Recherchen von netzpolitik.org und dem ZDF Magazin Royale mit Jan Böhmermann.
Häufig tritt Ballweg dabei im Zentrum der Initiative auf, obwohl er alleine agiert. Bis heute hat Querdenken-711
keine festgelegte Rechtsform: Es gibt keinen eingetragenen Verein, keine Stiftung, keine Firma, nur Michael Ballweg selbst. Mit einem Unternehmer aus Baden-Württemberg schloss er einen Vertrag ab, der ihm wohl 20.000 Euro einbringen sollte. Auch an Einnahmen durch Querdenken
-Fanartikel, die in ganz Deutschland verkauft werden, ist er beteiligt, während lokale Ableger der Initiative leer ausgehen.
In Interviews stellt Ballweg Querdenken
als Initiative dar, bei der alle mitreden dürfen. Es handele sich dabei um eine demokratische Bewegung
, sagte er dem RBB. Dem Verschwörungsideologen Ken Jebsen erzählte er, Querdenken
sei eine Organisation ohne Spitze. Jedoch deutet einiges darauf hin, dass Ballweg selbst diese Spitze ist. Seit Monaten kontrolliert der Mann, den niemand gewählt hat, was unter dem Namen von Querdenken
geschieht. Etwa mit dem Treffen in Saalfeld.
Ein Deal zwischen zwei Geschäftsmännern
Mitte Juni tanzt Ballweg auf einer Querdenken
-Demo in Leonberg bei Stuttgart hinter einer westafrikanischen Trommel, auf der jemand einen Kristall aufgebahrt hat. Der barfüßige Auftritt zählt zu den bizarreren in seiner Karriere als Aktivist. Ballweg ist nicht alleine, zuständig für die Klangkulisse aus Elektrobeats ist ein bärtiger Mann mit langen Haaren und weißem Gewand. Michael und ich, wir hauen uns jetzt nochmal rein für euch!
, schreit der ins Mikrofon.
Der Musiker ist ein Unternehmer aus Baden-Württemberg, Thomas Hornauer. Ein Vermögen machte er einst mit Sex-Hotlines und Esoterik. Was das Publikum nicht weiß, das vor der Querdenken
-Bühne im Takt mitwippt: Hornauer bezahlt Ballweg für diese Szene.
In Deutschland musst du viel Geld in die Hand nehmen, dass du mal Tausend Leute zusammenkriegst
, sagt Hornauer uns am Telefon. Schon deshalb habe sich der Deal mit Ballweg gelohnt. 5000 Euro habe er dem Querdenken
-Gründer überwiesen. In Leonberg tritt er bereits zum dritten Mal an der Seite von Ballweg auf.
Nach Recherchen von netzpolitik.org und dem ZDF Magazin Royale haben die beiden Männer auch einen Vertrag abgeschlossen. Er regelt die Übertragung von Rechten an Bild- und Tonaufnahmen durch Ballweg und Querdenken-711
an Hornauer, der auf der Bühne aufgetreten war. Sie wollten von dem Unternehmer hierfür 5000 Euro.
Ballweg und Querdenken-711
stellten Hornauers Firma in diesem Zusammenhang auch eine Rechnung. Sie trägt die Nummer 2006-0001
. Ballweg forderte demnach, dass sich Hornauer auch mit 15.000 Euro an Produktionskosten an drei Querdenken
-Veranstaltungen beteilige. Insgesamt 20.000 Euro sollte er an eine IBAN mit den Endziffern 9013
überweisen. Es ist ein Privatkonto von Michael Ballweg.
Ballweg hofft offenbar noch heute, Geld aus diesem Geschäft zu erhalten. Drei Viertel der vereinbarten Vergütung stehen noch aus
, teilt er uns mit. Hornauer bestätigt auf Anfrage, die übrigen 15.000 Euro nicht bezahlt zu haben. Er sei mit einigen Dingen, die in Leonberg passiert seien, nicht einverstanden gewesen, und auf Distanz zu der Initiative gegangen.
Ein offizieller Fan-Shop
Thomas Hornauer ist nicht der einzige, mit dem Michael Ballweg einen Vertrag abgeschlossen hat. Spätestens seit Juni bietet Querdenken-711
auf seiner Website eigene Fanartikel an als handele es sich bei der Bewegung um den FC Bayern. In einem Online-Shop listet die Initiative mittlerweile 69 unterschiedliche Produkte auf. Verkauft werden Jacken, T-Shirts, sogar Aufkleber für die Heckscheibe.
Querdenken-711
arbeitet dabei mit einer Firma namens MerchYou aus Nordrhein-Westfalen zusammen. Diese bewirbt das Angebot seit Monaten auf Telegram, wie eine Datenauswertung zeigt. Mindestens 79 Chat-Nachrichten haben Verantwortliche hierzu in Querdenken
-Gruppen gestreut. Dabei preisen sie die Fanartikel an wie Lifestyle-Produkte. Für jede Wetterlage die passende Kleidung
, schreiben sie. Eine "Querdenken-Herbst/Winter-Kollektion
sei ab sofort
erhältlich.
MerchYou wollte sich auf Anfrage nicht zu den Konditionen äußern, die das Unternehmen mit Ballweg und Querdenken-711
vereinbart hat. Aber als sich ein Anhänger in der Krefelder Telegram-Gruppe Querdenken-215
versichern will, dass ein Teil des Geldes auch wirklich an die Bewegung gehe, schreibt ihm ein MerchYou-Geschäftsführer: Wir unterstützen
Querdenken
mit dem Merch.
Damit scheinen Zweifel bereinigt. Doch so einfach ist es nicht, wie unsere Recherchen zeigen.
Querdenken
-Lokalgruppen gehen leer aus
Längst hat MerchYou neben Stuttgart etliche weitere Vorwahl-Bereiche in sein Sortiment aufgenommen. Bestellen kann man dort nun zum Beispiel Hoodies von Querdenken-69
aus Frankfurt.
Wir haben eine Reihe örtlicher Ableger von Querdenken
gefragt, wie MerchYou sie an Erlösen beteilige. Wir bekommen davon nichts
, sagt Malin Joy Singh, die für die Gruppe in Frankfurt zuständig ist. Das Geld geht nach Stuttgart.
Andere Lokalgruppen, mit denen wir gesprochen haben, berichten ähnliches.
Profiteur des offiziellen
ist Michael Ballweg selbst mit Querdenken
-ShopsQuerdenken-711
, unabhängig von der Vorwahl, die auf den Fanartikeln steht. Jedes Mal, wenn jemand einen Hoodie oder ein T-Shirt kauft, erhalten er und Querdenken-711
nach eigenen Angaben umgerechnet mal sechs, mal zwölf Prozent des Verkaufspreises. Er rechtfertigt seine Beteiligung damit, dass er T-Shirts oder ähnliches mitbringe, wenn er auf Demos eingeladen werde. Zahlen nennt er nicht.
Etliche Lokalgruppen verlinken den offiziellen
auf ihren Websites, auch wenn das bedeutet, dass ihre eigenen Kassen dann womöglich leer bleiben. Querdenken
-ShopWir sollen das so machen
, sagt Malin Joy Singh aus Frankfurt. Das ist ein Standard.
Tatsächlich empfiehlt Ballweg den übrigen Gruppen, MerchYou zu nutzen. Er hält das augenscheinlich für einen fairen Deal. Ich kenne keine Lokalgruppe, die sich jemals beklagt hätte
, schreibt er uns. Und überhaupt: Es gebe ja gar keinen Zwang, eine Querdenken
-Initiative zu gründen. Wer Ballweg nach den Finanzen seiner Initiative fragt, stößt häufig auf Gleichgültigkeit, meist auf Ablehnung.
Spenden oder Schenkungen?
Ein Satz in einer Pressemitteilung, die Querdenken-711
am Montag verschickt hat, sagt viel darüber aus, wie der Initiator über die Einnahmen denkt: Anders als Parteien unterliegt der
Doch wenn es um Geld geht, fällt es dem Stuttgarter schwer, zwischen sich und seiner Bewegung klare Trennlinien zu ziehen. Mitunter verstrickt er sich dabei in Widersprüche.Querdenken
-Gründer als Privatperson keiner Transparenzpflicht.
Mitte Juli spricht Ballweg auf einer Querdenken
-Kundgebung vor dem Mannheimer Schloss. Die Vorbereitungen für die Großdemonstration in Berlin am 1. August laufen bereits auf Hochtouren. Nach Schätzungen mehrerer Beteiligter soll sie einen sechsstelligen Euro-Betrag kosten. Ich habe bisher noch nicht zu Spenden aufgerufen
, sagt Ballweg in Mannheim, er habe sich das für einen wichtigen Moment aufheben wollen. Der sei jetzt gekommen. Bitte unterstützt uns und nutzt nur das offizielle Spendenkonto auf unserer Website.
Im Netz ist diese Szene gut dokumentiert, Querdenken-711
hat ein Video davon auf seinen YouTube-Kanal hochgeladen. Vielleicht wäre sie heute nicht der Rede wert, hätte Ballweg dem ARD-Magazin Kontraste nicht später ein erstaunliches Interview gegeben. Ich sammele keine Spenden
, sagt Ballweg. Wir nehmen Schenkungen an
– weil ich's als Einzelperson mache – als Privatperson.
Wenn man Ballweg heute fragt, warum er sich so widersprüchlich geäußert habe, versucht er, den Spieß umzudrehen. In seiner E-Mail klagt er über angebliche Wortverdrehungen mancher Medienvertreter
. Aber es sind Ballwegs eigene Worte, die in diesem Fall Fragen aufwerfen – veröffentlicht von Querdenken-711
auf YouTube. Im Fernsehbeitrag von Kontraste kam die Aussage zu den Schenkungen gar nicht vor.
Auf der Website von Querdenken-711
heißt es, die Gesamtsumme der Überweisungen pro Privatperson dürfe einen Betrag von 19.999 Euro in zehn Jahren nicht übersteigen. So ist es theoretisch möglich, dass aus vielen kleinen Summen ein ganzes Vermögen entsteht. Kommen mehr als diese 20.000 Euro pro Person zusammen, wird eine Schenkungssteuer fällig.
Weil Ballweg als Querdenken-711
am Merchandise mitverdient und Deals mit Leuten wie Hornauer macht, könnten die Schenkungen unter Umständen aber als gewerbliche Einkünfte gewertet werden. Dann müsste er sie wohl nachträglich versteuern.
Querdenken-711
behauptet im selben Zusammenhang auch: Du hilfst uns damit bei der Organisation der Demos und Finanzierung der Klagen.
Dieser Satz könnte Ballweg Probleme bereiten, denn er deutet darauf hin, dass die Überweisungen zweckgebunden sein könnten. Dann dürfte Ballweg nicht frei über das Geld verfügen – es wären zweckgebundene Spenden. Dies würde bedeuten, dass Ballweg Rechenschaft ablegen müsste.
Die Kontonummer mit den Endziffern 9013
nutzt Ballweg nach Recherchen von netzpolitik.org und dem ZDF Magazin Royale mindestens seit Juni, spätestens seit Juli steht sie im Netz. Ballweg will nicht sagen, wie viel Geld er darüber bislang eingenommen hat.
Wie groß die Spendenbereitschaft der Bewegung ist, wird jedoch schon im Frühjahr bei einem Vorfall in Stuttgart deutlich. Als in der Nacht vor einer Demo mehrere Lastwagen mutmaßlich infolge eines Brandanschlags zerstört werden, kommen nach Medienberichten binnen kurzer Zeit 225.000 Euro zusammen. Die Spenden, um die Lastwagen zu ersetzen, gehen damals zwar nicht an Ballweg. Aber heute sammelt Querdenken-711
Geld auf dem Konto mit den Endziffern 9013
, das auf seinen Namen läuft.
Das Konto gehört Michael Ballweg
Auch hierzu macht Ballweg widersprüchliche Angaben. Als die FAS im November thematisiert, seine private Kontonummer werde auf der Website genannt, behauptet Querdenken-711
per Pressemitteilung, diese Aussage sei falsch und fordert eine Richtigstellung
. Das Konto sei bloß auf Ballwegs Namen eingerichtet worden, aber für Aktivitäten zur Wiederherstellung verloren geglaubter Grundrechte bestimmt. Ballweg schreibt hier laut den Metadaten des Dokuments offenbar über sich selbst in der dritten Person.
Noch im Gespräch mit Kontraste sagte Ballweg im September über das Spenden- oder Schenkungskonto mit den Endziffern 9013
klipp und klar: Ja, das Konto ist ein Privatkonto, denn es läuft auf den Namen Michael Ballweg und damit auf eine Privatperson.
Auch von dieser Aussage lässt sich auf dem YouTube-Kanal der Initiative eine Aufnahme finden. Ballweg antwortete damals vor laufender Kamera auf eine Frage, die netzpolitik.org ihm zuvor schriftlich gestellt hatte.
Heute versucht sich Ballweg an einer neuen Argumentationslinie. In seiner E-Mail an uns beteuert er nun, bei diesem Privatkonto habe es sich von Anfang an nur um ein Übergangskonto
gehandelt. Dass er dieses vermeintliche Übergangskonto seit mindestens einem halben Jahr nutzt, daran gibt er jetzt dem Regierungspräsidium Darmstadt die Schuld.
Was wurde aus der Stiftungsgründung?
Ballwegs Initiative hat kürzlich große Pläne enthüllt. Er wolle, wie die Initiative mitteilt, zwei Firmen gründen: eine herkömmliche sowie eine gemeinnützige GmbH. Untergeordnet werden sollen die Firmen angeblich einer Stiftung mit Sitz in Frankfurt am Main, die auch den Namen der Initiative trage. Bereits im Juni sei diese Stiftung angemeldet worden, aber das zuständige Regierungspräsidium Darmstadt ziehe die Gründung in die Länge.
Insofern lade ich Sie gerne ein, beim Regierungspräsidium nachzuhaken, warum die Gründung der Stiftung sich seit Monaten verzögert
, schreibt uns Ballweg. Wir haben das getan und beim Regierungspräsidium nachgefragt. Die Antwort, die wir erhalten haben, ist kurios. Sie weckt erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Ballwegs Aussagen.
Das Regierungspräsidium teilt mit, Ballweg habe nicht wie behauptet im Juni, sondern erst im Oktober Unterlagen für eine gemeinnützige Stiftung namens QUERDENKEN711
zur Vorprüfung eingereicht. Herr Ballweg
, schreibt uns eine Sprecherin der Behörde am Mittwoch, habe von der Gründung jedoch sehr schnell Abstand genommen
.
Die Vorprüfung einer Stiftungsgründung im Herbst würde zum zeitlichen Ablauf passen, der bislang bekannt war. Mitte Oktober hatte Ballwegs Rechtsanwalt Ralf Ludwig gegenüber netzpolitik.org bestätigt, dass Querdenken-711
als Organisation noch keine Rechtsform hat. Herr Ballweg hat mir gesagt, er habe nächste Woche ein Gespräch mit seinem Steuerberater, wie das Ganze einzuordnen ist
, sagte Ludwig damals.
Rund eine Woche später meldete der MDR auf einmal, Ballweg habe angekündigt, er wolle in den nächsten Tagen
eine Stiftung gründen. Warum er nun dennoch beteuert, dies bereits im Juni getan zu haben und das zuständige Regierungspräsidium davon nichts zu wissen scheint, ist unklar.
Anzeige beim Stuttgarter Finanzamt
Inzwischen hat wohl auch das Stuttgarter Finanzamt von Michael Ballweg und Querdenken-711
erfahren. netzpolitik.org und dem ZDF Magazin Royale liegt eine Anzeige vor, welche die uns namentlich bekannten Verfasser:innen beim Finanzamt erstattet haben. Sie haben das Schreiben nach eigenen Angaben im Herbst an die Abteilung für Steuerfahndung geschickt.
Wir weisen darauf hin, dass einige Medien über die wirtschaftlichen Betätigungen von
, heißt es darin. Querdenken-711
, insbesondere die erheblichen Einnahmen der Organisation berichtet habenAuf der Website wirbt die Organisation für Spenden und behauptet, dass die Anerkennung der Gemeinnützigkeit derzeit noch in Arbeit sei.
So entstehe der Eindruck, dass es sich bei der Initiative um eine Organisation handele, bei der eine gemeinnützige Anerkennung zumindest möglich sei. Ob dies zutrifft, scheint in Anbetracht der Ungereimtheiten bei der Stiftungsgründung fraglich.
Das Finanzamt teilt mit, es dürfe den Eingang einer solchen Anzeige nicht bestätigen und verweist auf das Steuergeheimnis. Ballweg schreibt uns, bislang habe ihn die Behörde nicht kontaktiert.
Ballweg gehören 19 Querdenken
-Marken
Ähnlich undurchsichtig wie die Finanzen von Querdenken
sind auch die Strukturen innerhalb der Bewegung. Sie besteht eigentlich aus vielen lokalen Gruppen, die eigenständig agieren sollen. Unsere Recherchen offenbaren jedoch eine inoffiziell-faktische Hierarchie, an deren Spitze sich Ballweg selbst gesetzt hat.
Im Juni wendet sich der Unternehmer an eine Kieler Anwaltskanzlei. Es geht um Kontrolle, vielleicht um Macht. Niemand außer ihm soll als Querdenken-711
auftreten dürfen. Also meldet die Kanzlei in seinem Namen Querdenken
mit der Abwandlung der Stuttgarter Vorwahl als Wortmarke beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) an. Es geht um drei Markenklassen, die Internetplattformen betreffen, auch die Produktion von Videos und die Organisation politischer Veranstaltungen.
Man habe festgestellt, dass Querdenken
-Internetdomains belegt worden seien, um sie für rufschädigende Propaganda
zu nutzen, so Ballweg. Deshalb haben wir vorausschauend gehandelt und die Marken registriert.
Mit wir
meint er anscheinend sich selbst.
Ihm geht es dabei nicht nur um Querdenken-711
, den Stuttgarter Ableger der Initiative, den er anführt. Ballweg denkt größer. Der Datenbank des DPMA zufolge gehören ihm heute unter anderem die Wortmarken für Berlin mit Querdenken-30
, München mit Querdenken-89
und Hamburg mit Querdenken-40
.
Um Querdenken
-Marken für 19 Städte in ganz Deutschland in seinen Besitz zu bringen, hat Ballweg offenbar tief in die Tasche gegriffen: Laut Preisliste auf der Website verlangt die Kanzlei pro Markenanmeldung 299 Euro Netto-Honorar. Hinzukommen die Gebühren, die das DPMA für die Anmeldung verlangt. Ballweg dürfte für alle Markenanmeldungen also mehr als 11.000 Euro ausgegeben haben. Ob er die Marken behalten darf, muss noch geklärt werden: Eine Münchner Firma mit einem ähnlichen Namen hat Widerspruch eingelegt. Zuerst berichtete hierüber die FAZ.
Nach Recherchen von netzpolitik.org und dem ZDF Magazin Royale nutzt der Gründer die Markenrechte dennoch bereits, um innerhalb der Querdenken
-Bewegung seinen Willen durchzusetzen.
Rauswurf per Pressemitteilung aus Stuttgart
Einer von Ballwegs Kritiker:innen ist Volkmar Zimmermann, noch bis vor Kurzem Teamleiter des Berliner Ablegers Querdenken-30
. Manche Vorgaben, die Ballweg den Lokalgruppen auferlegt habe, hätten nicht zu einer Bürgerbewegung gepasst, sagt Zimmermann uns am Telefon. Sie seien höchstens dazu geeignet gewesen, Gewinne zu generieren.
Im Oktober tauscht Ballweg ihn einfach aus. Er nutzt die enorme Reichweite seiner Stuttgarter Kanäle, um zwei neue Organisator:innen zu benennen. Die Pressemitteilung, die er aussendet, wirkt wie eine Formalie, eine knappe Information, damit alle im Bilde sind. Nicht mehr verantwortlich: Volkmar Zimmermann
, steht dort. Dabei ist unklar, warum Ballweg dazu befugt sein soll, aus der Ferne eine solche Entscheidung zu treffen.
Zimmermann sagt, Ballweg habe ihm auch eine E-Mail geschickt und verboten, den Namen Querdenken
zu nutzen. Andernfalls würde er eine Markenrechtsverletzung begehen. Er spricht in diesem Zusammenhang von einem Abmahntonfall
.
Im Wesentlichen räumt Ballweg dies ein. Er begründet die Nachricht damit, dass Zimmermann noch immer Social-Media-Kanäle unter dem Namen Querdenken-30
nutze. Wir haben ihn aufgefordert, die entsprechenden Kanäle an das neue Team zu übergeben und in diesem Zusammenhang auf die Markenrechte verwiesen.
Dabei können Markenrechtsansprüche eigentlich nur geltend gemacht werden, wenn es um geschäftliche Aktivitäten geht.
Man könnte Ballwegs Hinweis auch als Warnung an alle anderen Lokalgruppen verstehen, auf keinen Fall aus der Reihe zu tanzen.
Die Bewegung als Pyramide
Zimmermann ist nicht der einzige, der sich über Ballwegs Anordnungen beschwert. Auch Äußerungen von Stephan Bergmann deuten darauf hin, dass nicht alle damit einverstanden sind, wie innerhalb der Bewegung Entscheidungen getroffen werden. Bergmann war monatelang Pressesprecher von Querdenken-711
und damit im innersten Kreis. Wegen des Geheimtreffens mit König Peter I.
hat er mit der Initiative gebrochen.
Wer Bergmann zuhört, könnte den Eindruck gewinnen, es habe auch bei Querdenken
eine Art Herrscher gegeben. In einem YouTube-Video redet sich der Aussteiger in Rage. Ohne, dass der Michael irgendwas freigegeben hat, ist da gar nichts gelaufen
, schimpft er. Querdenken-711
sei aufgebaut wie eine Pyramide. Es hat sich irgendwie diktatorisch für mich angefühlt.
