Corona-Chronik, November 2020
Die Chronik dieser Pandemie hier zum Nachlesen in gesammelten Pressemeldungen.
Pro Krankenhaus nur noch drei Intensivbetten frei
Die Intensivmediziner warnen vor der wachsenden Gefahr einer Überforderung der deutschen Kliniken. Pro Krankenhaus seien im Schnitt deutschlandweit jetzt nur noch drei Intensivbetten frei. Wir sind in einer absoluten Ausnahmesituation
, hieß es.Die Intensivmediziner warnen vor der wachsenden Gefahr einer Überforderung der deutschen Kliniken in der Corona-Krise. Pro Krankenhaus seien im Schnitt deutschlandweit jetzt nur noch drei Intensivbetten frei, teilt der Arbeitskreis Intensivmedizin der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) mit. Wir sind in einer absoluten Ausnahmesituation, die wir in der Geschichte der Intensivmedizin so noch nie erlebt haben
, sagt DGAI-Sprecher Gernot Marx. Reuters
Chinas Industrie mit schnellstem Wachstum seit über drei Jahren
Die chinesische Industrie ist ungeachtet der zweiten Corona-Welle bei wichtigen Handelspartnern auf dem Weg zu alter Stärke: Der offizielle Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe stieg im November auf den höchsten Wert seit mehr als drei Jahren. Er kletterte um 0,7 auf 52,1 Punkte, wie das Statistikamt am Montag zu ihrer monatlichen Umfrage unter Unternehmen mitteilte. Ökonomen hatten lediglich einen Mini-Anstieg auf 51,5 Zähler erwartet. Das Barometer signalisiert bereits ab 50 ein Wachstum. Die Dienstleister meldeten bereits den neunten Monat in Folge bessere Geschäfte: Deren Einkaufsmanagerindex kletterte um 0,2 auf 56,4 Punkte.
Insbesondere die Exporte tragen derzeit zu der guten Konjunktur bei
, hieß es in einer Analyse der beiden Commerzbank-Ökonomen Hao Zhou und Marco Wagner zum Abschneiden der Industrie. Anekdotische Nachrichten deuten darauf, dass die chinesischen Exporteure gute Weihnachtsbestellungen erhalten haben.
Die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt profitiere davon, dass die Corona-Pandemie im Land eingedämmt wurde. Die chinesische Wirtschaft funktioniere reibungslos, während viele Konkurrenten noch immer im Lockdown-Modus sind
.
Die Umfragedaten deuten auf eine Wachstumsbeschleunigung im laufenden vierten Quartal hin. Analysten des Finanzhauses Nomura erwarten, dass das Bruttoinlandsprodukt um 5,7 Prozent zum Vorjahreszeitraum wächst. Im Sommerquartal lag das Plus bei 4,9 Prozent. 2020 insgesamt dürfte die chinesische Wirtschaft um etwa zwei Prozent zulegen, was das schwächste Wachstum seit mehr als drei Jahrzehnten wäre. In großen Industriestaaten wie den USA, Deutschland oder Großbritannien dürfte das Bruttoinlandsprodukt dagegen merklich fallen.
Allerdings ist längst nicht alles Gold, was glänzt. Der chinesische Arbeitsmarkt etwa entwickelt sich schwächer als erwartet, da sich viele Unternehmen mit Neueinstellungen noch zurückhalten. Auch die chinesischen Behörden räumten ein, dass die frischgebackenen Hochschulabsolventen mit einem schwierigen Arbeitsmarkt konfrontiert sind, was die Wirtschaftsaussichten eher trübt
, hieß es bei der Commerzbank. Reuters
Drosten: Mers-Virus könnte nächster Kandidat
für eine Pandemie sein
Derzeit konzentrieren sich Wissenschaftler und Virologen weltweit auf die Erforschung von Covid-19. Christian Drosten indes will sich nach dem Ende der aktuellen Corona-Pandemie dem Mers-Virus widmen. Denn dieses ist nach Drostens Auffassung der nächste Kandidat mit Pandemiepotenzial.
Nach dem Abflauen der aktuellen Covid-19-Pandemie will sich der Chefvirologe der Berliner Charité, Christian Drosten, mit seiner Forschung wieder auf andere Viren konzentrieren. Wenn der Rummel jetzt vorbei ist, dann werde ich mit einer kleinen Arbeitsgruppe ein neues Thema aufbauen
, sagte Drosten im Gespräch mit dem Wirtschaftsmagazin Capital
. Im Zentrum seiner Forschung sollen dann nicht mehr die aktuellen Coronaviren (Sars-Cov2) stehen, sondern die Mers-Viren. Dieser Virenstamm hätte laut dem Charité-Virologen das Potenzial, der nächste Pandemiekandidat
zu werden.
Mers: Ein Erreger aus der Familie der Coronaviren
Mit Mers wird gemeinhin das Middle East Respiratory Syndrome beschrieben, das zur Gruppe der Coronaviren gehört. Wie das Robert-Koch-Institut (RKI) mitteilt, bezeichnet Mers-CoV eine Infektion der oberen Atemwege, die erstmals im April 2012 auf der Arabischen Halbinsel nachgewiesen wurde. Seitdem verbreitet sich das Virus überwiegend in Saudi-Arabien.
Die wenigen Fälle, die bisher außerhalb der Arabischen Halbinsel bekannt wurden, standen mit einem vorangegangenen Aufenthalt in dieser Region oder engem Kontakt zu anderen Mers-Infizierten in Zusammenhang. 2015 meldeten die südkoreanischen Gesundheitsbehörden einen Ausbruch des Virus, der auf einen importierten Mers-Fall zurückging. Unter dem medizinischen Personal, Kontaktpersonen und Angehörigen der infizierten Person gab es innerhalb weniger Wochen 186 weitere Erkrankungen. In 38 Fällen führte die Infektion zum Tod, so das RKI.
In Europa wurden nur einzelne importierte Fälle oder Sekundärfälle registriert. In Deutschland sind laut RKI bislang drei Fälle von Mers bekannt geworden. 2012 und 2013 wurde je ein an Mers erkrankter Patient aus Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten hierzulande behandelt. 2015 trat die Erkrankung bei einem Patienten auf, der zuvor einen Kamelmarkt auf der Arabischen Halbinsel besucht hatte. Er verstarb drei Monate später an den Spätfolgen der Erkrankung. Bei einer Kontaktperson des Infizierten konnten ebenfalls Antikörper gegen Mers-Coronaviren nachgewiesen werden. Die Erkrankung verlief jedoch unbemerkt und symptomfrei.
Wie unterscheiden sich Sars-CoV-2 und Mers?
Wie auch beim aktuellen Coronavirus handelt es sich bei Mers-CoV um einen zoonotischen Erreger – also um ein Virus, das von Tieren auf Menschen übertragen werden kann. Als wahrscheinlichste Ansteckungsquelle gelten laut der Weltgesundheitsorganisation WHO Dromedare. Allerdings lassen sich nicht alle Primärfälle darauf zurückführen, schränkt das RKI ein. Auch die Ansteckung von Kontaktpersonen (Sekundärinfektion) wurde beobachtet. Unentdeckte Infektionen können zu großen Ausbrüchen führen, wie es etwa in Krankenhäusern in Riyadh seit 2015 immer wieder der Fall ist.
Die Inkubationszeit bei einer Infektion mit Mers beträgt in der Regel ein bis zwei Wochen. Dabei ist der Höhepunkt der Ausscheidung von Virusmaterial über die oberen Atemwege nach sieben bis zehn Tagen erreicht, wie aus einem Vergleich von knapp 100 Studien zu Sars, Mers und Sars-CoV-2 im The Lancet Microbe
hervorgeht. Im Gegensatz zu Sars-CoV-2 vermehren sich die Viren demnach langsamer und eine Übertragung durch asymptomatische Personen erfolgt praktisch nicht, stellten die schottischen Wissenschaftler fest.
Symptome, Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten
Bei gesunden Menschen verläuft die Mers-Erkrankung in der Regel asymptomatisch oder mit milden grippeähnlichen Symptomen, klärt die WHO auf. Die Beschwerden ähneln mit Fieber, Husten, Kurzatmigkeit und zum Teil Durchfall denen einer Sars-CoV-2-Infektion. Bei schweren Mers-Verläufen kann sich ebenfalls eine Lungenentzündung entwickeln, die in ein akutes Atemnotsyndrom übergehen kann. Schwere Verläufe treten überwiegend bei Menschen mit chronischen Vorerkrankungen wie Diabetes, Herzerkrankungen und chronischen Nieren- oder Lungenerkrankungen auf. Die mit etwa 35 Prozent hohe Sterblichkeitsrate erklärt die WHO damit, dass milde oder asymptomatische Mers-Fälle nicht registriert werden.
Bisher ist noch kein Impfstoff gegen Mers-CoV und keine spezifische Behandlung verfügbar, obwohl mehrere in der Entwicklung sind. Anfang des Jahres haben sich jedoch zwei Impfstoffkandidaten gegen das Virus in Phase-1-Studien als sicher erwiesen. Die im Magazin The Lancet Infectious Diseases
publizierten Ergebnisse aus Hamburg und Oxford belegen, dass es bei der Impfung zu einer Immunantwort gegen das Virus kommt. Ob diese ausreicht, um wirksam vor einer Infektion zu schützen, ist noch unklar.
Wie groß ist das Pandemiepotenzial von Mers?
Eine Ausbreitung als Epidemie oder Pandemie halte ich für äußerst unwahrscheinlich
, hatte Drosten noch 2015 dem Focus
gesagt. Diese Einschätzung begründete er mit der langsamen Mutation von Coronaviren. Mers-CoV hätte daher kaum Gelegenheit, sich an den Menschen anzupassen. Die WHO stuft Mers jedoch als Priority Disease
ein – als eine Krankheit, deren Erforschung und Entwicklung von Medikamenten höchste Priorität eingeräumt werden sollte. Der Ausbruch in Südkorea zeigte zudem, dass Mers das Potenzial für eine Pandemie hat. Auch Drosten hat seine Meinung nun offenbar geändert.
Wichtig für die Einschätzung eines globalen Verbreitungsrisikos sei laut dem RKI, dass es bislang keine Hinweise auf eine anhaltende, unkontrollierte Mensch-zu-Mensch-Übertragung gibt
. Importierte Krankheitsfälle könnten jedoch, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt werden, im Krankenhaus zu weiteren Ansteckungen führen.
Bis September 2020 verzeichnete das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) mehr als 2500 laborbestätigte Fälle in 27 Ländern, darunter mehr als 800 Todesfälle. Der bisher höchste Anstieg der Infektionen war mit über 750 Mers-Fällen im Jahr 2014 verzeichnet worden. In diesem Jahr wurden bisher 61 Fälle registriert, alle auf der Arabischen Halbinsel. RND (Redaktionsnetzwerk Deutschland)
21.695 neue Corona-Infektionen in Deutschland
In Deutschland haben die Gesundheitsämter dem Robert Koch-Institut (RKI) 21.695 neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden übermittelt. Das meldete das RKI am frühen Samstagmorgen. Am vergangenen Samstag hatte die Zahl bei 22.964 gelegen. Der Höchststand war am Freitag vor einer Woche (20.11.) mit 23.648 gemeldeten Fällen erreicht worden. Die Gesundheitsämter meldeten binnen eines Tages zudem 379 neue Todesfälle. In der Tendenz war die Zahl der täglichen Todesfälle zuletzt nach oben gegangen, was nach dem steilen Anstieg bei den Neuinfektionen auch erwartet wurde. Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Sars-CoV-2 Infektion gestorben sind, stieg auf insgesamt 15.965. Das RKI zählt seit Beginn der Pandemie insgesamt 1.028.089 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland (Stand: 28. 11., 00.00 Uhr). Nach Schätzungen sind rund 711.000 Menschen inzwischen genesen.
Der sogenannte Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Freitagabend bei 0,93 (Vortag: 0,90). Das heißt, dass 100 Infizierte rechnerisch 93 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt der Wert für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. dpa
Wie der Schweizer Sonderweg zum Debakel wird
Höhere Todeszahlen als in den Vereinigten Staaten: In der Corona-Pandemie hat die Schweiz einen Sonderweg eingeschlagen. Endet er in einem Debakel für das Land? Sie sterben allein, in den Krankenhäusern, in den Altersheimen, in den kleinen Wohnungen
, beginnt Yves Petignat seine Chronik Meine Schweizer Woche
am vergangenen Wochenende in Le Temps
. Petignat war Berlin-Korrespondent der Genfer Zeitung: Unsere Kinder verrotten. Man stirbt an Covid, an Arbeitslosigkeit, am Lockdown.
1.046 Tote in zwei Wochen – und die Schweiz schweigt
, titelte derBlickeinen Tag später:
Warum findet das große Sterben in der Öffentlichkeit so wenig Widerhall?Im Mai hatte Gesundheitsminister Alain Berset verkündet:
Wir können Corona.Er bewilligte Sportveranstaltungen mit Tausenden von Zuschauern und Konzerte mit Hunderten von Besuchern. Kinos, Museen, Restaurants, Geschäfte blieben geöffnet. In der Genfer Oper wurden zwischen geschlossenen Besuchergruppen Sitze freigehalten, am Platz herrschte keine Maskenpflicht. Jetzt ist die Sterbeziffer doppelt so hoch wie im Vorjahr, und die Toten werden in einem ehemaligen Industrielager zwischengelagert.
Gesamtschweizerisch sind die Todeszahlen höher als in den Vereinigten Staaten. Die Regierung ist ratlos, ihre redseligen Gesundheitsexperten widersprechen sich und ihr. Die Schweiz ist schlechter und schlimmer als Trump und versinkt in einer Depression. Was tun?
Ich bin gerade im Zug und möchte aus Deutschland heraus keine Ratschläge geben, sagte der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dem Boulevard-Blatt
Blick. Aber seine Kritik am Vorgehen der Schweizer ist brutal:
Vieles hat sie falsch gemacht, ein
unverzeihliches Politversagenlautet seine Diagnose.
Ziemlich abgekanzelthat er uns, befindet das Blatt. Und eine moralische Belehrung konnte sich der Deutsche auch nicht verkneifen:
Es ist wichtig, dass ich mich selbst schütze. Aber noch wichtiger, dass ich andere schütze. Wer sich nur selbst schützt, schützt nicht genug.
Tadel von der Weltgesundheitsorganisation
Die Süddeutsche Zeitung
erklärt die eidgenössische Fahrlässigkeit mit der Angst vor ökonomischen Verlusten
. Die Kritik kommt nicht nur aus Deutschland. Getadelt wird die Schweiz auch von der Weltgesundheitsorganisation: Sie fürchtet nach der zweiten Welle bereits eine dritte. Aus Griechenland wird die Präsidentin eines Ärzteverbands zitiert: Wir würden niemals tun, was die Schweizer machen.
Geld ist den Eidgenossen wichtiger als die Gesundheit, befindet sogar die renommierte amerikanische Zeitschrift Foreign Policy
: Die Schweiz stellt Sparsamkeit vor Menschenleben.
So knüppeldick für das Land kam es zuletzt vor einem Vierteljahrhundert: Damals ging es um die nachrichtenlosen Vermögen
und das Verhalten im Krieg.
Eine ähnliche Strategie wie die Schweiz verfolgt nur Schweden – vielleicht muss man sie mit der Verschonung im Zweiten Weltkrieg verstehen. Yves Petignat bemüht den einzigen Schweizer Literaturnobelpreisträger Carl Spitteler, der 1914 das gespaltene Land zu einen versuchte. In der Pandemie wurde ein Corona-Graben
diagnostiziert. An Schuldzuweisungen und Klischees fehlt es nicht – an Verständnis und Solidarität sehr wohl. Die Dichter und die Philosophen sind im Winterschlaf. Ein Genfer Professor für Anthropologie der Gesundheit
macht sich im französischen Verschwörungsfilm Hold-up
einen Namen. Für ernsthafte Debatten sorgen fast ausschließlich deutschschweizer Ökonomen: Reiner Eichenberger plädiert für die Herdenimmunität, Willy Oggier will Corona-Rebellen hohe Strafgelder verordnen und Maskensündern die Pflege verweigern.
In der Schweiz sterben mehr Menschen an Covid-19 als in den meisten anderen Ländern
, stellte am Mittwoch die Neue Zürcher Zeitung
fest – Titel: Das tödliche Zögern im Oktober
. Am vergangenen Sonntag hatte sie sich über den niederen Reflex der Schadenfreude
entsetzt. Es ging ihr nicht um die weltweite Häme über das Debakel des selbstbewussten Musterschülers. Sondern um die Stimmung im Lande nach der deutschen Fußball-Schlappe gegen Spanien.
Doch das Feindbild sind die Habsburger. Fließt in den Adern der Österreicher immer noch Untertanenblut
, wundert sich der Blick
über den harten Lockdown: Und berauscht seine temporäre, fast absolutistische Macht den erfolgsverwöhnten Jungkanzler tief im Geheimen doch?
Konrad Staehelin, Wirtschaftsredakteur des Tages-Anzeigers
, wittert einen unlauteren Angriff auf die Schweiz: Vielleicht fahren die Deutschen alle zum Skifahren nach Österreich.
