Corona-Chronik, Juli 2020
Die Chronik dieser Pandemie hier zum Nachlesen in gesammelten Pressemeldungen.
Zahl der infizierten Erntehelfer in Bayern steigt auf 232
Nach dem Corona-Ausbruch auf einem Gemüsehof im niederbayerischen Mamming hat sich die Zahl der infizierten Erntehelfer auf 232 erhöht. Mit den 52 Neuinfizierten nach der Zweittestung auf dem Betrieb summiert sich die Zahl der Corona-Positiven dort nun auf insgesamt 232 Personen
, teilte am Freitagabend das Landratsamt Dingolfing-Landau mit. Fast genauso viele - 231 Erntehelfer - seien dagegen auch das zweite Mal negativ getestet worden.
Tests unter Anwohnern ergaben demnach bislang nur einen Infizierten. Bei mehreren tausend freiwilligen Testungen an den Teststationen gab es bislang nur einen einzigen positiven Fall, der unverzüglich informiert und in Quarantäne versetzt wurde.
dpa
Corona-Ausbruch in Seniorenheim in Hessen
In einem Seniorenheim im hessischen Niedernhausen sind 19 Bewohner und sieben Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet worden. Das teilte die Verwaltung des Rheingau-Taunus-Kreises am Freitag mit. Einige Befunde stünden noch aus. Insgesamt wurden am Donnerstag 180 Menschen - Bewohner, Personal und Kontaktpersonen - getestet. Bisher gehe es allen gut, drei Bewohner litten an einem trockenen Husten. Eine Person werde stationär im Krankenhaus behandelt. dpa
Mehr als 150.000 Corona-Tote in den USA – ein Toter pro Minute
In den USA sind inzwischen mehr als 150.000 Menschen nach einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben. Das geht aus Daten der Universität Johns Hopkins in Baltimore hervor. Bislang gab es in den USA demnach rund 4,4 Millionen bestätigte Infektionen mit dem Erreger Sars-CoV-2. Die Opferzahl in den USA, einem Land mit rund 330 Millionen Einwohnern, ist weltweit die bislang höchste in absoluten Zahlen. An zweiter Stelle steht derzeit Brasilien mit fast 90.000 Toten. Relativ zur Einwohnerzahl ist die Zahl der Opfer jedoch unter anderem in Belgien, Großbritannien, Spanien, Italien und Schweden höher als in den USA.
Am Mittwoch starben nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters 1461 Menschen an oder mit einer Coronainfektion. Das ist der höchste Wert seit dem 27. Mai. Das entspricht rechnerisch etwa ein Todesfall pro Minute. Reuters/dpa
Australien meldet Rekordzahlen an Neuinfektionen
Trotz einer nunmehr zweiwöchigen Ausgangssperre in Melbourne steigen die Corona-Fallzahlen im australischen Bundesstaat Victoria weiter dramatisch an. Nach mehreren Ausbrüchen in Seniorenheimen meldete Australien am Donnerstag eine Rekordzahl an landesweiten Neuinfektionen - und registrierte die höchste Todeszahl seit Beginn der Pandemie. Allein im Bundesstaat Victoria wurden binnen 24 Stunden 13 Todesfälle und 723 Neuinfektionen verzeichnet. Der landesweite Rekord hatte zuletzt bei 549 Neuinfektionen gelegen.
Victorias Premierminister Daniel Andrews deutete an, dass der Anstieg bei den Todesfällen mit den jüngsten Infektionsherden in Seniorenheimen zusammenhängen könnte. Die meisten der zuletzt an Covid-19 Gestorbenen waren demnach über 70 Jahre alt.
Australien hatte die Ausbreitung des neuartigen Coronavirus zunächst erfolgreich eingedämmt. Bereits im April gab die Regierung Entwarnung, im ganzen Land wurden die Corona-Regeln wieder gelockert. Die Küstenmetropole Melbourne erlebt jedoch seit Mitte Juni einen dramatischen Anstieg bei den Neuinfektionen. Zu den Ursachen zählen Sicherheitslücken in Hotels, in denen aus dem Ausland zurückgekehrte Urlauber unter Quarantäne gestellt worden waren.
Seit mehr als zwei Wochen sind in Melbourne wieder Ausgangsbeschränkungen in Kraft, zudem erließ die Metropole als erste Stadt Australiens eine Maskenpflicht. Wegen des Anstiegs bei den Fällen in Seniorenheimen schickte die Regierung nun auch speziell ausgebildete Einsatzkräfte nach Melbourne, die normalerweise bei Naturkatastrophen im Ausland eingesetzt werden. AFP
USA: Höchste Zahl der täglichen Corona-Toten seit Mai
Die Zahl der täglich verzeichneten Todesopfer des Coronavirus in den USA ist am Dienstag stark angestiegen. Binnen 24 Stunden wurden 1592 Verstorbene gezählt, wie aus Zahlen der Johns-Hopkins-Universität hervorgeht. Dies ist die höchste Zahl seit zweieinhalb Monaten. Die Gesamtzahl der registrierten Corona-Toten im Land liegt inzwischen bei mehr als 149.000.
Zudem wurden mehr als 60.000 neue Infektionsfälle innerhalb eines Tages gezählt. Dies stellt einen erneuten Anstieg der Infektionsrate dar, nachdem die Ansteckungszahlen in den Vortagen etwas zurückgegangen waren.
Insgesamt wurden in den USA laut Johns-Hopkins-Universität bereits fast 4,35 Millionen Coronavirus-Infektionen verzeichnet. Die USA sind sowohl von den Infektions- als auch den Totenzahlen her das mit Abstand am stärksten von der Pandemie betroffene Land der Welt. Tagesspiegel
Habt ihr eigentlich gar nichts gelernt?
Vieles deutet darauf hin, dass sich die Pandemie in Deutschland wieder verstärkt. Noch beunruhigender als die hohen Zahlen ist die Reaktion darauf. Ein Zwischenruf. Von Benjamin Reuter
Den zweiten Tag in Folge liegt die Zahl der täglichen Neuinfektionen in Deutschland dem Robert-Koch-Institut (RKI) zufolge bei rund 800. Ähnlich hohe Werte hatte es zuletzt Mitte Juni gegeben, als der Skandal um die Tönnies-Fleischfabrik losbrach und die Statistik verzerrte. Ansonsten muss man bis Mitte Mai zurückgehen, um ähnlich hohe Fallzahlen zu finden.
Die Frage, die sich stellt: Handelt es sich um eine Momentaufnahme oder um erste Hinweise auf einen beunruhigenden Trend? Für die zweite These spricht:
- Auch die Werte auf Wochenbasis steigen. Aktuell liegt der gemittelte 7-Tage-Schnitt bei rund 539 Neuinfektionen pro Tag. Vergangene Woche waren es im Schnitt noch 396 Neuinfektionen. (Hier können Sie nachsehen, in welchen Landkreisen es in den letzten Tagen besonders viele neue Fälle gab)
- Und auch die Zahl der Landkreise, die für sieben Tage am Stück keine Neuinfektionen melden, nimmt ab. Waren es in den vergangenen Wochen immer weit über 100 der insgesamt 296 Kreise in Deutschland, die über eine Woche coronafrei blieben, lag diese Zahl gestern bei 84 Kreisen.
- Die unterschiedlichen Reproduktionszahlen, die das RKI berechnet, steigen seit Tagen und liegen jetzt wieder über 1.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sieht Deutschland angesichts dieser Entwicklung mitten in einer zweiten Verbreitungsphase des Virus: Die zweite Corona-Welle ist schon da
, glaubt er. Und weiter: Sie findet bereits jeden Tag statt. Wir haben jeden Tag neue Infektionsherde, aus denen sehr hohe Zahlen werden könnten.
Sicher, für solch weitreichende Aussagen ist es früh. Vielleicht zu früh. Schon öfter flackerte das Virusgeschehen kurzzeitig wieder auf, um sich dann wieder abzuschwächen. Und dennoch: Die aktuell starke Zunahme macht Sorgen. Diese Entwicklung ist sehr beunruhigend und wird vom RKI weiter sehr genau beobachtet
, sagte eine Sprecherin des Instituts am Freitag.
Bleibt die Frage: Wie reagieren Politik und Bürger? Die Antworten sind vielleicht noch beunruhigender als die Entwicklung der Zahlen selbst.
Anstieg der Corona-Fallzahlen: Die drei großen Baustellen
Baustelle Nummer 1: Die Urlauber
Zwar können sich Reiserückkehrer jetzt kostenlos an Flughäfen testen lassen, aber eine Verpflichtung selbst für Rückkehrer aus Risikogebieten gibt es nicht.