Als wir Ballweg mit Bergmanns Worten konfrontieren, wischt er die Kritik beiseite. Er teile diese Meinung nicht und schließlich lobten viele Querdenker
die angebliche Selbstverwaltung der Ortsgruppen, sodass eine große Freiheit darin bestehe, Veranstaltungen zu gestalten, wenn man sich im Rahmen des Manifests
bewege.
Auch wenn Ballweg abstreitet, sich zu bereichern: In der Summe entsteht das Bild eines Mannes, der wie im Fall seines Deals mit Thomas Hornauer das Publikum seiner Kundgebungen monetarisiert, an Fanartikeln verdient und Spenden über ein Privatkonto sammelt, ohne darüber Rechenschaft zu geben.
Das Querdenken-Manifest
, auf das er sich beruft und nach dem sich alle richten sollen, besteht aus rund 150 Wörtern. Es handelt vom Kampf gegen die Corona-Maßnahmen und einigen Dingen, für welche die Bewegung stehen will, zum Beispiel für Wahrheit, Demokratie und einen respektvollen Austausch.
Nicht im Querdenken
-Manifest steht der Name Michael Ballweg. Netzpolitik.org - Daniel Laufer
Drosten stellt Aussagen zu Mutation klar
Die in Großbritannien erstmals nachgewiesene Coronavirus-Mutation verunsichert die Menschen. Virologe Drosten erwartet aber nicht, dass sie sich schnell in Deutschland ausbreiten werde. Zudem stellt er eine vielfach zitierte Formulierung auf Twitter klar.
Der Berliner Virologe Christian Drosten hat eine Äußerung auf Twitter präzisiert. Das sieht nicht gut aus
hatte Drosten in der vergangenen Nacht auf Twitter im Zusammenhang mit dem mutierten Coronavirus, das etwa in Großbritannien und Südafrika aufgetreten ist, geschrieben. Mit dieser Formulierung habe ich ja was losgetreten …
, twitterte er nun. Um Spekulationen ein Ende zu bereiten: dies bezog sich allein auf den jetzt deutlicheren Beleg der verstärkten Verbreitung der Mutante. Sonst keine Änderung meiner Einschätzung.
Er verlinkte dazu einen Beitrag, in dem er über die Mutation sagt: Ich bin darüber nicht so sehr besorgt im Moment.
Er sei aber, wie alle anderen, in einer etwas unklaren Informationslage.
Eine rasante Verbreitung der neuen Coronavirus-Variante in Deutschland hält der Virologe der Charité für wenig wahrscheinlich. Ich glaube nicht, dass wir da bald ein größeres Problem kriegen
, sagte er. Es sei zwar recht wahrscheinlich, dass die Variante mit der Bezeichnung B.1.1.7., die erstmals in Großbritannien nachgewiesen wurde, mittlerweile auch in Deutschland sei. Aber bei den aktuellen Beschränkungen dürfte diese Variante hierzulande eher schwer Fuß fassen.
Darauf deuteten Daten hin, die die britische Gesundheitsbehörde Public Health England (PHE) veröffentlicht hat.
Lockdown erschwert Verbreitung
Demnach verbreite sich B.1.1.7. überall dort besonders schnell im Vergleich zu bereits bekannten Varianten von Sars-CoV-2, wo unzureichende Beschränkungen zu einem Anstieg der Infektionszahlen führen. In Gegenden in Großbritannien aber, in denen wirksame Maßnahmen gelten, sei auch die neue Variante weitgehend unter Kontrolle.
Für Deutschland folgert Drosten daher, dass der Lockdown der Variante wenig Chance auf eine Verbreitung lassen dürfte. Bislang gebe es keine Hinweise darauf, dass die neue Variante einen Einfluss auf die Krankheitsschwere hat, sagte Drosten weiter. Das ist ganz wichtig für die Bevölkerung, die sich jetzt Sorgen macht.
Auch für einen verminderten Impfschutz gebe es keine Anzeichen.
Experten der englischen Gesundheitsbehörde Public Health England (PHE) kamen in einem Forschungspapier zu dem Schluss, dass B.1.1.7. sehr wahrscheinlich leichter übertragbar ist als andere Varianten. Dafür werteten sie Daten aus verschiedenen Regionen aus. Aus den PHE-Modellrechnungen könne man ableiten, dass die Reproduktionszahl - also die Zahl der Menschen, die ein Infizierter im Schnitt ansteckt - bei der neuen Variante je nach Ort um etwa 30 bis 40 Prozent erhöht sei, sagte Drosten. "Das ist erheblich." Allerdings seien diese Schätzungen unscharf und mit Vorsicht zu genießen.
Ist Mutation harmloser?
Die neue Variante des Virus ist durch etwa 20 Mutationen in ihrem Erbgut charakterisiert. Die Mutation mit der Bezeichnung N501Y dürfte es leichter machen, in menschliche Zellen einzudringen und eine Infektion zu verursachen. Es ist laut Drosten jedoch unklar, was der Variante den entscheidenden Vorteil bringt. So sei denkbar, dass man bei B.1.1.7. weniger Viren ausgesetzt sein muss, um ansteckend zu werden. Es sei aber auch möglich, dass die Variante dafür sorgt, dass ein Infizierter mehr Viren im Rachen hat und dadurch ansteckender ist.
Positiv zu werten sei, dass der neuen Variante ein bestimmtes Gen fehle, das eigentlich die Krankheitsschwere verstärkt, sagte Drosten. Das ist die gute Nachricht.
Es könnte also durchaus sein, dass B.1.1.7. harmloser ist. Möglicherweise sei das auch ein Grund für die schnellere Verbreitung. Denn Menschen ohne oder mit nur leichten Symptomen isolieren sich eher nicht und können dadurch vermehrt andere anstecken, so Drosten. ntv.de, mli/dpa
Auf Facebook schreiben mir Leute, ich solle verrecken
Frohe? Weihnacht 2020
De Wiehnachtsmann kiekt um de Eck
De Kinners de kricht all 'n Schreck
Un denkt wat is denn dat för een
den hebt wi jo noch nie nich sehn
Is dat een ut Amerika?
Oder vun de Mafia?
Hett de Corona, dat kann sien
Viellicht is he ok mall, und grient
Ik glöf wi geit dit Johr nich rut
und blift recht fein un scheun tu Hus!
Auf Facebook schreiben mir Leute, ich solle verrecken
Ricardo Lange berichtet jede Woche aus dem Krankenhaus. Diesmal: ein bekehrter Corona-Leugner und traurige Zahlen.
Ricardo Lange, 39, arbeitet als Pflegekraft auf einer Berliner Intensivstation. Seine Klinik ist eine der 17 Einrichtungen mit einem Covid-Schwerpunkt. Hier berichtet er jede Woche von Nachtschichten, Provisorien und Hoffnungsschimmern. Herr Lange, der Lockdown hält an, die Zahlen von Infizierten steigen weiter. Auch auf Ihrer Intensivstation?
Wir haben diese Woche tatsächlich weniger Covid-Fälle als in den Wochen zuvor. Leider aus einem traurigen Grund: Es sind so viele Patienten und Patientinnen gestorben. Gerade erst eine Mutter zweier Söhne, sie war Mitte 50.
Statt Trost und Applaus bekommen Sie in dieser zweiten Welle Drohungen.
Ich sei ein Troll, der von der Regierung für seine Lügen bezahlt wird, lese ich, bevor ich zur Nachtschicht aufbreche. Ich solle an meinem
Corona verrecken, steht in einer Direktnachricht auf Facebook, die ich durchscrolle, wenn ich nach mehr als acht Stunden die Maske von meinem verschwitzten und geröteten Gesicht nehme.
Sie können den Leugnern doch Berichte von der Front entgegensetzen.
Das hilft nichts, die haben immer ein Gegenargument. Aber kürzlich rief ein Mann bei uns an, dessen Vater mit einem schweren Covid-Verlauf bei uns liegt. Er sagte, er sei bislang Corona-Skeptiker gewesen, habe das Virus für harmlos gehalten. Jetzt, da es seinem Papa so schlecht geht, sieht er ein, dass er Unrecht hatte.
Seit Monaten flehen Sie die Politik an, etwas gegen den Pflegenotstand zu tun. Bislang erfolglos.
Mir ist aufgefallen: Wir Pflegekräfte müssen gar nicht streiken, das könnten wir eh nie mit unserem Gewissen vereinbaren. Es würde genügen, wir machten Dienst nach Vorschrift. Verbrächten unsere Pause in einem separaten Raum oder gar draußen beim Spazierengehen, statt wie jetzt üblich dort, wo die Überwachungsmonitore stehen, stets zum Einsatz bereit.
Wir dürften nicht mehr einspringen, wenn Kollegen krank werden, keine weiteren Überstunden machen, Teilzeitkräfte müssten mal eben auf ihrem vereinbarten Arbeitspensum beharren. Wenige Stunden würden reichen. Dann nämlich würde das gesamte System in sich zusammenbrechen.
Hat Sie in letzter Zeit auch etwas gefreut?
Dass wir Heiligabend mit unseren Familien feiern dürfen! Nach fast einem Jahr der Entbehrungen, freue mich auf meine Eltern. Mir ist klar, dass wir Pfleger steigende Zahlen ausbaden müssten. Aber ich hatte mal eine ältere Patientin, die auf die Frage, ob ich sie zur Tür oder zum Fenster hin lagern soll, sagte: zur Tür. Sie wollte gleich sehen, wenn ihr Sohn doch noch vorbei käme. Daran muss ich oft denken. Tagesspiegel, ein Interview von Julia Prosinger mit Ricardo Lange, Intensivpfleger in Berlin
Altmaier hält Lockerungen ab 10. Januar für quasi ausgeschlossen
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sieht wenig Chancen auf schnelle Lockerungen der massiven Beschränkungen in der Corona-Krise. Der CDU-Politiker deutete eine Verlängerung des harten Lockdowns über den 10. Januar hinaus an. Solange ganz Deutschland ein riesengroßer Hotspot ist, verbieten sich Lockerungen praktisch von selbst
, sagte Altmaier der Deutschen Presse-Agentur. Er sprach sich außerdem für einen Strategiewechsel im Kampf gegen das Virus aus. Über Weihnachten solle dem Coronavirus möglichst wenig Angriffsfläche gegeben werden.
Der harte Lockdown ist bisher bis zum 10. Januar befristet - Ziel ist das weitgehende Herunterfahren des öffentlichen Lebens in Deutschland. Dazu gehört auch die Schließung vieler Geschäfte. Am 5. Januar wollen Bund und Länder über das weitere Vorgehen beraten.
Altmaier sagte: Ich wünsche mir, dass wir aus den letzten Monaten eine Lehre ziehen - nämlich dass wir die Maßnahmen, die wir ergreifen, mehr von objektiven Gegebenheiten und weniger von ad-hoc-Entscheidungen abhängig machen.
Bund und Länder hätten sich darauf verständigt, dass in einer Stadt oder in einem Kreis gehandelt werden müsse, wenn die Inzidenz über einem Wert von 50 pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen liege.
Was wir aber noch nicht beschlossen haben, sind klare Richtlinien was geschieht, wenn die Inzidenz in einem ganzen Bundesland oder in ganz Deutschland über 50, 100, 150 oder über 200 ist
, sagte Altmaier. Es macht Sinn, wenn man rechtzeitig festlegt, was zu geschehen hat, wenn Schwellenwerte überschritten werden - nicht nur in einzelnen Landkreisen, sondern in ganzen Bundesländern oder bundesweit.
Dann könne sich jeder darauf einstellen, die Menschen und die Unternehmen. Denn eine der schlimmsten Nebenwirkungen der Pandemie sei die ständige Ungewissheit.
Unser Alltag wird wohl noch zwei bis drei Monate eingeschränkt sein. Ab Frühsommer wird sich unser privates gesellschaftliches Leben normalisieren
, sagte Altmaier mit Blick auf den bevorstehenden Beginn der Impfungen. Wir werden zwar noch bis zum nächsten Winter oder darüber hinaus bei bestimmten Gelegenheiten eine Maske tragen müssen. Und es wird noch lange dauern, bis wir Großveranstaltungen, wie wir sie früher kannten, wieder verantworten können. Trotzdem wird das Leben der meisten Menschen ab Frühsommer wieder entspannter.
dpa
RKI meldet 962 Tote in 24 Stunden
Die Zahl der gemeldeten Todesfälle in Zusammenhang mit dem Coronavirus hat einen neuen Höchststand erreicht. Binnen eines Tages übermittelten die deutschen Gesundheitsämter dem Robert Koch-Institut (RKI) 962 neue Todesfälle, wie aus den RKI-Zahlen vom Mittwochmorgen hervorgeht. Außerdem wurden 24.740 Neuinfektionen gemeldet. Vergangenen Mittwoch (16.12.) waren 27.728 Neuinfektionen und der bisherige Höchststand von 952 Todesfällen verzeichnet worden. Den Höchstwert mit 33.777 gemeldeten Infektionen hatte es am Freitag gegeben, darin waren jedoch 3500 Nachmeldungen enthalten.
Die Zahl der binnen sieben Tagen an die Gesundheitsämter gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Sieben-Tage-Inzidenz) sank bis Mittwoch leicht auf 195,1. Tags zuvor war mit 197,6 ein Höchststand erreicht worden. Den mit Abstand höchsten Wert erreicht Sachsen: Dort liegt die Sieben-Tage-Inzidenz bei 414,1, also mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt. Es folgt Thüringen mit einem Wert von 319,6. Der niedrigste Wert wird in Mecklenburg-Vorpommern mit 96,3 verzeichnet. dpa
Impfgegner und die Coronapandemie: Gegen den Stich
Europaweit setzen Regierungen auf die neuen Impfstoffe, um Corona zu stoppen. Impfgegner und Rechtsextreme mobilisieren dagegen. Als Walter Weber die Bühne betritt, liegt Kiel im Nebel. Es ist der 12. Dezember, knapp 400 Menschen stehen vor dem Rednerpult, aus dem das Wort Freiheit
herausgeschnitzt wurde. Weber sagt, Coronaviren gebe es seit 70 Jahren, und schließt daraus: Wir zählen hier Erkältungen!
Weber ist pensionierter Internist und Onkologe, ein älterer Herr mit schütterem Haar und Lachfalten. Die Initiative Kiel steht auf
hat ihn als Auftaktredner eingeladen. Die Masken brächten nichts, ruft er, positive PCR-Tests seien medizinisch völlig wertlos
. Dann geht es ums Impfen: Ich verrate ihnen ein Geheimnis: Ich habe ein Immunsystem.
Klatschen, Pfeifen, Rasseln aus der Menge. Mit Mühe erhebt er seine Stimme noch mal mehr: Ich lasse mich nicht impfen! Nur über meine Leiche!
Im März habe er gemerkt, dass die Zahlen nicht zur medialen Panikmache passten
, sagt Weber. Im April gründete er mit drei anderen Mediziner_innen die Stiftung Ärzte für Aufklärung
. Weil er einen Doktortitel trägt und mit seinen 76 Jahren eine auf Lebenserfahrung gebaute Autorität ausstrahlt, gilt er vielen Pandemieleugner_innen als Experte. Als jemand, der sich auskennt mit PCR-Tests, Inzidenzwerten und mRNA-Impfstoffen.
Als Weber auf dem Weg zur Demo am Bahnhof von einem Bundespolizisten aufgehalten wird, trägt er keine Maske, aber das ist kein Problem. Ein befreundeter Arzt hat ihm ein Attest ausgestellt:
Walter Weber kann aus gesundheitlichen Gründen keinen Mund-Nasen-Schutz tragen
. Routiniert zieht er einen gefalteten, laminierten Zettel aus der Innentasche seiner Jacke und zeigt ihn dem Polizisten.
Menschen wie Weber führen eine Protestbewegung an, die seit dem Frühjahr gegen die Coronamaßnahmen auf die Straße geht, geeint in dem Glauben, die Pandemie sei ein Fake. Bestärkt werden sie von einem nicht versiegenden Strom der Desinformation. Jetzt mobilisieren sie auf ein Ereignis hin, das alle umtreibt: den Start der Impfungen.
Am kommenden Montag entscheidet die EU-Arzneimittelagentur über die Zulassung des ersten Impfstoffs. Um mit diesem die Seuche zu stoppen, müssten sich 60 Prozent der Bevölkerung impfen lassen. "Impfen ist der Weg raus aus dieser Pandemie", sagt Gesundheitsminister Jens Spahn. Und: Vertrauen sei beim Impfen das Allerallerwichtigste
.
Genau das aber untergraben die Impfgegner_innen: das Vertrauen in die Sicherheit der Impfung. Und Rechte aller Couleur schlagen daraus politisches Kapital.
Jüngsten Umfragen zufolge ist es um das Vertrauen nicht allzu gut bestellt. 2016 bezeichneten sich noch drei Viertel der Befragten in Deutschland als Impfbefürworter
. Wissenschaftler_innen der Uni Erfurt fanden heraus: Die Impfbereitschaft fällt seit April. Bei ihrer Umfrage Anfang Dezember gab nur rund die Hälfte der Befragten an, sich (eher) gegen COVID-19 impfen
lassen zu wollen. Selbst bei einem perfekt wirksamen Impfstoff würde die aktuelle Impfbereitschaft nicht ausreichen, um die Verbreitung des Virus zu stoppen
, schreiben die Forscher_innen.
Bei der Kundgebung der Impfgegner_innen in Kiel, auf einem Parkplatz vor dem Ostseekai, wo die Kreuzfahrtschiffe anlegen, nieselt es. Nur wenige Demonstrierende tragen Masken, dafür aber Buttons mit Umarmbar
, Atomkraft Nein Danke
oder Pharmaindustrie haftbar machen
. Lautstark begrüßen sie einander und fallen sich in die Arme, witzelnd, man werde ja von der Staatsmacht beobachtet
. Der Kitt ihrer Bewegung ist das Wir-gegen-das-böse-System-Gefühl.
Im Gespräch mit der taz beschreibt es Weber so: Diejenigen, die den Fake der Pandemie
besonders schnell bemerkt hätten, seien die Handwerker gewesen. Die haben die solideste Haltung. Die Intellektuellen intellektualisieren alles, denen fehlt der unverstellte Blick
, sagt Weber. Die Unterdrückung Andersdenkender
sei schon voll aktiv
. Die Hamburger Sparkasse habe ohne Vorwarnung das Konto seiner Stiftung gelöscht, 20.000 Euro Spendengelder seien an die Spender_innen zurücküberwiesen worden.
Am 24. April, neun Tage nachdem Weber die Ärzte für Aufklärung
gründete, demonstrieren in Wien 200 Menschen auf dem Albertinaplatz in der Wiener Innenstadt. Aufgerufen hat die Initiative für evidenzbasierte Corona-Informationen
. Mit dabei: Der Obmann
der Identitären
Martin Sellner. Redner_innen warnen vor Zwangsimpfungen durch Bill Gates. Wir sind die Juden
, skandieren die Demonstrienden. Ja, ich hab's mit dem Faschismus verglichen
, sagt eine Frau auf Nachfrage eines Reporters.
Bei der nächsten Coronademo in Wien, Mitte Mai, tragen Teilnehmer_innen ein Schild mit der Aufschrift Impfen macht frei
. Auf dem Bild wird auf den Eingang des Konzentrationslagers Auschwitz angespielt, mit dem Schriftzug Arbeit macht frei
auf den Toren. Auch die AfD Salzgitter verbreitet zwischenzeitlich ein Bild mit dem Slogan. Ebenfalls Mitte Mai auf dem Opernplatz in Frankfurt haben sich Coronademonstrant_Innen Armbinden mit David-Sternen umgebunden, wie die Juden sie im NS tragen mussten. Darauf steht: Ungeimpft
. Bald darauf tauchen die Armbinden auch in Zürich, Hamburg, Berlin, Stuttgart auf.
In Kiel ist Weber fertig mit seiner Rede. Er sieht müde und abgekämpft aus. Seit Mai fährt er fast jede Woche in eine andere Stadt. Manchmal auf Einladung des Veranstalters, manchmal nur, um Flyer zu verteilen und Kontakte zu knüpfen. Auch Ärzt_innen aus dem Ausland hätten ihn eingeladen. Ungarn, Italien, zuletzt sogar die Japaner
.
Wenn Weber nicht unterwegs ist, verschickt er aus Hamburg Flyer, die aufklären sollen – und dabei vor allem Ängste schüren. Auf dem letzten Flugblatt steht: Zwang zur Impfung droht
, darunter das Foto eines Kindes, das geimpft wird. Die Ärzte für Aufklärung und Professor Dr. Stefan Hockertz
warnen vor 80.000 Toten und 4 Millionen Impfgeschädigten durch eine Corona-Zwangsimpfung in Deutschland.
Das Paul-Ehrlich-Insitut (PEI) widerspricht vehement: Weder in den klinischen Prüfungen an mehreren zehntausend Personen noch bei den Impfungen in Großbritannien seien folgenschwere Reaktionen oder gar Todesfälle beobachtet worden. Auch im Deutschen Ärzteblatt wird vor den Ärzten für Aufklärung
gewarnt.
Andrea Feuer gehört zu jenen, die die Impfungen ängstigen. Sie bringt seit 2017 die Impfkritik in Deutschland auf die Straße
, sagt sie bei einer Demo in Berlin bereits im September 2019, zu sehen in einem Youtube-Video. Die kräftige Frau mit Kurzhaarschnitt, Ende 40, trägt Orange – passend zur Farbe des Banners mit der Aufschrift: Für freie Impfentscheidung – gegen Zwangsbehandlungen!
Von einem Blatt Papier liest sie etwas unsicher ihre Rede ab.
Feuer ist Fachangestellte für Zahnmedizin und eine von zwei Gründerinnen des Netzwerks Impfentscheid Deutschland
. Das ist der deutsche Ableger eines gleichnamigen Schweizer Netzwerks, das von der rechtspopulistischen SVP unterstützt wird. Schon als 2017 die Impfberatungspflicht für Eltern in Deutschland eingeführt wird, wertet Feuer das als politisches "Zügel-Anziehen". Sie beschließt, politisch aktiv zu werden. 2019 erreicht ihr Kampf einen ersten Höhepunkt: Das Masernschutzgesetz wird beschlossen. Wir leben in einem Land, in dem die Demokratie nur noch dem Schein dient
, ruft Feuer auf der Masernimpfdemo im September 2019 ihrem Publikum zu. Nur ein halbes Jahr später werden solche Sätze auch dem Publikum der Coronaproteste einheizen.