Wer die Bilder vom Ansturm auf die Bahnen in Zermatt und Saas-Fee gesehen hat, kann sie verstehen. In Italien und Frankreich wird die Skisaison abgesagt. In der Schweiz geht sie weiter: Ski Heil. FAZ
Drei Viertel der Deutschen schränken Besuche an Feiertagen ein
Eine große Mehrheit der Deutschen will an den Weihnachtsfeiertagen weniger soziale Kontakte als üblich. In Anbetracht hoher Covid-19-Infektionszahlen in Deutschland planen laut einer Umfrage derzeit knapp drei Viertel der Bürger (73 Prozent), Kontakte zu ihrer Familie und Besuche an den Feiertagen zumindest etwas einzuschränken. 28 Prozent der Befragten möchten demnach Verwandtschaftsbesuche weniger stark, weitere 28 Prozent stark und 17 Prozent sehr stark einschränken. Knapp ein Viertel (23 Prozent) plant wegen der Corona-Bedingungen derzeit keine Kontaktreduzierung über Weihnachten. Während in Westdeutschland 78 Prozent eine Beschränkung der Kontakte planen, sind es in Ostdeutschland 58 Prozent.
Im Auftrag des ARD-Morgenmagazins befragte das Institut infratest dimap insgesamt 1.047 Menschen zu ihren Plänen an den Weihnachtsfeiertagen. Unterdessen gehen vier von fünf Bundesbürgern davon aus, dass die Coronamaßnahmen über den Januar hinaus verlängert werden. Wie die Bild
-Zeitung am Freitag unter Berufung auf eine repräsentative Umfrage des Instituts Insa meldet, rechnen 79 Prozent der Deutschen im Januar mit einer erneuten Verlängerung des Lockdowns. Nur neun Prozent gehen davon aus, dass der Stillstand im Januar endet.
Laut der Zeitung halten 69 Prozent der Befragten die am Mittwoch beschlossene Verschärfung der Kontaktbeschränkungen auf maximal fünf Personen aus zwei Haushalten für richtig. Dagegen sagten 21 Prozent, die Verschärfung sei falsch. Auch der Beschluss eines Feuerwerksverbots auf belebten Plätzen und Straßen wird von einer breiten Mehrheit getragen. 75 Prozent der Bundesbürger sind der Meinung, diese Regelung sei richtig. 15 Prozent sagen, es sei falsch. Außerdem wollten 80 Prozent der Bundesbürger in diesem Jahr keine Feuerwerkskörper kaufen, schreibt die Zeitung unter Berufung auf die Umfrage. KNA
Diplomatie als Wolfskrieg – Chinas aggressive Außenpolitik
Wegen des Versuchs, die Entstehung und Verbreitung von Covid-19 möglichst lange zu vertuschen und in der Folge aus der Pandemie möglichst viel Kapital zu schlagen, steht China weltweit in der Kritik. Dass es sich als Reaktion darauf für einen Kurs der Einschüchterung entschieden hat, zeugt von Kurzsichtigkeit. Die global virulent werdende Gegenreaktion auf China wegen seiner Verantwortung für die von Wuhan ausgehende Corona-Pandemie hat in den vergangenen Wochen an Intensität gewonnen. Und China selber hat Öl ins Feuer gegossen, wie seine jüngsten Pläne für ein neues Sicherheitsgesetz für Hongkong zeigen. Angefangen bei der impliziten Erwartung politischer Gegenleistung für die Versorgung notleidender Länder mit medizinischer Schutzausrüstung bis hin zur Zurückweisung von dringlicher werdenden Forderungen nach einer unabhängigen internationalen Untersuchung der Herkunft des Virus: Die Einschüchterungstaktik der Regierung von Präsident Xi Jinping hat das kommunistische Regime Chinas beschädigt und isoliert. Neue Zürcher Zeitung
Weihnachten trotz Corona mit der Familie? Diese Regeln gelten für das Fest
Weihnachten 2020: Bund und Länder haben sich darauf verständigt, welche Regeln für das Fest mit der Familie im Corona-Jahr gelten sollen. Die Maßnahmen im Überblick.
Update vom 25. November, 23.19 Uhr: Nach stundenlangen Bund-Länder-Beratungen zum weiteren Corona-Fahrplan am Mittwoch ist klar: Weihnachten kann im engsten Familienkreis gefeiert werden. Beim Corona-Gipfel haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder um NRW-Landeschef Armin Laschet darauf verständigt, dass die strikten Kontaktbeschränkungen des verlängerten Lockdowns in der Zeit vom 23. Dezember bis längstens Neujahr aufgeweicht werden.
Das bedeutet, dass zu Weihnachten höchstens zehn Personen - drinnen oder draußen - zusammenkommen dürfen. Kinder unter 14 Jahren zählen nicht mit. Wie NRW-Ministerpräsident Armin Laschet im Anschluss an den Gipfel erklärte, ermögliche man damit, dass ich etwa Eltern mit ihren erwachsenen Kindern treffen dürfen, auch wenn es sich um mehrere Haushalte handelt. Laut Laschet soll auch ein Kontakt zu Großeltern möglich sein. Generell sollen dabei so viele Schutzmaßnahmen wie möglich ergriffen werden. Für viele Menschen sicherlich ein Einschnitt: Die Restaurants dürfen vor und an Weihnachten nicht öffnen.
Kirchen und Religionsgemeinschaften sollen zu Weihnachten im Gespräch mit den Ländern Konzepte zur Kontaktreduzierung bei Gottesdiensten und anderen Zusammenkünften erarbeiten. Religiöse Zusammenkünfte mit Großveranstaltungscharakter sollten vermieden werden.
Kanzlerin Angela Merkel sprach von einer besonderen Zeit, die bevorstehe, einem besonderen Monat mit Weihnachten und dem Jahreswechsel - gerade für Christen, aber auch für andere Menschen
.
[Erstmeldung] Hamm - Weihachten. Das Fest der Liebe. Die Feiertage, an dem bei vielen die Familie zusammenkommt und besinnliche Tage verbringt. Eigentlich. Doch aufgrund des Coronavirus und die nach wie vor hohen Infektionszahlen hatten viele schon die schlimmsten Befürchtungen: Fällt Weihnachten ins Wasser? Sehen die Corona-Regeln vor, das Fest wie gewohnt zu feiern?
Das Gute ist: Die Politik Weihnachten mit der Familie auf keinen Fall verbieten. Die Ministerpräsidenten der Länder um NRW-Landeschef Armin Laschet (CDU) haben sich vor dem Bund-Länder-Treffen am Mittwoch (25. November) mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf einheitliche Kontakt-Regeln für Weihnachten wie auch für Silvester geeinigt.
Demnach sollen im Zeitraum vom 23. Dezember 2020 bis zum 1. Januar 2021 Treffen eines Haushaltes mit haushaltsfremden Familienmitgliedern oder haushaltsfremden Menschen bis maximal zehn Personen ermöglicht werden. Das geht aus einer Beschlussvorlage für den Corona-Gipfel mit Kanzlerin Merkel hervor, der der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag bereits vorlag. Kinder bis 14 Jahren seien hiervon ausgenommen.
Minister empfehlen Selbstquarantäne
Um sich selbst, aber vor allem die Familie zu schützen, empfehlen die Politiker vor den Besuchen über Weihnachten eine mehrtägige Selbstquarantäne - wie es einige Experten um Virologe Christian Drosten bereits vor Wochen vorgeschlagen hatten. "Dies kann durch ggf. vorzuziehende Weihnachtsschulferien ab dem 19.12.2020 unterstützt werden", heißt es in der Beschlussvorlage. NRW etwa hat bereits für frühere Weihnachtsferien entschieden, Bayern und Baden-Württemberg haben mittlerweile nachgezogen.
Noch nicht klar geregelt ist, wie es mit Gottesdiensten an Weihnachten aussehen wird. Die Ministerpräsidenten wollen mit den Kirchen über mögliche Vereinbarungen für Weihnachtsgottesdienste sprechen, wie aus dem Beschlussentwurf hervorgeht. Bund und Länder werden das Gespräch mit den Religionsgemeinschaften suchen, um möglichst Vereinbarungen für Gottesdienste und andere religiöse Zusammenkünfte mit dem Ziel einer Kontaktreduzierung zu treffen
, heißt es in dem Papier. Religiöse Zusammenkünfte mit Großveranstaltungscharakter gilt es dabei zu vermeiden.
Ausnahme der Regeln nur für das Fest und Silvester
Ziel des Ganzen ist es, die Corona-Infektionen im Umfeld der Feierlichkeiten an Weihnachten mithilfe dieser Regeln so gering wie möglich zu halten. Auch Arbeitgeber werden um Unterstützung bei Feiertagslösungen gebeten. Sie sollten prüfen, ob die Unternehmen entweder durch Betriebsferien oder großzügige Homeoffice-Lösung vom 23. Dezember bis 1. Januar geschlossen werden könnten.
Die Ausnahmen gelten jedoch nur für Weihnachten und Silvester. Um die Corona-Lage weiter in den Griff zu bekommen, soll es im restlichen Zeitraum strenge Kontaktregeln geben. Private Zusammenkünfte mit Freunden, Verwandten und Bekannten sind auf den eigenen und einen weiteren Haushalt, jedoch in jedem Falle auf maximal fünf Personen zu beschränken
, heißt es mit Blick auf mögliche Corona-Regeln ab dem 1. Dezember. Kinder bis 14 Jahre sollen hiervon ebenso ausgenommen werden.
Der aktuelle Teil-Lockdown soll dem Länder-Papier zufolge bis zum 20. Dezember verlängert werden. Bei einer Inzidenz von deutlich
unter 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen und wenn weitere Bedingungen erfüllt sind, sollen Länder die Möglichkeit bekommen, hiervon abzuweichen.
Länder auch über Quarantäne-Zeit einig
Außerdem schlagen die Ministerpräsidenten vor, das Zeitintervall der häuslichen Quarantäne einheitlich auf eine Regelzeit von zehn Tagen festzulegen. Mit den nunmehr in größerer Zahl zur Verfügung stehenden Antigen-Schnelltests ist eine testgestützte Verkürzung der Quarantäne-Zeit möglich.
Mit Blick auf den Jahreswechsel wurde aber nicht nur über Kontakt-Regeln mit Familie oder Freunden diskutiert, sondern auch über ein Böllerverbot an Silvester. Die Länder haben sich dahingehend geeinigt und wollen Silvesterfeuerwerk auf belebten öffentlichen Plätzen und Straßen untersagen, um größere Gruppenbildungen zu vermeiden. Die örtlich zuständigen Behörden bestimmen die betroffenen Plätze und Straßen
, heißt es in dem Entwurf. Grundsätzlich wird empfohlen
, zum Jahreswechsel auf Silvesterfeuerwerk zu verzichten - ein Verkaufsverbot ist demnach aber nicht vorgesehen. WA.de mit dpa-Material
Mehr als 18.500 Neuinfektionen und 410 weitere Todesfälle
In Deutschland steigt die Zahl der bekannten Infektionen um 18.633 auf 961.320, wie aus Daten auf der Internetseite des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervorgeht. Das sind mehr als 1000 mehr vor einer Woche. Binnen 24 Stunden sind 410 weitere Menschen an oder mit dem Virus gestorben. Die Zahl der Todesfälle klettert demnach auf 14.771. Die Zahl der Genesenen lag bei 656.400. Reuters
Lauterbach: Teil-Lockdown wirkt weit schwächer als erwartet
Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach hat zugegeben, dass der derzeitige Teil-Lockdown die Infektionszahlen bei weitem nicht so senkt wie erwartet. Er wirkt etwa halb so stark, wie wir gerechnet haben
, sagte Lauterbach am Mittwoch im ARD-Morgenmagazin
. Grund dafür seien neue Infektionsherde etwa in Schulen. Um dort Neuansteckungen zu verhindern, solle es nach Möglichkeit Wechselunterricht geben. Das gelingt uns für die Fachhochschulen, für die Universitäten geben wir es jetzt für alle vor. Das muss auch an den Schulen möglich sein
. Bund und Länder beraten am Nachmittag über das weitere Vorgehen zur Bekämpfung der Pandemie.
Lauterbach (SPD) unterstützt die sich abzeichnende Verschärfung und Verlängerung der Corona-Maßnahmen. Sonst kommen wir nicht hin
, sagte er. Ausnahmen an Weihnachten müssten aber möglich sein. Wir müssen unsere Maßnahmen ja auch vermitteln
, sagte Lauterbach.
Um ein gemeinsames Weihnachtsfest zu ermöglichen, sollten sich alle zusammennehmen
, empfahl der Mediziner. Konkret bedeute das eine Vorquarantäne vor den Festtagen und nicht so viel shoppen
. Das Geschenk müssen wir selbst sein und nicht das, was wir mitbringen
, sagte Lauterbach. Weihnachten dürfe den Menschen nicht als das Fest in Erinnerung bleiben, an dem sie Angehörige wegen des Virus verloren haben, warnte er. dpa, AFP
Schweden verlässt mit Inkrafttreten von strengen Vorschriften Corona-Sonderweg
Mit dem Inkrafttreten von strengeren Vorschriften verlässt Schweden am Dienstag seinen Corona-Sonderweg. Erstmals gelten nun Auflagen für Treffen in der Öffentlichkeit, nur noch acht Menschen dürfen zusammenkommen. Bisher durften sich je nach Anlass 50 bis 300 Menschen treffen. Schulen und Restaurants sollen laut der Regierungsanordnung weiter geöffnet bleiben. Betreiber von Restaurants müssen allerdings darauf achten, dass pro Tisch nicht mehr als acht Gäste Platz nehmen. AFP
Auch Unionsländer wollen Teil-Lockdown verlängern
Auch die unionsgeführten Bundesländer wollen den im November geltenden Teil-Lockdown in der Corona-Krise bis zum 20. Dezember verlängern. Über eine Fortsetzung der Schließungen solle am 15. Dezember beraten werden, heißt es in einem Papier, das der Deutschen Presse-Agentur am Montag vorlag. Vor und auf dem Schulgelände sowie im Schulunterricht aller Schularten solle es eine grundsätzliche Maskenpflicht geben. Ausnahmen für den Unterricht in Grundschulen sollten aber möglich sein.
Die Unionsländer schlagen vor, dass in Ländern, die weniger als 50 Neuinfektionen pro Woche und 100.000 Einwohner haben, Lockerungen von den Schließungen vornehmen können sollen. Die Novemberhilfe zur Unterstützung etwa der Gastronomie soll als Dezemberhilfe verlängert werden, heißt es im Papier der Unionsländer In die entsprechenden Förderprogramme seien ausdrücklich auch Schausteller und Marktkaufleute einzubeziehen. Zur Corona-Warn-App heißt es, es solle eine "Erweiterung des Leistungsspektrums" geben. Der Bund solle prüfen, ob Lockerungen im Datenschutz möglich seien. dpa
Infektionen in USA steuern auf Zwölf-Millionen-Marke zu
In den USA ist die Zahl der bestätigten Corona-Infektionen nach Angaben der Seuchen-Kontrollbehörde CDC binnen eines Tages um 192.673 auf 11.843.490 gestiegen. Zudem kletterte demnach die Zahl der Toten um 1885 auf 253.600. Wenige Tage vor dem verlängerten Thanksgiving-Wochenende steuert das von der Pandemie am stärksten betroffene Land damit auf die Marke von zwölf Millionen Infektionen zu. Das CDC rät dringend von Reisen an den bevorstehenden Feiertagen ab. Wir sind alarmiert durch den exponentiellen Anstieg an Fällen und Krankenhauseinweisungen.
Reuters
Griechenland meldet bislang stärksten Tagesanstieg bei Corona-Toten
Griechenland meldet 108 weitere Corona-Tote - so viele wie noch nie binnen eines einzigen Tages. Eine Aufhebung des aktuell geltenden Lockdowns am 1. Dezember scheint daher kaum noch realistisch. Ein Regierungssprecher hatte diese Einschätzung angesichts der Entwicklung der Pandemie in Griechenland bereits am Freitag geäußert. Insgesamt wurden nach Angaben der Gesundheitsbehörden bislang 90.121 Infektionen und 1.527 Todesfälle bestätigt. Reuters
RKI meldet fast 23.000 Neuinfektionen
In Deutschland haben die Gesundheitsämter dem Robert Koch-Institut (RKI) 22.964 neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden gemeldet. Im Vergleich zum Wert vor einer Woche wurden gut 500 Fälle mehr gemeldet. Am vergangenen Samstag hatte die Zahl gemeldeter Neuinfektionen bei 22.461 gelegen. Der Höchststand war am Freitag mit 23.648 gemeldeten Fällen erreicht worden. Nachdem die Zahl der täglichen Neuinfektionen im Oktober und Anfang November stark gestiegen war, war der Wert zuletzt vergleichsweise stabil. Einen deutlichen Rückgang der Neuinfektionen gibt es aber bislang nicht, obwohl seit Anfang November ein Teil-Lockdown in Deutschland gilt.