Das erinnert fatal an die Anfangszeit der Pandemie, als Fluggäste aus China und dem Iran einfach so ins Land einreisen konnten. Von Hotspots wie Ischgl, die über Wochen von den Behörden ignoriert wurden, gar nicht zu reden.
Baustelle Nummer 2: Die Corona-App
Lange pries sie die Regierung als Allzweckwaffe im Kampf gegen die Pandemie. Nun zeigt sich: Das Millionen-Projekt ist technisch fehlerhaft und funktionierte über Wochen nicht richtig.
Hinzu kommt ein Geburtsfehler: Das Warn-Tool funktioniert nur auf neueren iPhones. Weniger Technikaffine und Gutbegüterte scheinen in der Vorstellungswelt von twitternden Politikern und Dax-Vorständen nicht vorzukommen.
Kein Wunder, dass die Nutzerzahlen der App seit rund einem Monat bei um die 15 Millionen dümpeln. Forscher sprechen ihr zwar auch so einen Nutzen zu. Aber als schlagkräftiges Werkzeug gegen die Pandemie fällt das Tool aus. Die Infektionsketten müssen die Gesundheitsämter weiterhin vor allem händisch nachverfolgen.
Baustelle Nummer 3: Die Durchsetzung der Hygieneregeln
Immer noch sind die Kontrollen der Maskenpflicht in Supermärkten, Bussen und Bahnen lausig.
Das führt dazu, dass sich (gefühlt) immer weniger Bürger an die Maskenpflicht halten. Und viele, die es tun, tragen die Maske so, dass sie die Nase nicht bedeckt oder lassen sie unter dem Kinn baumeln, so dass sie bei einer Kontrolle schnell aufgesetzt werden kann.
Dabei zeigt eine aktuelle Studie der Universität Heidelberg, die sich auf Umfragedaten von Anfang Juli stützt: Je wahrscheinlicher es erschien, bei Verstößen ertappt zu werden, desto eher hielten sich die Befragten an die Corona-Auflagen.
Apropos Kontrollen: Auch manche Restaurants und Bars scheinen es mit Corona nicht mehr allzu ernst zu nehmen. So machte vor einigen Tagen ein Fall aus Berlin Schlagzeilen, als sich mindestens ein Dutzend Menschen bei einer Party in Berlin-Mitte ansteckten. Eine vollständige Gästeliste zur Nachverfolgung? Fehlanzeige.
Bevölkerung sieht Lockdown-Maßnahmen zunehmend kritisch
Die Nachlässigkeit in Einzelnen scheint auf einen größeren Trend hinzudeuten.
Die Zahlen der Heidelberger Studie lassen erahnen, dass die Bevölkerung einen zweiten Lockdown nicht mehr so zustimmend wie beim ersten Mal mittragen würde. Rund die Hälfte der für die Heidelberg-Studie Befragten schätzt den Schaden des Lockdowns höher als den Nutzen ein. Hinzu kommt: Nur rund die Hälfte von ihnen würde sich gegen Corona impfen lassen. Tagesspiegel, Benjamin Reuter
WHO: Risiko neuer Corona-Infektionen steigt, wenn es kühler wird
Das Risiko neuer Corona-Infektionen steigt nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO), wenn die Urlaubszeit zu Ende geht und es kühler wird. Das liege daran, dass sich dann wieder mehr Menschen in geschlossenen Räumen statt draußen aufhalten, sagte eine WHO-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Ob und wann es aber in welchen Ländern zu einem neuen Anstieg von Infektionen oder einer zweiten Welle komme, sei nicht vorherzusagen.
Wir wissen, dass das Virus sich draußen weniger effektiv verbreitet als in geschlossenen Räumen, dass gut gelüftete Räume weniger Risiko bergen als schlecht gelüftete und dass das Abstand Halten ebenfalls eine Rolle spielt
, sagte die Sprecherin. Umweltbedingungen wie Luftfeuchtigkeit, Temperaturen und UV-Strahlung dürften auch eine begrenzte Rolle spielen.
dpa
Mehr als 50 bestätigte Neuinfektionen in St. Wolfgang
Die Zahl der bestätigten Coronavirus-Infektionsfälle am bei deutschen Urlaubern beliebten Wolfgangsee in Österreich ist weiter gestiegen.Die Zahl der positiv getesteten Menschen nahm um weitere neun Fälle auf 53 zu, wie ein Behördensprecher des Bundeslands Oberösterreich nach Angaben der Nachrichtenagentur APA in der Nacht zum Montag mitteilte. Damit wurden inzwischen alle am Samstag in St. Wolfgang vorgenommenen 628 Tests ausgewertet.
Am Sonntag waren laut APA weitere 419 Tests vorgenommen werden, deren Ergebnisse am Montag vorliegen sollen. Getestet worden waren Mitarbeiter von Tourismus-Betrieben, Gäste und Einheimische. Von Infektionen betroffen sind nach Angaben der österreichischen Nachrichtenagentur sieben Hotels, eine Pizzeria und zwei Bars in St. Wolfgang. AFP
Australien zählt so viele Corona-Tote wie noch nie binnen 24 Stunden
Trauriger Corona-Rekord in Australien: Erstmals seit Beginn der Pandemie sind innerhalb von 24 Stunden zehn Menschen an den Folgen einer Infektion mit dem Virus gestorben. Das sagte der Regierungschef des Bundesstaates Victoria, Daniel Andrews, am Sonntag vor Journalisten. Dort seien alle neuen Todesfälle registriert worden. Außerdem seien am Samstag 459 Neuinfektionen in Victoria - wo auch die Millionenmetropole Melbourne liegt - hinzugekommen. Andrews ließ eine mögliche Verlängerung des vor knapp drei Wochen verhängten Lockdowns für den Bundesstaat im Südosten des Landes offen. Eigentlich soll dieser Mitte August auslaufen. Der Politiker forderte die Bevölkerung auf, in der Öffentlichkeit Masken zu tragen. Hier geht es nicht um Menschenrechte
, sagte Andrews. Es gibt zehn Familien, die in den nächsten Tagen jemanden beerdigen werden. Tragen Sie eine Maske. Das ist nicht zu viel verlangt.
Zwischenzeitlich war die Zahl der Neuinfektionen in Australien stark zurückgegangen. Zuletzt sind die Zahlen aber wieder gestiegen, insbesondere die Metropole Melbourne und der Bundesstaat Victoria sind zu einem neuen Zentrum der Pandemie geworden. Seit Beginn der Pandemie sind die Infektionen in Australien bei landesweit 25 Millionen Einwohnern nach Angaben der Johns-Hopkins Universität auf mittlerweile rund 14.400 gestiegen. Die Zahl der in Verbindung mit Covid-19 gestorbenen Menschen lag demnach bei 155. dpa
Corona-Warn-App fehlerhaft
Die Corona-Warn-App macht nicht nur auf Smartphones mit Android-Betriebssystem, sondern auch auf iPhones Probleme. Nach Recherchen von tagesschau.de funktioniert auf vielen iPhones die Kontaktüberprüfung nur lückenhaft. Nutzerinnen und Nutzer seien teilweise über Wochen nicht über die App informiert worden, ob sie Kontakt zu Infizierten hatten oder nicht, berichtete das Webportal der ARD.
SAP, das die App zusammen mit der Deutschen Telekom entwickelt hat, räumte den Fehler dem Bericht zufolge ein. Da gibt es Probleme, und ich hoffe ganz stark, dass die entweder sehr, sehr schnell beseitigt werden oder wir einen wirksamen Workaround finden, (…) um trotzdem die Funktionalität auf die Beine zu stellen
, wurde der Software-Architekt der Corona-Warn-App bei SAP, Thomas Klingbeil, zitiert. dpa
Geplantes Virus? Chinesische Biowaffe? Verschwörungstheorien weit verbreitet
Verschwörungstheorien sind in der Coronavirus-Krise weit verbreitet. Studien zeigen, dass mehr Menschen solchem Irrglauben unterlegen sind, als mancher von uns denken mag. Und das weltweit. Bereits vor einer Woche ging aus einer Corona-Fakes
-Studie hervor, dass 34 Prozent der Deutschen der Meinung sind, dass Medien Tatsachen zum Virus verschweigen. In den USA, Mexiko und Südafrika unterstützen die Aussage sogar mehr als die Hälfte aller Befragten.
Außerdem gab das Pew Research Center nun bekannt, dass rund jeder vierte US-Amerikaner der Verschwörungstheorie Glauben schenkt, Covid-19 sei geplant gewesen.