Heute nennt Feuer die geplante Impfoffensive ein Menschenlabor
. Sie sei keine Impfgegnerin, sondern Impfkritikerin, versichert sie der taz. Impfungen seien nicht per se ein Problem, aber das anerzogene Mantra
, nach dem Impfungen als höchstes Gut der Medizin
gelten. Es werde unkontrolliert
geimpft, ohne differenzierte Diagnostik auf Vorerkrankungen.
Das Paul-Ehrlich-Institut widerspricht auch dieser Behauptung. Es verweist auf den Beipackzettel, der über Risiken für bestimmte Gruppen, Wechselwirkungen und Nebenwirkungen informiert. Selbstverständlich würden Ärzte Impfwillige daraufhin befragen und untersuchen. Zudem würden bei den klinischen Prüfungen auch Angehörige der Risikogruppe geimpft.
Sechs bis sieben Beratungsanfragen zum Thema Impfung bekomme Andrea Feuer jeden Tag, sagt sie. Einige davon leiteten Webers Ärzte für Aufklärung
an sie weiter. Feuer spricht mit der warmen Stimme einer besorgten Mutter, das wirkt vertrauenerweckend. Ihre Argumente klingen für Laien einleuchtend. Auch weil sie Unwägbarkeiten anspricht, die die Wissenschaft tatsächlich noch nicht ausräumen kann: etwa welche Langzeitfolgen die Corona-Impfung haben kann.
Feuer ist auch deshalb erfolgreich, weil beim Versuch der Politik, den Impfgegner_innen etwas entgegenzusetzen, noch Luft nach oben ist. Das Bundesgesundheitsministerium hat zwar einen Steuerungskreis Kommunikation
für eine transparente, proaktive und zielgruppenspezifische Kommunikationskampagne
eingerichtet. Aber ein Interview mit diesem verweigert das Ministerium. Machen wir nicht
, sagt der Sprecher kurz angebunden – ohne Begründung.
Minister Jens Spahn müht sich indes nach Kräften. Nebenwirkungen sollen Geimpfte per App melden können. Wir werden das sehr, sehr transparent machen
, sagt er und versichert: Ich gebe Ihnen mein Wort: Es wird in dieser Pandemie keine Impfpflicht geben.
In den Telegram-Gruppen mancher Impfgegner ist indes ausgemachte Sache, dass es nicht freiwillig bleibt. Sie teilen Anleitungen, um die Impfbürokratie lahmzulegen, indem man massenhaft Dokumente wie Auszüge aus einem "einheitlichen StaatsRegister des Impfstoff-Unternehmens" anfordert. Ein Register diesen Namens aber existiert gar nicht.
Auch Andrea Feuer glaubt, der Impfzwang komme indirekt. Airlines hätten schließlich schon angekündigt, nur Geimpfte an Bord zu lassen. Erst die Reisefreiheit, dann mal weitergesponnen die Veranstalter, die sagen, in unser Konzert kommen Sie nur noch mit Immunitätsausweis.
Auf Feuers Kundgebungen und im Netz, auf ihrem Blog und in dem Telegram-Kanal mit über 9.000 Followern wird die Pandemie geleugnet und als Coronahype
heruntergespielt, Infektionszahlen werden in Zweifel gezogen – und Panik vor einem drohenden Impfzwang verbreitet.
Vor den Ängsten, die sie schürt, scheint sie selbst nicht gefeit. Mit dem nahenden Impfstart wird auch der Ton ihrer E-Mails an die taz aufgeregter. Noch spät am Abend schreibt sie, sie habe gerade den Corona-Ausschuss
angeschaut – eine Gruppe von Jurist_innen, die in Videokonferenzen die Coronamaßnahmen hinterfragen und Fakten und Falschinformationen so miteinander verbinden, dass am Ende immer klar ist: Die Pandemie ist ein Fake. Feuer schreibt: Ich rate Ihnen dringend, sich diese komplette Sendung anzuschauen. Es gab bei dem Covid-19-Impfstoff überhaupt keine prätoxische Studie.
Nun würden Menschenversuche
stattfinden. Feuer bittet darum, dabei mitzuhelfen
, dies aufzudecken. Es geht um Leben und Tod!!!
Mit prätoxisch
meint Feuer präklinische Studien auf Toxizität. Doch dass es diese nicht gegeben haben soll, ist laut dem Paul-Ehrlich-Institut eine Falschbehauptung. Ohne diese Daten werde eine klinische Prüfung gar nicht genehmigt, so das PEI.
Es ist genau diese Sorte Angst, die auch Populisten und extreme Rechte, fast überall in Europa, derzeit nach Kräften anzuheizen versuchen.
Schiebt euch eure Giftspritze in den Arsch!
, singen Demonstrierende etwa Mitte November auf dem Trafalgar Square in London. Zu dieser Zeit tauft Nigel Farage seine Partei in Reform UK
um. Farage ist Gründer der rechtspopulistischen Ukip sowie später der antieuropäischen Brexit Party. Mit Reform UK will er nun als Sprachrohr der Corona-Protestierer punkten. Denn zuletzt war die Partei des Rechtspopulisten auf nur 2 Prozent abgestürzt. Corona sei zwar kein Hoax, sagt Farage, aber die Maßnahmen gegen die Pandemie würden langfristig zu mehr Toten führen.
Ähnlich argumentiert die rechtspopulistische Schweizer SVP. Deren Jugendorganisation nennt die Coronamaßnahmen der Schweizer Regierung einen Genickschuss
für das ganze Land. Die SVP unterstützt das "Stopp Impfpflicht"–Referendum. In dessen Komitee sitzt Daniel Trappitsch vom Netzwerk Impfentscheid
, der Schwesterorganisation des Netzwerks von Andrea Feuer.
In Paris zogen kürzlich rund einhundert Menschen vor das Gesundheitsministerium. Auch einige Gelbwesten hatten sich unter die Demonstrierenden gemischt. Die Kur ist schlimmer als die Krankheit
, stand auf einem Transparent der Patriots
, einer Abspaltung des rechtsextremen Rassemblement National (RN). Florian Philippot hatte nach einem Streit mit Marine Le Pen 2017 seine eigene Partei gegründet. Nun steht er in Frankreich im Zentrum jener politischen Kräfte, die Covid-19 für eine Verschwörung und den Impfstoff als Gefahr sehen. Covid 19: Die unmaskierte Oligarchie
ist der Titel eines Buchs, das Philippot kürzlich veröffentlichte.
In Frankreich ist die Impfskepsis traditionell besonders stark ausgeprägt. Zwischen 2019 und vergangenem November sank die Impfbereitschaft der Franzosen von 63 auf 50 Prozent. Kürzlich sorgte der Film Le Hold-Up
, auf Deutsch Der Überfall
, für Diskussionen. In dieser Pseudodokumentation, die binnen kürzester Zeit ein Millionenpublikum im Netz erreichte, wird die Pandemie als geplante Vernichtung der Menschheit dargestellt, als Holocaust
gegen die Ärmsten der Welt. Der Film wurde von Youtube gesperrt, ist aber auf einschlägigen Kanälen bis heute abrufbar.
Auch in Österreich gibt es immer mehr Covid-Verschwörerforen. Am liebsten kommunizieren sie über den Messengerdienst Telegram. In Kanälen wie Fairdenken
, CoronaWiderstand
, Querdenker
oder auch Corona-Querfront
poppen fast im Sekundentakt entsprechende Meldungen auf. Da ist dann zum Beispiel zu lesen, dass sich sogar Labormäuse gegen den Corona-Impfstoff wehren würden – oder dass man heutzutage schon ein Nazi
sei, wenn man nur spazieren gehe.
Die aus Baden-Württemberg stammenden Querdenker
haben längst in Österreich ihre Ableger. Auf nach Berlin!
, schrieb Inge Rauscher im Sommer auf ihre Homepage. Die rüstige Seniorin ist Vorsitzende der rechten Ökoinitiative Heimat & Umwelt
, fleißige Aktivistin für einen EU-Austritt Österreichs. Sie warb dafür, die Querdenken
-Demo in Berlin zu besuchen. In Wien zerrissen im September Aktivist_innen unter Applaus der Menge auf der Bühne eine Regenbogenfahne, das Symbol der Schwulen- und Lesbenbewegung. Dabei bekamen sie Besuch aus Deutschland: Der bekannte Reichsbürger
Frank Radon erschien mit Reichsflagge in Wien.
Die österreichische FPÖ, die seit kurzem wieder auch offiziell enge Verbindungen mit den rechtsextremen Identitären hat, ist nach anfänglichem Zögern auf den Zug aufgesprungen. FPÖ-nahe Medien wie der Wochenblick hofieren die Corona-Rebellen
, FPÖ-Politiker treten mit ihnen auf. In der Frage der Corona-Impfung wird von allen wissenschaftlichen und gesundheitspolitischen Standards abgerückt
, behauptete Parteichef Norbert Hofer am Mittwoch. Die Menschen zu so einer Impfung zu verpflichten, ist schlichtweg verantwortungslos und darf nicht stattfinden.
Inzwischen hat die FPÖ eine Onlinepetition gegen einen vermeintlichen Impfzwang gestartet.
Eine Studie des "Counter Terrorism Project" im Auftrag der deutschen EU-Ratspräsidentschaft warnt bereits davor, dass die Coronapandemie es Rechtsextremen möglich mache, ihre Mobilisierungsbemühungen rund um regierungsfeindliche Verschwörungsmythen
auszubauen. Dazu würden sie die staatlichen Coronaschutzmaßnahmen als Errichtung eines Polizeistaats
uminterpretieren. Die rechtsextreme Szene würde auch versuchen, die Debatte rund um einen baldigen Corona-Impfstoff auszunutzen, um Impfgegner für ihre Zwecke einzuspannen
.
Identitären-Chef Martin Sellner schrieb bereits im Mai in der neurechten Zeitschrift Sezession von Götz Kubitschek, der in Sachsen-Anhalt einen Kleinverlag betreibt, durch die Coronaproteste könne das Wachstumspotenzial des patriotischen Lagers
steigen. Die Krise könne vielleicht sogar in die Nähe politischer Macht führen
.
Denn so wie der AfD ist den radikal Rechten in vielen Ländern das durchschlagende Thema abhandengekommen. Sie versuchen ein neues zu finden – und neue WählerInnen dazu: die Veränstigten in der bürgerlichen Mitte. Coronaprotest und das Schüren von Impfpanik sollen dabei helfen.
Das Internet ist ihnen behilflich, den Rechten und den Impfgegner_innen. Seit 2019 stieg die Zahl der englischsprachigen Social-Media-Accounts von Impfgegner_innen um 7,8 Millionen. 31 Millionen User_innen folgen Impfgegner-Gruppen auf Facebook, 17 Millionen auf Youtube. Das zeigt eine Studie des britischen Centre for Countering Digital Hate.
Von einer Infodemie
spricht Siddhartha Datta von der Weltgesundheitsorganisation WHO – eine Flut an Informationen, in der das verlässliche Wissen über die Krankheit für den Einzelnen immer schwerer von Fake News unterschieden werden kann. Datta ist bei der Gesundheitsorganisation für das Thema Impfen in Europa zuständig. Fehlinformationen, die die Impfbereitschaft untergraben, seien ein Teil dieser Infodemie, sagt er. Es ist nicht ein einziges Narrativ, das verwendet wird, um gegen Impfstoffe zu mobilisieren
, sagt Datta. Die Interessengruppen verwenden an verschiedenen Orten verschiedene Narrative.
Ein Beispiel seien etwa anthroposophische Gruppen, die ganz eigene Ansichten darüber hätten, was die Menschen tun sollen.
Auch die EU-Kommission sieht das Treiben der Impfgegner_innen mit Sorge. Sehr ernst
sei die Lage, sagt ein Sprecher der Generaldirektion Gesundheit. In fünf EU-Behörden sind Beamte damit befasst, gegen die impfbezogenen Fake News vorzugehen. Die EU-Botschaften haben ein Warnsystem für Fake News eingerichtet. Vor allem aber setzt die EU auf die Kooperation der Internetkonzerne. Wenn Sie heute bei Google nach
, sagt Siddhartha Datta von der WHO. Facebook, Twitter, Mozilla, Google, Microsoft und zuletzt Tiktok haben eine Selbstverpflichtung unterzeichnet, um gegen Fake News vorzugehen. Der Messengerdienst Telegram ist bislang nicht dabei. Über diese Plattform kommuniziert die Bewegung am liebsten.Covid19-Impfung
suchen, werden sie zur WHO oder anderen zuverlässigen Quellen geleitet. Das ist ein großartiger Beitrag
Mit Sorge schaut auch Thüringens Innenminister Georg Maier, derzeit Vorsitzender der Innenministerkonferenz, auf die Impfgegner. Die ideologische Verhärtung bei einem Teil der Impfgegner ist sehr groß, es hat eine Radikalisierung stattgefunden
, sagte Maier der taz. Wir müssen davon ausgehen, dass es unter den Impfgegnern Kräfte gibt, die nicht davor zurückschrecken, einen Angriff auf ein Impfstofflager durchzuführen.
Maier will die Lager von der Polizei schützen lassen. Zudem zeige die Diskussion um die niedrige Impfbereitschaft den Rechtsextremisten, dass hier Anknüpfungspotenzial bestehe. Das muss man sehr ernst nehmen.
Ein Teil der AfD sieht das mit dem Anknüpfungspotenzial ähnlich. An einem Freitagabend Ende Oktober steht Björn Höcke vor der Stadthalle in Cottbus. Der Thüringer AfD-Chef, Anführer des offiziell aufgelösten Flügels
und von den Behörden offiziell als Rechtsextremist eingestuft, kritisiert staatliche Repressionen
, spricht von Erstürmungen von Wohnungen
, Inhaftierungen
und Zwangsimpfungen mit erbgutveränderndem Impfstoff
. All das erwäge der Staat. Applaus auf dem Platz, auf dem sich etwa 350 Menschen versammelt haben.
Höcke meint die so genannten mRNA-Impfstoffe, zu denen auch jener von Biontech und Pfizer gehört, der höchstwahrscheinlich nun in der EU zugelassen wird. Es gibt keine wissenschaftliche Belege dafür, dass Impfstoffe wie dieser das Erbgut verändern. Warnungen vor Erbgutschäden sind falsch und verursachen unbegründete Ängste
, sagt auch der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts, Klaus Cichutek. Das hinderte den AfD-Abgeordneten Steffen Kotré nicht, das Märchen vom Impfstoff, der ins Erbgut eingreift
, am Mittwoch im Bundestag zu wiederholen.
Genau wie die FPÖ versuchen auch Höcke und ein großer Teil der AfD – nach anfänglicher Corona-Orientierungslosigkeit – Anschluss bei bei den Pandemieleugnern zu finden. Es sei ein großes Verdienst der so genannten Querdenken-Bewegung, lobte Höcke kürzlich, dass es ihr gelungen sei, neue Bevölkerungsgruppen an die demokratische Straßenkultur
heranzuführen. Die friedlichen und gesetzestreuen Bürgerproteste
stellten, wenn wir an sie andocken, auch ein großes neues Wählerpotenzial dar.
Nicht alle in der AfD denken so. Parteichef Jörg Meuthen hat jüngst vor zu viel Nähe zur Querdenken-Bewegung gewarnt. Fragt man im Bundestag nach einer abgestimmten Position der AfD-Fraktion zur Corona-Impfung, bekommt man auch eine eher gemäßigte Antwort. Wir halten Impfen für richtig, für einen wichtigen medizinischen Fortschritt
, sagt der gesundheitspolitische Sprecher Detlev Spangenberg am Telefon vorsichtig. Aber sie sollte freiwillig sein.
Doch vielen in Fraktion und Partei reichen solche Äußerungen nicht. Einer der in dieser Frage besonders aktiven AfDler ist der bayrische Bundestagsabgeordnete Hansjörg Müller. Bei der jüngsten Kundgebung vor dem Reichstag war er auf einen Klavierhocker gestiegen und hatte eine Rede gehalten. Hinter der Coronapolitik versteckten sich die Finanz- und Pharmaindustrie
, rief er. Müller ist einer der drei AfD-Abgeordneten, die an jenem Tag Gäste in den Bundestag brachten, von denen einige dort Abgeordnete anderer Fraktionen bedrängten. Weil Müller krank ist, sagt er ein Treffen ab, beantwortet Fragen aber per Mail. Mir geht das alles viel zu schnell!
, schreibt er auf die Frage, wie er zum Impfen stehe. Nach einer solch kurzen Zeit halte er es für verwegen zu behaupten, dass der Impfstoff sicher sei.
Wie Andrea Feuer warnt er vor einem indirekten Impfzwang
. Nicht Geimpfte könnten vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden oder ihren Arbeitsplatz verlieren. In Sachsen-Anhalt hat die AfD im Landtag einen Antrag eingebracht, der die Regierung auffordert, eine Impfpflicht durch die Hintertür
zu verhindern.
Müller hält die Maske für Freiheitsberaubung und Corona für eine Verschwörung von Bill Gates, der die Menschen zwangsimpfen und daran verdienen wolle. Die Bezeichnung Verschwörungstheoretiker stört ihn nicht. Das belustigt mich total
, sagte er jüngst im ZDF. Der taz schickt er ein Video von Prof. Hockertz
, einem der angeblichen Fachleute mit Professorentitel, die die Corona-Skeptiker_innen gern herumreichen. Hockertz wird auch auf dem Flyer von Walter Weber von den Ärzten für Aufklärung
zitiert. Und so finden sich Impfgegner_innen und radikal Rechte immer öfter Seite an Seite wieder.
Für dieses Wochenende hat Andrea Feuer zu Schweigemärschen gegen die Coronamaßnahmen in Deutschland und Österreich aufgerufen, gemeinsam mit der Gruppe Kündigt Ramstein Air Base
aus der Friedensbewegung. Außerdem hat sie seit Anfang Dezember 100.000 Flyer drucken lassen. Die Nachfrage sei so groß, dass sie 60.000 weitere nachbestellt habe. Feuer sagt, sie glaube nicht, dass das Impfziel in Deutschland erreicht werde.
Auch Walter Weber ist zuversichtlich. Die Menschen würden sich das nicht länger gefallen lassen
, sagt er im Anschluss an seine Rede in Kiel. Die Protestierenden haben sich zu einem Demonstrationszug in Richtung Innenstadt aufgestellt. Diesen Samstag ist für Weber wieder Demotag. Geht es nach Weimar oder doch Offenburg? Er hat den Überblick verloren. taz, ein Artikel von Nora Belghaus, Sabine am Orde, Christian Jakob
Querdenkerkämpfen
Lauterbach:
Ärzte müssen auch für Querdenker kämpfen
Rund eine Woche nach der Querdenken-Demo in Leipzig kommt einer der Organisatoren ins Krankenhaus. Er hat Corona und muss auf der Intensivstation behandelt werden. Darauf reagiert nun auch der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Nachdem einer der Mitorganisatoren einer Leipziger Querdenken-Demonstration im November wenige Tage später wegen einer Corona-Erkrankung auf der Intensivstation einer Leipziger Klinik künstlich beatmet werden musste, meldet sich SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zu Wort. Via Facebook reagiert er auf den RND-Bericht und fordert, die Organisatoren der Initiative zu überwachen.
Er schreibt wörtlich: Als Ärzte müssen wir auch für
Querdenker
Organisator auf der Intensivstation kämpfen. Trotzdem ist das Verhalten dieser selbstgerechten Menschen, die sich und andere in tödliche Gefahr bringen, einfach unendschuldbar.
Die Querdenken-Demonstration am 7. November in Leipzig war im Chaos geendet und hatte bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Die Zahl der erlaubten Demonstranten von 16.000 Personen wurde überschritten, die Leipziger Forschungsgruppe Durchgezählt
der Universität sprach von 45.000 Demonstranten.
Viele der Demonstranten hielt sich weder an die wegen der Pandemie geltenden Sicherheitsabstände noch trugen die meisten einen vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz. Einer deswegen angeordneten Auflösung der Demo widersetzten sich Tausende.
Der Tweet von Lauterbach löste eine Kette von Reaktionen aus. Während ein Teil der User die Forderung unterstützte, wurde die Behandlung des Erkrankten zum Teil mit Häme, aber auch mit Empathie begleitet. So schreibt Userin Victoria Julia Jacob: Es ist vollkommen egal, ob er ein Corona-Leugner respektive
mah/RNDQuerdenker
war … Es ist tragisch und ich wünsche ihm, dass er es ohne Spätfolgen übersteht.
Viele Gesundheitsämter können Kontakte wegen IT-Mängeln nicht nachverfolgen
Viele Gesundheitsämter haben wegen technischer Mängel nach wie vor erhebliche Probleme, die Kontakte von Corona-Infizierten effektiv nachzuverfolgen. Selbst wenn das genaue Infektionsumfeld bekannt sei, könne dieses bei einem Viertel der Gesundheitsämter wegen Mängeln etwa bei der IT-Ausstattung gar nicht erfasst werden, heißt es in einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Kai Gehring, die AFP in Berlin vorlag. Die anhaltende mangelnde Datenerfassung trägt demnach auch dazu bei, dass nach wie vor zu wenig über die Verbreitungswege des Virus bekannt ist. Zwar habe es in den vergangenen Monaten technische Nachbesserungen der Gesundheitsämter bei der IT-Infrastruktur gegeben - aber diese hinke nach wie vor hinterher, kritisierte Gehring.