Das RKI zählt seit Beginn der Pandemie insgesamt 902.528 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland (Stand: 21.11., 00.00 Uhr). Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus stieg bis Samstag um 254 auf insgesamt 13.884. Das RKI schätzt, dass rund 593.100 Menschen inzwischen genesen sind.
Das sogenannte Sieben-Tage-R lag laut RKI-Lagebericht vom Freitag bei 1,05 (Vortag: 0,99). Das bedeutet, dass im Durchschnitt jede Person, die mit SARS-CoV-2 infiziert ist, ungefähr eine weitere Person ansteckt. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. dpa
In zahlreichen Städten sind fürs Wochenende wieder Proteste gegen Corona-Auflagen geplant - München verbietet Demo
Auch an diesem Wochenende wollen Kritiker der Corona-Maßnahmen wieder in mehreren Städten demonstrieren. Zwei Wochen nach der teils chaotischen Querdenken
-Demo stehen Leipzig am Samstag wieder zahlreiche Kundgebungen bevor. Gegner der Corona-Politik haben laut Stadt eine Versammlung mit 250 Teilnehmern angemeldet. Dagegen regt sich lauter Protest: Allein das Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz
ruft zu drei Kundgebungen auf zentralen Plätzen der Stadt auf. Die Polizei wird nach eigenen Angaben mit einem Großaufgebot im Einsatz sein.
In Berlin werden 5000 Impfgegner erwartet
In Nordrhein-Westfalen wird an beiden Wochenendetagen mit zahlreichen Aktionen gerechnet. In Bochum ist am Samstag eine Demonstration unter dem Motto Fest für Frieden, Freiheit und Liebe
geplant. Veranstalter ist die Initiative Querdenken 234 Bochum
. 1000 Teilnehmer sind angemeldet. Angekündigt ist unter anderem eine Rede von Querdenken
-Gründer Michael Ballweg.
Demonstrationen mit Corona-Bezug soll es laut Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) am Samstag auch in Heinsberg, in Münster und im Märkischen Kreis geben. Für Sonntag waren der Behörde bis Freitagmittag geplante Veranstaltungen in Köln, Mönchengladbach und erneut Münster bekanntgeworden. Auf einer Terminübersicht der Corona-Maßnahmen-Kritiker im Internet werden als weitere Veranstaltungsorte in NRW an diesem Wochenende unter anderem Bonn, Bergheim, Düsseldorf und Paderborn genannt.
Für München hat nach dem Verwaltungsgericht auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das Verbot einer für Samstag geplanten Querdenker
-Demonstration gegen die Corona-Politik bestätigt. Die Veranstalter hatten eine Kundgebung mit bis zu 30 000 Teilnehmern auf der Münchner Theresienwiese angemeldet. Die Stadt sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Versammlung unter Berücksichtigung der Erfahrungen mit Versammlungen der Querdenken
-Bewegung infektionsschutzrechtlich nicht vertretbar sei, gab der zuständige Senat des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur Begründung an.
Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs gibt es kein Rechtsmittel. Tsp
RKI meldet 23.648 Neuinfektionen
Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Deutschland ist nach Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) auf einen neuen Höchststand gestiegen. Die Experten meldeten am frühen Freitagmorgen auf ihrer Website 23.648 neue Fälle und damit insgesamt 879.564. Das waren mehr als tausend Fälle mehr als am Vortag. Eine Woche zuvor war die bisherige Rekordmarke von 23.542 Fällen erreicht worden. Die Zahl der Todesfälle gab das RKI am Freitag mit 13.630 an, 260 mehr als vor 24 Stunden. Reuters, AFP
Rapider Anstieg der Covid-19-Todesfälle in den USA
Die USA haben innerhalb weniger Tage erneut einen Höchststand bei den Coronavirus-Neuinfektionen verzeichnet. Am Donnerstag meldeten die Behörden binnen 24 Stunden 187.833 neue Fälle, wie aus Daten der Universität Johns Hopkins (JHU) in Baltimore vom Freitagmorgen (MEZ) hervorging. Der bislang höchste Wert war am vergangenen Freitag registriert worden, als mehr als 177.000 Neuinfektionen gemeldet wurden. Auch die Zahl der Toten im Zusammenhang mit einer Coronavirus-Infektion stieg weiter rapide an: Mit 2015 neuen Todesfällen wurde am Donnerstag seit Anfang Mai erstmals wieder die 2000-Marke überschritten. Der höchste Wert an einem Tag wurde am 15. April mit 2609 Toten erreicht.
Erst am Mittwoch hatten die USA nach Angaben der JHU die Viertelmillion-Marke bei der Zahl der Toten überschritten. Seit Beginn der Pandemie starben mehr als 252.000 Menschen mit dem Erreger Sars-CoV-2 - mehr als in jedem anderen Land der Welt. Insgesamt haben sich in dem Land mit rund 330 Millionen Einwohnern mehr als 11,7 Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert.
Viele Bundesstaaten verschärfen inzwischen wieder ihre Corona-Auflagen. Kalifornien etwa führt wegen steigender Infektionszahlen eine nächtliche Ausgangsbeschränkung ein. Für gut 94 Prozent der Bevölkerung gilt nun diese strikte Auflage. In dem mit rund 40 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten Bundesstaat hatte die Regierung erst am Montag neue Corona-Auflagen verfügt. dpa
Neues Tier-Virus ist zwischen Menschen übertragbar
2004 entdeckten Fachleute in Bolivien ein neues Virus im Blut eines Toten. 15 Jahre später tauchte das Chapare-Virus wieder auf - und infiziert Klinikpersonal. Drei Menschen starben.
Ein neues und potenziell tödliches Virus, das mutmaßlich aus Nagetieren stammt, kann sich von Mensch zu Mensch übertragen. Zu diesem Schluss kommt eine Arbeitsgruppe um Caitlin Cossaboom von der US-amerikanischen Seuchenschutzbehörde CDC nach der Untersuchung von fünf Fällen einer unbekannten Krankheit in Bolivien. Wie das Team auf der Jahresversammlung der American Society of Tropical Medicine and Hygiene berichtete, erkrankten in der Stadt Caranavi drei medizinische Fachkräfte nach Kontakt mit Patienten, zwei von ihnen starben. Das Chapare-Virus kann ein schweres hämorrhagisches Fieber (Blutungen auslösend) verursachen, dessen Symptome Ebola ähneln.
Der Krankheitserreger war bisher lediglich einmal in Erscheinung getreten. Bei einem Ausbruch im Dezember 2003 und Januar 2004 identifizierten Fachleute den Erreger im Blut einer verstorbenen Person. Das Virus gehört zur Familie der Arenaviren, einer Gruppe von Viren, die in Nagetieren kursieren und gelegentlich bei Menschen schwere Krankheiten auslösen – zum Beispiel das Lassafieber, ähnlich wie die auch in Deutschland auftretenden Hantaviren. Bisher unbekannte Arenaviren töten immer mal wieder Menschen, zuletzt 2008 in Australien.
Die Infizierten klagen über Fieber, Bauch- und Kopfschmerzen, Erbrechen, Hautausschläge und Blutungen in Mund und Nase. Fachleute vermuten, dass das Chapare-Virus immer wieder in Menschen auftritt, aber meist falsch diagnostiziert wird. Übertragung zwischen Menschen tritt auch bei anderen Arenaviren auf, allerdings sehen Fachleute darin vor allem ein Problem für Krankenhäuser und keine potenzielle Epidemie. Die häufigste Ansteckungsquelle ist bei all diesen Viren Kontakt mit den übertragenden Nagetieren – oft indirekt durch infektiösen Urin oder Fäkalien. Das war wohl auch der Ursprung des neuen Ausbruchs in Bolivien. Das Team um Cossaboom isolierte das Erbgut des Virus auch aus mehreren Nagetierproben aus dem Gebiet, in dem sich die erste infizierte Person angesteckt hatte. Spektrum der Wissenschaft, von Lars Fischer
OECD-Bericht: Länder müssen mehr in Gesundheitspersonal investieren
Die Corona-Pandemie hat gravierende Schwachstellen in den Gesundheitssystemen vieler europäischer Länder offenbart. Staaten müssten vor allem mehr in ihr Gesundheitspersonal investieren, heißt es in einer am Donnerstag veröffentlichten Studie der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) mit Sitz in Paris. Der Mangel an Personal sei in der Krise eine größere Einschränkung als der Mangel an Krankenhausbetten gewesen. Das zeige, dass die Ausbildung von qualifiziertem Gesundheitspersonal mehr Zeit in Anspruch nehme als die Schaffung temporärer Einrichtungen. Außerdem sei es wichtig, Reservekapazitäten beim Personal zu schaffen.
Die Untersuchung kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass Regierungen effektive Strategien für Lockerungen von Corona-Maßnahmen erarbeiten müssen, um weitere Lockdowns zu vermeiden. Wichtig seien dabei Tests zur Kontaktnachverfolgung und Kontaktbeschränkungen, heißt es in dem Bericht weiter, der sich mit den Auswirkungen der Pandemie auf die Gesundheitssysteme von EU-Staaten auseinandersetzt. Die Ausbreitung des Virus werde maßgeblich gebremst, wenn große Versammlungen verboten würden und die Menschen im Home-Office arbeiteten. Ebenfalls zentral sei das Tragen von Corona-Schutzmasken.
Viele Länder hatten in den ersten Monaten der Krise Mühe, die Verfügbarkeit von Masken und anderer persönlicher Schutzausrüstung zu erhöhen
, schreiben die Autoren. Die meisten Länder hätten auch Mühe gehabt, ihre Testkapazitäten zu erhöhen, was die Wirksamkeit der Rückverfolgungsbemühungen eingeschränkt habe. Dadurch seien nur wenige Optionen geblieben, um die Ausbreitung des Virus während der ersten Welle einzudämmen, was schließlich strengere Eindämmungsmaßnahmen erforderlich machte. dpa
Rechte Youtuber machten Krawall im Bundestag, Afd-Abgeordnete beteiligt
Mehrere rechte Medienaktivisten haben am Mittwoch Abgeordnete im Bundestag bedrängt und beleidigt. Nach und nach wird der Hergang des Vorfalls klarer.
Drei Abgeordnete der AfD-Bundestagsfraktion haben am Mittwoch vier rechte Medienaktivisten in das Parlament eingeschleust – obwohl der Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble schärfere Sicherheitsvorkehrungen angeordnet hatte.
Das Ziel der AfD-nahen Störer und rechten Medienaktivisten: Abgeordnete vor der Abstimmung über das neue Infektionsschutzgesetz einzuschüchtern. Zudem versuchten sie, in Büros von Abgeordneten einzudringen, darunter offenbar in die Räume von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich und Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus. Dies hatte am Mittwochabend die Bild
-Zeitung berichtet.
Fraktionsübergreifend war von einem unerträglichen Angriff auf die parlamentarische Demokratie und auf den Bundestag als Verfassungsorgan die Rede. Am Ende musste die Polizei des Bundestages eingreifen. Am Donnerstag hat sich der Ältestenrat mit den Vorfällen befasst.
Inzwischen ist bestätigt, dass zwei der störenden Personen, der verschwörungsideologische Publizist Thorsten Schulte, und der rechte Youtuber Ilia Tabere auf Einladung des AfD-Abgeordneten Udo Hemmelgarn im Bundestag war. Das geht aus einem internen Vermerk der Bundestagspolizei hervor.
Die AfD-nahe Medienaktivistin Rebecca Sommer ist demnach vom Abgeordneten Petr Bystron als Gast angemeldet worden. Und Daniela Scheible, ebenfalls AfD-nahe Youtuberin, ist über den AfD-Abgeordneten Hansjörg Müller in den Bundestag gelangt.
Auch Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten waren beteiligt
Hemmelgarn sagte, er habe Schulte im Vorfeld gesagt, dass er keine Videoaufnahmen außerhalb seiner Büros wolle. Wie glaubhaft das ist, bleibt fraglich. Nach Darstellung der Bundestagspolizei waren auch Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten an der Aktion beteiligt.
Wörtlich heißt es in dem internen Bericht: Tabere, Schulte und Frau Scheible und zwei Abgeordnetenmitarbeiter bewegten sich mit einer laufenden Kamera (…) in die Osthalle des Reichstagsgebäudes und produzierten dabei einen Livestream, der auf dem Kanal YouTube veröffentlicht ist.
Auch das Eindringen in Büros hat die Bundestagspolizei dokumentiert. Demnach drangen die Youtuber mit einer weiteren Person (…) in besetzte Büroräume ein und übertrug von hier trotz der Proteste der anwesenden Bürobeschäftigten die im Bereich Ebertstraße erfolgende Auflösung der Versammlung durch die Landespolizei in ihrem Livestream
.
Und weiter heißt es in dem internen Bericht: Nach Eintreffen der Bundestagspolizei um 12.50 Uhr gaben die Personen zunächst an, journalistischer Tätigkeit nachzugehen und zeigten internationale Presseausweise. Über eine Akkreditierung der Pressestelle des Deutschen Bundestages verfügten die Personen nicht. Deshalb wurde ihnen das weitere Filmen untersagt.
Die Bundestagspolizei ermittelt
Die Abgeordneten-Gäste Sommer, Schulte, Scheible und Tebare wurden nach einer Identitätsfeststellung zum Eingang begleitet und mussten die Bundestagsliegenschaften verlassen
.
Jetzt ermittelt die Bundestagspolizei wegen Verletzung der Hausordnung eines Gesetzgebungsorgans. Zudem wird der Verdacht auf Hausfriedensbruch, Störung der Tätigkeit eines Gesetzgebungsorgans, Nötigung und Begehung von Ehrverletzungsdelikten geprüft.
Alles begann am Mittwoch mit einem Youtube-Stream aus Hemmelgarns Abgeordneten-Büro. Zu sehen sind Schulte, der auch als Silberjunge
bekannt ist. Ganz links im Bild ist Ilia Tabere.
Der rechte Medienaktivist aus Dresden tritt im Internet unter dem Künsternamen Elijah Tee auf. Die Frau auf dem Bild ist Daniela Scheibe aus dem Team des AfD-Youtubers Stefan Bauer.
Der Youtuber Tee hatte aus Hemmelgarns Abgeordneten-Büro einen Stream gesendet, in dem er sich bei der Mitarbeiterin des AfD-Abgeordneten, die ihn gut versorgt
habe, bedankte.
Später erklärte er, Hemmelgarn sei der Herr, der einen von uns beiden eigenladen hat
. Hemmelgarn ist in der Vergangenheit wiederholt vorgeworfen worden, der Reichsbürger-Bewegung nahezustehen.
Ebenfalls auf dem Video zu sehen ist in Begleitung von Schulte die rechte Aktivistin Rebecca Sommer. Sie hatte auf den Gängen des Bundestags Politikerinnen und Politiker gefilmt und beschimpft, darunter Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.
Ankündigung per Telegram
Offenbar war die Störaktion lange vorbereitet. Thorsten Schulte hatte bereits am Dienstag über den Kurznachrichtenkanal Telegram angekündigt, trotz der verschärften Sicherheitsvorgaben in den Bundestag zu gehen.
In seinem Post hatte er auch das Schreiben der Bundestagesverwaltung zu den schärferen Zugangsbeschränkungen verbreitet und erklärt, er werde sich dennoch am Mittwoch im Bundestag für Freiheit und Selbstbestimmung gegen diese Merkel-Speichellecker einsetzen
.
Bereits am Mittwochvormittag hatte er über Telegram mehrere Videos veröffentlicht, die ihn und den AfD-Politiker Hemmelgarn gemeinsam am Rande der Demonstration gegen die Novelle des Infektionsschutzgesetzes zeigen.
Mindestens eine Ordnungswidrigkeit, wenn nicht gar eine Straftat
Vertreter anderer Fraktionen erklärten, der Vorfall sei erschreckend. Die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Petra Pau (Die Linke) sagte am Donnerstagmorgen im Deutschlandfunk, dass es mindestens eine Ordnungswidrigkeit, wenn nicht gar eine Straftat
sei, dass den Besuchern ermöglicht wurde, Druck auf freigewählte Abgeordnete auszuüben wurde.
Sie gehe davon aus, dass sich die Bundestagspolizei inzwischen das Video angesehen habe, das die Vorfälle dokumentiere. Mit den Ermittlungsuntersuchungen werde man umzugehen haben. Pau ist ebenfalls Mitglied des Ältestenrats.
Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) betrachtet das Bedrängen von Abgeordneten durch Besucher am Rande der Debatte über das Infektionsschutzgesetz als Nötigung. Er fordert Konsequenzen für die daran beteiligten Abgeordneten.
Ich gehe davon aus, dass dieser Fall nicht nur im Ältestenrat behandelt wird
, sagte der FDP-Politiker der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Es müssen auch empfindliche Sanktionen für die beteiligten Abgeordneten erwogen werden.
Kubicki sagte der dpa, es sei zum wiederholten Mal passiert, dass Abgeordnete die Türöffner für politische Agitatoren
gewesen seien. In diesem Falle ist die Beeinträchtigung des Parlamentsbetriebes jedoch besonders gefährlich. Denn durch die direkte Ansprache der Abgeordneten im Zusammenhang mit der Abstimmung über das Infektionsschutzgesetz kann man von einer Nötigung ausgehen.