Auch zur Herkunft des Virus wurden die 7300 Menschen in der Corona-Fakes
-Studie befragt. Ein Viertel aller deutschen Befragten gibt an, das Coronavirus sei in einem chinesischen Labor gezüchtet worden sei. 38 Prozent der weltweit Befragten - allerdings nur 13 Prozent in Deutschland - glauben sogar, dass es sich beim Coronavirus um eine chinesische Biowaffe handle.
Dazu passt auch, was die Universität Heidelberg in einer Umfrage mit 1350 deutschen Menschen herausgefunden hat: Und zwar wollen sich nur 55 Prozent von diesen impfen lassen, sobald es einen Impfstoff gegen das Virus gibt. Auffällig: Je stärker die Verschwörungsmentalität ausgeprägt ist, desto größer ist der Widerstand gegen Schutzmaßnahmen wie die Warn-App oder Impfungen. dpa
Hamburg erfasst Urlauber-Daten: Hohe Bußgelder bei Corona-Verstößen
Das Hamburger Gesundheitsamt erfasst Daten von Reiserückkehrern aus Corona-Risikogebieten. Menschen, die mit dem Flugzeug aus einem Risiko-Gebiet hier ankommen, müssen auch damit rechnen, dass dem Gesundheitsamt alle Reisedaten übermittelt werden
, sagte Martin Helfrich, Sprecher der Sozialbehörde der Nachrichtenagentur dpa. Man muss also auch damit rechnen, Besuch vom Gesundheitsamt zu bekommen.
Alle Hamburgerinnen und Hamburger, die aus einem vom Robert Koch-Institut (RKI) als Risikogebiet eingestuften Land zurückkehren und keinen negativen Corona-Test vorweisen können, müssen sich sofort beim zuständigen Gesundheitsamt melden und in eine zweiwöchige Isolation begeben. Wer sich nicht daran hält, kann mit hohen Bußgeldern rechnen. Zwischen 500 und 10.000 Euro würden fällig, wenn die Quarantäne nicht eingehalten werde, so Helfrich.
Auf der RKI-Liste der Risikogebiete befinden sich auch beliebte Urlaubsländer wie die Türkei, Ägypten oder die USA. Wer dorthin reise, müsse auch die Quarantänezeit in seine Planungen einbeziehen. Entsprechende Hinweise des Personalamts seien auch an die Beschäftigten der Stadt gegangen, sagte Helfrich. Für eine zweiwöchige Reise in ein Risikogebiet sollten also vier Wochen Urlaub genommen werden.
dpa
Cottbuser Familie betroffen:
Mallorca-Rückkehrer infiziert mit Corona
Seit mehr als drei Monaten hatte es in Cottbus keine neuen Corona-Fälle gegeben - nun hat sich eine vierköpfige Familie mit dem Virus infiziert. Wie die Stadt am Mittwoch mitteilte, war das Ehepaar mit seinen zwei Töchtern am Sonntag von einem Aufenthalt auf der spanischen Insel Mallorca zurückgekehrt. Die Insel gilt aktuell nicht als Risikogebiet. Die Familie war am Sonntag nach Nürnberg geflogen und dann mit dem Auto nach Cottbus gereist. Nach ihrer Rückkehr habe einer der Arbeitgeber einen routinemäßigen Test veranlasst, der positiv ausfiel.
Die gesamte Familie befinde sich derzeit in Quarantäne, ebenso die Kontaktpersonen, teilte die Stadt weiter mit. Die Familienmitglieder zeigten derzeit keine Symptome. Eine Rückverfolgung von weiteren Kontakten dauere an.
Die Zahl der bestätigten Fälle in der zweitgrößten Stadt Brandenburgs steigt damit auf 43. Insgesamt befinden sich derzeit 33 Personen in Cottbus in häuslicher Quarantäne. Die Mehrzahl sind nach Angaben der Stadt Studenten, die aus ihren Heimatländern und -regionen zurückgekehrt sind, sowie andere Reiserückkehrer und einzelne Personen, die Kontakt zu Infizierten hatten. dpa
Trump fordert US-Bürger zum Tragen von Masken auf
US-Präsident Donald Trump hat die Menschen in den USA wegen der Corona-Krise zum Tragen von Masken aufgefordert. Die US-Bürger sollten auf einen Mund- und Nasenschutz zurückgreifen, wenn die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können, sagte Trump am Dienstag bei seiner ersten Corona-Pressekonferenz nach mehr als zwei Monaten. Ob Sie die Maske mögen oder nicht, sie haben eine Wirkung
, betonte der Präsident. AFP
Mehr als 400.000 Corona-Fälle in Kalifornien
In Kalifornien übersteigt die Zahl der bekannten Infektionen nach Daten der Nachrichtenagentur Reuters die Marke von 400.000. Damit hat der US-Bundesstaat mit etwa halb so vielen Einwohnern wie Deutschland - grob 40 Millionen - fast zweimal so viele Fälle. Angesichts der Zahl der Neuinfektionen dürfte Kalifornien in naher Zukunft New York als Bundesstaat mit den meisten gemeldeten Infektionen ablösen. Governor Gavin Newsom führte vergangene Woche zahlreiche Beschränkungen wieder ein. Reuters
Genesen heißt nicht geheilt
Eine Corona-Erkrankung kann erhebliche Spätfolgen haben - das wird immer deutlicher: Noch Monate später kämpfen viele Patienten mit ihrem Immunsystem, Gedächtnislücken oder Organschäden.
Die FDP-Politikerin Karoline Preisler hatte sich im März mit dem Coronavirus infiziert. Jetzt, vier Monate nach ihrer Genesung, kann sie zwar wieder gut atmen, doch gesund ist sie nicht. Zuerst kam der Haarausfall, dann die Sprachstörungen: Ich habe mir im Kopf einen Satz vorgestellt, doch als ich ihn aufschreiben wollte, kam ein ganz anderer Satz heraus
, sagt Preisler.
Gerade das zentrale Nervensystem scheint häufiger betroffen zu sein, als anfänglich von Medizinern vermutet. Corona-Genesene berichten von Erschöpfung, Schwindel - aber eben auch von Wortfindungsstörungen.
Welche dieser Folgen dauerhaft bleiben könnten, wird gerade untersucht. Ungefähr bei einem Drittel der Corona-Patienten auf den Intensivstationen sind diffuse Hirnschädigungen aufgetreten, die zu Gedächtnisproblemen, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwierigkeiten führen könnten, sagt Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie: Solche Patienten können verwirrt sein, haben Fehlwahrnehmungen und Halluzinationen.
Es sind Schäden, die auch längerfristig andauern könnten, vermutet der Neurologe.
Auf direktem Weg ins Gehirn
Zudem wurden bei einem Teil der Corona-Patienten auch Schlaganfälle beobachtet - unabhängig vom Alter und der Vorerkrankungen. Auch durch den Schlaganfall können Lähmungserscheinungen sowie Sprach- und Sehstörungen verbleiben
, sagt Berlit. Der Professor erklärt, dass das Coronavirus direkt das Gehirn angreift. Durch die Nasenhöhlen dringt das Virus in das Organ und breitet sich dort aus, trifft dabei aber zunächst auf das Riechhirn.
Erste Beobachtungen zeigen, dass in Europa mehr als 80 Prozent der Patienten während der Infektion einen Geruchs- und Geschmacksverlust erleiden. Bei ungefähr 90 Prozent der Infizierten sind diese Fähigkeiten vier Wochen nach der Infektion wieder intakt - zehn Prozent können aber auch über diesen Zeitraum hinaus nicht mehr richtig riechen oder schmecken.
Inwieweit der Geruchs- und Geschmacksverlust tatsächlich eine Langzeitfolge ist, muss laut Berlit noch beobachtet werden - denn auch bei einer Grippe können diese Fähigkeiten auch erst nach einem Jahr wieder zurückkehren.
Irreparable Organschäden
Neben dem Gehirn werden die Nieren besonders oft vom Virus befallen - warum, das können die Wissenschaftler noch nicht erklären. Durch das Virus werden Blutgefäße in der Niere verstopft. Es kommt zu einem Niereninfarkt. Dabei stirbt ein Teil des Organs ab und hinterlässt totes Gewebe: Solch ein Niereninfarkt ist irreversibel und hinterlässt bleibende Schäden
, sagt Jan Galle, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie.