Die Bundesregierung muss einräumen, dass sie in den letzten Monaten eine Reihe zentraler Aufgaben bei der Pandemiebewältigung vernachlässigt hat
, sagte Gehring zu AFP. Auch nach fast einem Jahr Pandemie kann jedes vierte Gesundheitsamt aus technischen Gründen nicht registrieren, unter welchen Umstände eine Infektion stattfand
, sagte der Abgeordnete. Eine gute IT-Infrastruktur würde nicht nur die Mitarbeitenden in dieser schwierigen Lage entlasten, sondern hätte auch den Erfolg der Eindämmungsstrategien der Bundesländer gezeigt.
Gehring kritisierte zudem, dass es nach wie vor kein zentrales Wissensmanagement der Bundesregierung über das Virus gebe. Es gibt keine Regierungsstelle, die bestehendes Wissen zu Covid-19 sammelt und auswertet - weder beim Kanzleramt noch beim Forschungsministerium
, sagte er. Er bekräftigte die Forderung seiner Partei nach Einrichtung eines Pandemierats.
Eigentlich verfolgen die Gesundheitsämter das Ziel, alle Kontaktpersonen von Covid-19-Infizierten zu dokumentieren und zu kontaktieren. Neben technischen Problemen führt derzeit auch die hohe Zahl der Fälle dazu, dass dies kaum möglich ist.
Nach Angaben der Bundesregierung ist eine effektive Kontaktnachverfolgung bei einem Inzidenzwert von unter 50 möglich - also weniger als 50 Neuinfizierte pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen. Derzeit liegt der Wert bundesweit bei fast 200 - regional liegen die einzelnen Werte noch deutlich darüber. AFP
Fluggast aus Großbritannien in Hannover positiv getestet
Nach einem Zwangsaufenthalt auf dem Flughafen Hannover für 62 Passagiere aus Großbritannien hat sich ein Fluggast als Covid-19-positiv herausgestellt. Weitere Labortests sollten nun klären, ob der Passagier sich mit der neuen, besonders ansteckenden Variante des Coronavirus infiziert habe, teilte die Region Hannover am Montag mit. Der betroffene Fluggast und die Begleitpersonen würden nun in einem Quarantäne-Transport zu ihrem Zielort gebracht.
Wegen der neuen Variante des Coronavirus ist die Einreise von Flugpassagieren aus Großbritannien an mehreren deutschen Flughäfen am Sonntagabend zunächst gestoppt worden. Ab Mitternacht untersagte Deutschland ohnehin Flüge aus dem Vereinigten Königreich.
Am Flughafen Hannover durften insgesamt 63 Passagiere zunächst nicht einreisen, 62 mussten getestet werden, ein Fluggast flog nach London zurück. Für die Reisenden waren Feldbetten aufgestellt worden. Unser Ziel war zu verhindern, dass die neue Virusart unbemerkt nach Niedersachsen einzieht
, sagte Regionspräsident Hauke Jagau. dpa
Lufthansa fliegt weiter nach Großbritannien
Die Lufthansa will vorerst ihre Flüge nach Großbritannien fortsetzen. Bei den Rückflügen nach Deutschland seien dann aber keine Passagiere an Bord, sagt ein Konzernsprecher. Sollten in Großbritannien gestrandete Deutsche zurückgeholt werden, stünde die Airline zur Verfügung. Details dazu müssten allerdings die Bundesregierung und die zuständigen Behörden entscheiden.
Bericht: Mindestens zehn Passagiere aus Großbritannien mit Corona infiziert
Auf den zuletzt in Deutschland gelandeten Passagierflügen aus Großbritannien sind nach einem Medienbericht bisher mindestens zehn mit Corona infizierte Passagiere identifiziert worden. Die Personen waren demnach an Bord verschiedener Flieger, die am Sonntag in Berlin, Stuttgart, Hannover und Dortmund landeten, wie die Bild
-Zeitung unter Berufung auf Behördenkreise schreibt. Offiziell bestätigt ist das allerdings noch nicht.
Wegen der in Großbritannien aufgetretenen Mutation des Coronavirus herrscht seit Mitternacht auf deutschen Flughäfen auch in anderen europäischen Ländern ein Landeverbot für Flüge von dort. An den Flughäfen wurden die Passagiere isoliert: Sie mussten auf Feldbetten übernachten und müssen sich Corona-Tests unterziehen.
Wie ein Sprecher der Bundespolizei sagte, warteten am Vormittag etwa am Frankfurter Airport noch 87 Personen im Transitbereich darauf, getestet zu werden und weitere rund 70 bereits getestete Menschen auf ihr Ergebnis. Reuters
Interpol warnt vor weltweiter Verbrechenswelle wegen Impfstoffen
Die Internationale Polizei-Organisation Interpol erwartet zum Start der Corona-Impfungen eine weltweite Verbrechenswelle. Mit dem Ausrollen der Impfstoffe wird die Kriminalität dramatisch steigen
, sagte Interpol-Generalsekretär Jürgen Stock am Montag der Wirtschaftswoche
. Er nannte Diebstähle, Lagereinbrüche und Überfälle auf Impfstoff-Transporte. Korruption wird vielerorts grassieren, um schneller an den wertvollen Stoff zu kommen.
Verbrecherische Gruppen hätten ab der ersten Minute überlegt, wie sie mit Covid-19 Kasse machen können, sagte Stock, der seit 2014 Generalsekretär der Organisation mit 194 Mitgliedsstaaten ist. Ein solches Phänomen habe ich in meiner langen Polizeilaufbahn noch nicht gesehen
, fügte er hinzu. Ein Virus breitet sich von Asien über alle Kontinente aus - und ihm folgt eine Kriminalitätswelle, sozusagen eine Parallel-Pandemie des Verbrechens.
Interpol hatte bereits Anfang Dezember vor gefälschten Corona-Impfstoffen gewarnt. Schon zu dem Zeitpunkt stellten die Polizeibehörden ein beispielloses
kriminelles Verhalten fest, darunter auch der Verkauf angeblicher Impfstoffe über das Internet und andere Wege. AFP
Neue Corona-Variante taucht in Südafrika auf
Die Ausbreitung einer mutierten Form des Coronavirus in Südengland sorgt für Unsicherheit, ob der Impfstoff auch gegen die neue Variante hilft. Derweil entdecken Forscher in Südafrika eine weitere Mutation des Sars-CoV-2-Virus.
In Südafrika kursiert eine neue Variante des Sars-CoV-2-Virus. Entdeckt worden sei die vorerst 501.V2 genannte Variante bei genetischen Untersuchungen von Proben aus verschiedenen Provinzen, sagte Gesundheitsminister Zweli Mkhize in einer TV-Rede. Unklar ist bisher, ob sich das Auftauchen der neuen Variante auf künftige Impfungen auswirkt. Die bisherigen Strategien der Regierung sollen jedoch nicht geändert werden.
In Südafrika wurden bisher 892.813 Corona-Fälle bestätigt, mehr als 24.000 Menschen starben in Verbindung mit einer Covid-19-Erkrankung. Die Regierung hatte Ende März eine landesweite Ausgangsbeschränkung verhängt, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, und sie nach einer vorübergehenden Zurücknahme zum Beginn der Feiertagssaison erneut leicht verschärft. Die Restriktionen haben eine verheerende Auswirkung auf die Wirtschaft.
Kürzlich hatten britische Behörden die Weltgesundheitsorganisation (WHO) über eine in Großbritannien gefundene neue Variante des Coronavirus informiert. Nach Angaben der WHO haben sich die schon bekannten Varianten des Virus im Hinblick auf Ansteckungswege oder Schwere der Erkrankung kaum oder gar nicht anders verhalten als das zuerst identifizierte Virus. ntv.de, uzh/dpa
Spahn will Landeverbot für Briten-Flieger
Flug-Hammer zum Fest: Die Bundesregierung erwägt nach BILD-Informationen einen Stopp für Flüge aus Großbritannien und Südafrika! Grund: In beiden Staaten sind gefährliche Mutationen des Coronavirus nachgewiesen worden. Zuvor hatten bereits die Niederlande einen Flugstopp für die Briten verhängt! Wie BILD aus Kreisen der Bundesregierung erfuhr, werde eine entsprechende Verordnung des Ministeriums von Gesundheitsminister Jens Spahn (40, CDU) vorbereitet, die im Kabinett beschlossen werden muss. Bis November habe für den Briten-Bann eine einfache Anordnung des Bundesgesundheitsministers genügt. Nach einer Gesetzesänderung sei dies nun wesentlich komplizierter und langwieriger.
Nach der Entdeckung einer neuen Variante des Coronavirus in Großbritannien hatten die Niederlande kurzfristig beschlossen, Flugpassagiere aus dem Vereinigten Königreich nicht mehr einreisen zu lassen. Das Verbot soll zunächst bis zum 1. Januar gelten, hatte die niederländische Regierung am frühen Sonntagmorgen mitgeteilt.
Bereits Anfang Dezember sei bei einer Stichprobe in den Niederlanden ein Virus mit der im Vereinigten Königreich beschriebenen Variante identifiziert worden, hieß es weiter. Nach der Meldung aus Großbritannien werde dieser Fall weiter untersucht und geprüft, wer betroffen sei, wie es zu der Infektion gekommen sei und ob verwandte Fälle bekannt seien.
In Südafrika kursiert ebenfalls eine neue Variante des Coronavirus SARS-CoV-2. Entdeckt worden sei die vorerst 501.V2 genannte Variante bei genetischen Untersuchungen von Proben aus verschiedenen Provinzen. Unklar sei bisher, ob sich das Auftauchen der neuen Variante auf künftige Impfungen auswirkt. Bild
Corona Zahlen Deutschland heute:
Das sind die aktuellen Werte laut RKI
Neuinfektionen: Wie das RKI am Morgen bekanntgab, haben sich innerhlab von 24 Stunden mehr als 31.000 Menschen neu mit dem Coronavirus infiziert. Die genaue Zahl der Neuinfektionen beträgt demnach 31.300. Außerdem meldet auch Zeit Online
täglich die aktuellen Fallzahlen. Laut Zeit Online gibt es heute sogar 31.458 Neuinfektionen. Die Zahlen von Zeit Online basieren auf den direkten Angaben aus den Landkreisen. Sie sind weniger als die Statistiken des Robert Koch-Instituts von verzögerten Meldeketten betroffen und können deshalb abweichen.
Neuinfektionen der vergangenen Tage: Am gestrigen Freitag gab es 33.777 Neuinfektionen mit dem Virus. Am Donnerstag waren es mehr als 20.000. Am Mittwoch gab es 27.728 Neuinfektionen.
Infizierte: Insgesamt haben sich seit Beginn der Pandemie deutschlandweit und nach jüngsten Angaben des RKI 1.471.238 Menschen mit dem Virus angesteckt.
Todesfälle: In Deutschland sind 25.640 Menschen mit oder an Corona gestorben. 702 Menschen also mehr, als am Tag zuvor.
Genesene: Die Zahl der Genesenen beträgt, so das RKI, 1.085.500.
R-Wert: Das RKI gibt in seinem aktuellen Lagebericht ein so genanntes Sieben-Tage-R an. Dieser Wert bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher weniger tagesaktuellen Schwankungen. Dieser Wert vom Freitag mit 1,05 (Vortrag: 0,97) angegeben. Der Wert sei aber aufgrund von noch ausstehenden Datenermittlungen nur eingeschränkt verwertbar. Er bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt der Wert für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. Südewest Presse
Ethikrat-Mitglied fordert, dass Impfgegner auf Notfallhilfe verzichten sollen
Der Humangenetiker Wolfram Henn fordert Impfverweigerer auf, im Krankheitsfall auf alle Notfallmaßnahmen zu verzichten. Wer partout das Impfen verweigern will, der sollte, bitte schön, auch ständig ein Dokument bei sich tragen mit der Aufschrift: ,Ich will nicht geimpft werden!
zitiert die Bild
-Zeitung vom Samstag Henns, der auch Mitglied im Deutschen Ethikrat ist: Ich will den Schutz vor der Krankheit anderen überlassen! Ich will, wenn ich krank werde, mein Intensivbett und mein Beatmungsgerät anderen überlassen.
Allen Impfskeptikern empfahl Henn, sich auf den Rat von Menschen, die sich wirklich auskennen
, zu verlassen. Forscher weltweit hätten mit riesigem Aufwand das Tempo erhöht, aber nicht auf Kosten der Sicherheit.
Zudem werde es binnen Monaten auch Corona-Impfstoffe klassischer Bauart geben, wie sie seit Jahrzehnten milliardenfach gegen Grippe oder Hepatitis bewährt sind
. Man dürfe das Feld nicht Querdenkern und Impfgegnern
überlassen, ergänzte der Experte: Diesen Panikmachern empfehle ich dringend, mal ins nächste Krankenhaus zu gehen und ihre Verschwörungstheorien den Ärzten und Pflegern zu präsentieren, die gerade völlig ausgepowert von der überfüllten Intensivstation kommen.
KNA
RKI-Zahlen Deutschland:
Aktuelle Fallzahlen von Freitag, 18.12.20
Das Robert Koch-Institut (RKI) erfasst jeden Tag die aktuelle Corona-Lage in Deutschland, für die Bundesländer und Landkreise und bewertet nach eigenen Angaben auf der Homepage alle Informationen und schätzt das Risiko für die Bevölkerung in Deutschland ein
. Zudem stellt das RKI Empfehlungen für die Fachöffentlichkeit zur Verfügung wie Fallzahlen und Informationen zu allgemeinen Infektionsschutzmaßnahmen, Diagnostik und Teststrategie und Prävention in Gesundheitseinrichtungen.
Neuinfektionen: Laut erster RKI-Meldung sind mehr als 30.000 neue Infektionen mit dem Coronavirus innerhalb eines einzigen Tages registriert worden. Die Gesundheitsämter meldeten dem RKI 33.777 Infektionen. In der Zahl sind allerdings 3500 Nachmeldungen aus Baden-Württemberg enthalten, die am Vortag aus technischen Gründen nicht übermittelt worden waren. Abzüglich der Nachmeldungen wurden somit 30.277 neue Infektionen binnen 24 Stunden gemeldet. Mit den nachgemeldeten Fällen wäre bereits am Donnerstagmorgen ein neuer Rekord bekanntgegeben worden. Am vergangenen Freitag (11.12.) war mit 29.875 der bisherige Höchststand an Neuinfektionen erreicht worden.
Infizierte: Die Gesamtzahl der Infektionen seit Beginn der Pandemie in Deutschland beträgt laut jüngsten Werten des RKI 1.439.938 Fälle.
Tote: Die Zahl der Menschen, die mit oder an einer Corona-Infektion gestorben sind, liegt bei 24.938 Das sind 813 Tote mehr als am Vortag. Südewest Presse
Kassenärzte-Chef rechnet mit Scheitern des harten Lockdowns
Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, rechnet mit einem Scheitern des seit Mittwoch geltenden Lockdowns. Ich gehe nicht davon aus, dass wir bis zum 10. Januar eine relevante Absenkung der Infektionsraten und schon gar nicht der Todesfälle erreichen werden
, sagte Gassen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Daran werde auch eine Verlängerung des Lockdowns nichts ändern. Ein Lockdown, egal wie hart, ist keine geeignete langfristige Strategie in der Pandemiebekämpfung.
Stattdessen sollte mehr für den Schutz der Risikogruppen in den Alten- und Pflegeheimen getan werden. Außerdem müssten Menschenströme entzerrt werden, beispielsweise durch den Einsatz von mehr Bussen und Bahnen, sowie subventionierten Taxifahrten für Risikogruppen, forderte Gassen.
Zudem sollte bei einer künftigen Lockerung der Corona-Maßnahmen auf Impfverweigerer keine Rücksicht zu nehmen. Wer sich bei breiter Verfügbarkeit eines Impfstoffes nicht impfen lassen will, muss dann auch mit dem Risiko leben, an Covid-19 zu erkranken oder gar daran zu sterben
, sagte Gassen.
Es könne nicht sein, dass der Rest der Gesellschaft dauerhaft auf Impfverweigerer Rücksicht nehmen muss
, betonte der KBV-Vorsitzende. Deshalb sollten nach seiner Ansicht die Corona-Schutzmaßnahmen aufgehoben werden, nachdem alle impfbereiten Menschen eine Impfung erhalten haben: Wenn jeder, der es möchte, eine Impfung bekommt, können wir auch die Beschränkungen aufheben.
dpa/AFP
698 neue Todesfälle und 26.923 Neuinfektionen gemeldet
Die Zahl der binnen eines Tages gemeldeten Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus bleibt auf hohem Niveau. Die deutschen Gesundheitsämter übermittelten dem Robert Koch-Institut (RKI) 698 neue Todesfälle, wie aus den RKI-Zahlen vom Donnerstagmorgen hervorgeht. Das ist der zweithöchste Wert seit Beginn der Pandemie. Außerdem wurden 26.923 Neuinfektionen verzeichnet. Das sind mehr als am vergangenen Donnerstag (10.12.). Damals waren 23.679 Neuinfektionen gemeldet worden. Die Zahl der Todesfälle lag bei 440. Der Höchstwert von 952 Todesfällen war am Mittwoch verzeichnet worden. Die Zahl der Neuinfektionen hatte am Freitag den Höchststand von 29.875 gemeldeten Fällen erreicht.
In der Tendenz war die Zahl der täglichen Todesfälle zuletzt nach oben gegangen, was nach dem steilen Anstieg bei den Neuinfektionen auch erwartet wurde. Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg bis Donnerstag auf 24.125.
Die zur Lagebeurteilung entscheidende Sieben-Tage-Inzidenz - die gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen - sank bis Donnerstag leicht auf 179,2. Am Mittwoch hatte der Wert mit 179,8 einen Höchststand erreicht.
Das RKI zählt seit Beginn der Pandemie 1.406.161 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland (Stand: 17.12., 00.00 Uhr). Nach Schätzungen sind rund 1.047.600 Menschen inzwischen genesen.
Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Mittwoch bei 0,98. Das heißt, dass 100 Infizierte rechnerisch 98 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Erst wenn er für längere Zeit unter 1 liegt, flaut dieses ab. dpa
Überlastete Intensivstationen - Erste Klinik in Sachsen muss wegen Corona Triage anwenden
Viele Kliniken sind wegen Corona überlastet. Der Chef eines Krankenhauses in Sachsen räumt nun ein, dass in seinem Haus Ärzte schon mehrfach eine schwere Entscheidung treffen mussten: Wer behandelt wird und wer nicht.
Erstmals hat ein ärztlicher Direktor öffentlich bestätigt, dass in seiner Klinik Ärzte vor der Entscheidung stehen, welchen Corona-Patienten sie helfen und welchen nicht. Dr. Mathias Mengel, Ärztlicher Direktor des Klinikum Oberlausitzer Bergland gGmbH, erklärte in einem Videoforum am Dienstagabend, dass im Krankenhaus Zittau schon mehrfach triagiert werden musste. Es haben seinen Aussagen zufolge nicht genug Beatmungsbetten zur Verfügung gestanden. Der Fachbegriff Triage stammt vom französischen Verb trier
, das sortieren
oder aussuchen
bedeutet.
Wir waren in den vergangenen Tagen schon mehrere Male in der Situation, dass wir entscheiden mussten, wer Sauerstoff bekommt und wer nicht
, bestätigte Mengel t-online. Mengel sagte, ein kleines Team entscheide kurzfristig. Es werde versucht, den Patienten, für den es keine Versorgung gibt, in eine andere Klinik zu verlegen. Aber wir sind im Epizentrum, manche Häuser nehmen gar nicht mehr auf
, und auch in Westsachsen seien die Kliniken voll.
Die Entscheidung könne auch bedeuten, dass es für einen nicht verlegungsfähigen Patienten dann keine entsprechende Hilfe mehr gebe, und das sei auch der Fall gewesen. Nachdem Mengels Aussage am Mittwoch große Aufmerksamkeit bekommen hatte, äußerte er sich nicht mehr dazu. Eine Sprecherin des Klinikums erklärte aber gegenüber der Sächsischen Zeitung
, es seien keine Patient verstorben, weil ihnen als Folge von Triage beispielsweise kein Intensivplatz zur Verfügung gestanden habe oder keine Sauerstoffgabe möglich gewesen sei. Alle Patienten erhielten die bestmögliche Therapie
. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa dementierte die Klinik die deutlichen Sätze des Mediziners aber nicht.*
Mengel hatte von ersten Überlegungen berichtet, Patienten in größerem Stil in andere Bundesländer zu verlegen. Zuerst hatte der Deutschlandfunk-Reporter Alexander Moritz von Mengels Schilderung berichtet.
Keine explizite gesetzliche Regelung für Triage
Ein Triage-Gesetz gibt es in Deutschland nicht. Es ist also nicht explizit gesetzlich geregelt, wie Ärzte in Notfallsituationen über Leben und Tod entscheiden müssen. Sieben medizinische Fachgesellschaften – unter anderem die Gesellschaft der Intensivmediziner DIVI – haben aber schon im März entsprechende Handlungsempfehlungen für die Triage in Corona-Zeiten erarbeitet. Sie sollen die behandelnden Ärzte bei den schwierigen Entscheidungen unterstützen.
In den Handlungsempfehlungen heißt es etwa: Die Priorisierung von Patienten sollte sich deshalb am Kriterium der klinischen Erfolgsaussicht orientieren, was nicht eine Entscheidung im Sinne der
best choice
bedeutet, sondern vielmehr den Verzicht auf Behandlung derer, bei denen keine oder nur eine sehr geringe Erfolgsaussicht besteht.
Im Landkreis Görlitz, zu dem Zittau gehört, liegt die Sieben-Tage-Inzidenz bei 532 je 100.000 Einwohnern. Dem Kreis zufolge wurden 263 Corona-Patienten stationär in den Kliniken des Landkreises Görlitz behandelt, 25 davon intensivmedizinisch (Stand Dienstagmittag). Gestorben sind in dem Landkreis bisher 262 Corona-Patienten.