Straftat nach Paragraf 106 Strafgesetzbuch?
Es komme eine Straftat nach Paragraf 106 Strafgesetzbuch in Betracht, zu der Abgeordnete auch Anstiftung oder Beihilfe leisten können. Dies wird ernsthaft zu prüfen sein
, sagte Kubicki.
Paragraf 106 behandelt die Nötigung des Bundespräsidenten und von Mitgliedern eines Verfassungsorgans. Er sieht Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren und in besonders schweren Fällen von bis zu zehn Jahren vor.
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warf der AfD vor, der Steigbügelhalter für Demokratiezerstörer
zu sein. Wer Störer in den Bundestag lässt, damit demokratisch gewählte Abgeordnete bedrängt und eingeschüchtert werden sollen, greift unsere parlamentarische Demokratie an
, sagte Göring-Eckardt den RND-Zeitungen.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) sagte am Donnerstag im ZDF-Morgenmagazin
, es sei richtig, dass sich nun der Ältestenrat des Bundestags mit den Vorfällen befasse. Von der AfD sei er aber kein anderes Verhalten gewohnt, sagte Brinkhaus.
Sollte es sich erweisen, dass AfD-Abgeordnete Personen Zugang zum Reichstag verschafft haben, die gezielt Druck auf Abgeordnete ausgeübt oder daran gehindert haben, ihren Mandatspflichten nachzukommen, dann muss das ein Nachspiel haben
, sagte auch der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marco Buschmann, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Das wäre grob unparlamentarisch.
Demonstranten bedrängten Abgeordnete im Bundestag
Am Mittwoch hatte sich der Bundestag mit der Novelle des Infektionsschutzgesetzes befasst. Vor dem Bundestag kam es zu teilweise gewalttätigen Ausschreitungen bei einer Demonstration gegen die Anti-Corona-Maßnahmen.
Mehrere Abgeordnete waren auf den Gängen des Bundestags bedrängt worden, hatten eine Handykamera vor das Gesicht gehalten bekommen und waren wegen der Anti-Corona-Maßnahmen beschimpft worden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wurde von mindestens zwei Personen beschimpft, wie auf einem bei Twitter verbreiteten Video zu sehen ist. Der Youtuber Schulte soll bei der Aktion dabei gewesen sein.
Die rechte Medienaktivistin Sommer und eine Person im Hintergrund, bei der es sich offenbar um Schulte handelt, beschimpften Altmaier: Sie sind abgehoben. Sie haben überhaupt kein Gewissen.
Und: Das ist ja ein Arschloch. Aufgeblasener, kleiner Wanna-be-König.
Altmaier will nach dpa-Informationen keine Strafanzeige stellen.
Schulte selbst äußerte sich bei Telegram zu dem Vorfall. Demnach dürften die Vorgänge nun aktenkundig sein. Zwei Polizisten wollten mich aus dem Büro eines Bundestagsmitglieds tragen. Man hat mich aus dem Bundestag geworfen
, schrieb Schulte bei Telegram.
Der FDP-Politiker Konstantin Kuhle schrieb am Mittwoch auf Twitter: Ich empfinde diese Versuche der Beeinflussung des Stimmverhaltens als absolut unerhört.
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter ist ebenfalls bedrängt worden. Laut zwei Mitarbeitern der Fraktionen von SPD und Grünen im Bundestag hatten sich Abgeordnete aus Angst vor den rechten Youtubern in ihren Büros eingeschlossen.
Einer dieser Mitarbeiter, Christian Storch, schrieb am Mittwoch beim Kurznachrichtendienst Twitter: Soweit sind wir schon: Im Bundestag laufen Menschen umher, die in Abgeordnetenbüros eindringen wollen, um da persönlich Druck zu machen [und] Abstimmungen zu verhindern.
Auch er habe sich selbst eingeschlossen.
Auch Abgeordnete der AfD waren von den Besuchern heimgesucht worden. In das Büro von Fraktionschefin Alice Weidel drangen nach Angaben ihres Sprechers Daniel Tapp mehrere Personen ein, die sich nicht vorgestellt hätten.
Die ungebetenen Gäste hätten aus dem Fenster filmen wollen, er habe sie dann herausgebeten, sagte Tapp. Auf einem Video ist zu sehen, wie andere Besucher ohne Anmeldung in das Büro des parlamentarischen Geschäftsführers Bernd Baumann stürmen, wo sie ein Mitarbeiter mit dem Satz Habt Ihr 'ne Meise?
empfängt.
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Katja Mast schrieb auf Twitter: Ich bin fassungslos
. Freigewählte Abgeordnete zu bedrängen sei das Allerletzte.
Der FDP-Abgeordnete Johannes Vogel forderte auf Twitter Konsequenzen. Es könne nicht sein, dass eine Fraktion oder Abgeordnete solchen Leuten Zugang zu den Verfassungsorganen geben, schrieb er. Dies behindere die Demokratie.
Aus Sorge, Abgeordnete könnten radikale Corona-Skeptiker ins Parlament einschleusen, hatte Bundestagspräsident Schäuble am Dienstag angeordnet, dass die Zugangskontrollen verschärft werden. Die Abgeordneten können normalerweise sechs Personen mitbringen – ohne Anmeldung und Sicherheitscheck durch die Bundestagspolizei.
Sie sind dann verantwortlich für die Besucher und deren Verhalten im Bundestag. Diese Regelung war für den Mittwoch auf Schäubles Weisung hin aufgehoben worden.
Jeder Besucher musste sich am Mittwoch bei der Eingangskontrolle anmelden und vom Sicherheitspersonal auch auf Einträge in der Polizeidatenbank Inpol überprüfen lassen. Offenbar haben auch diese Vorgaben nicht verhindern können, dass die rechten Störer ins Reichstagsgebäude eingeschleust wurden. Tagesspiegel mit dpa, AFP, Alexander Fröhlich Anna Thewalt Georg Ismar
Ausbruch der Pandemie: In Italien kursierte das Coronavirus schon viel früher
Eine Nachuntersuchung von Proben für ein Lungenscreening bringt es an den Tag: Das Sars-CoV-2-Virus kursierte in Italien schon Monate früher als angenommen.
Das Coronavirus hat Italien schon viel früher erreicht als bisher angenommen. Gemäß einer Studie des Instituts für Tumorerkrankungen in Mailand und der Universität Siena, deren Ergebnis am Sonntag in der Fachzeitschrift "Tumori Journal" veröffentlicht wurde, kursierte Sars-CoV-2 schon im September 2019 vor allem im Norden des Landes. Der erste positive Test auf eine Covid-19-Erkrankung war erst Mitte Februar 2020 bei einem Kranken mit atypischer beidseitiger Lungenentzündung in Codogno in der Lombardei festgestellt worden.
Die Forscher untersuchten Tests von 959 Personen, die zwischen September 2019 und März 2020 an freiwilligen Screenings für eine mögliche Tumorerkrankung der Lungen teilgenommen hatten. In insgesamt gut elf Prozent der seinerzeit entnommenen Proben konnte nun Antikörper gegen das Coronavirus festgestellt worden. 14 Prozent der nachträglich positiv auf das Coronavirus getesteten Proben waren im September 2019 entnommen worden, 30 Prozent der positiven Tests stammten aus dem Februar 2020. Mehr als die Hälfte aller positiven Proben (53,2 Prozent) stammten aus der norditalienischen Region Lombardei.
26 Millionen Einwohner wieder im Lockdown
Die Lombardei war während der ersten Welle der Sars-CoV-2-Infektionen im Frühjahr besonders schwer getroffen und verzeichnet auch in der gegenwärtigen zweiten Welle die höchsten Infektions- und Erkrankungszahlen. Seit Sonntag gelten in Italien auch die Toskana in Mittelitalien und die süditalienische Region Kampanien als rote Zonen
, in welchen eine strenge Ausgangssperre gilt und viele wirtschaftlichen Tätigkeiten eingeschränkt sind. Damit sind nun rund 26 der 60 Millionen Einwohner Italiens neuerlich von einem fast vollständigen Lockdown betroffen.
Besonders besorgniserregend ist die Situation derzeit in der kampanischen Regionalhauptstadt Neapel, wo die Krankenhäuser schon so überfüllt sind, dass Patienten in ihren Autos behandelt werden oder stundenlang in Rettungswagen warten müssen, ehe sie in den Notfallaufnahmen versorgt werden können. Italien war schon zu Beginn der Corona-Pandemie in Europa besonders hart getroffen worden. Inzwischen haben sich mehr als eine Million Menschen in Italien mit Sars-CoV-2 infiziert, mehr als 44.000 Menschen sind an oder mit einer Covid-19-Erkrankung gestorben. Seit rund einer Woche werden täglich zwischen 35.000 und 40.000 neue Infektionen registriert, die Zahl der Todesfälle liegt zwischen 550 und 600 pro Tag. [FAZ, Matthias Rüb, Rom
14.419 Neuinfektionen - RKI-Zahl liegt unter Vorwochenwert
In Deutschland haben die Gesundheitsämter dem Robert Koch-Institut (RKI) 14.419 neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden gemeldet. Das sind knapp 1000 Fälle weniger als vor einer Woche, wie aus Angaben des RKI vom Dienstagmorgen hervorgeht. Am vergangenen Dienstag hatte die Zahl gemeldeter Neuinfektionen bei 15.332 gelegen - und damit erstmals seit September unter dem Wert vom Dienstag zuvor (15.352). Der Höchststand war am vergangenen Freitag mit 23.542 gemeldeten Fällen erreicht worden.
Das RKI zählt seit Beginn der Pandemie insgesamt 815.746 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus stieg bis Dienstag um 267 auf insgesamt 12 .814. Das RKI schätzt, dass rund 530.200 Menschen inzwischen genesen sind.
Das sogenannte Sieben-Tage-R lag laut RKI-Lagebericht vom Montag bei 0,97 (Vortag: 1,03). Das heißt, dass 100 Infizierte rechnerisch knapp 100 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab.
Der Tagesspiegel trägt die Corona-Zahlen live aus allen Landkreisen zusammen - diese Werte sind aktueller als die vom RKI. Demnach wurden in den Kreisen am Montag 14.193 Neuinfektionen gemeldet. Tsp, dpa
Ärztepräsident gegen Einsatz von infiziertem Gesundheitspersonal
Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, hat sich gegen den Einsatz von medizinischem Personal mit einer Corona-Infektion ausgesprochen. Coronainfizierte Ärzte gehören in Quarantäne und nicht ans Krankenbett
, sagte Reinhardt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Der Einsatz auch von symptomfreien positiv getesteten Beschäftigten in der Patientenversorgung wäre für die Mitarbeiter enorm belastend und mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Wir sollten alles dafür tun, dass uns solche letzten Maßnahmen zur Abwendung einer Versorgungsnotlage auf den Intensivstationen erspart bleiben.
Ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi hatte am Freitag der dpa gesagt, es seien nicht mehr nur Einzelfälle, in denen coronainfizierte Pflegekräfte in Deutschland zur Arbeit müssten. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte zuvor gesagt, dies sei in Ausnahmefällen vorgekommen. Beim Robert Koch-Institut heißt es zu infiziertem Personal: In absoluten Ausnahmefällen ist die Versorgung nur von Covid-19-Patientinnen und -Patienten denkbar.
dpa
Bund will Kontaktbeschränkungen nochmal verschärfen
Der Bund will die Kontaktbeschränkungen schon vor Ablauf des Teil-Lockdowns im November drastisch verschärfen. Unter anderem sollen sich weniger Menschen verschiedener Haushalte treffen dürfen, auf private Feiern soll bis zum Weihnachtsfest ganz verzichtet werden. Zudem will der Bund die Maskenpflicht an Schulen ausweiten, bei zu kleinen Räumen sollen Klassen geteilt werden. Das geht aus dem der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegendem Entwurf der Beschlussvorlage des Bundes für die Video-Konferenz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten an diesem Montag vor. Darin heißt es zur Begründung: Der Verlauf der letzten Tage lässt hoffen, dass die hohe exponentielle Infektionsdynamik gestoppt werden konnte, ein Sinken der Neuinfektionszahlen ist jedoch noch nicht absehbar. Deshalb sind weitere Anstrengungen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens erforderlich.
Vorgeschlagen wird zudem ein weiteres Treffen eine Woche später, am 23. November.
Konkret fordert der Bund:
PRIVATE TREFFEN:
Auf private Feiern soll zunächst bis Weihnachten ganz verzichtet werden. Private Zusammenkünfte mit Freunden und Bekannten sind auf einen weiteren festen Hausstand zu beschränken. Kinder und Jugendliche sollen dazu angehalten werden, sich in der Freizeit nur noch mit einem festen Freund oder einer festen Freundin zu treffen. Bei jedem Erkältungssymptom und insbesondere Husten und Schnupfen soll man sich unmittelbar nach Hause in Quarantäne begeben.
KONTAKTBESCHRÄNKUNGEN:
Der Aufenthalt in der Öffentlichkeit ist ab sofort nur mit den Angehörigen des eigenen und maximal zwei Personen eines weiteren Hausstandes gestattet. Verstöße gegen diese Kontaktbeschränkungen werden von den Ordnungsbehörden sanktioniert. Feiernde Gruppen auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen und privaten Einrichtungen werden als nicht akzeptabel angesehen.
FREIZEIT:
Auf freizeitbezogene Aktivitäten und Besuche in Bereichen mit Publikumsverkehr soll gänzlich verzichtet werden. Auch nicht notwendige private Reisen und touristische Tagestouren sollen unterbleiben. Verzichtet werden soll auch auf nicht notwendige Aufenthalte in geschlossenen Räumen mit Publikumsverkehr sowie auf nicht notwendige Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln.
VULNERABLE PERSONEN:
Besuche bei älteren und vulnerablen Personen sollen nur dann unternommen werden, wenn alle Familienmitglieder frei von Krankheitssymptomen sind und sich mindestens eine Woche in keine Risikosituation begeben haben. Besonders gefährdete Personen sollen von Dezember an vergünstigte FFP2-Masken erhalten. Um das Risiko einer Infektion zu reduzieren, will der Bund für diese Bevölkerungsgruppe die Abgabe von jeweils 15 dieser Masken gegen eine geringe Eigenbeteiligung ermöglichen.
SCHULEN:
An den Schulen soll das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes für Schüler aller Jahrgänge und für Lehrer auf dem Schulgelände und während des Unterrichts vorgeschrieben werden. Ausnahmslos sollen zudem feste Gruppen von Schülern gebildet werden, wobei die Gruppengrößen in Klassenräumen gemessen am Regelbetrieb halbiert werden sollen. Zwischen den einzelnen Gruppen soll es eine räumliche Distanz geben. Innerhalb einer Klasse oder eines Kurses ist ein Mindestabstand von 1,5 Metern sicherzustellen. Dies gilt auch für die Schülerbeförderung etwas mit Bussen, deren Angebot dazu ausgebaut werden soll. dpa
Fast die Hälfte der Deutschen lehnt Corona-Warn-App ab
Fast die Hälfte der Deutschen lehnt laut einer Umfrage die Nutzung der Corona-Warn-App ab. 44 Prozent der Befragten erklärten, dass sie die App nicht heruntergeladen hätten und dies auch nicht planten, wie die Welt am Sonntag
unter Berufung auf eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest dimap im Auftrag des Sachverständigenrates für Verbraucherfragen berichtete.
Insgesamt vier Prozent gaben demnach an, die App wieder gelöscht zu haben. Fünf Prozent erklärten, die App habe bei ihnen nicht funktioniert. Befragt wurden online mehr als 1,000 Deutsche über 18 Jahre. Tatsächlich dürfte die Ablehnung der App laut Welt
noch viel weiter verbreitet sein. Die Umfrage wurde digital durchgeführt und erreichte damit vor allem Personen, die der Nutzung von Apps grundsätzlich positiver gegenüberstehen als der Durchschnitt der Bevölkerung
, sagte Gert Wagner, Mitglied des Sachverständigenrats, der Zeitung.
Aktuell haben sich dem Bericht zufolge rund 22 Millionen Deutsche die Corona-App heruntergeladen. Allerdings melden nicht alle Nutzer, die einen positiven Corona-Test erhalten, diesen auch digital. In der Woche vom 2. bis 8. November gaben laut Welt
täglich durchschnittlich nur 2.200 Menschen in der App an, infiziert zu sein. Die Behörden registrierten im selben Zeitraum jedoch im Schnitt 18.000 neue Erkrankungen pro Tag. dpa
Schweden ist auf dem Weg in eine dunkle Zeit
Schweden war stolz auf den eigenen Weg in der Corona-Krise. Jetzt steigen die Infektions- und Totenzahlen deutlich. Der Ministerpräsident stimmt die Bürger auf schwere Zeiten ein – und weicht immer mehr vom bisherigen Kurs ab.