Es sind Schäden, die sich nicht sofort bemerkbar machen, erst mit zunehmendem Alter werden die Konsequenzen spürbar. Wer als Dreißigjähriger einen Niereninfarkt erleide, werde für den Rest seines Lebens eine verschlechterte Nierenfunktion haben. Wenn Sie bereits als junger Erwachsener eine schwächere Niere haben, ist ihr Risiko, im höheren Alter Dialysepatient zu werden, sehr viel höher
, sagt Nierenexperte Galle.
Auch die Politik müsse sich auf eine derartige Entwicklung einstellen, sagt Karl Lauterbach, Gesundheitsexperte der SPD: Wir müssen uns darauf einstellen, dass es in Zukunft einen höheren Bedarf an Nierenspenden geben wird.
Kaum schwere Spätfolgen für die Lunge
Doch es gibt auch gute Nachrichten. Am Klinikum Stuttgart vergleichen Radiologen in einer Studie derzeit Tomografieaufnahmen der Lungen von 50 Corona-Patienten, während und nach der Infektion. Drei Monate nach Genesung haben ungefähr 20 Prozent der Patienten eine völlig gesunde Lunge. Bei den restlichen 80 Prozent sind zwar immer noch Beeinträchtigungen zu erkennen, doch ist die Rede in der Mehrzahl der Fälle nicht von schweren Spätfolgen, sagt der Leiter der Studie, Götz Martin Richter: Wir können erkennen, dass die Lunge gut heilen kann, auch bei Patienten, die drei Wochen Intensivstation hinter sich haben.
Je nach Schwere der Erkrankung brauche die Lunge mehr oder weniger Zeit, um sich zu regenerieren, erklärt Richter. Das alles seien nur erste Erkenntnisse, denn weltweit laufen derzeit Langzeitstudien zu den Spätfolgen von Corona. Tagesschau.de; von Susett Kleine und Daniel Donath, RBB
Wie schnell nimmt die Immunität ab?
Bislang ging man davon aus, dass Covid-19-Patienten nach einer Infektion gegen das neue Coronavirus immun sind. Doch Bluttests ergaben, dass die Zahl der Antikörper schnell abnimmt. Was heißt das?
Im Kampf gegen das Coronvirus hoffen viele auf Immunität - nach überstandener Infektion oder durch einen Impfstoff. Doch immer mehr Studien zeigen, dass gerade bei Menschen, die nur wenige oder gar keine Symptome hatten, schon bald nach einer Infektion keine Antikörper im Blut mehr nachweisbar sind.
Daraus lässt sich nicht automatisch ableiten, dass hier keine Immunität vorliegt, aber es ist wahrscheinlich, dass ein möglicher Schutz weniger stabil und von kürzerer Dauer ist
, erklärt Florian Klein, Direktor des Instituts für Virologie an der Uniklinik Köln im Gespräch mit tagesschau.de.
Antikörper wichtiger Faktor für Immunität
Antikörper sind bei den meisten Virusinfektionen der wichtigste Faktor für Immunität. Wie hoch der Antikörperspiegel und die Neutralisationsaktivität bei Sars-CoV-2 sein muss, um einen sicheren Schutz vor der Erkrankung zu gewährleisten, wissen wir noch nicht
, sagt Klein. Bei Erkrankungen anderer Coronaviren nehme man im Durchschnitt eine Immunität von einem bis zu einigen Jahren
an. Für Sars-CoV-2 werde das noch erforscht.
Auch Bluttests der ersten Corona-Patienten in Deutschland, die Ende Januar in der München Klinik Schwabing behandelt wurden, zeigten, dass die Zahl der Antikörper mit der Zeit geringer wurde, berichtete Clemens Wendtner, Chefarzt der dortigen Klinik für Infektiologie. Bei vier der neun Patienten sehen wir sinkende neutralisierende Antikörper.
Das deute darauf hin, dass nach durchgemachter Krankheit eine Neuansteckung möglich sei, es müsse jedoch noch weiter beobachtet werden, sagte Wendtner.
Nur 16,7 Prozent haben nach drei Monaten viele Antikörper
Ähnliche Erfahrungen haben auch Wissenschaftler in anderen Ländern gemacht. Chinesische Forscher berichteten im Fachblatt Nature Medicine
, dass die Antikörper nach zwei Monaten vor allem bei Patienten mit symptomfreiem Verlauf stark zurückgingen, aber auch bei tatsächlich erkrankten Patienten fielen die Werte deutlich. Patienten mit wenig Symptomen hatten zudem weniger Antikörper und somit eine schwächere Immunantwort entwickelt.
Auch nach einer Studie des King's College in London nahm die Antikörperkonzentration im Blut von 90 untersuchten Patienten mitunter schnell wieder ab. Zwar konnten die Wissenschaftler auch nach leichten Verläufen noch Antikörper feststellen, allerdings wiesen nach drei Monaten nur noch 16,7 Prozent der Blutproben hohe Antikörper-Konzentrationen auf. Bei mehreren Patienten fanden sie nach drei Monaten überhaupt keine Antikörper mehr. Von einer Immunität gegen das Coronavirus könne daher möglicherweise nicht in jedem Fall ausgegangen werden, heißt es in der Preprint-Studie, die also noch nicht von Fachexperten begutachtet wurde.
Folgen für Massentests und Immunitätspässe
Solche Studien lassen die Aussagekraft von Antikörper-Massentests, die das Ausmaß der Corona-Infektionswelle in der Bevölkerung klären sollen, fraglich erscheinen. Außerdem wecken sie Zweifel an den immer wieder diskutierten Immunitätspässen.
Allerdings weist die Expertin Mala Maini vom University College London darauf hin, dass Immunität nicht nur auf Antikörpern beruhe. Auch Immunzellen spielten beispielsweise eine Rolle. Selbst wenn keine Antikörper im Blut nachweisbar sind, bedeutet das nicht unbedingt, dass keine schützende Immunität besteht
, sagte Maini.
Hoffnungsvolle Erkenntnisse
an Uniklinik Köln
Auch für die Entwicklung eines Impfstoffs ist es wichtig, die Immunantwort auf Sars-CoV-2 zu kennen. In Kooperation mit Wissenschaftlern aus München, Marburg, Frankfurt, Tübingen und Israel haben die Kölner Forscher rund um Klein im Blut von zwölf genesenen Covid-19-Patienten gezielt nach Antikörpern gesucht. Es gelang ihnen, Teile der Entwicklung von Antikörpern zu entschlüsseln und neutralisierende Antikörper gegen Sars-CoV-2 zu isolieren.
Dabei kamen die Wissenschaftler zu neuen und hoffnungsvollen Erkenntnissen
, wie Clemens Wendtner, Chefarzt der Münchener Klinik für Infektiologie, berichtet, der an der Studie mitwirkte. Es konnte gezeigt werden, dass neutralisierende Antikörper sehr rasch vom Körper hergestellt werden können, da man für die natürliche Antikörperproduktion auf ähnliche Vorstufen zurückgreifen kann, wie Personen, die nicht in Kontakt mit Covid-19 gekommen sind
, erklärte Wendtner auf Anfrage von tagesschau.de. Dies sollte bei der raschen Generierung eines Impfschutzes im Rahmen einer Impfung gegen Covid-19 helfen.
Die Forscher konnten außerdem 255 neutralisierende Antikörper im Labor nachbauen. Diese können nun in unbegrenzter Menge künstlich hergestellt und etwa bei einer aktiven Covid-19-Infektion als Therapie eingesetzt werden. Das sei von großer Bedeutung, um lokalisierte Ausbrüche zu stoppen und schwere Krankheitsverläufe zu verhindern, zum Beispiel bei Risikopersonen
, so Klein. Erste klinische Prüfungen sollen Ende des Jahres beginnen.
Hoffnung auf baldigen Impfstoff
Der Virologe ist zuversichtlich, dass es bald ein Impfstoff geben wird. Mittlerweile seien über 150 Impfstoffe entwickelt worden. Etwa 15 von diesen würden bereits in klinischen Studien getestet. Wenn man bedenkt, dass wir mit diesem Virus erst seit Anfang des Jahres arbeiten, sind die erreichten Fortschritte erheblich. Es gibt keine andere Infektionserkrankung, bei der es eine vergleichbare Entwicklung gegeben hat.
Klein weist aber auch darauf hin, dass es bis zu einer Zulassung noch länger dauern könnte: Am Ende will man einen Impfstoff für die Behandlung von Hunderten von Millionen beziehungsweise Milliarden von Menschen haben. Da muss sichergestellt sein, dass dieser keine negativen Effekte hat
, so Klein. Aber die Geschwindigkeit, die jetzt vorgelegt wurde, ist extrem hoch und nicht schneller machbar. Das macht Mut, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft Impfstoffkandidaten in der breiteren Anwendung haben.