Am Dienstag berichtete das Gesundheitsamt von 14 neuen Todesfällen. Acht der Toten seien älter als 80 Jahre alt gewesen, aber auch eine 53-jährige Frau und ein 43-jähriger Mann starben am Dienstag. T.Onlie, der Text wurde mit der Reaktion der Klinik gegenüber Sächsischer Zeitung
und dpa aktualisiert
Weihnachten in der Corona-Krise:
Alle Jahre wieder – nur nicht dieses
Erst Shutdown, dann Tannenbaum? Wer glaubt, ein normales Weihnachtsfest sei möglich, verkennt die Lage. Denn die Mathematik zeigt: Familienbesuche sind riskant.
Stille Nacht. In diesem Jahr kann die Liedzeile zwei sehr unterschiedliche Bedeutungen annehmen: Entweder kann sie für ein Corona-Weihnachten stehen, an dem es viel ruhiger zugeht, als es die meisten je erlebt haben. Weil die Menschen in Deutschland an den Feiertagen sogar auf Besuche bei der Familie und engen Verwandten verzichten und das Weihnachtsfest in ihrem eigenen Haushalt verbringen, womöglich einsam. Oder aber für ein Corona-Weihnachten, das für viele Menschen zum letzten ihres Lebens wird, weil sie Anfang 2021 an Covid-19 sterben, nachdem sie sich in engen, schlecht gelüfteten Räumen bei zu langen Besuchen mit Sars-CoV-2 infiziert haben.
Mit Freunden und der Familie zusammen zu sein ist es nicht wert, sie oder sich selbst einem Risiko auszusetzen
, mahnte der Chef der Weltgesundheitsorganisation, Tedros Adhanom Ghebreyesus, zu Wochenbeginn. Am selben Tag hatte die Bundeskanzlerin sich im CDU-Präsidium irritiert über die Alleingänge einiger Bundesländer gezeigt, unter anderem hatte das stark betroffene Sachsen private Hotelaufenthalte zu Weihnachten erlaubt. So geht es also in den Winter: mit Mahnungen an den Einzelnen, mit einer Ahnung von den Grenzen der politischen Kompromissfähigkeit.
Weihnachten, der Inbegriff für ein paar private Tage gegen Jahresende, ist zum Gegenstand kollektiver Verantwortung geworden. Welche Art stille Nacht es wird, hängt von der Masse individueller Entscheidungen für die Feiertage ab.
So bietet zum Beispiel der teils vorgezogene Beginn der Schulferien nur einen relativen Gewinn an Sicherheit. Selbst wer ab dem vierten Adventswochenende konsequent daheim bliebe, hätte bis zum Weihnachtsabend mit den Großeltern nicht einmal die Hälfte der Spanne von 14 Tagen erreicht, die das Gesundheitsamt für eine Corona-Quarantäne veranschlagt. Klar, auch konsequenter Abstand, Hygiene und Lüften können schützen. Aber würde man mit Opas Leben darauf wetten wollen?
Festtagsplanung erfordert in diesem Jahr Denken in unklaren Risiken. Wer die Lage verstehen und selbst sinnvoll entscheiden will, sollte sich den Stand der Pandemie vor Augen führen und ihre bisherige Dynamik.
Zurück in den Herbst. Im September stiegen die Infektionszahlen in Deutschland zusehends, auch wenn ihre absolute Höhe trügerisch niedrig erschien. Anfang des Monats lag sie bei knapp über tausend bestätigten Fällen (Tageswert im Durchschnitt von sieben Tagen*) – wenig im Vergleich zu den Spitzenwerten vom Mai und auch wenig, verglichen mit den Nachbarländern. Dass allerdings bei solchen Entwicklungen die Bestandsgröße zweitrangig ist und vor allem die Zuwachsrate zählt, dafür fehlt Menschen das Bauchgefühl.
So wie in der Legende vom Brahmanen Sissa ibn Dahir, der das Schachspiel an den Hof eines indischen Herrschers bringt und zur Belohnung nichts als Reis verlangt: ein Korn aufs erste Feld des Schachbretts, doppelt so viel aufs zweite, wieder doppelt so viel aufs dritte … schon bald ist die Reismenge gigantisch. Ein sich selbst verstärkendes Wachstum kennzeichnet auch ansteckende Krankheiten, denn jeder Infizierte ist ein potenzieller Infizierer. Den Oktober über verdoppelte sich die Zahl der täglichen Corona-Infektionen etwa alle zehn Tage. Längst überragte diese zweite Welle die erste vom Frühjahr.
Als die Ministerpräsidenten und die Bundesregierung dann Ende Oktober ihren Corona-Wellenbrecher
beschlossen, meldete das Robert Koch-Institut schon zehnmal so viele Neuinfektionen wie Anfang September. Das war die Hypothek für den November: Zwar konnte der Zuwachs ausgebremst werden, doch der Sieben-Tage-Durchschnitt der Fallzahlen blieb höher, als er im rasanten Oktober gewesen war – so gab es im November mehr positive Testergebnisse pro Tag als im Juni oder Juli pro Monat.
Das war zum ersten Advent der Zwischenstand der zweiten Welle: Die Summe der Menschen, die sich nachweislich mit Sars-CoV-2 infiziert haben, hat die Millionengrenze überschritten. Jeder zweite von ihnen hat sich trotz des Wellenbrechers im November angesteckt.
Verzögert wirkt sich das im Gesundheitssystem aus. Weil einige Zeit vergeht, bevor Menschen mit schweren Symptomen ins Krankenhaus, womöglich auf die Intensivstation kommen, wo sie zuweilen wochenlang behandelt werden oder schlimmstenfalls sterben. Das Risiko für dieses Schicksal ist sehr ungleich verteilt: Bislang sind zwei Drittel der Verstorbenen älter als 80 Jahre, lediglich jeder zwanzigste Tote war jünger als 60 Jahre.
Nur mit diesen Zahlen im Kopf lässt sich die Situation zu Beginn des Winters beurteilen: Das Potenzial für eine Ansteckung, auch für eine unentdeckte, ist höher denn je in dieser Pandemie. Die Verlängerung der Wellenbrecher-Regeln auf die ersten drei Dezemberwochen und die teilweise Verschärfung mögen Schlimmeres verhindern, das Niveau der Neuinfektionen scheinen sie nur langsam zu drücken. Jedenfalls bleiben die Zahlen viel zu hoch für die lückenlose Nachverfolgung.
Zur Erinnerung: Solange nicht große Mengen Impfstoff verfügbar sind, gilt Testing und Tracing
als Königsweg der Seuchenbekämpfung. Als grobes Maß dafür, wie lange die Gesundheitsämter die Ansteckungen nachverfolgen können, wurde der Wert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche (Sieben-Tage-Inzidenz
) festgelegt. Aktuell liegen aber nur etwa zwei Dutzend von 401 Städten und Landkreisen in Deutschland noch unter dieser Schwelle – und die Hälfte davon bei mehr als doppelt so hohen Werten.
Und wo die Gesundheitsämter nicht mehr hinterherkommen, können sich die Bürger nicht mehr darauf verlassen, im Zweifelsfall zügig angerufen zu werden: "Obacht, ein Corona-Positiver hat Sie als engen Kontakt angegeben!" Wo eine Infektion stattgefunden hat, lässt sich schon seit Langem bei der Mehrzahl nicht mehr feststellen.
Diese kollektive Unklarheit bedeutet für den Einzelnen: Er muss überall damit rechnen, Infizierten zu begegnen, die davon gar nichts wissen.
Nun sollen für die Feiertage aber in vielen Bundesländern die Kontaktbeschränkungen gelockert werden, so der Stand zu Redaktionsschluss, sodass private Treffen für zehn statt fünf Personen (Kinder unter 14 nicht mitgezählt) erlaubt werden und Privatleute auf Familienbesuch in Hotels übernachten dürfen. Politisch waren die Lockerungen wahrscheinlich unumgänglich, galt doch seit Oktober die suggestive Parole, der Wellenbrecher sei nötig, damit man Weihnachten feiern könne. Eine Einladung zum Risiko sind sie aber eben auch. Und so stellt sich vor jedem Treffen – besonders mit älteren Angehörigen – die Frage, wie man sich nicht gegenseitig gefährdet. In einer repräsentativen Umfrage wollte Infratest dimap Ende November von den Bürgern wissen, ob diese an den Weihnachtsfeiertagen Kontakt zu ihrer Familie oder Besuche einschränken
würden. Etwa die Hälfte gab an, sich sehr stark
oder stark
beschränken zu wollen, die andere Hälfte weniger stark
oder gar nicht
. Ihr Verhalten entscheidet darüber, welche Art von stiller Nacht 2020 bringt.
Der Advent birgt eine paradoxe Gleichzeitigkeit. Er steht noch ganz unter dem Eindruck der Rekordzahlen des Novembers. Zu welcher Zuspitzung in den Kliniken sie führen, wird sich in den kommenden Wochen zeigen. Aktuell liegen die Sterbezahlen schon deutlich über dem Höchstwert der ersten Welle, Tendenz steigend. Zugleich geht es längst um den Januar. Denn die letzten Tage von 2020 entscheiden, ob 2021 mit einem weiteren Anstieg beginnt. Sollte sich eine Dynamik à la Oktober abzeichnen, wird eine Debatte über einen harten Lockdown folgen.
Zusammengenommen ist das eine Aufforderung an jeden mündigen Bürger, nicht alles zu tun, was gerade erlaubt ist. Quelle: [Zeit Onlibne, eine Analyse von Stefan Schmitt
*Wegen der starken Schwankungen im Wochenverlauf beziehen sich die Angaben in diesem Artikel auf den jeweiligen Sieben-Tage-Durchschnitt
Die Zahl der Covid-19-Toten zu Weihnachten steht jetzt schon fest
Die Sterbefälle im Zusammenhang mit einer Coronavirus-Infektionen nehmen in Deutschland stetig zu. Und das wird bis zu den Festtagen wohl so weitergehen.
Es ist natürlich sehr bedauerlich, dass wir wegen Corona nicht in Kneipen, Bars und Clubs gehen können und nicht in Kinos und Theater und Museen, nicht in den Skiurlaub fahren und nicht zum Baden in die Tropen fliegen dürfen. Und dass Unternehmen schließen müssen, Arbeitsplätze verloren gehen und vieles mehr.
Die wahre Corona-Tragödie aber besteht darin, dass viele Menschen sterben, die noch ein mehr oder weniger langes Leben vor sich gehabt hätten, wenn sie sich nicht mit dem Sars-CoV-2-Virus infiziert hätten.
Die traurig-brutale Pandemie-Wahrheit lautet: Wie viele Corona-Tote es über die Weihnachtsfeiertage geben wird, steht bereits unumstößlich fest. Denn die Menschen, die während der Feiertage an Covid-19 sterben werden, sind jetzt bereits infiziert.
Laut des Epidemiologischen Steckbriefs zu Sars-CoV-2 und Covid-19
des Robert-Koch-Instituts dauert es ab der Infektion durchschnittlich fünf bis sechs Tage, ehe die Krankheit Covid-19 ausbricht. Und in den schwersten nicht mehr heilbaren Fällen dauert es danach noch einmal 11 bis 18 Tage bis zum Tod.
Wer absolut sicher sein will, wenigstens noch den Beginn des Jahres 2021 zu erleben, ohne an Corona gestorben zu sein, darf also noch nicht angesteckt sein und sollte sich auch zumindest während der kommenden Tage nicht anstecken.
Keine Frohe Botschaft für Weihnachten
Der Zeitversatz von knapp zwei bis höchstens drei Wochen zwischen beginnender Erkrankung und möglichem Tod bei einer Corona-Infektion spiegelt sich auch in den Fallzahlen wider: Die Zahl der Neuinfektionen begann etwa ab Anfang Oktober wieder zu steigen. Und folgerichtig stieg zeitversetzt ab der zweiten Oktoberhälfte auch die Zahl der Todesfälle wieder an.
Meldete das RKI beispielsweise am 19. Oktober noch zwölf Coronatote, stiegen die täglichen Todeszahlen in der zweiten Novemberhälfte an manchen Tagen bereits über 400.
Am 11. Dezember vermeldete das RKI die bisherige Höchstmarke: 598 Tote infolge Covid-19-Erkrankung. Die Entwicklung der Zahl der Neuerkrankungen während der vergangenen Tage verkündet keine frohe Botschaft für Weihnachten: Da die gemeldeten Fallzahlen zurzeit wachsen, wird die Zahl der Todesfälle infolge Covid-19-Erkrankung an Weihnachten voraussichtlich höher sein als jetzt.
Falls die am 11. Dezember vom RKI gemeldete Zahl von fast 30.000 Neuerkrankungen auch in den kommenden Tagen erreicht werden sollte, muss an Weihnachten oder kurz danach mit 700 bis 800 Toten pro Tag gerechnet werden.
Über 4000 Covid-19-Patienten auf der Intensivstation
Auch die Situation auf den Intensivstationen der Kliniken und Krankenhäuser wird sich weiter verschlechtern. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin
, kurz DIVI, veröffentlicht täglich einen Report über die Zahl der Patienten mit Covid-19-Erkrankung in intensivmedizinischer Behandlung in einem deutschen Krankenhaus.
Anfang November lag diese Zahl noch bei 2000 Patienten. Aktuell sind es laut DIVI schon mehr als doppelt so viele Covid-19-Kranke, die intensivmedizinisch betreut werden müssen. Von den insgesamt 22.542 Betten in Intensivstationen, die zurzeit in Deutschland zur Verfügung stehen, sind rund 12.000 sogenannte High-Care-Betten
– das sind Betten mit einem Beatmungsgerät für invasive Beatmung. Davon waren am 10. Dezember 8419 belegt. 2505 dieser schwerkranken Patienten, deren Beatmung teilweise oder vollständig über einen Tubus in der Luftröhre erfolgen muss, waren Covid-19-Kranke. Anfang November waren es noch weniger als die Hälfte. Nicht zuletzt wegen der Zunahme von invasiv beatmeten Covid-19-Patienten sank seit Anfang November die Zahl der freien High-Care-Betten in Deutschland von rund 6000 auf 3587 (Stand 10. Dezember)
Wenn es so weiter ginge, würden freie High-Care-Betten für Covid-19-Patienten – und für alle anderen darauf angewiesenen Schwerkranken – spätestens im Laufe des Januars 2021 allmählich knapp werden.
Es sei noch einmal an den Zeitablauf erinnert: Die Corona-Patienten, die im Januar die High-Care-Betten belegen werden, werden sich schon in den kommenden Tagen mit dem Sars-CoV-19-Virus infizieren.
Eine Infektion ist jedoch kein unvermeidbares Schicksal. Wir wissen, wie man sie verhindern kann – oder zumindest die Wahrscheinlichkeit dafür deutlich senken kann, dass das SARS-CoV-2-Virus in den eigenen Körper gelangt. Abstand halten, Hygieneregeln beachten, Maske tragen, Lüften und vor allen Dingen: Kontakte auf ein Minimum begrenzen. [Tagesspiegel, Otto Wöhrbach
Statistik-Diskrepanz in Palmer-Aussagen:
Doch kein Corona-Wunder in Tübingen?
Anders als von Oberbürgermeister Palmer behauptet, gibt es Infektionen bei den Über-75-Jährigen. Die Landkreiszahlen sind teils sogar höher als in Berlin. Es klang wie ein Wunder: Durch umfassende Schutzmaßnahmen für ältere Menschen – etwa kostenlose Masken, Sonderöffnungszeiten oder stark vergünstigte Taxifahrten – gebe es bei den über-75-Jährigen "zuletzt überhaupt keine Fälle", erklärte Oberbürgermeister Boris Palmer diese Woche dem Tagesspiegel.
Doch nach Recherchen dieser Zeitung stimmt dies womöglich so nicht: Wie der Landkreis Tübingen mitteilte, wurden in dieser Woche für die Stadt Tübingen bis Donnerstag sieben Fälle in der Altersgruppe gemeldet – und auch in den Vorwochen gab es jeweils einige Fälle. Auf Nachfrage konnte die Stadt die Diskrepanz zunächst nicht auflösen. Offenbar lag die Aussage von Palmer darin begründet, dass dem städtischen Ordnungsamt andere Zahlen vorlagen als dem beim Kreis angesiedelten Gesundheitsamt – auf Nachfrage betonte Palmer, dass in der Risikogruppe in Tübingen dennoch weniger Fälle bekannt seien als im Bundesdurchschnitt.
Eine Sprecherin des Landkreises erklärte, dass dieser die Fälle unter den angegebenen Tübinger Adressen ermittelt, erfasst und so auch an die Stadt weitergegeben
habe.
Auf Kreisebene – wozu neben der Stadt Tübingen, in der Palmer Oberbürgermeister ist, auch zwei kleinere Städte und umliegende Gemeinden gehören – sieht es insgesamt nicht sehr positiv aus: Unter den über 80-Jährigen hat der Landkreis Tübingen laut einer Auswertung des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung derzeit 338 Fälle pro Woche und pro Hunderttausend Einwohner, Berlin liegt hier bei 318 Fällen und beispielsweise Freiburg bei 131.
Palmer verwies in Interviews auch auf die gute Lage in Pflegeheimen, hier sorgt die Stadt durch regelmäßige Testungen mit Schnelltests vor. Bei den Menschen in den Heimen hatten wir gar keine Fälle
, erklärte der Oberbürgermeister gegenüber dem Tagesspiegel.
Doch die Lage hat sich zwischenzeitlich geändert: Am Donnerstag gab die Stadt bekannt, dass es einen Ausbruch in einem Tübinger Pflegeheim gab – vermutlich habe eine unwissentlich infizierte Pflegekraft mehrere Personen angesteckt. Dies wurde über einen Schnelltest vor einigen Tagen bekannt – seitdem wurden mindestens zwei weitere Mitarbeiter sowie zwei Bewohner positiv getestet.
Die Tests hätten dazu beigetragen, die Ansteckungen noch vor Symptombeginn aufzuspüren, erklärte Palmer laut einer Pressemitteilung. Wir hoffen, dass wir so einen größeren Ausbruch gerade noch verhindern konnten.
Gegenüber dem Tagesspiegel erklärte er, dass in diesem Jahr zuvor bei drei Heimen Infektionen beim Personal erkannt wurden, ohne dass es zu Ausbrüchen unter den Bewohnern gekommen sei.
Im April hatte Palmer mit einer Äußerung bundesweit für Entsetzen gesorgt: In Deutschland würden Menschen gerettet, die aufgrund ihres Alters oder Vorerkrankungen in einem Jahr sowieso tot wären
, sagte er. Hierfür entschuldigte er sich später. Niemals würde ich älteren oder kranken Menschen das Recht zu leben absprechen
, sagte er. Es tue ihm leid, wenn er sich da missverständlich oder forsch ausgedrückt
habe. Tgs
Querdenken-Demo endgültig untersagt
Dresdner Querdenken
-Demo endgültig untersagt
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat das Verbot der Querdenken
-Demonstration am Samstag in Dresden bestätigt. Der Eilantrag wurde abgelehnt
, sagte ein Sprecher am Samstag. Damit seien in diesem Fall alle rechtlichen Mittel ausgeschöpft und die Veranstaltung sei endgültig untersagt.
Der Anmelder hatte am Vormittag Verfassungsbeschwerde gegen das zuvor vom Dresdner Verwaltungsgericht und Sächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) Bautzen bestätigte Verbot der Kundgebung gegen die Corona-Politik eingelegt. dpa
RKI meldet 20.200 Neuinfektionen - deutlich mehr als vor einer Woche
Binnen eines Tages haben die Gesundheitsämter in Deutschland dem Robert Koch-Institut (RKI) 20.200 neue Corona-Infektionen übermittelt. Das geht aus Zahlen vom Sonntagmorgen hervor. Der Höchststand war am Freitag mit 29.875 gemeldeten Fällen erreicht worden. An Sonntagen sind die erfassten Fallzahlen meist niedriger, unter anderem weil am Wochenende weniger getestet wird. Am vergangenen Sonntag hatte die Zahl bei 17.767 gelegen.
Die Gesundheitsämter meldeten binnen eines Tages zudem 321 neue Todesfälle. Der bisherige Höchstwert von 598 Toten war ebenfalls am Freitag erreicht worden.
Harter Lockdown soll Mitte nächster Woche beginnen
Bund und Länder haben sich darauf geeinigt, einen harten Lockdown spätestens ab kommenden Mittwoch beginnen zu lassen. Das berichteten mehrere Medien, etwa Reuters und Business Insider
. Am Samstagnachmittag hatten sich bereits Bayerns Ministerpräsident Markus Söder und sein baden-württembergischer Kollege Winfried Kretschmann dafür ausgesprochen. Spiegel
berichtete anschließend, dass sich auch die SPD-Ministerpräsidentinnen auf diesen Tag geeinigt hätten.
Laut Business Insider
hätten sich die Ministerpräsidenten und das Kanzleramt bereits auf Eckpunkte geeinigt. Auch hier ist die Rede von einem Lockdown-Beginn spätestens am 16.12. Das Kanzleramt wolle sogar den Beginn am 15.12. Der Lockdown solle bis zum 10. Januar gehen, am 4. Januar solle über eine Verlängerung beraten werden. Laut den Eckpunkten sollten alle Geschäfte schließen, die nicht dem täglichen Bedarf dienten. Körpernahe Dienstleistungen seien dann ebenfalls nicht erlaubt. Zudem solle es ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum geben.
Umstritten sei weiterhin, wie mit Schulen und Kitas verfahren werden solle. Auch würden laut Business Insider
Ausgangsbeschränkungen für Hotspots mit einer Inzidenz höher als 200 diskutiert. Die SPD-geführten Länder setzten sich dafür ein. Die CDU-Länder dagegen wollten harte Ausgangssperren. Einig seien sich die Länder und der Bund, dass es jetzt doch ein Feuerwerksverbot geben sollte. dpa
Coronapandemie triff Nomaden: Auch ohne Infektion tödlich
Die Coronapandemie vollendet, was der Klimawandel und politische Grenzziehungen (noch) nicht vermochten. Nomaden kämpfen ums Überleben.