Stefan Löfven hat klare Worte gewählt. Als der schwedische Ministerpräsident in Stockholm vor die Presse trat, hatte er Grundsätzliches zu sagen. Es sei November, begann er, der dunkelste Monat des Jahres, die Dunkelheit werde noch eine Weile bleiben, und leider scheinen wir uns auch auf dunklere Zeiten zuzubewegen, wenn es um die Ausbreitung von Infektionen in Teilen der Welt, in Europa und in Schweden geht
. Alle Anzeichen gingen in eine unerwünschte, falsche Richtung. Es bestehe die Gefahr, dass die Situation völlig dunkel
werde, sagte er. Wir riskieren, dass mehr Menschen krank werden, mehr Menschen sterben
, dass es mehr überarbeitete Menschen im Gesundheitswesen gebe und mehr Operationen verschoben würden. Es war Mittwochnachmittag und auch den letzten Schweden sollte nach seiner Rede klargeworden sein, dass die Lage im Königreich sehr ernst ist.
Dramatisch gewandeltes Bild
Viel wurde über den schwedischen Sonderweg im Kampf gegen die Corona-Pandemie geschrieben und diskutiert, über den Versuch, mehr mit Informationen und Empfehlungen als mit strikten Einschränkungen durch die Krise zu kommen. Nachdem die Todeszahlen in der ersten Welle der Pandemie durch Ausbrüche in Alten- und Pflegeheimen rasant gestiegen waren, meinten Befürworter des schwedischen Weges sich im Sommer bestätigt zu sehen: Die Infektionszahlen blieben lange niedrig, es starben nur noch wenige Schweden an oder mit dem Virus.
Doch in den vergangenen Wochen hat sich das Bild dramatisch gewandelt, die Infektionszahlen sind rasant gestiegen. Löfven sprach davon, dass sich in der vergangenen Woche die Zahl der Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen verdoppelt habe. Am Donnerstag meldete die Gesundheitsbehörde, dass 4658 neue Infektionen und 40 weitere Todesfälle hinzugekommen sind, insgesamt wurden bislang 171.365 Infektionen und 6122 Todesfälle in dem Land mit seinen gut zehn Millionen Einwohnern registriert. Die 14-Tages-Inzidenz liegt bei 481 auf 100.000 Einwohner. Vor kurzem war bekanntgeworden, dass die Positivquote von Corona-Tests in der Region Stockholm 20 Prozent erreicht hat – in Deutschland war zuletzt mit knapp acht Prozent ein Höchstwert erzielt worden.
Es ist aber nicht nur so, dass sich die Lage im Land wieder zuspitzt. Die Behörden weichen auch immer mehr von ihrem Sonderweg ab – auch wenn es so nicht formuliert wird. Es gibt aber immer mehr und strengere Empfehlungen und Einschränkungen. Zunächst wurden für einzelne Regionen verschärfte Empfehlungen verkündet: Die Menschen sollten physischen Kontakt zu Menschen außerhalb ihres Haushalts vermeiden, weder Feste organisieren noch an ihnen teilnehmen, und es wird abgeraten, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Weitere Regionen kamen hinzu, am Donnerstag weitere vier, die Empfehlungen gelten damit für einen großen Teil der Schweden.
Einige Leute ignorierten das Risiko
Auch Löfven sprach nicht nur über die düsteren Zeiten. Er sagte, dass die Regierung davon ausgehe, dass man mehr Maßnahmen benötige, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Vom 20. November an soll es täglich von 22 Uhr an ein Alkoholverkaufsverbot im ganzen Land geben. Das ist für die Gastwirtschaft ein scharfer Einschnitt. Schwedische Medien zitieren Gastwirte, die sich mindestens überrascht davon zeigen, oder gar von einer Katastrophe
oder einem Todesstoß
für ihre Branche sprechen.
Löfven sagte, einige Leute ignorierten das Risiko. Immer mehr hätten begonnen, sich im Herbst zu entspannen, immer mehr dächten, ein Tag im Einkaufszentrum bedeute nichts, oder eine Geburtstagsparty mache keinen Unterschied. Aber leider macht es einen Unterschied.
Jede Entscheidung, die man in seinem täglichen Leben treffe, mache einen Unterschied. Das Verhalten eines jeden, die Nachlässigkeit eines jeden ist wichtig.
F.A.Z. von Matthias Wyssuwa, Hamburg
Zahl der Neuinfektionen in Deutschland auf neuem Höchstwert von über 23.500
Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Deutschland hat ein neues Rekordhoch erreicht. Wie das Robert-Koch-Institut (RKI) am Freitagmorgen unter Berufung auf Angaben der Gesundheitsämter mitteilte, wurden 23.542 neue Ansteckungsfälle innerhalb eines Tages erfasst. Der bisherige Höchstwert hatte bei 23.399 Neuinfektionen gelegen und war am vergangenen Samstag vom RKI gezählt worden. Insgesamt wurden seit dem Beginn der Pandemie in Deutschland laut den jüngsten Zahlen des Instituts 751.095 Infektionsfälle registriert. Die Zahl der mit dem neuartigen Coronavirus in Zusammenhang stehenden Todesfälle stieg demnach bundesweit auf 12.200 - dies waren 218 mehr als am Vortag. Die Zahl der Genesenen lag bei rund 481.700.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will noch keine Prognose dazu abgeben, ob die für November verhängten härteren Corona-Auflagen im Dezember tatsächlich gelockert werden können. Eigentlich ist es zu früh, das jetzt schon zu bewerten
, sagte er im ARD-Morgenmagazin
. Das Coronavirus habe eine lange Bremsspur
, so dass sich neue Maßnahmen immer erst sehr zeitverzögert
niederschlügen.
Ob der derzeitige Teil-Lockdown einen Unterschied mache, werde sich erst in den nächsten Tagen
zeigen, sagte Spahn. Die Steigerung der Corona-Neuinfektionen sei zwar stark zurückgegangen
. Allerdings stiegen die Infektionszahlen weiterhin - aber wir müssen runter. Da sind wir eben noch nicht
, mahnte Spahn. AFP
Nationalspieler Gündogan: Vorher habe ich Corona nicht für voll genommen
Ilkay Gündogan infizierte sich mit Corona. Nun erzählt der deutsche Fußball-Nationalspieler, wie schlecht es ihm danach ging und was er aus der Erkrankung gelernt hat. Zudem berichtet er von einem Gespräch, das ihn tief berührte. Fußball-Nationalspieler Ilkay Gündogan hat mit Demut auf seine Corona-Infektion zurückgeblickt. Vor der Corona-Erkrankung habe ich es nicht für voll genommen. Danach hat sich mein Denken geändert. Es macht nicht nur körperlich, auch psychisch etwas mit einem. Man macht sich Sorgen. Alles steht in den Sternen
, sagte Gündogan auf der Pressekonferenz am Dienstag vor dem Länderspiel gegen Tschechien am Mittwoch (20.45 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zu Länderspielen und bei RTL) in Leipzig.
Gündogan hatte die Länderspiele im Oktober verpasst, nachdem er sich infiziert hatte. Die ersten drei, vier Tage waren schlimm. Da waren die stärksten Symptome. Schwierig war der Einstieg wieder ins Training, weil die Krankheit noch drin war
, ergänzte der Mittelfeldspieler von Manchester City, der gegen Tschechien als Kapitän auflaufen könnte. Gündogan appellierte daran, das Virus ernst zu nehmen. Wir sollten so vorsichtig wie möglich sein, um die Menschen um uns herum zu schützen.
Tief berührt habe ihn ein Telefongespräch mit seinem Großvater, der aus Sorge um Gündogan geweint habe. Ich werde dieses Gespräch niemals vergessen
, sagte Gündogan und fügte mit Blick auf einen möglichen Impfstoff hinzu: Wir sehnen die Zeit herbei, dass Menschen ins Stadion können. Dafür spielen wir ja auch. Es wäre schön, wenn es schnell passieren würde. Generell ist aber die Gesundheit von allen Menschen wichtig.
tora./dpa/sid
RKI: Kliniken stoßen an Grenzen, viele Infektionen beim Personal
Die Corona-Lage in Deutschland ist nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) weiter sehr ernst. Das Infektionsgeschehen nehme immer noch praktisch in ganz Deutschland zu, sagte RKI-Chef Lothar Wieler am Donnerstag in Berlin. Die rund 22.000 Infizierten, die zuletzt innerhalb von 24 Stunden bundesweit gemeldet wurden, könnten weitere Menschen anstecken. Auch die Zahl der schweren Krankheitsverläufe und der Todesfälle werde mit zeitlichem Verzug weiter steigen. Wieler mahnte, man müsse damit rechnen, dass Kliniken an Kapazitätsgrenzen stoßen. Fast die Hälfte der Kliniken meldet eingeschränkte Verfügbarkeit an
, sagt RKI-Chef Lothar Wieler. Die Kliniken stießen vor allem auch durch Infektionen beim Personal an ihre Grenzen.
Vorsichtig optimistisch stimme ihn aber, dass die Kurve der Neuinfektionen zuletzt weniger steil gestiegen sei. Noch wisse man aber nicht, ob es sich dabei um eine stabile Entwicklung handelt. Es sei abzuwarten, ob sich dies fortsetzt. Wieler forderte die Menschen auf, noch weitere Monate die Pobacken zusammenzukneifen
und die Regeln einzuhalten. dpa/Reuters
Das Wasser kocht schon
Der Bundestag hat mal wieder neue Überwachungsgesetze beschlossen – warum interessiert das niemanden mehr?
Ausgangssperre, Kontaktverbot, Demonstrationsverbot – auch in Demokratien nehmen viele es hin, wenn ihre Freiheit eingeschränkt wird. Zumindest solange es nur für eine klar begrenzte Zeit geschieht und solange sie das Eingesperrtwerden für sinnvoll halten, um ein noch größeres Übel abzuwenden. Die Corona-Pandemie ist das beste Beispiel dafür. Doch eben jene Pandemie zeigt auch, dass die Beschränkungen nicht allzu lange akzeptiert werden: Irgendwann wollen die Menschen ihr gewohntes freies Leben zurück.
Allerdings lässt sich der menschliche Wunsch nach Freiheit überlisten – und genau das ist am Donnerstagabend im Bundestag geschehen. Mit den Stimmen von Union und SPD wurden die seit 2002 geltenden Terrorismusbekämpfungs- und Überwachungsnormen endgültig und unwiderruflich Gesetz.
Als im Januar 2002 das sogenannte Terrorismusbekämpfungsgesetz beschlossen wurde, war das nur möglich, weil die Bundesregierung es mit einem Verfallsdatum versehen hatte. Es war das erste Gesetz überhaupt, das ursprünglich nur fünf Jahre lang gelten und dann entweder neu beraten oder aber ganz auslaufen sollte. Und es wurde damals noch mit einer weiteren Hürde versehen, einem Nachsatz. Nur aufgrund dieses Nachsatzes waren die notwendigen Stimmen im Parlament überhaupt zustande gekommen. Er lautet: Die Neuregelungen sind vor Ablauf der Befristung zu evaluieren.
Otto-Kataloge
Die neuen Gesetze griffen tief in die Freiheitsrechte ein und erlaubten Polizei und Geheimdiensten zahlreiche neue Überwachungsmaßnahmen, zum Beispiel dürfen sie seitdem Mobiltelefone mit IMSI-Catchern suchen und fangen, bei allen möglichen Unternehmen und Organisationen Daten über alle Bürger abfragen und mehr Kommunikation überwachen. Otto-Kataloge
wurden sie genannt, denn der damalige Innenminister Otto Schily trieb sie voran und es wurden so viele einzelne Gesetze damit verändert, dass manche sich an den Katalog des Versandhauses erinnert fühlten. Damals schürten sie bei vielen Menschen Angst vor einem Überwachungs- und Polizeistaat.
Diesen Menschen versprach der Nachsatz: Wir überprüfen, ob die Gesetzesverschärfungen den Sicherheitsdiensten wirklich dienen – und ob sie der Gesellschaft vielleicht mehr schaden als nutzen. Aber am Donnerstagabend wurde dieses Versprechen endgültig gebrochen.
Dreimal hatte die Regierungskoalition die Gültigkeit der sogenannten Otto-Kataloge verlängert, hatte 2007, 2011 und 2015 die Befristung erneuert. Nun ist sie endgültig ausgelaufen. Und die versprochene Evaluierung ist ein Witz (hier zum Nachlesen der Evaluierungsbericht als PDF). Denn sie wurde von der Bundesregierung selbst vorgenommen, also von jenen Gremien, die die schärferen Gesetze forderten. Kritiker wurden in den Ausschüssen des Bundestages zwar angehört, aber nicht erhört. Hingegen durften die davon profitierenden Nachrichtendienste sogar noch ihre Wünsche einbringen. Eine unabhängige Evaluierung beispielsweise durch Universitäten oder Kommissionen gab es gleich gar nicht.
Der Vorgang belegt eine seit Jahren übliche Politik, die ganz bewusst eine menschliche Schwäche ausnutzt.
Blind für schleichende Veränderungen
Plötzliche Änderungen in der Umgebung fallen sofort auf. Corona verbreitete sich rasend schnell. Ebenso schnell wurde vielen die daraus resultierende Gefahr klar. Doch wenn es darum geht, langsame und schleichende Veränderungen unserer Lebensumstände zu bemerken, sind wir wahnsinnig schlecht. Selbst wenn die Auswirkungen in der Summe viel größer sind als die eines plötzlichen Desasters. Der beste Beleg dafür ist der katastrophale Umbau des weltweiten Klimas. An dem arbeitet die Menschheit seit mehr als einhundert Jahren und die meiste Zeit hat es kaum jemanden interessiert. Bis heute wollen viele Menschen einfach nicht glauben, dass sie das Problem betrifft.
An einem ähnlich schleichenden und letztlich gefährlichen Umbau arbeiten die verschiedenen Bundesregierungen seit Jahren: Fluggastdaten, Kennzeichenscanner, Videoüberwachung, Staatstrojaner, Ausweispflicht bei Mobilfunkkarten, Bestandsdatenauskunft, biometrische Bilder und Fingerabdrücke im Pass und immer wieder die Vorratsdatenspeicherung – und das sind nur einige der Neuerungen aus den vergangenen 18 Jahren.
Die Bundesregierungen haben das Land Stück für Stück verändert. Sie haben an allen im Grundgesetz verankerten Freiheiten herumgeschnippelt, haben immer wieder hier und dort Stücke weggenommen, haben sie eingeschränkt, kleiner gemacht. Die Argumentation ist dabei immer dieselbe: Wir müssen das tun, um Terroristen zu fangen und/oder Kinderpornografie zu bekämpfen. Wir tun es auch wirklich nur zur Aufklärung dieser wenigen schrecklichen Taten, versprochen. Doch sind die neuen Überwachungsregeln erst installiert, kommt bald die Forderung, sie auf andere Straftaten auszudehnen: Nun haben wir diese neuen Regeln, da wäre es doch Unsinn, sie nicht zu nutzen.
Die damit gesammelten Daten werden letztlich jedoch verwendet, um sogar Bagatellen zu verfolgen. Die sogenannte Bestandsdatenauskunft beispielsweise, also die Frage einer Behörde, auf wen eine Telefonnummer registriert ist, wird inzwischen so häufig eingesetzt, dass sie einem dienstlichen Telefonbuch gleichkommt und nicht einem Grundrechtseingriff. Und dann kommt immer auch noch jemand auf die Idee, dass die Überwachungsgesetze dazu dienen könnten, Taten zu verhindern, die noch gar nicht passiert sind. Klappt es nicht beim ersten Mal, wird es später einfach erneut probiert – wie die Vorratsdatenspeicherung zeigt, die trotz aller Verbote durch Gerichte immer wieder gefordert wird.
Allzu viel Widerstand muss ja kaum noch jemand fürchten. Am Anfang ist er groß, doch mit den Jahren wird er immer kleiner. Menschen gewöhnen sich an viel. Irgendwann haben sie vergessen, was sie alles verloren haben. Und genau darauf setzen die Verfechter solcher schrittweisen Freiheitsberaubungen.
Freiheit statt Angst
An den Kreislauf Terroranschlag – mehr Überwachung – Terroranschlag – mehr Überwachung
hat man sich offenbar bereits gewöhnt. Es gibt kaum noch öffentliche Proteste gegen Überwachungsgesetze – anders als noch vor Jahren, als Zehntausende auf die Straße gingen, um unter dem Motto Freiheit statt Angst
gegen Vorratsdatenspeicherung, gegen Videoüberwachung oder gegen biometrische Daten im Pass zu protestieren. Dass jetzt auch beschlossen wurde, Fingerabdrücke im Personalausweis zu speichern, hat kaum noch jemanden aufgeregt.
Damit sollen den Verfechtern keine üblen Motive unterstellt werden. Die haben sie bestimmt nicht. Sie wollen oft das Gute. Vor allem aber wollen sie nicht verantwortlich gemacht werden, wenn Terroristen wieder einen Anschlag verüben. Sie wollen sich gar nicht erst fragen lassen müssen, was hätte besser gemacht werden können. Daher beschließen sie lieber Überwachung – sozusagen auf Vorrat. Und lieber gleich mehr davon, als eigentlich gebraucht wird. Gesetze kosten ja auch nicht viel.