Tagesschau.de, von Dominik Lauck
Corona-Ausbruch in Schlachthof in Lohne
66 Menschen sind in einem Wiesenhof-Hähnchenschlachthof im niedersächsischen Lohne positiv auf das Coronavirus getestet worden. Das teilte der Landkreis Vechta am Samstagabend mit. Insgesamt wurden 1046 Abstriche genommen. Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz liegt damit bei 41,13 pro 100.0000 Einwohner. Als Grenzwert für Einschränkungen des öffentlichen Lebens gilt der Wert 50. Von den neuinfizierten Personen wohnen 35 im Landkreis Vechta, 27 im Landkreis Diepholz, zwei im Landkreis Osnabrück und jeweils eine im Landkreis Cloppenburg und in der Stadt Delmenhorst. dpa
WHO: Rekord von fast 260.000 Neuinfektionen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) meldet einen neuen Rekordanstieg bei den Coronavirus-Infektionen: In den vergangenen 24 Stunden seien weltweit 259.848 neue Erkrankungen registriert worden. Die bisher größte Zahl von Neu-Infektionen binnen eines Tages hatte die UN-Gesundheitsorganisation am Freitag mit 237.743 Fällen verzeichnet.
Zuletzt habe die Zahl der neu registrierten Erkrankungen vor allem in den USA, Brasilien, Indien und Südafrika zugenommen. Die Zahl der Todesfälle erhöhte sich am Samstag um 7360, was dem größten Anstieg an einem Tag seit 10. Mai entspricht. Reuters
Studie: Hirnschäden treten schon bei leichten Covid-19-Symptomen auf
Immer mehr Studien berichten von Corona-Patienten, die nach einer Covid-19-Erkrankung Hirnschäden davontragen. Forscher berichten von weitreichenden Komplikationen, darunter Schlaganfälle, Hirnentzündungen und Psychosen. Neurologische Schäden sind demnach auch bei einem milden Krankheitsverlauf und bei jüngeren Patienten möglich. Britische Forscher haben bei der Untersuchung von Covid-19-Patienten festgestellt, dass selbst diejenigen mit leichten Symptomen unter schwerwiegenden Hirnschäden leiden können. Demnach kommt es häufiger als bisher vermutet zu Folgeschäden, darunter Nervenschäden, Fieberwahn und Schlaganfälle, wie Forscher vom University College London berichten. Das könne auch zum Tode führen. Auch bei bereits als genesen Geltenden wurden Schäden festgestellt, heißt es in der in der medizinischen Fachzeitschrift Brain
veröffentlichten Studie.
Hirnentzündung und Nervenschäden häufiger als vermutet
Wir konnten mehr Patienten mit neurologischen Schäden wie Entzündungen im Gehirn identifizieren als gedacht
, sagte Michael Zandi vom Forscherteam. An der Studie nahmen 43 Menschen teil, die an Covid-19 erkrankt sind oder bei denen eine Infektion vermutet wurde. Das Ergebnis: Zwölf der Probanden hatten eine Hirnentzündung, zehn eine vorübergehende Hirnfunktionsstörung und acht Nervenschäden. Nicht jedem Befund ging eine schwere Covid-19-Erkrankung voraus - Hirnschäden sind also auch nach einem eher milden Verlauf der Erkrankung möglich. Die Art und Weise, wie Covid-19 das Gehirn attackiert, haben wir bei anderen Viren noch nie zuvor gesehen
, sagte Zandi.
Auch wenn bei der Studie bei vielen der Corona-Patienten Hirn-Komplikationen festgestellt wurden, heißt das nach Ansicht der Forscher nicht zwangsläufig, dass Hirnschäden bei Covid-19 weit verbreitet sind. Die Langzeitschäden der neuartigen Lungenkrankheit seien noch nicht umfassend bekannt. Dennoch sollten sich Ärzte die Gefahr von Hirnschäden bewusst machen, betont Ross Paterson vom Forscherteam aus London: Ärzte müssen sich über mögliche neurologische Schäden bewusst sein, da eine frühzeitige Diagnose den Krankheitsverlauf verbessern kann
, rät er.
Studien zeigen: Corona-Patienten leiden auch an Psychosen und Delirien
Ärzte von der Uniklinik Southampton haben Berichte über neurologische Komplikationen nach einer Infektion mit dem Coronavirus ausgewertet, die britischen Neurologen und Psychiaterverbänden gemeldet wurden. In 153 Meldungen wurde vor allem über Folgen wie Schlaganfälle, Delirium oder auch erstmals auftretende Psychosen berichtet, wie die Experten in dem Fachjournal The Lancet
mitteilten. 66 Covid-19-Patienten erlitten einen Schlaganfall, 39 litten an Bewusstseinsveränderungen und weitere zehn hatten eine Psychose.
Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Forscher der Universität Liverpool: Von 125 Patienten mit einem schwerem Krankheitsverlauf hatten 23 Komplikationen wie veränderte Geisteszustände und Verwirrung. Auch Psychosen, demenzähnliche Zustände und Wahrnehmungsstörungen wurden diagnostiziert. Das Alter spielte keine Rolle: Sowohl jüngere als auch ältere Patienten waren betroffen.
Covid-19: Neurologische Schäden sind keine Einzelfälle
Covid-19, ausgelöst durch das Coronavirus Sars-CoV-2, ist also mehr als eine herkömmliche Lungenentzündung. Das beobachten Ärzte seit Pandemiebeginn und mit mehr Patienten auf den Intensivstationen. Das Virus befällt mehrere Organe massiv, neben der Lunge auch Herz, die Niere, weitere Gefäße. Auch neurologische Schäden wurden schon mehrfach beobachtet, wie zahlreiche Studien zeigen. Eine im Fachjournal Annals of Neurology
veröffentlichte US-Studie zeigt, dass die Hälfte aller Corona-Patienten im Krankenhaus an neurologischen Symptomen wie Schwindel, Krampfanfälle und Geruchs- und Geschmacksverlust.
Für die breite Öffentlichkeit und die Ärzte ist es wichtig, sich dessen bewusst zu sein, da eine Sars-CoV-2- Infektion zunächst neurologische Symptome aufweisen kann, bevor Fieber, Husten oder Atemprobleme auftreten
, sagt der leitende Studienautor Igor Koralnik. Er ist Professor für Neurologie an der Feinberg School of Medicine der Northwestern University. Eine Erklärung für die neurologischen Funktionsstörungen sei, dass die Covid-19 verschiedene Organe wie Lunge, Niere und Herz betreffe. So könne auch das Gehirn etwa unter Sauerstoffmangel oder Gerinnungsstörungen leiden. Das Virus kann laut der Studie auch eine direkte Infektion des Gehirns und der Hirnhäute verursachen. RND, Redaktionsnetzwerk Deutschland, Ben Kendal, Saskia Bücker
Aktuelle Zahlen:
In Deutschland steigt die Zahl der festgestellten Infektionen auf mehr als 200.000, wie aus Daten hervorgeht, die der Tagesspiegel zusammenträgt. Die Zahl der Todesfälle legt auf mehr als 9.100 zu. Tagesspiegel 16.7. 8.30 Uhr
Pflegekräfte: Ausgeklatscht
Zu Beginn der Corona-Krise waren sich alle einig, dass Pflegekräfte besondere Wertschätzung verdienen. Was ist aus den Versprechen geworden?
Als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in diesem Jahr seine Osteransprache hielt, es war Woche drei der bundesweiten Kontaktbeschränkungen, stellte er eine vorausschauende Frage. Ob wir uns wohl nach der Corona-Krise noch daran erinnern werden, fragte Steinmeier, was uns unverzichtbare Arbeit, etwa in der Pflege, wirklich wert sein muss? Es war eine Zeit großer Dankbarkeit und großer Versprechungen: Menschen klatschten abends an den Fenstern und auf den Balkonen für das Pflegepersonal. Heldinnen und Helden des Alltags
nannte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) die Angestellten in der Pflege im Mai. Diese Menschen hätten nicht nur warme Worte, sondern langfristig auch bessere Löhne verdient
. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wollte sich persönlich dafür einsetzen, dass Pfleger und Schwestern, die in der Krise besonders gefordert seien, Zusatzleistungen erhalten. Um all jenen, so meinte Spahn damals, die jetzt in dieser Zeit besonders mit anpacken, in den Kliniken, in den Praxen, in der Gesundheitspflege
, am Ende sagen zu können: Das wollen wir auch finanziell noch mal besonders vergüten.