Als sich Ahmed im März 2020 aus der marokkanischen Sahara in ein Dorf im Wüstenrandgebiet begab, um auf dem Markt Ziegen gegen Waren des täglichen Lebens zu tauschen, fand er eine gespenstische Szenerie vor: Wo sonst buntes Leben und Handel herrschen, war nichts als Stille. Kein Mensch, kein Markt – nichts.
Ahmed ist ein Nouaji, ein Wüstennomade. Ein Viehzüchter und Karawanenhändler. Er lebt mit seiner Familie und seinen Tieren in der Sahara. Noch heute werden an den Lagerfeuern die Geschichten von den Karawanen erzählt, die die Sahara in Ost-West-Richtung durchquerten. Die alten Nomaden trieben Handel im weiten Saharagebiet – bis politisch bedingte Grenzziehungen dies erschwerten und schließlich unmöglich machten.
Früher kannten die Nomaden tausend Orte, an denen sie ihre Viehherden weiden konnten. Man blieb an einem Platz, solange das Vieh versorgt war, und zog weiter, wenn sich woanders bessere, neue Weideflächen auftaten. Doch sie geraten immer stärker unter Druck. Schon seit vielen Jahren müssen sie sich mit den Folgen des Klimawandels auseinandersetzen. Die Wüstennomaden spürten die klimatische Veränderung schon lange.
Das Oasendorf M'hamid liegt am Ende einer Straße, am Anfang der Wüste. Hier sterben die Dattelpalmen. Zwei Drittel der Oasen Marokkos fallen gerade dem Klimawandel zum Opfer. Auch im Tal des Draa, des einst längsten Flusses Marokkos, der früher das marokkanische Wüstengebiet durchquerte und in den Atlantik mündete, trocknet derzeit die größte Palmenoase Marokkos aus. Sie war berühmt für ihre Datteln. Nur vereinzelt gibt es noch ein paar Gärtchen.
In den Dörfern am Rande des Draa wird noch ein wenig Landwirtschaft betrieben; die abgeernteten Flächen werden an die Nomaden zum Abweiden vermietet. Der Preis hierfür betrug im vergangenen Jahr rund 50 Euro pro Hektar und versprach Futter für eine Woche. Nun ist der Preis auf 200 Euro gestiegen.
Und jetzt auch noch Corona
Als wären die Umstände für die Nomadenfamilien nicht schon schwierig genug, kommt nun noch die Coronapandemie hinzu. Dabei hätte das Virus im Wüstenklima keine großen Überlebenschancen. Die herrschende Hitze und die extreme Trockenheit erschweren die Übertragung. Und auch das isolierte Leben in kleinen Gruppen schützt.
Nun müssen die Nomaden immer häufiger an die Grenze der Sahara, um ihren Tieren – und damit sich selbst – das Überleben zu sichern. Im Frühjahr wollten sie zu neuen Weideflächen in Richtung Mittlerer Atlas weiterziehen. Aber es kam dann wegen des Coronavirus und des Lockdown ganz anders.
In Marokko gibt es eine sehr streng und ohne Vorankündigung durchgesetzte Form der Quarantäne. Sie führte dazu, dass sich die Nomaden für mehrere Monate nicht von der Stelle rühren durften. Ein Ausweichen in die Tiefen der Wüste wäre vielleicht möglich gewesen, weil ein Umherziehen dort kaum kontrollierbar gewesen wäre – aber es gibt dort keine Weidegründe mehr. Dadurch ist das Leben der Herden und damit die Existenz der Familien gefährdet. TAZ
Höchstwerte bei Neuinfektionen und Todesfällen
Die Zahl der binnen eines Tages an das Robert-Koch-Institut (RKI) gemeldeten Corona-Neuinfektionen und die Todesfälle haben einen Höchststand erreicht. Die Gesundheitsämter übermittelten binnen 24 Stunden 29 875 Neuinfektionen, wie aus den Zahlen vom Freitagmorgen hervorgeht. Das sind über 6000 mehr als am Vortag, als mit 23 679 Fällen ebenfalls ein Höchstwert erreicht worden war. Außerdem meldete das RKI am Freitag mit 598 neuen Todesfällen den zweiten Höchstwert binnen kurzer Zeit. Der bisher höchste Tagesstand von 590 Toten war am Mittwoch erreicht worden.
In der Tendenz war die Zahl der täglichen Todesfälle zuletzt nach oben gegangen, was nach dem steilen Anstieg bei den Neuinfektionen erwartet wurde. Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 20 970. Süddeutsche Zeitung
RKI informiert über aktuelle Corona-Lage
Wieler nennt Anstieg der Fallzahlen besorgniserregend
Die Lage in Deutschland habe sich verschlechtert + 23.679 neue Fälle in 24 Stunden + Mehr als 3000 Tote an einem Tag in USADas Robert Koch-Institut meldete am Donnerstag mit 23.679 Fällen einen neuen Höchststand an Neuinfektionen binnen 24 Stunden.
Wieler nennt mögliche Gründe für Anstieg der Corona-Zahlen
RKI-Chef Lothar Wieler sagte, die Entwicklung sei nicht so, wie er sie sich gewünscht hätte. Es gebe eine gewisse Ermüdung in der Bevölkerung
, außerdem verändere sich das Risiko-Empfinden der Menschen. Wir sehen, dass die Anzahl der Kontaktbeschränkungen nicht ausreichen.
Die Kontakte der Bevölkerung müssten um mindestens 60 Prozent reduziert werden, die aktuellen 40 Prozent seien zu wenig. Wenn es nicht mit den bislang getroffenen Maßnahmen gelinge, die Zahlen weiter herunterzubringen, sehe er keine Alternative zu einem harten Lockdown.
Schätzung: Weniger als 10 Prozent der Deutschen hatten Corona
RKI-Präsident Lothar Wieler geht davon aus, dass bislang weniger als zehn Prozent der Deutschen bereits mit dem Coronavirus infiziert waren. Positiv getestet seien in etwa 1,5 Prozent, aber es gebe natürlich eine Dunkelziffer, weil nicht alle getestet worden seien.
RKI-Chef spricht von guter Strategie
Wir stehen diesem Virus nicht machtlos gegenüber, wir haben eine gute Strategie
, betonte RKI-Chef Lothar Wieler eindringlich wie bereits beim vergangenen Pressebriefing. Entscheidend sei, dass sich alle an die Regeln halten und weiterhin Kontakte reduzieren. Eindämmung, Schutz von Risikogruppen und Milderung seien die drei Grundpfeiler der Bekämpfungsstrategie.
Weniger andere Atemwegserkrankungen durch Corona-Maßnahmen
Durch die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus werden auch andere Krankheiten seltener verbreitet: Es gebe weniger andere Atemwegserkrankungen und Ansteckungen mit der Grippe, sagte RKI-Chef Lothar Wieler in Berlin. Die Hälfte aller Patientinnen und Patienten, die derzeit wegen einer Atemwegserkrankungen behandelt werden, seien am Coronavirus erkrankt, so Wieler weiter.
49 Prozent der Deutschen für härtere Maßnahmen
Immer mehr Deutsche plädieren für einen härteren Kurs in der Corona-Krise: 49 Prozent wollen laut ZDF-Politbarometer angesichts der hohen Infektionszahlen zusätzliche Einschränkungen - das sind 18 Prozent mehr als bei der letzten Umfrage. Nur 13 Prozent halten die bisherigen Maßnahmen für übertrieben. Wenn die hohen Infektionszahlen nicht sinken, wollen 73 Prozent sogar einen Shutdown ähnlich wie im Frühjahr. Damals waren auch Schulen und Kitas geschlossen worden. Reuters
Die vergangenen acht Wochen Pandemie in zwei Grafiken:
Querdenkerwerden vom Verfassungsschutz beobachtet
Baden-Württemberg lässt Querdenker
als erstes Land von Verfassungsschutz beobachten
Als erstes Bundesland lässt Baden-Württemberg die sogenannte Querdenken-Bewegung vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachten. Die fortgeschrittene Radikalisierung von Querdenken macht eine Beobachtung ihrer Organisationsebene unabdingbar
, erklärte Landesinnenminister Thomas Strobl (CDU) am Mittwoch in Stuttgart. Mehrere maßgebliche Akteure der Querdenken-Bewegung ordnet das Landesamt für Verfassungsschutz dem Milieu der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter zu, welche die Existenz der Bundesrepublik leugnen und demokratische und rechtsstaatliche Strukturen negieren.
Insgesamt lägen bei der Querdenken-Gruppierung aus dem Stuttgarter Raum hinreichend gewichtige Anhaltspunkte für eine extremistische Bestrebung vor
, erklärten Strobl und Verfassungsschutzpräsidentin Beate Bube zur Begründung des Schritts. Zusehends weicht der legitime Protest gegen staatliche Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie einer grundsätzlichen Staats- und Politikfeindlichkeit in bedenklichem Ausmaß
, ergänzte Strobl.
Hinzu komme eine bewusste, überregionale Zusammenarbeit mit anderen bekannten extremistischen Akteuren. Der Minister wies dabei auch auf verstärkte Anleihen bei dem antisemitischen und rechtsextremen US-Verschwörungsmythos QAnon hin. Strobl betonte, die Maßnahmen der Behörde richteten sich ausschließlich gegen die Querdenken-Führungsebene, nicht gegen die Teilnehmer der Proteste. Diese seien in ihrer Mehrheit keine Extremisten. AFP
Mehr als 20.000 Corona-Tote in Deutschland
In Deutschland sind mit Stand vom Mittwochmorgen mehr als 20.000 Menschen in Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben. Das ergeben Zahlen, die der Tagesspiegel direkt bei den Stadt- und Landkreisen abfragt. Durch die direkte Datenerhebung können Zahlen oft schneller gemeldet werden als durch das Robert-Koch-Institut. Dieses gab die Zahl der mit dem Virus Gestorbenen am Mittwochmorgen noch mit 19.932 an. Laut den vom Tagesspiegel zusammengetragenen Zahlen sind bereits 20.161 Menschen in Zusammenhang mit dem Virus gestorben.
Die Altersverteilung der Covid-Toten in Deutschland:
0-9 : 6 10-19 : 4 20-29 : 20 30-39 : 42 40-49 : 146 50-59 : 540 60-69 : 1.435 70-79 : 3.546 80-89 : 7.454 90+ : 3.419
Pflege im Corona-Hotspot Görlitz:
Den Schuss nicht gehört
In Görlitz hat sich die Corona-Situation so verschärft, dass positiv getestetes Pflegepersonal arbeiten muss. Verantwortlich ist das Land Sachsen. Es ist eine riesengroße Farce: Im sächsischen Görlitz, einer der Corona-Hotspots der Stunde, wird Pflegepersonal eingesetzt, das positiv auf das Virus getestet wurde. In der ostsächsischen Stadt ist der Pflegenotstand inzwischen so gravierend und die Corona-Lage so dramatisch, dass es ohne die Hilfe der positiv Getesteten, Symptomfreien in ihren speziellen Schutzanzügen nicht mehr zu schaffen ist. An sich ist das legal und sowohl vom Robert-Koch-Institut als auch von Gesundheitsminister Jens Spahn abgesegnet – in Ausnahmefällen
, wie es in einer Regelung heißt. Auch das Landratsamt Görlitz garantiert offiziell, dass infizierte Pflegekräfte auch nur mit infizierten Patient:innen in Kontakt kommen.
Doch die Pflegekräfte selbst können darüber nur den Kopf schütteln: Angesichts der Notlage kann gar nicht garantiert werden, dass es keinen Kontakt mit Nichtinfizierten gibt – oder aber, dass bei allen das Virus überhaupt entdeckt wird. Und: Dieses Risiko muss eingegangen werden – sonst liegen die Pflegebedürftigen am Ende alleine in ihren Betten. Im Klartext heißt das: Es ist nur eine Frage der Zeit, bis eine positiv getestete Pflegekraft eine nicht infizierte Person ansteckt.
Wenn in Deutschland auch zehn Monate nach Ausbruch der Pandemie noch immer ein derart eklatanter Pflegenotstand herrscht, dann hat man den Schuss nicht gehört. Das Klatschen und die Schokolade, die Bonuszahlungen und das öffentliche Lob: All das kann den Notstand nicht lösen. Der Personalschlüssel muss aufgestockt, die Gehälter müssen erhöht werden, die gesellschaftliche Notwendigkeit der Pflegearbeit muss endlich entsprechende Anerkennung bekommen.
Wir haben dieses Virus unterschätzt, alle miteinander
, sagte der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer am vergangenen Mittwoch. Aber das stimmt nicht. Nicht wir alle
haben es unterschätzt, sondern die sächsische Landesregierung. Dass nun in Görlitz Pflegekräfte fehlen, die gesund und Corona-negativ sind, ist ein Armutszeugnis der sächsischen Gesundheitspolitik. Man hätte es besser wissen müssen. TAZ
Kabinett in Sachsen berät über schärfere Corona-Regeln
In Sachsen könnte es nach Medienberichten von der kommenden Woche an strengere Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie geben. Unter Berufung auf Regierungskreise berichtet die Bild
-Zeitung am Montagabend, es werde diskutiert, Geschäfte vom kommenden Montag an (14. Dezember) zu schließen. Nur lebensnotwendige Läden sollen - wie im Frühjahr - offen bleiben. Welche das neben Lebensmittel-Geschäften genau sind, sei noch unklar.
Sachsens Regierungssprecher Ralph Schreiber konnte den Bericht am Abend nicht bestätigen. Er verwies darauf, dass das Kabinett am Dienstag zu den verschärften Corona-Schutzmaßnahmen tagen wolle. Dann sollen Eckpunkte für weitere Maßnahmen und auch eine Zeitschiene festgelegt werden, sagte Schreiber der Deutschen Presse-Agentur. Dies könne dann von den parlamentarischen Gremien beraten werden. Dann könnte am Freitag eine Sondersitzung des Kabinetts einen Beschluss fassen.
Auch die in Chemnitz erscheinende "Freie Presse" berichtete am Montagabend online, dass die verschärften Maßnahmen kommende Woche beginnen und bis zum 10. Januar dauern sollen. Der genaue Start sei unklar, schreibt das Blatt, der 14. Dezember gelte als möglicher Termin.
Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hatte am Montag nach einem Gespräch mit Vertretern von Industrie und Handwerk härtere Schutzmaßnahmen angekündigt, aber noch keine Details nennen wollen. Er sagte, zusätzliche Maßnahmen seien erforderlich, deswegen werde es sie auch geben. dpa
17.767 neue Corona-Infektionen gemeldet
Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen 24 Stunden 17.767 neue Corona-Infektionen gemeldet, der Wert liegt deutlich höher als vor einer Woche. An Sonntagen sind die erfassten Fallzahlen meist niedriger, unter anderem weil am Wochenende weniger getestet wird.
Vor einer Woche lag der Wert noch bei 14.611 gemeldeten Neu-Infektionen an einem Tag. Innerhalb eines Tages sind 255 Menschen im Zusammenhang mit dem Coronavirus gestorben. Damit steigt die Zahl der Todesfälle in Deutschland auf 18.772 seit Beginn der Pandemie (Stand: 06.12., 00.00 Uhr). Insgesamt haben sich nach Angaben des RKI 1.171.322 Menschen nachweislich mit dem Virus infiziert.
Der sogenannte Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Samstag bei 1,10 (Vortag: 1,04). Das heißt, dass 100 Infizierte rechnerisch 110 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. dpa
Oberösterreichische Krankenhäuser schicken Patienten mit Lungenentzündung weg
Erste Kliniken in Österreich können offenbar Corona-Patienten nicht mehr aufnehmen, weil sie überlastet sind. Das berichten Krankenhausärzte der Zeitung Österreich
. Offiziell werde die Triage in diesen Krankenhäusern bisher dementiert, doch Ärzte berichten der Zeitung zufolge von völliger Überlastung.
In einer Klinik in Oberösterreich etwas sei "volle Triage im Gange", sagte ein Mediziner der Zeitung. Patienten mit Lungenentzündung würden weggeschickt, weil für sie kein Platz mehr sei.
In einem Krankenhaus in Linz seien zwei 90-jährige Patienten mit Covid-19-Infektion nach ein- bis zweitägigen Aufenthalt wieder weggeschickt worden - ohne der üblichen Notiz, dass sie bei Verschlechterung des Gesundheitszustandes wiederkommen sollen. Der Hausarzt habe sie dann aber in anderen Krankenhäusern unterbringen können. Tagesspiegel
Lufthansa streicht Stellen
Die Lufthansa wird im Zuge der Corona-Krise einem Zeitungsbericht zufolge bis Jahresende 29.000 Stellen abgebaut haben und dann noch 109.000 Mitarbeiter beschäftigen. Im Ausland würden mehr als 20.000 Jobs gestrichen, berichtete die Bild am Sonntag
vorab unter Berufung auf Konzernkreise. dpa
Wie China den Corona-Ausbruch kleinrechnete
In China gab es offenbar bereits Ende 2019 viel mehr Corona-Verdachtsfälle, als die Behörden der WHO meldeten. Das geht aus internen Dokumenten hervor, über die CNN berichtet. Auch in den Folgemonaten war auf die Zahlen kaum Verlass.
Bereits kurz nach Ausbruch des Coronavirus in der Millionenmetropole Wuhan gab es Zweifel an der Statistik Chinas zur Ausbreitung des Erregers. Nun berichtet der Sender CNN über vertrauliche Dokumente, die ihm nach eigenen Angaben vorliegen und die nahelegen: Die Behörden in China haben zwar eine Vielzahl an Daten erhoben, aber nur ein Teil davon fand seinen Weg in die Öffentlichkeit.
Zudem seien in einem Diagramm für das Jahr 2019 rund 200 bestätigte
und klinisch diagnostizierte
Fälle angegeben. Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) meldeten chinesische Behörden bis zum 3. Januar 2020 jedoch nur 44 Fälle einer Lungenerkrankung unbekannter Herkunft
. Das könnte dazu geführt haben, dass der Ausbruch zunächst unterschätzt wurde.
CNN hat nach eigenen Angaben 117 Seiten vertrauliche Unterlagen aus der Gesundheitsbehörde der Provinz Hubei, in der auch Wuhan liegt, von Experten auf ihre Echtheit prüfen lassen. Die Papiere umfassen Informationen aus dem Zeitraum von Oktober 2019 bis April 2020.
Problematische Falldefinition
Darin wird auch deutlich, wie sehr sich die ungewöhnliche Falldefinition Chinas in den ersten Monaten des Jahres 2020 auf die offizielle Statistik ausgewirkt hat. Der allergrößte Teil der weltweit registrierten Infizierten und Erkrankten entfiel damals noch auf China.
So meldeten offizielle Stellen in Hubei beispielsweise am 10. Februar 3911 neu bestätigte Fälle. 2094 davon gelten als bestätigt
. Dabei handelt es sich wohl um Personen, die sowohl Symptome der neuen Lungenkrankheit aufwiesen, als auch positiv getestet wurden. Dazu kommen 1814 Verdachtsfälle
.
In den internen Dokumenten sind laut CNN dagegen insgesamt 5918 Fälle für den Tag vermerkt, mehr als 50 Prozent mehr als offiziell angegeben. Darunter sind 2345 bestätigte Fälle
und 1796 Verdachtsfälle
. Weitere 1772 Personen sind an dem Tag zudem klinisch diagnostiziert
worden, etwa mithilfe von CT-Scans, wurden in den offiziellen Angaben aber offenbar nicht als Fälle berücksichtigt.
Die Zahlen, die China offiziell herausgegeben habe, seien konservativ berechnet gewesen, sagte Yanzhong Huang vom Thinktank Council on Foreign Relations dem Sender. Das spiegelt wider, wie verwirrend, komplex und chaotisch die Situation war.
Internationale Kritik
Die Falldefinition Chinas wurde zu Beginn des Jahres auch international kritisiert. Zunächst zählte nur als Fall, wer positiv getestet wurde und zugleich Symptome hatte. Ab 12. Februar galten dann kurzzeitig alle Menschen mit klinischen Symptomen als Fälle, woraufhin die Zahlen massiv nach oben schossen. Also gingen die Behörden wieder zur ersten Variante über.
So wurden auch am 7. März nur 83 neue Fälle öffentlich gemeldet. Laut dem internen Dokument gab es aber 115. 32 Personen mit positivem Testergebnis flossen demnach nicht in die nach außen kommunizierte Statistik ein – wohl weil sie keine Symptome hatten.
Erst seit Anfang April zählt China alle Menschen, die positiv getestet wurden, als Fall. Auch in der Todesstatistik gibt es deutliche Abweichungen. Am 17. Februar berichteten die Behörden offiziell von 93 Todesfällen im Zusammenhang mit Sars-CoV-2 an dem Tag. In den internen Dokumenten sind laut CNN 196 genannt.
Probleme mit Tests, schlecht ausgestattete Behörde
Die Unterlagen zeigen dem Bericht zufolge auch, dass es zu Beginn massive Probleme mit den in China eingesetzten Tests gab. Das wiederholte Testen von Proben habe gezeigt, dass zuvor als negativ eingestufte Problem zu großen Teilen eigentlich positiv waren, heißt es in einer Unterlage vom Januar.
In den ersten Monaten des Ausbruchs hat es laut CNN zudem gut 23 Tage gedauert, bis Fälle nach Einsetzen von Symptomen in die offizielle Statistik eingeflossen sind. Demnach charakterisieren die internen Unterlagen die Gesundheitsbehörde als unterfinanziert und technisch schlecht ausgestattet. Die Mitarbeiter seien unmotiviert, da sie sich in Chinas riesiger Bürokratie oft ignoriert fühlten.
Es war klar, dass China Fehler gemacht hat – und nicht nur Fehler, die beim Umgang mit einem neuartigen Virus auftreten, sondern auch bürokratische und politisch motivierte
, so Huang. Aber auch fehlende Technologie habe Probleme verursacht. Selbst wenn China 100 Prozent transparent gewesen wären, hätte das die Pandemie wahrscheinlich nicht verhindert.