Doch verändert diese Politik die Gesellschaft, sie schwächt die Abwehrkräfte der Bürger. Die immer neuen Terrorgesetze haben die Menschen offensichtlich längst mürbe gemacht. Das belegt ausgerechnet die Corona-Pandemie. Einige demonstrieren gegen das Tragen von Masken? Angesichts der tatsächlichen Einschränkungen wirkt das fast lächerlich. Masken schützen und das sofort – sie sind ein harmloser Beitrag, den jeder leisten kann, der sich jederzeit wieder ablegen lässt und der keine Grundrechte beschränkt.
Wann wurde ein Gesetz mal abgeschafft?
Jedoch wurde gleichzeitig beispielsweise verfügt, dass man ständig einen Ausweis dabeihaben muss. Dass man nicht mehr auf Parkbänken sitzen darf. Dass die Polizei ohne richterlichen Beschluss in Wohnungen eindringen darf, um zu kontrollieren, wie viele Menschen sich dort aufhalten. Darüber aber regt sich kaum noch jemand auf. Gäbe es nicht ein paar wenige Bürgerrechtsgruppen und Juristen, die dafür sorgen, dass Gerichte so etwas überprüfen, hätten solche nahezu willkürlichen Anordnungen Bestand. Überhaupt sind es inzwischen nur noch die Gerichte, die die Freiheit verteidigen.
In der Politik ist die Forderung nach mehr Freiheit aus der Mode gekommen. Es geht nur noch um Sicherheit. Wann wurde das letzte Überwachungsgesetz abgeschafft, weil man es nicht mehr brauchte? Oder weil es völlig nutzlos, ja, im Gegenteil sogar gefährlich war?
Um diesen Gewöhnungseffekt zu illustrieren, wird gern das Bild vom Frosch im langsam heißer werdenden Wasser bemüht. Doch das Bild ist falsch, suggeriert es doch Hilflosigkeit. Die Tiere können in dieser Metapher nichts dafür, dass das Wasser heißer wird, sie sind Opfer. Menschen jedoch haben die Fähigkeit, ihre Umwelt aktiv zu gestalten. Sie müssen es nur wollen. Zeit Onlione, ein Kommentar von Kai Biermann
Pistorius warnt vor Radikalisierung von Corona-Leugnern
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat vor einer Radikalisierung von Corona-Leugnern gewarnt. Der Einfluss von Rechtsextremisten auf die Szene und die Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen kann nicht wegdiskutiert werden und er darf nicht unterschätzt werden
, sagte Pistorius am Dienstag im Landtag in Hannover. Zwar seien nicht alle, die gegen die Corona-Maßnahmen auf die Straße gingen, Neonazis und Rechtsextremisten. Aber sie machten sich immer wieder, ob sie es wollten oder nicht, mit Rechtsextremisten gemein, die mit ihnen Seite an Seite demonstrierten.
Gleichzeitig zeige sich, dass sich die Bewegung der Corona-Leugner von innen heraus radikalisiere, auch ohne Einfluss von rechts, sagte Pistorius. Alle Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie würden als diktatorisch bezeichnet, und zwar aus zahlreichen unterschiedlichen politischen und ideologischen Richtungen der Bewegung. Wir sehen uns sehr genau an, wer zum Umfeld dieser Gruppierungen gehört und wir beobachten weiter sehr genau, wie dynamisch sich Radikalisierungen innerhalb dieser Szene vollziehen
, sagte der Minister. Wir werden weiterhin mit dem notwendigen Augenmaß aber auch mit der entsprechenden Entschlossenheit vorgehen.
dpa
Hamburger Gesundheitsämter empfehlen das Führen eines Kontakttagebuchs
Hat sich eine Person mit Corona angesteckt, ist eine zentrale Aufgabe der Gesundheitsämter, die letzten Kontakte nachzuverfolgen und zu informieren, um weitere Ansteckungen zu vermeiden. Dafür kann es hilfreich sein, ein Kontakt-Tagebuch zu führen. Dieses hilft dabei, im Ernstfall alle nötigen Kontakte leicht und schnell an das Gesundheitsamt weitergeben zu können. Ein Kontakt-Tagebuch kann entweder in Papierform oder digital, beispielsweise mittels einer App, geführt werden. Dabei geht es nicht darum, alltägliche Kontakte mit der Familie, den direkten Kolleginnen und Kollegen im Büro oder den Mitschülern zu notieren. Im Vordergrund stehen Anlässe, Treffen oder Situationen, bei denen ein Kontakt zum Beispiel mit anderen Menschen auf engem Raum entsteht (Teilnahme an einem Kurs, Familientreffen usw.). Oder unregelmäßige Kontakte beispielsweise durch Treffen mit Freunden oder einem Meeting mit Kunden. Zwar sollen Kontakte derzeit möglichst reduziert werden, jedoch lassen sich einige vielleicht nicht vermeiden.
Notiert werden sollten Datum, Ort, Name der Person(en) und Dauer des Treffens. Hilfreich sind zusätzlich auch Angaben wie zum Beispiel Fand das Treffen drinnen oder draußen statt?
oder Wurde eine Maske getragen?
. Hamburg.de
Spahn warnt – 30 bis 40 Prozent gehören zur Risikogruppe
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) blickt während der Corona-Krise mit Sorge auf die Altersstruktur in Deutschland und warnt vor einer Überlastung der Intensivmedizin. Die Bundesrepublik sei nach Japan das zweitälteste Land der Welt, so Spahn in einem Livestream der Zeitung Bild
. Bei uns sind 23 Millionen Deutsche über 60. Wir sind ein Wohlstandsland mit Zivilisationskrankheiten: Diabetes, Bluthochdruck, Übergewichtigkeit. Alles Risikofaktoren für dieses Virus, wie für viele Infektionskrankheiten übrigens auch.
Damit gehörten per Definition 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung zu einer Risikogruppe.
Wenn von 20.000 Neuinfizierten an einem Tag etwa zwei Prozent in die Intensivmedizin müssen, dann sind das 400 am Tag. Wenn die intensivmedizinische Behandlung und Begleitung 15 Tage im Schnitte dauert – sind das 6000.
Diese Zahl werde Deutschland noch im November erreichen, das sei bereits absehbar. Für das Gesundheitswesen sei diese Belastung nur unter ziemlicher Anspannung
zu bewältigen. Wenn die Intensivmedizin mal zu voll ist, überfüllt ist, überlastet ist, dann ist es zu spät!
Spahn bereitete zudem die Deutschen darauf vor, dass es auch nach dem Teil-Lockdown Beschränkungen geben werde. Zur Frage, wann die Bürger wieder voll über ihre wegen der Pandemie-Bekämpfung eingeschränkten Grundrechte verfügen können, sagte Spahn: Das ist absehbar für die nächsten Monate sicher nicht der Fall.
Ziel sei es, Kitas und Schulen so lange es geht im Regelbetrieb offen zu halten. Wenn Sie mich aber fragen, kann ich Ihnen das abschließend versprechen, dann ist die ehrliche Antwort: Das kann ich nicht.
Spahn appelliert daran, in den Wintermonaten auf Feiern zu verzichten. Die Erkenntnis der letzten Wochen sei, dass es vernünftig ist jetzt mal über viele Wochen, wenn nicht Monate, keine Veranstaltungen mit 10, 15 oder 20 Leuten zu haben, wenn überhaupt.
Reuters
Drosten: Forscher müssen Unsinn auch beim Namen nennen
Der Virologe Christian Drosten hat den Wert unabhängiger Wissenschaft gegen teils harsche Kritik in sozialen Medien verteidigt und auf die Logik des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns verwiesen. In der Corona-Pandemie sei es seine Aufgabe, die Methoden meines Fachgebietes zu erklären, die Grenzen wissenschaftlicher Studien aufzuzeigen, einzuordnen, was Fakt und was Fiktion ist
, erklärte Drosten in einer am Sonntag in Marbach im Neckar veröffentlichten Rede. Forscher müssten ein realistisches Bild zeichnen und nicht das gewünschte
. Daher fühle er sich auch verpflichtet, korrigierend einzugreifen und ausgemachten Unsinn auch einmal beim Namen zu nennen
.
Doch wenn man als Wissenschaftler so agiere, sei man heute sofort mittendrin im breiten öffentlichen Meinungskampf
um die Corona-Pandemie. Und das ist für jemanden, dem es um Fakten und gesicherte Erkenntnis geht, eine, sagen wir mal, interessante und lehrreiche Erfahrung.
Wissenschaftliche Beiträge würden nicht mehr sachlich und kühl diskutiert, sondern seien Teil einer ungemein hart geführten
Debatte. Das Ganze findet rund um die Uhr bei hohen Temperaturen im Schleuderwaschgang der sozialen Medien statt.
Drosten warb um Verständnis dafür, dass sich die wissenschaftliche Sicht auf neuartige Viren auch ändern könne, es gelte die Logik des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns. Der Weg sei mit einer Expedition ins Unbekannte zu vergleichen, die Irrungen und Rückschläge mit einschließe. Ursprüngliche Theorien und Annahmen können sich als falsch erweisen und gleichzeitig wichtige neue Impulse liefern. Für Menschen, die dies nicht gewohnt sind, ist das mitunter schwer nachzuvollziehen.
Zu Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr hatten viele Wissenschaftler zum Beispiel das Tragen von Mund-Nasen-Masken für eher unnötig erachtet - inzwischen werden diese als wichtiges Schutzinstrument empfohlen. Ebenso ist die Idee einer Herdenimmunität
duch Durchseuchung
der Gesellschaft verworfen worden, weil erkannt wurde, das die bei mutierenden Viren nicht zu erreichen sein wird.
Drosten (48) arbeitet an der Berliner Charité und berät in der Corona-Pandemie auch die Bundesregierung. Das Deutsche Literaturarchiv Marbach vergibt die Schillerrede jährlich an einen neuen Redner und will damit an den Geburtstag von Friedrich Schiller (1759-1805) erinnern, der in Marbach geboren wurde. dpa
RKI meldet mehr als 16.000 Neuinfektionen
Innerhalb eines Tages haben die Gesundheitsämter nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) vom Sonntag in Deutschland 16.017 neue Corona-Infektionen gemeldet. Das sind rund 7000 Fälle weniger als noch am Tag zuvor, an dem mit 23.399 neu gemeldeten Fällen innerhalb von 24 Stunden ein neuer Höchstwert erreicht worden war. An Sonntagen sind die erfassten Fallzahlen jedoch meist niedriger, unter anderem weil am Wochenende weniger getestet wird. Am vergangenen Sonntag hatte die Zahl gemeldeter Neuinfektionen bei 14.177 gelegen. Seit Beginn der Pandemie hat das RKI insgesamt 658.505 Infektionen erfasst. (Stand: 8.11., 00.00 Uhr)
Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Corona-Virus stieg um 63 auf insgesamt 11.289. Das sogenannte Sieben-Tage-R lag laut RKI-Lagebericht vom Samstagabend bei 1,04 (Vortag: 0,99). Das heißt, dass zehn Infizierte im Mittel etwa zehn weitere Menschen ansteckten. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. dpa
Warum hat China keine zweite Welle?
Während hierzulande erneut härtere Maßnahmen im Kampf gegen das Coronavirus ergriffen werden mussten, bleibt China bislang von einer zweiten Welle verschont. Das hat verschiedene Gründe. Chinas offizielle Corona-Zahlen sind seit Wochen niedrig - keine Toten, die Zahl der Neuinfektionen zumeist im zweistelligen Bereich. Auf neue Ausbrüche, wie zuletzt in der nordwestchinesischen Region Xinjiang reagieren die Behörden schnell - mit Lockdowns und Massentests. Rund um die Stadt Kashgar etwa wurden innerhalb weniger Tage über vier Millionen Menschen auf Corona getestet.
Sofort testen, nicht erst warten, bis Menschen Symptome entwickeln, Infizierte und Erkrankte strikt isolieren: Damit hat China es bislang offenbar geschafft, eine zweite Corona-Welle zu verhindern. Zudem gelten weiter Einreisebeschränkungen mit strenger zweiwöchiger Quarantäne in eigens dafür vorgesehenen Hotels.
Strenge Kontrollen
Im autoritär regierten China haben die Behörden Kontroll- und Durchgriffsmöglichkeiten, die in westlichen Demokratien undenkbar wären. Persönliche Freiheitsrechte oder Datenschutz spielen dabei keine Rolle - etwa bei der Nachverfolgung von Kontakten. So gehören Corona-Apps, die genaue Bewegungsprofile erstellen, zum Alltag. Beim Betreten von Restaurants, Cafés oder Geschäften einen QR-Code einscannen, um sich zu registrieren, auch das ist seit Corona normal. Allerdings gehen Städte und Provinzen teilweise sehr unterschiedlich vor - Peking beispielsweise ist strenger als Shanghai.
Und wenn es dann Infektionsherde gibt, werden örtliche Lockdowns streng kontrolliert wie auch Quarantäne-Anordnungen. Nach einem Corona-Ausbruch im Sommer auf einem Pekinger Großmarkt beispielsweise durften sämtliche Mitarbeiter die Stadt zunächst nicht mehr verlassen. Viele Beschränkungen in der Millionenmetropole wurden sofort wieder eingeführt. Die Grundschulen etwa, die gerade erst wieder schrittweise geöffnet hatten, blieben dann doch weiter zu.
Testkapazitäten ausgeweitet
Hilfreich für die Kommunistische Partei: die so genannten Nachbarschaftskomitees der KP sind seit Jahrzehnten fest etabliert und Teil der engmaschigen sozialen Kontrolle.
Außerdem hat China die Corona-Testkapazitäten seit dem Frühjahr systematisch ausgeweitet. Pro eine Million Einwohner ist ein urbanes Testzentrum vorgesehen, das im Falle eines örtlichen Ausbruchs bis zu 30.000 Tests am Tag durchführen soll. Zu den Vorgaben gehört auch, dass eine Test-Kampagne innerhalb einer Woche abgeschlossen werden kann. In der ostchinesischen Hafenstadt Qingdao etwa wurden Anfang Oktober nach einem Corona-Ausbruch innerhalb weniger Tage elf Millionen Tests durchgeführt.
Erfahrung mit SARS und Vogelgrippe
Solche Massentests sind verpflichtend und sollen auch zur Beruhigung der Bevölkerung beitragen. Kritik wie zu Beginn der Pandemie soll gar nicht erst aufkeimen.
Dass China bislang gut durch den Herbst gekommen ist, hat aber auch noch einen anderen Grund: Nach SARS und Vogelgrippe wissen viele Menschen, wie wichtig es ist, sich zu schützen. Diskussionen über das Für und Wider von Masken sind in China unbekannt. Staatliche Schutzmaßnahmen werden in der Regel nicht infrage gestellt, das Vertrauen in die Regierung ist hoch. Gesundheit ist wichtiger als Freiheit oder Datenschutz, so die gängige Meinung. Gegen staatliche Maßnahmen vor Gericht zu klagen oder zu demonstrieren ist in der Volksrepublik eh nicht möglich. Von Ruth Kirchner, ARD-Studio Peking, zurzeit Berlin
Mehr als 40.000 Covid-19-Tote in Frankreich
In Frankreich sind mittlerweile mehr als 40.000 Menschen infolge der Coronavirus-Pandemie gestorben. Mindestens 40.169 Menschen seien seit Beginn der Epidemie in Frankreich ums Leben gekommen, teilten die französischen Gesundheitsbehörden am Samstagabend mit. In den vergangenen 24 Stunden seien in den Krankenhäusern mehr als 300 Corona-Tote gezählt worden. Für die Zahl der täglichen Neuinfektionen in dem Land mit rund 67 Millionen Einwohnern gab es hingegen anders als sonst üblich keine offiziellen Angaben - sie wurden nicht extra ausgewiesen. Die Differenz zwischen den am Samstag und Freitag gemeldeten Zahlen der Infektionen im Land seit Beginn der Epidemie betrug mehr als 86.000.
Allerdings hatte es in den vergangenen Tagen technische Probleme bei der Meldung von Neuinfektionen gegeben. Es blieb unklar, ob am Samstag auch Nachmeldungen aus den vergangenen Tagen in die Gesamtzahl der Infektionen im Land miteingerechnet wurden. Am Montag soll über die aktuellen Zahlen und entsprechende Korrekturen informiert werden. dpa
Nerze in Dänemark - Wie gefährlich ist das mutierte Coronavirus?
Dänemark geht drastisch gegen eine Corona-Variante vor, die zuerst bei Nerzen aufgetreten ist. Millionen Pelztiere werden getötet. Wie gefährlich ist der mutierte Erreger?
Die dänische Regierung hat bekanntgegeben, dass alle Zuchtnerze getötet werden müssen. Mehrere Kommunen befinden sich in einem Lockdown, außerdem werden Bewohner dieser Kommunen aufgefordert, sich auf Sars-CoV-2 testen zu lassen.
Dänemark ist der größte Nerzfell-Exporteur der Welt. Die drastischen Maßnahmen sind nach Angaben der dänischen Regierung notwendig, weil die Gesundheitsbehörden bei 200 Menschen, die sich bei Nerzen angesteckt haben, eine mutierte Form des Coronavirus nachgewiesen haben.