Worte, die wohl Mut machen sollten. Für stundenlange harte Arbeit auf den Intensivstationen. Für Überstunden. Für die Gefahr, sich mit Covid-19 anzustecken. Für die Anstrengungen, die nötig sind, um möglichst viele Leben zu retten.
Jetzt, knapp drei Monate nach Steinmeiers Ansprache, ist der Applaus an den Fenstern verstummt. Die von Spahn versprochene Corona-Prämie wurde auf den Weg gebracht. Doch die Prämie geht nur an Beschäftigte in der Altenpflege. Pflegekräfte in den Krankenhäusern erhalten: nichts.
Einmaliger Zuschuss
Nur zwei Bundesländer haben sich dazu durchgerungen, einen Bonus für Krankenpflegekräfte aus eigenen Mitteln zu finanzieren: Bayern zahlt 500 Euro, Schleswig Holstein bis zu 1.500 Euro. In den Kliniken im Rest der Republik geht das Personal leer aus, wenn sich nicht die Häuser selbst dazu entscheiden, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Prämien zu zahlen. Doch das bleibt die Ausnahme. Zudem warten die meisten Altenpflegekräfte noch auf ihren Bonus.
Das im Mai verabschiedete Gesetz sieht vor: Altenpflegerinnen und -pfleger bekommen einen einmaligen Zuschuss – bis zu 1.500 Euro, steuerfrei. Zwei Drittel davon finanziert der Bund über die Pflegekassen, ein Drittel sollen die Länder aufstocken. Die aber können sich teils noch nicht einmal festlegen, wann sie die Prämie genau auszahlen wollen. Frühestens im Herbst, heißt es in Schleswig-Holstein, vermutlich im Dezember, erklärt das Sozialministerium Sachsen auf Anfrage. In einigen Bundesländern soll die Prämie Mitte Juli überwiesen werden, in Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen ist noch unklar, wann die Zahlung kommt.
Was als großes Versprechen begann, ist zu einem Flickenteppich aus Einzelregelungen geworden. Dabei wäre eine bundeseinheitliche Corona-Prämie für alle Pflegekräfte durchaus finanzierbar gewesen. 1,7 Millionen Beschäftigte gab es laut Bundesagentur für Arbeit letztes Jahr in der Alten- und Krankenpflege, eine Einmalzahlung von 1.500 Euro für all diese Menschen hätte den Bund knapp 2,55 Milliarden Euro gekostet. Zum Vergleich: Für das Rettungspaket der Lufthansa will die Bundesregierung neun Milliarden Euro bereitstellen. Das gerade verabschiedete Konjunkturpaket, das etwa die Senkung der Mehrwertsteuer oder Kaufprämien für E-Autos vorsieht, ist 130 Milliarden Euro schwer – das Wort Pflege
kommt darin kein einziges Mal vor.
Als Unding
bezeichnet Peter Tackenberg vom Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe deshalb die Ausgestaltung der Corona-Prämie. Bei den Verhandlungen über den Bonus wurde herumgeschachert wie auf dem Basar
, sagt er. Zunächst habe Spahn große Versprechungen gemacht und sich erst dann darum gekümmert, wer für die Prämie aufkommen soll. Es ist unfair, dass die Pflegefachpersonen im Krankenhaus ausgeschlossen wurden, obwohl die dem gleichen hohen Gesundheitsrisiko ausgesetzt sind wie die in der Langzeitpflege.
Ein fatales Signal an die Pflegekräfte
Ähnlich sehen das die Grünen. Im Mai haben sie einen Antrag auf die Ausweitung der Bonuszahlung auch auf Krankenpflegekräfte eingereicht. Der Antrag wurde abgelehnt. Damit sendet die Bundesregierung ein fatales Signal an die Menschen, die in den Kliniken ihre eigene Gesundheit aufs Spiel gesetzt haben, um Corona-Patienten zu helfen
, sagt die Grünen-Sprecherin für Pflegepolitik Kordula Schulz-Asche. Sie befürchtet, dass es nach Corona zu einer hohen Abwanderung von Pflegekräften in den Krankenhäusern kommen könnte. Das sind hochqualifizierte Pflegekräfte, die unter starker psychischer und körperlicher Belastung arbeiten. Viele werden sich überlegen, ob sie wirklich in der Krankenhauspflege bleiben wollen, wenn man damit rechnen muss dass es zukünftig immer wieder Pandemien gibt.
Der Corona-Bonus, sagt Schulz-Asche, wäre auch deshalb ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung gewesen.
Selbst in der SPD gibt es Kritik am Pflegebonus. Dass die Pflegekräfte in den Krankenhäusern außen vorgelassen wurden, sei eine schallende Ohrfeige für die, die am Limit arbeiten
, sagt der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. Er spricht von einer respektlosen Ungleichbehandlung
des Pflegepersonals. SPD-Chefin Saskia Esken verwies hingegen darauf, dass die Krankenhäuser ja eigenständig Prämien an ihre Angestellten auszahlen könnten, um deren besondere Leistung anzuerkennen.
Das Bundesgesundheitsministerium begründet die Entscheidung, den Bonus nur an Altenpflegekräfte zu zahlen, mit den Lohnunterschieden: Beschäftigte in der Altenpflege verdienen deutlich weniger als in den Krankenhäusern. Es gibt dort keine flächendeckenden Tarifverträge, zum Teil liegen die Löhne bei unter 2.000 Euro brutto.
Matthias Gruß von der Gewerkschaft ver.di. glaubt allerdings, dass der Hintergrund noch ein anderer ist. Der Vorstoß für die 1.500 Euro Prämie kam zuerst von ver.di und dem Arbeitgeberverband in der Pflegebranche (BVAP), die nach Verhandlungen im März an den Gesetzgeber herantraten. Spahn sei dem Druck daraufhin nachgegangen und habe die Prämienzahlung gesetzlich auf den Weg gebracht. Weil die BVAP jedoch nur die Arbeitgeber in der Altenpflege und nicht der Krankenhäusern vertritt, sei die Prämie auch nur für Altenpflegekräfte umgesetzt worden. Hätten die Arbeitgebervertreter der Kliniken mit uns verhandelt, dann hätten wir genügend Druck aufbauen können, um Bonuszahlungen auch für die Krankenpflegekräfte gesetzlich zu regeln
, sagt Gruß. Die Corona-Prämie in dieser Form greife auch für die Gewerkschaft viel zu kurz. Wir wurden überschüttet von Beschwerden von Krankenpflegepersonal. Es ist eine Blamage für Arbeitgeber und Politik, dass die einfach in den meisten Fällen leer ausgehen.
Allerdings würde ein einmaliger Bonus ohnehin nichts an den eigentlichen Problemen der Pflegeberufe ändern, sagen Vertreterinnen aus der Pflege, wie etwa die Krankenschwester Yvonne Falckner. Sie hatte im März einen Aufruf an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im Internet mit gestartet, der bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte fordert, höhere Bezahlung und mehr Fachpersonal etwa. Über 450.000 Menschen unterzeichneten die Petition, Falckner sprach bei Maybrit Illner über den harten Arbeitsalltag im Krankenhaus. Verbessert hat sich seitdem nichts
, sagt Falckner heute. Eine Einmalzahlung dürfe nicht als Ausgleich für langfristige Verbesserungen verstanden werden, so Falckner.
Versprechen gebrochen
Wie hoch die Arbeitsbelastung in der Pflege ist, zeigen Studien wie der aktuelle Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse. Demnach fallen Kranken- und Altenpfleger im Durchschnitt mehr als doppelt so häufig krankheitsbedingt aus wie Beschäftigte aus anderen Berufsgruppen. Schichtdienst, hohe körperliche Anforderungen und Zeitdruck dürften die Gründe dafür sein. Trotzdem werden Pflegekräfte oft schlecht bezahlt, vor allem in der Altenpflege. Für die ist zwar Anfang Juli ein höherer Mindestlohn in Kraft getreten: Hilfskräfte erhalten nun in Westdeutschland mindestens 11,60 Euro und in Ostdeutschland 11,20 Euro, für ausgebildete Fachkräfte gilt ein Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde. Das, so sagen Experten, sei aber immer noch viel zu wenig, um den Beruf attraktiv zu machen und damit auch den Fachkräftemangel anzugehen.
Was also ist geblieben von den Versprechungen, die mit dem Applaus auf den Balkonen zu Beginn der Corona-Krise kamen? Ostern liegt heute elf Wochen zurück. Die Pandemie ist zwar noch nicht ausgestanden. Dennoch lässt sich auf die österliche Steinmeier-Frage bereits heute eine Antwort geben. Erinnern wir uns daran, was uns unverzichtbare Arbeit in der Pflege wirklich wert sein muss?