WHO-Gruppe soll Ursprung des Virus untersuchen
Auch im späteren Verlauf der Pandemie gab es immer wieder Kritik an Chinas Umgang mit dem Virusausbruch. Im März veröffentlichte die WHO etwa einen Bericht, nach dem das Land Details zu den ersten Fällen Ende 2019 nur auf mehrfache Nachfrage hin geliefert hat.
Derzeit plant die Organisation zudem, Experten in das Land zu schicken, um nach Belegen für die These zu suchen, nach der das Virus auf einem Markt in Wuhan von einem Wildtier auf den Menschen übergesprungen ist. Bislang lässt die chinesische Führung aber keine ausländischen Fachleute ins Land.
Stattdessen verbreiten offizielle Stellen in China die Theorie, das Virus könne durch aus dem Ausland importiertes Gefriergut nach Wuhan gelangt sein. Chinesische Behörden beteuern dennoch den stets transparenten Umgang mit der Pandemie. Spiegel der Wissenschaft, jme
Corona-Neuinfektionen leicht über Vorwochenniveau
Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut (RKI) 23.449 neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden gemeldet. Damit liegt der Wert knapp über den 22.806 Fällen der Vorwoche, wie aus den RKI-Zahlen vom Freitagmorgen hervorgeht. Tagesspiegel
Höchstwert bei Corona-Patienten auf Intensivstation
Die Zahl der Corona-Patienten auf deutschen Intensivstationen hat erstmals die Schwelle von 4.000 überschritten. Am Freitag meldete die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) 4011 Menschen in intensivmedizinischer Behandlung. Das waren 31 mehr als am Vortag, wie aus dem Divi-Tagesbericht hervorgeht. 60 Prozent der Patienten werden Stand Freitag invasiv beatmet. Die Zahl der neu gemeldeten Todesfälle war laut Robert Koch-Institut (RKI) die dritthöchste seit Beginn der Pandemie.
Nach dem raschen Anstieg der Infektionszahlen unter anderem im Oktober war erwartet worden, dass auch die Zahl der Schwerkranken und Toten deutlich steigt. Trotz eines seit Anfang November geltenden Teil-Lockdown stagniert das Infektionsgeschehen seit mehreren Wochen auf weitgehend hohem Niveau. Das RKI gab die 7-Tage-Inzidenz - also die Zahl der neuen Corona-Fälle pro 100 000 Einwohner und Woche - am Freitag mit 134,7 an, eine Woche zuvor lag sie bei 136,5. dpa
Mythen um Corona - Seit der Pest:
Menschen fallen oft auf die gleichen Lügen rein
Mittel zur Errichtung einer Diktatur und dem Labor entsprungen? Um die Corona-Pandemie kursieren zahlreiche Märchen. Der Blick in die Geschichte entlarvt die Masche, die dahintersteckt.
Im Herbst 1918 wurden in den USA die Särge knapp. Eine Seuche suchte den Globus heim, in der Schweiz notierte der Schriftsteller Stefan Zweig: Sie frisst täglich 20.000 bis 40.000 Menschen weg.
Die Rede ist von der Spanischen Grippe, der verheerendsten Influenza-Pandemie, die jemals die Menschheit heimgesucht hat.
Der Erreger ist ein winzig kleines Virus, doch diese Erkenntnis sollte sich erst in den Dreißigerjahren einstellen. 1918 vermuteten viele Amerikaner eine ganz andere Ursache für die Epidemie: die Deutschen. Mit diesen befanden sich die Amerikaner seit 1917 im Krieg.
Tod aus der Aspirin-Packung?
Verschwörungstheorien hatten Hochkonjunktur. Allein beim Anblick einer Aspirin-Packung des deutschen Herstellers Bayer wurde damals vielen Menschen unwohl. Handelte es sich wirklich ausschließlich um das Medikament? Oder hatten die Deutschen darin etwa auch den Erreger verborgen, der so schreckliche Folgen zeitigte?
Oder noch viel schlimmer: Hatten deutsche U-Boote still und heimlich die todbringenden Erreger in die Vereinigten Staaten geschmuggelt? Man traute dem Kriegsgegner so einiges zu. 1915 setzten die Deutschen bei Ypern als erste kriegsführende Nation Giftgas als Massenvernichtungswaffe ein. Wer so etwas tut, könnte auch zu ganz ähnlichen heimtückischen Mitteln gegen die Zivilbevölkerung greifen, so die Überlegung. Die Deutschen haben Epidemien in Europa ausgelöst
, behauptete eine ranghoher US-Offizier 1918, wie ihn Laura Spinney in ihrem Buch 1918. Die Welt im Fieber
zitiert. Es gibt keinen Grund, warum sie Amerika mit Samthandschuhen anfassen sollten.
So wurde die Spanische Grippe zunächst auch als Deutsches Gift
bezeichnet. Erst allmählich setzte sich die Erkenntnis durch, dass der Kriegsgegner nichts mit der Entstehung der Pandemie zu tun hatte. Denn auch die Deutschen litten und starben an der Influenza.
Irrglaube seit Jahrhunderten
Knapp hundert Jahre nach der Spanischen Grippe sorgt das Coronavirus in unserer Gegenwart für Angst und Unsicherheit. Und wie vor 100 Jahren sprießen die Verschwörungsmythen. Corona entstamme dem Labor, so heißt es etwa, Covid-19 solle dazu benutzt werden, die Deutschen im Besonderen und die Menschheit im Allgemeinen zu unterjochen. Bill Gates wird als Hauptmissetäter bezeichnet, der mittels Impfungen und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seine angeblich sinisteren Pläne zur Erfüllung bringen wolle.
Doch alle Verschwörungsmythen rund um die furchtbaren Seuchen der Menschheitsgeschichte kranken an einer einfachen Tatsache: Sie entbehren jeglicher Grundlage, halten keiner kritischen Überprüfung stand. In Zeiten der Unsicherheit suchen trotzdem manche Menschen heute und damals nach scheinbar einfachen Erklärungen für überaus komplexe Probleme – ein Nährboden für Verschwörungsmythen.
Um 1348 etwa wurde Europa von einer anderen Seuche heimgesucht, dieses Mal war ein Bakterium der Verursacher. Yersinia pestis lautet sein Name, es ist der Erreger der Pest. Der sogenannte Schwarze Tod entvölkerte Europa, die Menschen waren ratlos, was der Grund für dieses Massensterben sein konnte.
War es ein göttliches Strafgericht?
Das hätte in der Logik der Zeit bedeutet, dass die Menschen selbst an der Pest schuld gewesen wären. Stattdessen verfielen manche Verschonte und Überlebende auf eine ganz andere Erklärung: Binnen kürzester Zeit hieß es, die Juden seien schuld. Gefördert und befeuert wurde diese Lüge von mancher Obrigkeit. Brunnen etwa seien von den Juden vergiftet, die Pest als Geißel der Menschheit von ihnen verbreitet worden.
All dies war frei erfunden – und erwies sich doch als mörderisch. In zahlreichen Städten wurden die jüdischen Menschen abgeschlachtet, diese Verbrechen waren Mord und Diebstahl zugleich. Denn mit den umgebrachten Juden verloren viele Christen gleichzeitig ihre Gläubiger, deren Eigentum man sich zusätzlich aneignete. Hunderte jüdische Gemeinden waren nach dem Ende der antijüdischen Gewaltexzesse zerstört.
AIDS als Propagandawaffe des KGB
Wie im 14. Jahrhundert sorgten und sorgen auch in unserer Zeitgeschichte Seuchen für Panik und Hysterie. 1982 berichtete das Nachrichtenmagazin Spiegel
über den sogenannten Schreck von drüben
. Drüben
, damit sind die USA gemeint, wo damals eine mysteriöse Erkrankung für Schrecken zunächst vor allem unter Homosexuellen sorgte. Als Schwulen-Seuche
wurde AIDS (Erworbenes Immunschwächesyndrom), ausgelöst vom Humanen Immundefizienz-Virus, schnell und stigmatisierend bezeichnet.
Doch das Virus teilt die menschlichen Vorurteile nicht, es ist ihm gleich, ob sein Wirt hetero- oder homosexuell ist, auch Hautfarbe und Religion sind HIV einerlei. Der sogenannte Schwulen-Krebs
verbreitete sich rasant – auch außerhalb der Homosexuellen- und Drogenszene. Während Wissenschaftler Virus und Krankheit erforschten, glaubten manche Menschen lieber Verschwörungstheorien. Wie heute bei Corona entstand schnell der Irrglaube, dass HIV einem Labor entsprungen sei – als Kampfstoff der amerikanischen Streitkräfte, anstatt seinen Ursprung in Affen zu haben, wie es der Realität entspricht.
Im Kalten Krieg waren die aufkommenden Verschwörungsmythen Wasser auf den Mühlen des KGB. Der sowjetische Geheimdienst startete eine Desinformationskampagne, um dem Klassenfeind im Westen zu schaden. Unterstützendes Organ der KGB-Anstrengungen war die Hauptverwaltung Aufklärung, der Auslandsnachrichtendienst der DDR, der dem Ministerium für Staatssicherheit unterstellt war.
Jakob Segal und seine Frau Lilli, ein Forscher-Ehepaar aus der DDR, leisteten Schützenhilfe. Der Biologe Segal machte Fort Detrick in Maryland, einen Stützpunkt der US-Streitkräfte, der – natürlich – ein Labor beheimatet, als angeblichen Ort der Entstehung von HIV aus. Das in Segals Vorstellungswelt dort geschaffene HIV sei später an Gefängnisinsassen erprobt worden. Diese wiederum, hinter Gittern homosexuell geworden und dann entlassen, hätten das Virus verbreitet. Unsinn von vorne bis hinten.
Dass der DDR-Biologe den Erreger niemals selbst untersucht hatte, focht ihn dabei keineswegs an. Seine Behauptungen, jeder wissenschaftlichen Untermauerung entbehrend, entließ Segal trotzdem in die Welt. Mit Folgen bis in die Gegenwart: So erschwert die Verschwörungstheorie bis heute in manchen afrikanischen Staaten die Aufklärung über und die Behandlung von AIDS. Insbesondere wenn die USA in irgendeiner Form beteiligt sind.
Am Beispiel der Immunschwächekrankheit wird so überaus deutlich, welchen Schaden Verschwörungsmythen rund um Seuchen anrichten können. Besser ist es, der Wissenschaft zu vertrauen. So ist auch das Coronavirus kein Versuch von irgendjemanden, die Menschheit zu unterjochen. Komplexe Machtpläne bleiben selten im Verborgenen, und sie glücken auch nur selten
, brachte es Yuval Noah Harari, einer der weltweit führenden Historiker, im t-online-Interview auf den Punkt. Jetzt zu glauben, dass ein paar machthungrige Milliardäre mithilfe eines Virus die ganze Welt übernehmen könnten, ist lächerlich.
[Quellen: Marc von Lüpke (eigene Recherche), Laura Spinney: 1918. Die Welt im Fieber, München 2018
Erschreckend hohe Zahlen Warum gibt es jetzt so viele Corona-Tote?
Der rasante Anstieg der Neuinfektionen kann zwar gebremst werden, aber trotzdem sterben so viele Menschen an Covid-19 in Deutschland wie noch nie seit Beginn der Pandemie. Warum ist das so und was kann man dagegen tun?
410 Corona-Tote registrierte gestern das RKI - fast 100 mehr als zum Höhepunkt der ersten Pandemie-Welle im April. Das ist umso erschreckender, da Krankenhäuser und Ärzte diesmal besser vorbereitet waren und man wusste, dass vor allem Senioren gefährdet sind und geschützt werden müssen. Warum sterben dann jetzt in Deutschland trotzdem so viele Menschen an dem Virus?
Viele neue Covid-19-Patienten über 80 Jahre alt
Im Prinzip ist die Antwort einfach:Die 7-Tage-Inzidenz der Covid-19-Fälle in der älteren Bevölkerung nimmt weiter zu. Da diese häufiger einen schweren Verlauf durch Covid-19 aufweisen, steigt ebenso die Anzahl an schweren Fällen und Todesfällen, schreibt das RKI im Situationsbericht vom 24. November. Fast 90 Prozent der bisher an Covid-19 Verstorbenen war älter als 70 Jahre. Mit mehr als doppelt so vielen Toten wie in allen anderen Altersgruppen zusammen sind hier wiederum vor allem die Über-80-Jährigen betroffen.
Und weil ausgerechnet bei den sehr alten Menschen die Inzidenzen in den vergangenen Wochen besonders stark zugenommen haben, ist der traurige Höchstwert von 410 Covid-19-Toten keine echte Überraschung. Es hätte aber nicht so weit kommen müssen, denn wie das RKI schreibt, können Todesfälle
vermieden werden, wenn wir mithilfe der Infektionsschutzmaßnahmen die Ausbreitung des Sars-CoV-2-Virus verlangsamen.
Aber die aktuell immer noch sehr vielen Neuinfektionen sind nicht die einzige Erklärung für die hohe Zahl von Corona-Toten. Denn offensichtlich ist es nicht gelungen, die besonders gefährdeten Senioren- und Pflegeheime zu schützen.
Schutz von Pflegeeinrichtungen scheitert
Ein Blick in die Nachrichten der vergangenen Tage zeigt, dass es immer wieder zu Ausbrüchen in solchen Einrichtungen kommt, nicht selten mit vielen Toten als Folge. In einem Seniorenheim in Norderstedt hatten sich Mitte Oktober beispielsweise 40 Bewohner und 16 Angestellte mit Covid-19 angesteckt, 15 Menschen erlagen der Krankheit. Bei einem Ausbruch in im gleichen Monat in einem Pflegeheim in Berlin-Lichtenberg infizierten sich fast 50 Personen, 15 Menschen starben. Erst kürzlich verbreitete sich in der Hauptstadt das Coronavirus in einem Neuköllner Seniorenheim, bisher kostete dies zwei Bewohnern das Leben.
Die Liste ließe sich sehr lange fortführen. In weit mehr als 1000 Pflege- und Seniorenheimen gibt es aktuell Covid-19-Fälle, ergab eine Umfrage von ARD und "Süddeutsche Zeitung". Jedes fünfte Heim in Rheinland-Pfalz und Hamburg, etwa jedes sechste in Nordrhein-Westfalen und etwa jedes zehnte in Brandenburg seien betroffen, berichtet die ARD. In Hessen haben 200 von gut 800 Pflegeeinrichtungen Corona-Infektionen gemeldet, also jedes vierte Heim. Laut "Hessenschau" stammen in dem Bundesland drei Viertel der Covid-19-Toten aus solchen Heimen. Die tatsächliche Zahl sei aber wahrscheinlich noch deutlich höher, so die ARD. Einige Länder lieferten nur unvollständige Zahlen, Berlin und Bayern machten gar keine Angaben.
Das RKI nennt in seinen Situationsberichten keine konkreten Zahlen über Corona-Ausbrüche in Senioren- und Pflegeheimen. Es bestätigt aber, dass es dort besonders viele Fälle und Tote gibt. Die hohen Fallzahlen bei Betreuten stünden im Einklang mit der Anzahl der berichteten Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen, schreibt das RKI.
Neuinfektionen müssen runter
Auf die Frage, wie man solche Einrichtungen besser schützen könnte, gibt es grundsätzlich zwei Antworten. Zum einen gilt es die Zahl der Neuansteckungen so weit wie möglich zu senken. Weniger Infizierte bedeuten allgemein ein niedrigeres Risiko und damit auch einen Schutz für Alten- und Pflegeheime. Für viele Experten ist das der wichtigste oder derzeit sogar einzig realisierbare Weg. Außerdem werden so auch Millionen Angehörige von Risikogruppen geschützt, die nicht in Einrichtungen leben.
Die zweite Möglichkeit sind aktive Schutzmaßnahmen. Die einfachste ist, die Bewohner bis zu einer Impfung permanent zu isolieren. Das ist zwar grausam und nicht wirklich machbar, da man das Personal nicht ebenfalls wegsperren
kann. Trotzdem ist dies aktuell auch ohne konkreten Infektionsfall offenbar gängige Praxis. So verhängten einige Gesundheitsämter, aber auch einige Einrichtungen Besuchsverbote, schreibt die ARD.
Das steht allerdings dem entgegen, was Bund und Länder am 28. Oktober vereinbart haben. Der besondere Schutz von Krankenhäusern, Pflegeheimen, Senioren- und Behinderteneinrichtungen dürfe nicht zu einer vollständigen sozialen Isolation führen, steht in dem Beschluss.
Schnelltests Mangelware
Daher bleiben neben strengen Hygienemaßnahmen eigentlich nur Tests, um zu verhindern, dass das Virus in die Einrichtungen eindringen kann. Genau genommen geht es um Antigen-Schnelltests, mit denen Bewohner, Personal oder Besucher innerhalb von rund 15 Minuten wissen, ob sie ansteckend sind oder nicht.
Und eigentlich sieht den Schutz durch Schnelltests die neue Test-Strategie der Bundesregierung schon seit dem 15. Oktober vor. Pflegeheime und Krankenhäuser können Antigen-Schnelltests großzügig nutzen, um Personal, Besucher sowie Patienten und Bewohner regelmäßig auf das Corona-Virus zu testen
, erklärt das Gesundheitsministerium.
Aber in der Realität der betroffenen Einrichtungen ist die neue Strategie noch nicht angekommen. Ein Grund ist die Bürokratie. Denn Pflegeheime und andere Einrichtungen des Gesundheitswesens müssen laut Test-Verordnung dem zuständigen Gesundheitsamt ein Test-Konzept vorlegen. Bis zu monatlich 20 Tests pro Bewohner sind möglich. Die Beschaffung müssen die Einrichtungen allerdings selbst übernehmen.
Auf die Genehmigungen durch das Gesundheitsamt müssen die Heime laut ARD und Süddeutsche Zeitung
oft lange warten. Kein Wunder, dass in einer Umfrage des BIVA-Pflegeschutz unter Mitarbeitern von Pflegeeinrichtungen nur knapp 5 Prozent der Teilnehmer angaben, schon Schnelltests einzusetzen. Der ARD zufolge liegt dies teilweise auch am akuten Personalmangel.
Todeszahlen könnten sogar noch steigen
Einen effektiven Schutz von Senioren- und Pflegeheimen durch Schnelltests gibt es also noch nicht. Für die vielen alte Menschen, die nicht in Einrichtungen leben, gilt dies erst recht nicht. Hinzu kommt, dass die Neuinfektionen in Deutschland zwar nicht mehr steil ansteigen, ihre Zahl aber mit einem 7-Tage-Schnitt von rund 18.500 neuen Fällen immer noch sehr hoch ist. Und auch die bundesweite Inzidenz liegt mit über 140 noch weit über einem kontrollierbaren Maß.
Weil die Todeszahlen mit bis zu drei Wochen Verzögerung auf die Neuinfektionen reagieren, ist ohnehin zu befürchten, dass sie noch einige Zeit sehr hoch bleiben. Außerdem betrifft der Rückgang derzeit vor allem die 20- bis 29-Jährigen. Bei jüngeren, aber vor allem auch bei den Über-80-Jährigen hat die Inzidenz in den vergangenen Shutdown-Wochen sogar noch zugelegt.
Intensivbetten werden immer knapper
Weit entfernt von Entspannung arbeiten auch die Krankenhäuser. Zwar fiel die Anzahl der gemeldeten hospitalisierten Covid-19-Patienten in der vergangenen Woche von 5298 auf 4221, sie ist aber immer noch sehr hoch und kein Beleg für eine Trendwende. Dagegen spricht auch der jüngste Bericht des DIVI-Intensivregister, wo zu sehen ist, dass der Anstieg nicht mehr so steil ist, aber die Zahl der belegten Intensivbetten weiter zulegt. Demnach befinden sich aktuell 3781 Patienten in intensivmedizinischer Behandlung, das sind 11 mehr als gestern. 2214 Patienten müssen invasiv beatmet werden, 38 mehr als am Dienstag.
Gleichzeitig nehmen die Intensivkapazitäten weiter kontinuierlich ab. Insgesamt sank die Zahl der freien Intensivbetten in Deutschland seit gestern um 182 auf 5775, wovon nur 4816 davon für Erwachsene geeignet sind. Dabei gibt es große regionale Unterschiede. In Berlin sind beispielsweise von 1284 Intensivbetten bereits 1100 belegt. In Schleswig-Holstein gibt es zwar nur 856 Intensivbetten, davon sind aber noch 270 frei.
Im Notfall werden Patienten verteilt. Dieses Management sei jedoch bei höherer Belegung der Betten langsam nicht mehr möglich
, sagte die Divi-Sprecherin der dpa. Außerdem herrscht Personalmangel und nicht jedes Intensivbett ist für jeden Covid-19-Patienten geeignet. Etwa jeder dritte Corona-Intensivpatient brauche beispielsweise ein Dialysegerät zusätzlich zu den oft benötigten Beatmungsgeräten, berichtet der BR. Vor allem kleine Kliniken könnten das oft nicht leisten. Quelle: ntv.de
Seltene Zellen im Blut Biomarker für schweres Covid-19 entdeckt
Infektionen mit dem Coronavirus verlaufen häufig mild oder sogar symptomlos. Andererseits entwickeln andere Erkrankte schwere Symptome und sterben sogar daran. Wissenschaftler suchen nach molekularen Fingerabdrücken im Blut, die schon früh auf einen schweren Verlauf hinweisen. Und werden fündig. Ein internationales Forscherteam hat bestimmte Zelltypen im Blut identifiziert, die auf schwere Krankheitsverläufe bei Covid-19 hindeuten. In Blutproben von Patientinnen und Patienten, die später starben, entdeckten die Wissenschaftler besonders viele unreife Zellen, die man normalerweise im Knochenmark findet, die aber auch bei einer Blutvergiftung ins Blut geschwemmt werden.