Ausbreitung einer gefährlichen Mutation befürchtet
Die Mutation bewirke möglicherweise, dass das Virus weniger empfindlich auf menschliche Antikörper reagiere - und damit ein zukünftiger Impfstoff weniger wirksam sei, sagte Premierministerin Mette Frederiksen. Würden sich diese mutierten Viren weiter unter Menschen ausbreiten, könne das verheerende Folgen für die Pandemie weltweit haben. Man habe die Weltgesundheitsorganisation WHO informiert.
Bisher gaben die dänischen Gesundheitsbehörden keine genaueren Informationen zu der Mutation bekannt. Daher ist es derzeit für Wissenschaftler nicht möglich einzuschätzen, wie gefährlich diese neue Mutation tatsächlich ist.
Nicht jede genetische Mutation ist gefährlich
Fest steht: Viren mutieren immer wieder, aber nicht jede genetische Mutation macht ein Virus gefährlicher. Manchmal verändern sich zwar Gene, aber an den Eigenschaften des Virus ändert sich nichts.
Außerdem verteidigt sich der menschliche Körper nicht nur mit Antikörpern gegen das Coronavirus, sondern er produziert auch bestimmte Zellen, die das Virus unschädlich machen. Selbst wenn also durch einen zukünftigen Impfstoff Antikörper gebildet würden, die nicht besonders gut gegen ein mutiertes Coronavirus wirkten, könnte die Impfung immer noch die Reaktion bestimmter Immunzellen anregen, um vor einem schweren Verlauf von Covid-19 zu schützen.
Vom Mensch zum Nerz und zurück
Trotzdem will die WHO die Situation genauer untersuchen. Auch in den Niederlanden und in Spanien hatte man im Sommer infizierte Zuchtnerze getötet.
Denn wenn ein Virus sich in einer großen Tierpopulation - wie auf den Nerzfarmen in Dänemark - ausbreitet, steigt das Risiko, dass irgendwann eine Virusveränderung auftritt, die tatsächlich das Virus gefährlicher macht: ein Virus, das sich leichter verbreiten kann, noch häufiger schwer krank macht oder sogar tödlich ist.
Springt ein Virus dazu noch zwischen Mensch und Tier hin und her wie es in Dänemark und auch in zwei Fällen in den Niederlanden geschehen ist, dann erhöht sich das Risiko weiter. Wissenschaftler weltweit warten nun auf genauere Informationen der dänischen Gesundheitsbehörden zu dem veränderten Virus, um die Situation besser einschätzen zu können. Tagesschau.de, von Christina Sartori
Der deutsche Corona-Selbstbetrug
Deutschland glaubt noch immer, besser als andere durch die Pandemie zu kommen. Das stimmt aber nur im Vergleich zu Ländern, die im Kampf gegen Corona versagen. An den erfolgreichsten Staaten gemessen, ist die Bilanz ernüchternd.
Der Wirtschaftsminister wollte zuversichtlich klingen. Schließlich hatte Peter Altmaier (CDU) verhältnismäßig gute Nachrichten zu verkünden, als er am Freitag die Herbstprojektion der Bundesregierung vorstellte.
Im dritten Quartal wuchs die deutsche Wirtschaft überraschend um mehr als acht Prozent gegenüber dem Vorquartal. Vor diesem Hintergrund rechnet die Bundesregierung für 2020 nur noch mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 5,5 Prozent. Zuvor war sie davon ausgegangen, dass die Wirtschaftsleistung noch stärker schrumpfen werde.
Deutschland ist bislang besser durch die Krise gekommen als viele andere Länder
, sagte der Wirtschaftsminister, weil wir während der ersten Welle der Pandemie gemeinsam und entschlossen gehandelt haben
.
Es ist ein Satz, der vor Stolz und Selbstlob strotzt. Einer, der nicht falsch ist, wenn man sich mit den Verlierern der Pandemie vergleicht – den westlichen Nationen, die in der Krise ein schwaches Bild abgeben, also etwa den USA, Frankreich und Großbritannien.
Aber es ist ein Satz, dessen Hochmut an Lächerlichkeit grenzt, wenn man sich mit den Siegern der Pandemie vergleicht – also jenen Nationen, die die Pandemie wirklich erfolgreich bekämpft haben, also vor allem Ländern in Ost- und Südostasien.
Das einzig Positive aus deutscher Sicht: Ein Lockdown wirkt
Schaut man sich etwa Statistiken der Webseite Our World In Data
an, einem Projekt des gemeinnützigen Global Change Data Lab
, sticht es sofort ins Auge. Man kann sich dort die tägliche Zahl der bestätigten Neuinfektionen je einer Million Menschen anzeigen lassen. Wer Deutschland mit den Ländern China, Südkorea, Taiwan und Vietnam vergleicht, sieht: Seit Mitte März, also bereits seit der ersten Welle, macht Deutschland eine schlechtere Figur – und zwar konstant.
Guckt man sich die Zahlen an, fällt die riesige Lücke sofort auf: Seit dem Ausbruch der zweiten Welle Ende September steigen die Zahlen in Deutschland rasant. Zuletzt lag der Wert pro einer Million Einwohner bei mehr als 150. In Südkorea waren es Ende Oktober dagegen nur knapp über zwei, in China, Taiwan und Vietnam sogar unter eins. Mehrere asiatische Länder, in denen das Coronavirus im Frühjahr zuerst ausgebrochen ist, haben es de facto besiegt.
Das einzig Positive aus deutscher Sicht: Ein Lockdown wirkt. Anfang April begann der deutsche Wert zu sinken, im Juni sogar auf unter vier. Doch seitdem steigt er wieder.
Es ist, als gäbe es auf dem Planeten Erde mehrere Welten. Denn auch viele Länder in Afrika haben die Pandemie in den Griff bekommen, Kenia, Ghana und Ruanda zum Beispiel. Als Vorbilder für andere Staaten werden sie allerdings nur selten genannt.
An Deutschland ist das Erstaunliche: Nicht nur Wirtschaftsminister Altmaier glaubt, das Land gut durch die Pandemie zu führen. Auch international bekommt die Bundesrepublik immer wieder gute Noten für ihre Bekämpfung der Pandemie.
Im April lobte ein Artikel des Wall Street Journal
die Vorzüge der deutschen Pandemiebekämpfung im Vergleich zu den USA, Frankreich, Italien und Spanien – ohne zu erwähnen, dass die Sterblichkeitsrate je Million Menschen in Deutschland mehr als 100 Mal höher lag als in Taiwan und mehr als zehn Mal höher als in Südkorea.
Und als der britische Premier Boris Johnson im Juni behauptete, dass kein Land der Welt eine funktionierende App zur Kontaktverfolgung entwickelt habe, erwiderte der Labour-Politiker Keir Starmer, dass Deutschland über eine solche App verfüge – und verwies auf damals zwölf Millionen Downloads. Was er nicht sagte: Die Zahl der Downloads sagt wenig bis nichts über die Wirksamkeit der App aus.
Der Erfolg dieser Länder sollte unsere Inspiration sein
Jemand, der sich mit den Vorzügen der asiatischen Pandemiebekämpfung beschäftigt, ist Jeffrey Sachs. Der Ökonom unterrichtet an der Columbia University in New York. Zudem ist Sachs Sonderberater der Millenniums-Entwicklungsziele
der Vereinten Nationen. Der Amerikaner denkt von Berufs wegen in globalen Zusammenhängen. Im Juni schrieb er für CNN einen Kommentar mit dem Titel Was asiatische Nationen über die Bekämpfung von Covid-19 wissen
. Uns hat er Fragen per Mail beantwortet.
Weder die USA noch Europa hätten von den Stärken der asiatischen Pandemiebekämpfung gelernt, meint Sachs – also vom großflächigen Testen, von der konsequenten digitalen Kontaktverfolgung sowie von der strikten Quarantäne. Hinzu kämen Mentalitätsunterschiede. In asiatischen Gesellschaften würden Verhaltensweisen als akzeptabel gelten, die die Pandemie eindämmen, etwa das Tragen von Masken, das Abstandhalten und der Verzicht auf Großveranstaltungen. In den USA und Europa hingegen, so Sachs, tue man sich damit schwer.
Bereits im März schrieb der langjährige China-Korrespondent und Pulitzer-Preisträger Ian Johnson in der New York Times
einen Artikel, in dem er sich fragte, warum der Westen in den zwei Monaten, die die Seuche gebraucht hatte, um sich von China in den Westen zu verbreiten, nichts aus den dortigen Erfahrungen gelernt habe. Seine Antwort: Der Westen nehme China als so anders
wahr, dass er nicht sehe, dass man von dem Land lernen könne. Ein ähnliches Wahrnehmungsmuster, so kritisieren Beobachter, gelte für ganz Asien.
So weit geht Sachs in seiner Kritik nicht. Er macht die Unbelehrbarkeit der Unterstützer des US-Präsidenten für den Tunnelblick verantwortlich. Die USA lernen einfach nicht von anderen
, schreibt er, oder zumindest Trumps Teil der USA lernt nicht von anderen
. Bei der Präsidentschaftswahl in dieser Woche setzt Sachs deswegen auf den Demokraten Joe Biden. Es wird einen großen Unterschied machen, wenn Biden gewählt wird
, schreibt er. Webseite Our World in Data, Maximilian Kalkhof
Neuer Höchstwert in Deutschland – fast 20.000 Neuinfektionen
Die Zahl der registrierten Corona-Neuinfektionen in Deutschland hat mit 19.990 Fällen binnen eines Tages einen bisherigen Höchstwert erreicht. Dies ging aus Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) vom Donnerstagmorgen hervor. Den bislang höchsten Wert seit Beginn der Pandemie hatte das RKI am vergangenen Samstag mit 19.059 Fällen gemeldet. Am Donnerstag vor einer Woche lag die Zahl bei 16.774. Insgesamt haben sich dem RKI zufolge seit Beginn der Pandemie bundesweit 597.583 Menschen mit Sars-CoV-2 infiziert (Stand: 05. 11., 00.00 Uhr). Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit dem Virus stieg bis Donnerstag um 118 auf insgesamt 10.930. Das RKI schätzt, dass rund 391.600 Menschen inzwischen genesen sind.
Die sogenannte Positivenquote bei Corona-Tests in Deutschland hat sich in den vergangenen zwei Monaten in etwa verzehnfacht. So schlugen in Kalenderwoche 44 (bis 1.11.) etwa 7,3 Prozent der Tests an, wie das Robert Koch-Institut in seinem Lagebericht von Mittwochabend schreibt. In Kalenderwoche 35 (bis 30.8.) waren es noch rund 0,7 Prozent.
Die Zahl der wöchentlich durchgeführten Tests kletterte in den vergangenen zwei Monaten deutlich um mehr als 400.000. 191 Labore meldeten zuletzt rund 1,6 Millionen solcher Laboruntersuchungen in einer Woche. Die Entwicklung bei Positivenrate und Test-Anzahl spiegelt sich im über Wochen starken Anstieg bei den gemeldeten Neuinfektionen wieder.
Die Reproduktionszahl, kurz R-Wert, lag in Deutschland laut RKI-Lagebericht am Mittwoch bei 0,81 (Vortag: 0,94). Das heißt, dass ein Infizierter im Mittel etwas weniger als einen weiteren Menschen ansteckt. Der R-Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen etwa eineinhalb Wochen zuvor ab.
Zudem gibt das RKI in seinem Lagebericht ein sogenanntes Sieben-Tage-R an. Der Wert bezieht sich auf einen längeren Zeitraum und unterliegt daher weniger tagesaktuellen Schwankungen. Nach RKI-Schätzungen lag dieser Wert am Mittwoch bei 0,92 (Vortag: 0,98). Er zeigt das Geschehen von vor 8 bis 16 Tagen. dpa
Wieder Hamsterkäufe bei Klopapier & Co vor Teil-Lockdown
Verbraucher haben sich vor dem Teil-Lockdown im November erneut mit Toilettenpapier, Desinfektionsmitteln und Backwaren eingedeckt. Die Verkaufszahlen von Klopapier lagen in der Woche vom 19. bis 24. Oktober mehr als doppelt so hoch (+139 Prozent) wie im Durchschnitt der Vorkrisenmonate August 2019 bis Januar 2020, wie eine Sonderauswertung des Statistischen Bundesamts ergab. In der letzten Oktoberwoche 2020 war das Plus mit 84 Prozent demnach aber schon geringer. Der Absatz von Desinfektionsmitteln sei ebenfalls zuletzt gestiegen und erreichte Ende Oktober mehr als das Doppelte des Vorkrisen-Durchschnitts (+104 Prozent), so die Statistiker am Donnerstag.
Ein Ausmaß der Hamsterkäufe wie im Frühjahr gab es aber nicht mehr. Vor und während des ersten Shutdowns hatte sich der Absatz von Desinfektionsmitteln zeitweise mehr als verachtfacht im Vergleich zum Vorkrisen-Durchschnitt. Politik, Handel und Verbände hatten jüngst wiederholt betont, dass die Versorgung in der Corona-Krise gesichert sei.
Ende Oktober haben sich Verbraucher auch mit manchen Lebensmitteln eingedeckt: Der Absatz der Backzutaten Mehl (+101 Prozent), Hefe (+74 Prozent) und Zucker (+63 Prozent) lag in der letzten Oktoberwoche deutlich über dem Vorkrisen-Durchschnitt, wie die Wiesbadener Behörde weiter mitteilte. Aber auch hier wurde das Niveau rund um den ersten Lockdown nicht mehr erreicht. dpa
Immer mehr Covid-Patienten müssen ins Krankenhaus
Intensivstationen bereiten sich auf harte Wochen
vor: Die Zahl der freien Intensivbetten sinkt weiter. Kliniken sollen planbare Operationen verschieben.
Die Corona-Pandemie trifft Berlin hart. Inzwischen müssen 608 an Covid-19 Erkrankte in den Kliniken behandelt werden, davon 218 auf der Intensivstation, doppelt so viele wie am 22. Oktober. Die Zahl der freien Intensivbetten sinkt weiter. Am Dienstag standen laut dem Intensivregister 132 freie Betten zur Verfügung, das sind knapp elf Prozent der Gesamtzahl aller betreibbaren Intensivbetten in Berlin.
Hinzu kommt eine Notfallreserve von 459 Intensivbetten, die binnen sieben Tagen für Covid-19-Patienten aktiviert werden können. Damit springt der Indikator "ITS-Belegung" der Berliner Corona-Warnampel, der die Auslastung der Intensivstationen mit Covid-19-Patienten darstellt, auf gelb
.
Noch sei die Situation in der Stadt beherrschbar, sagte Steffen Weber-Carstens dem Tagesspiegel. Er ist leitender Oberarzt der Klinik für Anästhesiologie mit Schwerpunkt operative Intensivmedizin der Charité und koordiniert die Verteilung von schwer kranken Covid-19-Patienten auf die Intensivstationen der Berliner Krankenhäuser. Die Grundlage ist das seit der ersten Pandemiewelle in Berlin gültige Notfallkonzept, das eine zentrale Zuweisung der Patienten regelt.
Aber die Lage habe sich in den vergangenen Tagen deutlich verschärft. Inzwischen sei man bereits in der im Notfallkonzept festgelegten zweiten Eskalationsstufe, sagt Weber-Carstens. Seit einigen Tagen werden Intensiv-Patienten, die nicht an Covid-19 erkrankt sind, in sogenannte Level-3-Krankenhäuser verlegt.
Damit werden in den Level-2-Kliniken, die vorrangig Covid-Patienten versorgen sollen, Kapazitäten freigemacht.
In den nächsten zehn bis 14 Tagen werde die Belastung der Berliner Intensivstationen deutlich steigen, erwartet der Intensivmediziner. Das werden für alle Beteiligten harte Wochen.
Das Hauptproblem sind nicht die technisch verfügbaren Intensivbetten, sondern das zu deren Betrieb unverzichtbare qualifizierte Personal. Deshalb schlugen Intensivmediziner kürzlich vor, an das Intensivregister nur die freien Intensivbetten zu melden, für die auch das entsprechende Personal verfügbar ist.
Denn natürlich sitzen angesichts von bundesweit mehr als 7000 freien Intensivbetten nicht tausende Pflegekräfte untätig rum
, sagt Christian Karagiannidis, Sprecher des Intensivregisters. Würde man die freien Intensivbetten danach melden, wie viel Personal kurzfristig für deren Betrieb zur Verfügung steht, würde sich die Zahl der freien Betten und der Notfallreserve deutlich verringern, sagt der Intensivmediziner. Das gilt beispielsweise für die Notfallreserve in Berlin.
Freie Intensivbetten sollen nur gezählt werden, wenn Personal bereit steht
Als tagesaktuell betreibbare Intensivbetten
würden nur die Plätze gezählt, für die tatsächlich entsprechendes Personal bereit stehe, sagt Charité-Mediziner Steffen Weber-Carstens. Aber: Für die als Notfallreserve erschließbaren Betten braucht es Konzepte, die den Einsatz von zusätzlichem Personal in diesen Bereichen regeln.
Die Charité setzt auf eine Mixkalkulation
beim Personal auf den Stationen. Dafür würden qualifizierte Pflegekräfte aus anderen Abteilungen und aus den OP-Sälen auf die Intensivstationen versetzt, sagt Weber-Carstens. Das geht natürlich nur, wenn die Krankenhäuser planbare Operationen und Behandlungen verschieben.