Die Antwort ist sehr kurz: nein. Zeit online, Lucia Heisterkamp
Partytouristen am Ballermann
Haben deutsche Mallorca-Urlauber ein zweites Ischgl riskiert?
Bier und Sangria in Strömen: Deutsche haben am Ballermann gefeiert und die Hygiene-Regeln ignoriert. Die Insel zieht Konsequenzen – und droht mit Strafen.
Wir sind wieder da
, sangen lautstark die deutschen Touristen, die sich am Wochenende an der Ballermann-Partymeile an Mallorcas Playa de Palma versammelt hatten. Und: Wir wollen feiern!
Sie tanzten abends ausgelassen stundenlang zwischen den Tischen der Bar-Terrassen und auf der Straße. Arm in Arm, auf Tuchfühlung. So gut wie niemand trug eine Maske, die Getränke wurden herumgereicht und oft geteilt
, berichtet das Mallorca Magazin
, eine auf Deutsch erscheinende Wochenzeitung der Insel. Auch von sozialer Distanz sei nichts zu sehen gewesen. Dafür floss Bier in Strömen und auch Sangria, die in der Partyzone gemeinsam und per Strohhalm aus großen Krügen oder Eimern getrunken wird.
Die Bilder des ausgelassenen Partytreibens, bei dem alle Hygiene-Regeln ignoriert wurden, sorgten für Empörung nicht nur auf Mallorca. Als gäbe es kein Corona
, schrieb die Mallorca Zeitung
entsetzt. Es schien ganz so, als ob hier niemand jemals etwas von der Pandemie gehört hätte.
Die wenigen Besucher, die eine Maske trugen, seien von der Masse skeptisch beäugt und ausgelacht worden. Die Zeitung vermerkt bitter: Wir haben hier nicht wochenlang den Shutdown ertragen, um das Erreichte leichtfertig aufs Spiel zu setzen.
Der Tagesspiegel, Ralph Schulze, Claudia Seiring, Carsten Werner
Maas droht leichtsinnigen Urlaubern mit neuen Beschränkungen
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hat mit neuen Corona-Beschränkungen gedroht, sollten sich Urlauber wie zuletzt auf Mallorca wenig verantwortungsvoll verhalten. Uns ist es gerade erst gelungen, in Europa die Grenzen wieder zu öffnen. Das dürfen wir jetzt nicht durch leichtsinniges Verhalten aufs Spiel setzen
, sagte Maas den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sonst werden neue Beschränkungen unvermeidbar sein.
Scharf kritisierte Maas die Party-Szenen auf Mallorca. So ein Verhalten ist nicht nur gefährlich, sondern auch rücksichtslos gegenüber allen, die auch in Sicherheit ihren Urlaub verbringen möchten
, sagte der Minister. Viele Urlaubsregionen hätten monatelang hart daran gearbeitet, dass Touristen jetzt wieder einreisen können
. Die Regelungen dienten dem Schutz aller. AFP
Städtebund: Keine Rückkehr zum Normalbetrieb an Schulen
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, ist sich sicher: Nach den Ferien werde es an den Schulen in Deutschland keine Rückkehr zum Normalbetrieb geben, sagte er im Morgenmagazin von ARD und ZDF. Landsberg erwartet demnach, dass der Unterricht in kleineren Gruppen stattfinden werde müsse, um die Ansteckungsgefahr durch das Coronavirus zu reduzieren, und geht auch von weiteren notwendigen Veränderungen im Blick auf die Unterrichtsstruktur aus.
In den Ferien sei jetzt die Zeit, die Schulen gegebenenfalls auch baulich auf die entsprechenden Herausforderungen vorzubereiten, so Landsberg. Bekannt ist allerdings auch, dass viele Schulen hierzulande schon vor Corona notwendige Umbaumaßnahmen nicht umsetzen konnten oder insgesamt in einem maroden Zustand sind. Tagesspiegel, Ruth Ciesinger
England führt Maskenpflicht im Handel ein
Nach langem Zögern führt nun auch England in der Corona-Pandemie eine Maskenpflicht in Geschäften ein. Die Maßnahme soll am 24. Juli in Kraft treten, wie die Nachrichtenagentur PA berichtete. Gesundheitsminister Matt Hancock werde am Dienstag eine Stellungnahme dazu abgeben. Wer sich nicht an die neue Regel hält, muss demnach mit einer Geldstrafe von bis zu 100 Pfund (gut 110 Euro) rechnen. Es gibt immer mehr Beweise dafür, dass das Tragen einer Maske in geschlossenen Räumen dazu beiträgt, Menschen und ihre Umgebung vor dem Coronavirus zu schützen
, sagte ein Regierungssprecher demnach im Vorfeld.
Zuvor hatte bereits der britische Premierminister Boris Johnson am Freitag eine Ausweitung der Maskenpflicht angedeutet. Bislang muss in England ein Mund-Nasen-Schutz nur in öffentlichen Verkehrsmitteln getragen werden. Lange Zeit hatte sich die Regierung in London gegen eine Ausweitung der Pflicht auf Läden und andere geschlossene Räume gesträubt. Befürchtet wurde zunächst, es könne zu einer hohen Nachfrage nach der in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen knappen Schutzausrüstung kommen. Außerdem wurde gewarnt, Masken könnten durch häufiges Berühren oder ein überhöhtes Gefühl der Sicherheit sogar kontraproduktiv sein.
Großbritannien ist mit mehr als 46 500 Todesfällen bei nachweislich mit dem Virus Infizierten das am schlimmsten von der Pandemie betroffene Land in Europa. Der Regierung wird vorgeworfen, zu spät und falsch auf die Pandemie reagiert zu haben. dp
690 Millionen Unterernährte
Lage verschärft sich durch Corona dramatisch
Lage verschärft sich durch Corona dramatisch, 690 Millionen Unterernährte weltweit – zehn Millionen mehr als im Vorjahr.
Seit Jahren steigt die Zahl der unterernährten Menschen. Das Ziel, den Hunger bis 2030 zu besiegen, rückt in weite Ferne. Die Lage verschärft sich dramatisch.
Leere Schale. Die Hungersnot entwickelt sich auf der Welt dramatisch. Der Hunger weltweit ist auf dem Vormarsch. Nun könnte die Coronavirus-Krise sogar einen sprunghaften Anstieg der Zahl der unterernährten Menschen bewirken. Derzeit ist mindestens jeder elfte Mensch unterernährt, wie aus dem Welternährungsbericht der Vereinten Nationen hervorgeht.
Dazu gehören auch Millionen Kinder, die nicht genug zu essen bekommen, um gesund aufzuwachsen. Insgesamt schätzen die Experten in ihrer am Montag vorgelegten Studie, dass im Jahr 2019 rund 690 Millionen Menschen unterernährt waren – also knapp neun Prozent der Weltbevölkerung.
Aufgrund der Coronavirus-Krise könnten 83 bis 132 Millionen Menschen zusätzlich ernste Not leiden, warnten fünf UN-Behörden, darunter die Welternährungsorganisation FAO in Rom.
Seit 2014 ist die Zahl hungriger Menschen weltweit langsam angestiegen
, heißt es in dem Bericht für 2020. Die Zunahme seither betrage knapp 60 Millionen Menschen - das ist etwa die Einwohnerzahl Italiens. In den Jahren 2017 und 2018 hätten Konflikte und extreme Klimalagen die Ernährungssicherheit negativ beeinflusst. Beim Anstieg des Vorjahres um rund zehn Millionen unterernährte Menschen seien Wirtschaftskrisen ausschlaggebend gewesen. Tagesspiegel, Christopher Stolz
New Yorks Gouverneur droht mit Strafen bei Quarantäne-Verstößen
New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo hat Menschen, die aus US-Bundesstaaten mit starkem Corona-Infektionsgeschehen nach New York einreisen und sich nicht an die Quarantäne-Vorgaben halten, mit Strafen gedroht. Alle per Flugzeug Einreisenden müssten nun bei der Ankunft ihre Kontaktdaten hinterlassen, sagte Cuomo am Montag. Wer sich nicht daran halte, müsse mit einer Strafe in Höhe von 2000 Dollar (etwa 1800 Euro) rechnen. Ende Juni hatte New York eine zweiwöchige Quarantäne für all diejenigen erlassen, die aus Bundesstaaten mit stärkerem Infektionsgeschehen einreisen. Die Liste der Herkunftsstaaten Reisender, die eine Quarantäne nach sich ziehen, wird je nach Infektionsgeschehen stetig aktualisiert.