Es handelt sich dabei um sogenannte Megakaryozyten, Vorläuferzellen von Blutplättchen, die für die Gerinnung des Blutes sorgen. Das ist vor allem überraschend, weil diese Vorläuferzellen sich normalerweise nicht im Blut, sondern im Knochenmark befinden", erklärt Florian Tran, der am Institut für klinische Molekularbiologie der Universität Kiel forscht. "Wir kennen solche Ausschwemmungen von Vorläuferzellen ins Blut von schwerkranken Patientinnen und Patienten, etwa bei einer bakteriellen Sepsis (Blutvergiftung)
, so Tran. Für Covid-19 war dies bisher so nicht beschrieben worden. Die Forschenden vermuten nun, dass diese Zellen zu Gerinnungsproblemen führen. Blutgerinnsel in der Lunge sind eine der häufigsten direkten Todesursachen bei Covid-19.
Zudem wurden mehr unreife rote Blutkörperchen entdeckt, die später Sauerstoff transportieren sollen. Das deutet auf einen Sauerstoffmangel hin und ist oft eine Notfallreaktion bei schweren Lungenerkrankungen.
Tests auf schweren Verlauf möglich?
Untersucht hat das Team dazu Blutproben von Patientinnen und Patienten, die an den Universitätskliniken in Kiel, Bonn, Köln und Nijmegen wegen einer Covid-19-Erkrankung stationär behandelt wurden. Bei einer Gruppe von 14 Erkrankten wurden die im Blut vorkommenden Zellen zu verschiedenen Zeitpunkten während der Erkrankung analysiert. Als Vergleichsgröße dienten Blutproben gesunder Personen.
Das Besondere ist, dass wir mithilfe der sogenannten Einzelzellgenomik Hunderttausende Zellen durch Sequenzierung parallel analysiert haben und damit auch seltenere Zelltypen identifizieren konnten
, erklärt Dr. Joana Pimenta Bernardes, die ebenfalls am Institut für klinische Molekularbiologie der Universität Kiel forscht. Zusammen mit anderen Daten wie klinischen Laborwerten und Messungen von Entzündungsbotenstoffen konnten wir eine Art Fingerabdruck, eine Signatur der veränderten Funktionsweise dieser Zellen, erstellen und über die Zeit verfolgen
, sagt Dr. Neha Mishra aus der gleichen Forschergruppe.
Das Forscherteam publizierte seine Ergebnisse im renommierten Fachmagazin Immunity. Die Studie könnte nach Ansicht der Wissenschaftler die Grundlage für diagnostische Testverfahren bilden, die anhand von Blutproben bereits früh einen schweren Krankheitsverlauf erkennen. Damit könnte die Versorgung besonders schwer betroffener Patientinnen und Patienten gezielt verbessert werden. ntv.de, sba
Coronavirus: 1000 Partikel reichen für eine Infektion – was das für Weihnachtsfeiern bedeutet
Nur 1000 Partikel – das klingt auf den ersten Blick nach erschreckend wenig. Aber es ist auch eine gute Nachricht, denn ein Raum muss nicht absolut virenfrei sein, damit man sich dort sicher aufhalten kann.
Wie gefährlich sind in Corona-Zeiten ein Adventsplausch oder das Weihnachtsfest mit einigen Freunden oder Verwandten – falls das überhaupt erlaubt ist? Um das beantworten oder zumindest seriös abschätzen zu können, muss man wissen, wie viele Viren eine Infektion verursachen. Reichen nämlich wie bei HIV oder dem starken Durchfall verursachenden Norovirus bereits ganz wenige Erreger, so hätte man praktisch keine Chance, nach einem Treffen mit einem unerkannten Sars-CoV-2-Träger den Esstisch gesund zu verlassen.
Laut unseren Daten führt die Aufnahme von 1000 Virenpartikeln zu einer Infektion
, sagt Andreas Bergthaler vom CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin in Wien. Allerdings sei das ein Durchschnittswert. Man habe festgestellt, dass manchmal bereits 100 Virenpartikel ausgereicht hätten, um eine Person anzustecken. Und in seltenen Fällen kam es sogar erst durch 5000 übertragene Sars-CoV-2-Partikel zu einer Ansteckung.
Das Wiener Team hat für seine Studie das Erbgut von Sars-CoV-2 in mehreren Paaren aus jeweils einem Virenspender
und einem Virenempfänger
entschlüsselt und miteinander verglichen. Ausführliche epidemiologische Untersuchungen hätten bestätigt, dass sich die jeweiligen Virenempfänger tatsächlich bei dem genannten Virenspender infiziert hätten, betont Bergthaler. Aus der Anzahl an genetischen Unterschieden habe man dann berechnet, wie viele Viren bei der Infektion übertragen worden seien.
In einer Person existiert genetisch gesehen ein bunter Strauss an sehr ähnlichen, aber eben nicht hundertprozentig identischen Viren. Denn das Virus verändert sich stetig an einigen Positionen im Genom. Wird nun eine grosse Menge an Viren für eine Infektion benötigt, so müssen sehr viele Viren von Person A auf Person B übertragen worden sein. Dann findet man in Spender und Empfänger viele nahezu identische Virengenome. Reicht hingegen nur eine Handvoll Virenpartikel für die Infektion aus, sind im Virenempfänger nur wenige der Virenvarianten des Spenders vorhanden, die jeweils entschlüsselten Virengenome sind also sehr unterschiedlich.
Die Berechnungen anhand der Genomanalysen untermauern eine im Oktober publizierte Modellierung. Dabei kamen Forscher des Massachusetts Institute of Technology zu dem Schluss, dass 300 bis 2000 Sars-CoV-2-Partikel für eine Infektion ausreichen. Sie hatten dafür Ansteckungen in fünf Clustern untersucht, darunter eine Chorprobe in den USA, eine Busreise in China und Aerobic-Kurse in Korea.
Dass es für eine Ansteckung eine gewisse Mindestmenge an Viren brauche, sei eine gute Nachricht, betonen beide Forscherteams. Man müsse nämlich gemäss den Daten die Virenkonzentration in einem Raum nicht auf nahezu null absenken, um sicher vor einer Ansteckung zu sein. Somit sei klar, dass man durch eine Kombination von Masken und regelmässigem Lüften – was ja alles nachweislich die Virenmenge in der Luft reduziere – für ein zumindest weitgehend sicheres Treffen sorgen könne. Wenn man die Massnahmen konsequent einhalte.
Die Studien sind aber auch eine Warnung vor ausgelassenen und maskenlosen Treffen am Esstisch, wo auch immer der steht. Denn die US-Forscher schätzen, dass pro Stunde beim Atmen 10 Virenpakete, die für eine Infektion ausreichen, ausgestossen werden, beim Sprechen hingegen 460. Beim Singen seien es sogar noch sechs Mal mehr. Dies bedeute, dass sich auch in einem grösseren, aber gut mit Personen gefüllten und zudem nicht gelüfteten Raum innert einer Stunde ausreichend Virenpartikel verteilen würden, so dass sich dort anwesende Personen anstecken könnten – sofern sich ein Infizierter in der Gruppe befinde und ohne Mundschutz mitrede.
Die Angst vor einer grossen und üppigen Familienweihnacht ist also berechtigt. Das MIT-Team ist sogar überzeugt, dass der Infizierte noch nicht einmal ein Superspreader sein muss. Gemäss Berechnungen sind nämlich innert einer Stunde in einem Raum auch dann ausreichend Virenpartikel für die Infektion anderer Menschen vorhanden, wenn der Infizierte nur
durchschnittlich viele Viren ausstösst. Vielmehr seien die Räumlichkeiten – eng, voll, schlecht gelüftet – entscheidend dafür, ob es zu einem Superspreader-Ereignis komme oder nicht. Neue Zürcher Zeitung
Wie geht es weiter im Kampf gegen Corona?
Bund und Länder haben sich auf ein Konzept geeinigt – das sind die wichtigsten neuen Regeln. Vergangenen Mittwoch konnten sich Bund und Länder auf eine Verschärfung der Corona-Regeln einigen Dabei wurde unter anderem der Lockdown verlängert, auch gelten schärfere Kontaktbeschränkungen. Ab diesem Dienstag (1. Dezember) treten sie in Kraft. Die schon im November geltenden Corona-Regeln werden verlängert. Darauf einigten sich Bund und Länder am Mittwoch auf ihrem Corona-Gipfel.
1. Corona-Gipfel: Der Teil-Lockdown wird verlängert
Die Schließung von Kneipen, Restaurants, Kultur- und Freizeiteinrichtungen soll bis mindestes 20. Dezember verlängert werden. Alle nicht notwendigen Kontakte und Reisen sollen weiter unterbleiben. Der Groß- und Einzelhandel bleibt geöffnet – allerdings soll die Maskenpflicht nun auch vor Geschäften und auf Parkplätzen gelten. Bei einer Inzidenz von "deutlich" unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen und wenn weitere Bedingungen erfüllt sind, sollen Länder hiervon abweichen können.
2. Die Corona-Finanzhilfen werden verlängert
Die Novemberhilfen für vom Teil-Lockdown betroffene Firmen und Einrichtungen werden im Dezember fortgeführt. Der Bund plant Finanzhilfen für betroffene Unternehmen im Umfang von voraussichtlich 17 Milliarden Euro.
3. Kontaktbeschränkungen werden verschärft – Ausnahmen Weihnachten und Silvester
Die Kontaktbeschränkungen werden verschärft.
- Zur Eindämmung der Corona-Pandemie werden private Zusammenkünfte mit Freunden, Verwandten und Bekannten auf maximal fünf Personen aus dem eigenen und einem weiteren Haushalt begrenzt. Kinder bis 14 Jahre fallen nicht unter die Regelung.
- Vom 23. Dezember bis 1. Januar sollen Treffen eines Haushaltes mit haushaltsfremden Familienmitgliedern oder haushaltsfremden Menschen bis zu einer Obergrenze von zehn Personen ermöglicht werden.
- Kinder bis 14 Jahren zählen auch hier nicht mit. Die Länderchefinnen und -chefs rufen allerdings dazu auf, vor den Weihnachtstagen in eine möglichst mehrtägige häusliche Selbstquarantäne zu gehen.
4. Böllern wird eingeschränkt – Feuerwerk bleibt aber erlaubt
Ein bundesweites Verbot von Feuerwerk gibt es nicht. Silvesterfeuerwerk auf belebten Plätzen und Straßen wird untersagt, um größere Gruppen zu vermeiden. Die örtlich zuständigen Behörden sollen die betroffenen Orte bestimmen. Grundsätzlich wird empfohlen
, zum Jahreswechsel auf Feuerwerk zu verzichten.
5. Corona-Gipfel für noch mehr Homeoffice und Betriebsferien
Arbeitgeber sollen prüfen, ob Betriebsstätten durch Betriebsferien oder großzügige Homeoffice-Lösungen vom 23. Dezember bis 1. Januar schließen können.
6. Schulen und Kitas: Bundesweit einheitlicher Ferienbeginn
Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen sollen offen bleiben. In Regionen mit deutlich mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen soll aber künftig ab Klasse 7 grundsätzlich Maskenpflicht auch im Unterricht gelten. Für Grundschüler, Fünft- und Sechstklässler soll eine solche Pflicht ebenfalls eingeführt werden können.
7. Risikogruppen sollen besser geschützt werden
Der Schutz von Risikogruppen soll verbessert werden. Für Pflegebedürftige in Einrichtungen soll es ab dem 1. Dezember 30 Schnelltests pro Monat geben. Je nach Verfügbarkeit wird dieser Anspruch schrittweise erhöht. Der Bund soll einen noch umfassenderen und niederschwelligeren Einsatz von Schnelltests vorsehen.
8. Neue Regeln für die Bahn – aber keine Reservierungspflicht
Mehr Platz in den Zügen - dafür weniger Plätze, die reserviert werden können: Das sieht der getroffene Beschluss von Bund und Ländern vor. So soll die Sitzplatzkapazität
der Züge deutlich erhöht werden, um noch mehr Abstand zwischen den Reisenden zu ermöglichen. Als denkbar gilt es, mehr Züge einzusetzen. Die Reservierbarkeit der Sitzplätze soll parallel dazu beschränkt werden.
Einzelheiten soll nun die Bahn festlegen. In einem vorigen Entwurf waren noch konkrete Details genannt, etwa, dass fortan nur Fensterplätze reserviert werden können. Nun steht fest: Eine verschiedentlich geforderte Reservierungspflicht gibt es nicht.
Am 15. Dezember wollen die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten erneut zusammenkommen, um mit dem Kanzleramt über das weitere Vorgehen zu beraten. fmg mit dpa und afp
Aber: Nicht alle Länder wollen das exakt so umsetzen, wie der Überblick zeigt:
Baden-Württemberg: Im Südwesten gibt es zunächst keine Abweichungen von den gemeinsam getroffenen Corona-Beschlüssen. Einige der strengeren Regeln – etwa eine erweiterte Maskenpflicht – wurden hier bereits in den vergangenen Wochen eingeführt.
Bayern: Der Freistaat setzt alle Regeln des Bund-Länder-Beschlusses um.
Berlin: Die Hauptstadt will die Lockerungen für Weihnachten nicht mitmachen, die Kontaktbeschränkung auf fünf Personen bleibt bestehen. Diese dürfen jedoch aus mehr als zwei Haushalten kommen. Die Stadt orientiert sich damit an einem Passus des Bund-Länder-Beschlusses, der schärfere Maßnahmen für Orte mit besonders hohen Inzidenzwerten ermöglicht: Ab einer Zahl von 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche sollen die Corona-Regeln verschärft werden. In Berlin lag diese sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz am Donnerstag bei 215,6. Allerdings will Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) private Hotelübernachtungen über die Feiertage erlauben, diese hätten keinen touristischen Zweck.
Brandenburg: Das Land will die Beschlüsse vom Mittwoch so umsetzen.
Bremen: Die Stadt setzt die neuen Regeln wie von Bund und Ländern beschlossen um.
Hamburg: Die Hansestadt will die Maskenpflicht strenger als vorgesehen ausgestalten. So wird das Tragen von Mund-Nasen-Schutz ausgeweitet auf öffentlich zugängliche Räume, auf Warteschlangen und Menschenansammlung zum Beispiel vor Geschäften. Generell solle die Maskenpflicht am Arbeitsplatz gelten, so Arbeitende vor Ort keinen Mindestabstand halten können, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). An Weihnachten werden zwar Feiern mit bis zu zehn Personen erlaubt – allerdings aus maximal vier Haushalten. Gleichwohl will Hamburg seine Hotels – wie einige andere Bundesländer auch – für private Übernachtungen öffnen.
Hessen: In Wiesbaden will man an den Feiertagen Hotelübernachtungsmöglichkeiten bei Familienbesuchen ermöglichen. Damit widersetzt sich das Bundesland dem Wunsch des Kanzleramtes, Hotels für private Übernachtungen geschlossen zu halten.
Mecklenburg-Vorpommern: Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) will die meisten Corona-Maßnahmen umsetzen, stellt aber mögliche Lockerungen in Aussicht. Die sollen von der Entwicklung des regionalen Infektionsgeschehens abhängen. Nicht angenommen werden sollen höchstwahrscheinlich die schärferen Regeln im Einzelhandel. Unklar ist auch, ob die neu beschlossene Maskenpflicht vor Einzelhandelsgeschäften und auf Parkplätzen umgesetzt werden soll. Das Bundesland wird erst am Samstag über die Maßnahmen beraten.
Niedersachsen: Das Bundesland hat bereits am Donnerstag eine im Bund-Länder-Beschluss bei besonders hohen Inzidenzwerten mögliche Verschärfung umgesetzt: In Schulen in einem Landkreis, in dem die Sieben-Tage-Inzidenz den Wert von 200 Fällen je 100.000 Einwohner überschreitet, sollen ab dem 7. Jahrgang die Klassen in den betroffenen Hotspots automatisch in das Wechselmodell gehen. Die ebenfalls beschlossene Maskenpflicht an Schulen gilt in Niedersachsen bereits seit Längerem.
Nordrhein-Westfalen: Hotelübernachtungen für Familienangehörige sollen über die Feiertage hinweg möglich sein. Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sagte, touristische Reisen seien zwar untersagt, wenn aber Familien sich besuchten und keine Übernachtungsmöglichkeit bei den Verwandten hätten, werde das nicht unter touristischer Reise verstanden
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Rheinland-Pfalz: Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) will die Bund-Länder-Beschlüsse eins zu eins umsetzen.
Saarland: Das Bundesland will die verschärften Regeln umsetzen.
Sachsen: Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will die Corona-Regeln umsetzen und in Teilen verschärfen. Er kündigte für Regionen mit besonders hohen Corona-Infektionszahlen weitere Einschränkungen ab kommender Woche an. Unter anderem dürfen sich dann weniger Menschen treffen und in der Öffentlichkeit soll das Trinken von Alkohol untersagt werden können. Zudem sollen die Bewohner in den betroffenen Gebieten ihre Wohnungen nur noch aus triftigem Grund verlassen.
Sachsen-Anhalt: Das Bundesland will die Kontaktbeschränkungen auf fünf Personen mittragen – jedoch auf die Einschränkung auf maximal zwei Haushalte verzichten. Die Fixierung auf Hausstände sei schwer zu fassen und entspreche nicht der Lebensrealität vieler Menschen im Land, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU).
Schleswig-Holstein: Das nördlichste Bundesland kann sich mit seinen deutlich niedrigeren Corona-Inzidenzwerten teilweise auf einen Passus im Bund-Länder-Beschluss berufen, der Ausnahmen bei den Verschärfungen zulässt. Heißt konkret: Nagel-, Kosmetik- und Massagestudios ebenso wie Tierparks und Wildgehege dürfen ab Montag wieder öffnen. In Geschäften soll sich maximal ein Kunde pro 10 Quadratmeter Verkaufsfläche aufhalten. Die Kontaktbeschränkung auf fünf Personen im privaten Bereich wird nicht umgesetzt: Schleswig-Holstein erlaubt den ganzen Dezember über bis zu zehn Personen aus möglichst wenigen Haushalten. Auch sollen Hotels über die Feiertage private Übernachtungen anbieten dürfen. Wer zur Verwandtschaft anreise, müsse hier auch übernachten können, sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Dies in einer 40-Quadratmeter-Wohnung machen zu müssen, wäre auch aus virologischer Sicht nicht klug, so Günther.
Thüringen: Anders als andere Bundesländer zieht Thüringen seinen Ferienbeginn nicht auf den 19. Dezember vor, sondern bleibt beim 23. Dezember. Schüler ab der Klassenstufe 7 sollen aber in den Tagen vor Weihnachten zu Hause bleiben und dort Distanzunterricht erhalten.
Mitte Dezember wollen Bund und Länder beurteilen, ob die Maßnahmen auch weiter in den Januar verlängert werden. Schon im Beschluss vom Mittwoch ist formuliert, dass es kaum Chancen auf eine Lockerung gibt: Bund und Länder gehen davon aus, dass wegen des hohen Infektionsgeschehens umfassende Beschränkungen bis Anfang Januar (insbesondere im Bereich Gastronomie und Hotels) erforderlich sein werden.
Spiegel
China kürzt Kekule-Aussage zu Propagandazwecken
Der Auslandskanal des chinesischen Staatsfernsehens, CGTN, hat einen TV-Auftritt des Virologen Alexander Kekulé in der ZDF-Sendung Markus Lanz
zu Propaganda genutzt. Wie die FAZ
zuerst berichtet hatte, verkürzte CGTN Aussagen Kekulés – und vermittelte den Eindruck, er habe gesagt, das Coronavirus stamme nicht aus Wuhan. Dabei hatte Kekulé auf Nachfragen von Lanz deutlich gesagt, das Virus stamme aus China.
CGTN ist damit auf einer Linie mit den anderen Sprachrohren der chinesischen Regierung und der Kommunistischen Partei, die etwa auch Studien nur in Auszügen zitieren und als Belege dafür anführen, dass China nicht das Ursprungsland der Pademie war. Tagesspiegel
Biontech und Pfizer beantragen Impfstoffzulassung in der EU
Eine Impfstoffzulassung noch in diesem Jahr wird immer wahrscheinlicher: Als zweites Pharmaunternehmen hat die deutsche Firma Biontech einen Antrag in der EU gestellt. Bis Ende Dezember könnte er zugelassen sein.
Nach dem US-Pharmakonzern Moderna beantragt nun auch die Mainzer Firma Biontech die Zulassung für einen Corona-Impfstoff in der EU. Laut einer Mitteilung von Biontech, die dem SPIEGEL vorliegt, habe die Europäische Arzneimittelagentur Ema den Eingang des Antrags auf bedingte Marktzulassung bestätigt.
Biontech und das US-Unternehmen Pfizer hatten bereits vor gut einer Woche eine Notfallzulassung bei der US-amerikanischen Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde (FDA) beantragt. In den USA tagt das zuständige Gremium der FDA am 10. Dezember, dann soll über die Zulassung entschieden werden.
In Europa gelten für eine schnelle Zulassung strengere Regeln als in den USA. Zu dem mRNA-Impfstoff von Biontech und Pfizer läuft bei der Ema bereits ein sogenanntes Rolling-Review-Verfahren, das den Zulassungsprozess beschleunigen soll. Dabei können Hersteller schon vor dem kompletten Zulassungsantrag Daten zu Qualität, Unbedenklichkeit und Wirksamkeit eines Präparats einreichen. Die Ema will bis spätestens zum 29. Dezember die Bewertung des Zulassungsantrags abschließen.
Eine bedingte Zulassung oder eine Zulassung unter Auflagen ist in der EU möglich, wenn nach einer Zwischenanalyse ausreichend überzeugende Daten
zu Unbedenklichkeit und Wirksamkeit vorlägen, hieß es Anfang November vom Paul-Ehrlich-Institut (PEI), das in Deutschland für die Impfstoffzulassung zuständig ist.
In der Mitteilung von Biontech und Pfizer heißt es dazu: Falls die Ema zu dem Schluss kommt, dass die Vorteile des Impfstoffkandidaten zum Schutz gegen Covid-19 mögliche Risiken überwiegen, wird die Behörde die Erteilung einer bedingten Marktzulassung empfehlen.
Das könne den Einsatz des Impfstoffes BNT162b2 bereits vor Ende 2020 in Europa ermöglichen. [Quelle:Spiegel Wissenschaft 1.12.2020