Einige Kliniken, darunter die Charité, haben schon vor Tagen damit begonnen, elektive Eingriffe zu verschieben, um Kapazitäten für schwer kranke Covid-19-Patienten freizuhalten. Aber, wie eine Umfrage des Tagesspiegels in der vergangenen Woche ergab, noch längst nicht alle. Angesichts der angespannten Lage gehe ich davon aus, dass der Senat im Laufe der Woche anordnen wird, dass alle Krankenhäuser das Normalprogramm einschränken müssen werden
, sagt Weber-Carstens. Und das ist auch dringend nötig.
Tatsächlich hat sich die Senatsverwaltung für Gesundheit dieses Themas angenommen. Man plane gemeinsam mit der Berliner Krankenhauslandschaft zeitnah planbare Eingriffe nur noch bei medizinisch dringlichen Fällen zuzulassen
, teilte die Senatsverwaltung auf Anfrage mit.
Müssen bald Patienten nach Brandenburg verlegt werden?
Das wichtigste sei jetzt, das Personal bei der Stange zu halten, sagt Christian Karagiannidis. Ärzte und Pflegekräfte müssten durch kluge Arbeitsorganisation und durch ein Runterfahren des Normalprogramms entlastet werden, um die kommenden Wochen durchstehen zu können. Ich fürchte, dass die zweite Pandemiewelle uns alle mehr belasten wird als die erste.
Inzwischen haben die Bundesländer für den Notfall vereinbart, bei Auslastung der Intensivbetten Patienten auch über die Grenzen der Bundesländer hinaus zu verlegen. Von dieser Notlage sei man aber noch weit entfernt, sagt Christian Karagiannidis. Denn dazu müssten erst einmal die jeweiligen Notfallreserven aufgebraucht sein. Das gelte aber nicht überall, schränkt Karagiannidis ein. Für Berlin zum Beispiel könnte das in den nächsten Wochen soweit sein, dass einzelne Patienten nach Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern verlegt werden müssen.
Quelle: Tagesspiegel, Ingo Bach
DIVI-Präsident: Falsche Angaben zu freien Intensivbetten
Die Angaben der Kliniken zur Zahl belegbarer Intensivbetten sind der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) zufolge nicht immer korrekt. Hinweise und Stichproben zeigten, dass mitunter auch Betten als frei gemeldet würden, für die gar kein Pflegepersonal verfügbar sei, sagte DIVI-Präsident Uwe Janssens. Das Ausmaß der fehlerhaften Meldungen sei unklar. Krankenhäuser sind seit dem Frühjahr verpflichtet, die Zahl belegbarer Intensivbetten täglich an die DIVI zu melden. Dabei zählt ausdrücklich die Zahl der Betten, für die ausreichend Intensivkräfte für die Betreuung und Behandlung zur Verfügung stehen.Janssens will sich am Dienstag in Berlin mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und mehreren Experten zum weiteren Vorgehen in der Corona-Pandemie äußern. Erwartet werden auch Vertreter des bundeseigenen Robert Koch-Instituts (RKI) und von Corona-Testlaboren. Spahn hatte zum Start des von Bund und Ländern beschlossenen Teil-Lockdowns am Montag bereits deutlich gemacht, dass es um eine nationale Kraftanstrengung
gehe. Ziel ist auch, eine Überlastung der Krankenhäuser abzuwenden.
Momentan liefen die Kliniken anders als bei der Infektionswelle im Frühjahr noch im Regelbetrieb, sagte Janssens. Manche Kliniken meldeten ihre Intensivbetten-Zahl aber offenbar so, als seien sie bereits aus dem Regelbetrieb genommen. Dann würden Eingriffe, die problemlos später vorgenommen werden können, verschoben - und es stehe mehr Intensivpersonal etwa aus der Anästhesie zur Verfügung. Diesen Zustand haben wir aber momentan noch gar nicht.
dpa
Krankenhäuser erwarten Rekord bei Intensivpatienten
Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, rechnet angesichts der steigenden Zahl von Corona-Infizierten mit einem Rekord bei den intensivmedizinisch-versorgten Patienten in Deutschland. Der Bild
sagte er: In zwei bis drei Wochen werden wir die Höchstzahl der Intensivpatienten aus dem April übertreffen - und das können wir gar nicht mehr verhindern. Wer bei uns in drei Wochen ins Krankenhaus eingeliefert wird, ist heute schon infiziert.
Das sei leider die realistische Prognose, sagte Gaß. Er kündigte zudem an, auch Pflegepersonal aus nicht-intensivmedizinischen Bereichen auf den Intensivstationen einzusetzen. Das ist natürlich nicht optimal, aber in einer solchen Ausnahmesituation zu rechtfertigen.
Um die Krankenhäuser in Deutschland zu entlasten, rät der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, planbare Operationen zu verschieben. Der Bild
sagte Westerfellhaus: Viele Intensivpfleger arbeiten schon heute am Limit, und zu Recht warnen sie vor einer Verschlimmerung. Die Bundesregierung unterstützt die Krankenhäuser massiv.
Westerfellhaus mahnte, nur ein Maßnahmenbündel wird eine Katastrophe verhindern - zum Beispiel planbare Operationen je nach Situation vor Ort zu verschieben
. Er betonte außerdem, die Lage sei händelbar - noch
. KNA
Neue Variante von Sars-CoV-2 kam im Sommer aus Spanien
Eine Virusvariante, die im Sommer in Spanien entstand, ist heute in Teilen Europas stark vertreten. Gelockerte Reise- und Kontaktbeschränkungen halfen wohl bei der Ausbreitung. Wie andere Viren entwickelt sich auch Sars-CoV-2 stetig weiter. Auf der ganzen Welt haben Wissenschaftler inzwischen tausende Mutationen im Erbgut des Erregers aufgespürt, hunderte verschiedene Varianten des Virus grassieren allein in Europa. Manche davon haben sich in den vergangenen Monaten besonders stark ausgebreitet. Dazu zählt auch die Variante 20A.EU1: Sie entstand vermutlich erstmals in Spanien und gelangte von dort aus über Touristen in zahlreiche andere europäische Länder. Das berichten Wissenschaftler um Emma Hodcroft von der Universität Basel nun in einer vorab veröffentlichten Studie. Die Begutachtung der Arbeit durch andere Fachleute steht allerdings noch aus.
Die Forschungsgruppe analysierte Virusgenomsequenzen von Covid-19-Patienten aus ganz Europa, um die Verbreitung der neuen Variante nachvollziehen zu können. Den Daten des Teams zufolge trat 20A.EU1 erstmals im Sommer im Nordosten Spaniens bei Landarbeitern auf. Von dort aus gelangte die Virusvariante in die breite Bevölkerung und nach Aufhebung der Reisebeschränkungen im Juli offenbar auch in andere Teile Europas und der Welt.
Heute mache 20A.EU1 fast 80 Prozent der Virussequenzen in Spanien aus, heißt es in der Pressemitteilung der Universität. Zudem habe man die Variante zeitlich versetzt bislang in zwölf weiteren europäischen Ländern sowie in Hongkong und Neuseeland nachweisen können. Im Vereinigten Königreich ist 20A.EU1 inzwischen sogar noch prävalenter als in Spanien selbst: Rund 90 Prozent der Virussequenzen dort entsprechen der neuen Variante. In Irland sind es 60 Prozent, in der Schweiz und den Niederlanden 30 bis 40 Prozent. Aber auch in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Lettland, Norwegen und Schweden kommt sie vor.
20A.EU1 zeichnet sich durch Veränderungen der Aminosäuresequenzen in den Spike-, Nukleokapsid- und ORF14-Proteinen des Virus aus. Das Spike-Protein hilft dem Virus dabei, in Zellen einzudringen. Ob die betreffenden Mutationen an dieser Fähigkeit etwas ändern – das Virus also beispielsweise infektiöser machen –, ist allerdings unklar. Auf Grund der starken Ausbreitung von 20A.EU1 könnte man leicht denken, dass dies der Fall sei. Doch festzustellen, warum sich eine Virusvariante schneller und leichter ausbreitet als andere, ist schwierig. Denn auch andere Mechanismen können dafür sorgen, dass im Laufe der Zeit eine Variante dominiert, zum Beispiel so genannte Gründereffekte. So kann eine Variante etwa zu einem gegebenen Zeitpunkt lediglich leicht häufiger eingeschleppt worden sein als andere Varianten. Da bei Sars-CoV-2 eine kleine Anzahl an Infizierten für einen großen Teil der Infektionen verantwortlich sein kann, kann auf diesem Wege schlicht der Zufall dafür sorgen, dass am Ende bestimmte Virussequenzen besonders oft bei Patienten detektiert werden.
Bislang gehen Wissenschaftler davon aus, dass keine der unzähligen Mutationen von Sars-CoV-2 den Verlauf der Pandemie nennenswert beeinflusst hat. »Es ist wichtig festzuhalten, dass es derzeit keinen Hinweis darauf gibt, dass die Verbreitung der neuen Variante auf einer Mutation beruht, die die Übertragung erhöht oder den Krankheitsverlauf beeinflusst«, sagt auch Emma Hodcroft von der Universität Basel im Bezug auf 20A.EU1. Die Variante sei nicht die einzige, die in Europa derzeit grassiere, und in manchen Ländern seien völlig andere Varianten für den Anstieg der Infektionszahlen verantwortlich, ergänzt Studienautor Richard Neher.
Niemand wünsche sich komplette Grenzschließungen oder strenge Reisebeschränkungen, erklärt Hodcroft. Die Analyse würde aber zeigen, dass die Maßnahmen im Sommer nicht ausreichend gewesen seien, um die Verbreitung des Virus und neuer Virusvarianten zu stoppen. Spectrum der Wissenschaft, Daniela Mocker
Virusmutation reist mit Urlaubern
Von Spanien aus verbreitet sie sich rasend schnell: 20A.EU1, eine mutierte Variante des Coronavirus. Inzwischen sei sie für die meisten Neuinfektionen in Europa verantwortlich, finden Forscher heraus. Ihre Studie gibt zu denken: War die Lockerung der Reisebeschränkungen im Sommer übereilt? Anpassen oder aussterben: Wie andere Viren entwickelt sich auch das Coronavirus immer weiter. Derzeit existieren allein in Europa Hunderte Varianten von Sars-CoV-2, die sich durch kleine Mutationen im Erbgut voneinander unterscheiden. Aber nur wenige davon haben sich so erfolgreich verbreitet wie die Variante 20A.EU1, heißt es in einer Studie der Universität Basel, der ETH Zürich in Basel und des Konsortiums SeqCovid-Spain
, die bislang nicht von Fachleuten überprüft wurde.
Das internationale Forscherteam verglich in einer großangelegten Analyse Virusgenomsequenzen von Covid-19-Patienten in ganz Europa. Das Ziel war, die Entwicklung und Verbreitung des Erregers besser nachverfolgen zu können. Das Ergebnis: Die Virusvariante 20A.EU1 verursacht derzeit die meisten Corona-Neuinfektionen in Europa. Ihren Ursprung fand die Gen-Mutation wahrscheinlich in Spanien - im Sommer. Also mitten in der Reisezeit, als die Maßnahmen zur Pandemieeindämmung gelockert wurden und Urlaub ins europäische Ausland wieder möglich war.
Der früheste Beweis für die Corona-Variante 20.A.EU1 hängt laut Studie mit einem Superspreading-Event unter Landarbeitern im Nordosten Spaniens zusammen. Auch die lokale Bevölkerung infizierte sich daraufhin. Die Virusvariante verbreitete sich rasch im ganzen Land. Mittlerweile weisen in Spanien laut Studie fast 80 Prozent der Proben die neue Coronavirus-Variante auf.
Unliebsames Urlaubsmitbringsel
Doch nicht nur dort hat sich die Coronavirus-Variante erfolgreich ausgebreitet. In Großbritannien entsprechen sogar 90 Prozent, in Irland 60 Prozent und in der Schweiz und den Niederlanden zwischen 30 und 40 Prozent der untersuchten Sars-CoV-2-Proben der neuen Gen-Mutation. Auch in Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Lettland, Norwegen und Schweden wurde sie identifiziert.
Somit ist 20A.EU1 inzwischen in mindestens zwölf Ländern Europas, aber auch in Hongkong und Neuseeland angekommen. Die Forscher glauben, dass vor allem zwei Faktoren die Ausbreitung der Variante von Spanien aus erleichtert haben: die Lockerung der Reisebeschränkungen und die weniger strengen Abstandsregelungen. Die Studie zeige, wie sehr das Reisen die Ausbreitung des Coronavirus beschleunige, sagt die leitende Studienautorin, Emma Hodcroft, in einer Pressemitteilung der Uni Basel. Denn das Virus allein kommt erst mal nicht weit, dafür braucht es Menschen.
Professor Iñaki Comas, Co-Autor der Studie, sieht bei der aktuellen Ausbreitung ein ähnliches Muster wie im Frühjahr. Die mutierte Variante des Coronavirus hat sich, unterstützt durch ein Superspreader-Event, rasant in ganz Spanien ausgebreitet.
Anschließend sei es durch Reisende in andere Länder Europas verschleppt worden. Genetische Analysen der Wissenschaftler weisen darauf hin, dass 20.A.EU1 mindestens dutzendfach, möglicherweise aber auch hundertfach zwischen europäischen Ländern hin- und hergereist sei.
War es fatal, Reisebeschränkungen zu lockern?
Obwohl die Verbreitung von 20A.EU1 mit der in diesem Herbst in vielen europäischen Ländern beobachteten steigenden Zahl von Fällen korrespondiert, warnen die Autoren der Studie davor, die neue Variante als Ursache für den Anstieg der Fälle zu interpretieren. Es ist nicht die einzige Variante, die in den letzten Wochen und Monaten im Umlauf ist
, sagt Richard Neher vom Biozentrum der Universität Basel. Tatsächlich sind in einigen Ländern mit einem signifikanten Anstieg der Covid-19-Fälle, wie Belgien und Frankreich, andere Varianten vorherrschend
.
Ein Grund zur Panik sei die neue Virusvariante somit nicht, sagte auch Hauptautorin Hodcroft der Bild
-Zeitung. Die Menschen müssen keine Angst haben: Wir haben weder Beweise dafür gefunden, dass das Virus sich schneller verbreitet, noch dass es gefährlicher als andere Varianten ist.
Die Forscher vermuten eher, dass die Umstände eine große Rolle gespielt haben. Die Mutation tauchte dann auf, als gerade besonders viele Menschen nach Spanien kamen, um dort Urlaub zu machen. Das allein hat dem Virus schon einen Vorteil gegeben, ohne dass es irgendwelche genetischen Besonderheiten haben muss. Und das hätte auch an einem anderen Ort mit einer anderen Mutation passieren können
, erklärt die Epidemiologin.
Die Studienautoren betonen daher, dass ihre Erkenntnisse vielmehr zur Bewertung und Wirksamkeit von Grenzkontrollen und Reisebeschränkungen im Kampf gegen das Coronavirus beitragen. Niemand wünsche sich komplette Grenzschließungen oder strenge Reisebeschränkungen, sagt Hodcroft. Die Analysen zeigen allerdings, dass die Maßnahmen im Sommer nicht ausreichend gewesen sind, um die Verbreitung des Virus und neuer Virusvarianten zu stoppen.
Sie fordert daher, dass bessere Wege für Öffnungen gefunden werden müssten, ohne einen erneuten Anstieg der Fälle zu riskieren. ntv.de
Bundesweit wegen Corona 165 Schulen geschlossen
In Deutschland sind nach einem Medienbericht aktuell mindestens 165 Schulen wegen Corona komplett geschlossen. Das ergab eine Umfrage unter den 16 Kultusministerien der Bundesländer, wie die "Welt am Sonntag" berichtet. Die höchste Zahl wurde demnach aus Bayern gemeldet, wo 135 Schulen schließen mussten.
In Hessen findet dem Bericht zufolge derzeit in sechs Schulen kein Präsenzunterricht statt, in Mecklenburg-Vorpommern sind es vier, in Schleswig-Holstein zwei. Baden-Württemberg kam zum letzten Stichtag vor den Herbstferien auf 15 geschlossene Schulen. Jeweils eine Schule ist in Rheinland-Pfalz, Sachsen und Brandenburg zu.
In einigen Ländern gibt es derzeit keine Schulschließungen. Das trifft zu auf Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Thüringen, Berlin, Hamburg und Bremen. Wie in den anderen Ländern auch befinden sich aber auch dort viele Schüler und Klassenverbände in Quarantäne. epd
Ganz Nordrhein-Westfalen ist Corona-Risikogebiet
Ganz Nordrhein-Westfalen ist nach Darstellung des Robert Koch-Instituts (RKI) Corona-Risikogebiet. Wie aus der Webseite des RKI am Sonntagmorgen hervorging, überschritt Soest die Schwelle von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner in einer Woche - damit ist das Bundesland auf der Landkarte nun komplett rot oder hellrot markiert. Besonders angespannt bleibt die Situation der Statistik zufolge in Solingen mit einem Wert von 206 - mehr war es sonst nirgends in Nordrhein-Westfalen. dpa