Im von der Corona-Pandemie stark betroffenen Bundesstaat New York sind die Infektionszahlen in den vergangenen Wochen stark gesunken - während sie in anderen Teilen der USA stark steigen. In dem Bundesstaat mit rund 19 Millionen Einwohnern gab es Gouverneur Cuomo zufolge am Sonntag 557 Neuinfektionen. Zehn Menschen starben nach einer Infektion mit dem Virus.
Die Millionenmetropole New York im Süden des Bundesstaats vermeldete für Sonntag vorläufigen Daten zufolge erstmals seit dem Ausbruch einen Tag ohne bestätigten oder wahrscheinlichen Todesfall. Auch die Wiederöffnung der Schulen im September werde sich am Infektionsgeschehen orientieren, kündigte Cuomo an. Wenn die tägliche Neuinfektionsrate im 14-tägigen Durchschnitt unter 5 Prozent liege, würden die Schulen in dieser Region öffnen. dpa
Sinkende Zahl der Corona-Antikörper dämpft Hoffnung auf Impfstoff
Bluttests der ersten Corona-Patienten in Deutschland deuten darauf hin, dass eine Neuansteckung möglich ist. Das könnte auch Auswirkungen auf Impfstrategien haben.
Neue Untersuchungen von genesenen Covid-19-Patienten dämpfen die Hoffnung auf eine lang anhaltende Immunität und damit auch auf eine lange Wirksamkeit einer möglichen Impfung. Bluttests der ersten Corona-Patienten in Deutschland, die Ende Januar in der München Klinik Schwabing behandelt wurden, zeigten ein deutliches Absinken der Anzahl sogenannter neutralisierender Antikörper im Blut, berichtete Clemens Wendtner, Chefarzt der dortigen Klinik für Infektiologie. Bei vier der neun Patienten sehen wir sinkende neutralisierende Antikörper in einem sehr speziellen Test, der nur in einem Hochsicherheitslabor erfolgen kann
, sagte Wendtner. Inwieweit dies Auswirkungen für die Langzeitimmunität und die Impfstrategien hat, ist derzeit noch spekulativ, muss aber im weiteren Verlauf kritisch beobachtet werden.
Es deute aber darauf hin, dass nach durchgemachter Krankheit eine Neuansteckung möglich sei.
Für die Langzeitimmunität ist laut Wendtner neben der sogenannten B-Zell-assoziierten, über Antikörper gemessenen Immunität auch die sogenannte T-Zell-Immunität relevant. Wenn Patientinnen neutralisierende Antikörper verlören, könne diese eventuell einen Schutz geben. T-Lymphozyten können virusinfizierte Zellen gezielt abtöten, wenn sie zuvor ihren Gegner einmal kennengelernt haben.
Wendtners Erkenntnisse reihen sich ein in Erfahrungen anderer Wissenschaftler und Studienergebnisse. Chinesische Forscher berichteten im Fachblatt Nature Medicine, dass die Antikörper nach zwei Monaten vor allem bei Patienten mit symptomfreiem Verlauf stark zurückgingen, aber auch bei tatsächlich erkrankten Patienten fielen die Werte deutlich. Patienten mit wenig Symptomen hatten zudem weniger Antikörper und somit eine schwächere Immunantwort entwickelt.
Am Samstag hatte es noch optimistischere Meldungen gegeben, etwa die, dass ein chinesischer Pharmakonzern für die nächste Stufe seiner Covid-19-Impfstoffentwicklung nach Probanden im Ausland suche. Außerdem hatte sich der mit seiner Stiftung an internationalen Gesundheitsprojekten beteiligte Microsoft-Gründer Bill Gates am Samstag optimistisch in Bezug auf einen Corona-Impfstoff gezeigt: Wir werden Covid-19 besiegen, und wir werden weiterhin Fortschritte im Kampf gegen Aids und andere Gesundheitskrisen machen
, sagte er in einer Videobotschaft anlässlich einer Konferenz. ZEIT ONLINE, dpa, AFP, Reuters, jos
Weltweiter Rekordanstieg bei Neuinfektionen
Weltweit ist die Zahl der Neuinfektionen der Weltgesundheitsorganisation zufolge binnen eines Tages so stark gestiegen wie noch nie. Die WHO meldet 228.102 neue bekannte Fälle binnen 24 Stunden. Die stärksten Zuwächse verzeichneten die USA, Brasilien, Indien und Südafrika. Der tägliche Anstieg bei der Zahl der Toten blieb mit 5000 in etwa gleich. Reuters
WHO hält Ausrottung des Virus für unwahrscheinlich
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hält es unter den gegebenen Umständen für unwahrscheinlich, dass das neuartige Coronavirus ausgelöscht wird. Es sei wichtig eine Anhäufung von Infektionen auszumerzen, sagt WHO-Experte Mike Ryan. Dann könne man das schlimmste bei einer zweiten Welle vermeiden und damit auch erneute Ausgangsbeschränkungen und Schließungen. Reuters
Tönnies fordert wegen Quarantäne Lohnkosten vom Land zurück
Der Schlachtbetrieb Tönnies und weitere Subunternehmer haben beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) Anträge auf Erstattung von Lohnkosten durch das Land Nordrhein-Westfalen gestellt. Hintergrund sind Quarantäne-Maßnahmen nach dem massenhaften Fund von positiven Corona-Infektionen bei Tönnies-Arbeitern am Stammsitz in Rheda-Wiedenbrück.
Nach Angaben eines Sprechers des LWL werden die Anträge jetzt nach Eingang abgearbeitet. Um welche Summen es sich handelt und wann die Anträge bearbeitet werden, sei völlig offen, sagte Sprecher Markus Fischer der Deutschen Presse-Agentur. Das Infektionsschutzgesetz sehe die Erstattung vor, wenn Gesundheitsämter einen Betrieb schließen und Quarantäne anordnen.
Die Löhne müssen vorerst von den Unternehmen bezahlt werden und können mit bis zu einem Jahr rückwirkend erstattet werden. Für uns ist nur schwer zu sagen, wie viele Tönnies-Beschäftigte betroffen sind. Bei uns gehen auch Anträge von Subunternehmen mit Sitz in ganz anderen Kreisen ein. Wir sehen dann nur, dass die Fleischindustrie betroffen ist, aber nicht auch ein konkreter Betrieb
, sagte Fischer. Kritik an den Anträgen kam aus der Politik. Lohnkostenerstattung vom Land zu fordern ist ein Unding. Da reibt man sich die Augen, das versteht doch kein Mensch. Infektionsgeschehen und Geschäftsmodell hängen zusammen. Tönnies hat Gütersloh den Lockdown gebracht und jetzt soll die Allgemeinheit bezahlen?
, sagte Katja Mast, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion am Freitag der dpa. Es könne nicht sein, dass diejenigen, die das Geld damit verdient haben, jetzt andere dafür zahlen lassen wollten. So sieht es jetzt aber aus, wenn Lohnkosten erstattet werden sollen. Moralische und gesellschaftliche Verantwortung sieht anders aus
, sagte Mast. Nach Angaben eines Tönnies-Sprechers hat der Konzern bislang keine Kurzarbeit beantragt. Sollte dieser Schritt nötig werden, würde Tönnies die Gehälter auch der Beschäftigten bei Subunternehmen auf 100 Prozent aufstocken, sagte Tönnies-Sprecher André Vielstädte.
Über die Wiederaufnahme der Produktion am Hauptstandort des Fleischproduzenten Tönnies ist nach drei Wochen derweil noch keine Entscheidung gefallen. Die Schließungsverfügung gilt bis zum 17. Juli. Rund 1400 Arbeiter des Werks hatten sich nachweislich mit dem Virus infiziert. Vorübergehend waren deshalb zusätzliche Corona-Einschränkungen des öffentlichen Lebens für den Kreis Gütersloh und auch für den Nachbarkreis Warendorf verhängt worden. Dort wohnen ebenfalls viele Tönnies-Mitarbeiter. dpa
Ärzte hebeln Maskenpflicht aus
Bundesweit stellt eine Initiative von Ärztinnen und Ärzten nach Recherchen von Report Mainz Atteste gegen die Maskenpflicht aus - auch ohne Untersuchung. Nach Einschätzung von Experten könnte dies strafrechtlich verfolgt werden. Im Internet spricht sich die Initiative Ärzte für Aufklärung
dafür aus, großzügig
Atteste gegen die Maskenpflicht auszustellen. Führende Köpfe der Initiative vermuten hinter den Maßnahmen zur Einschränkung von Covid-19 eine große Verschwörung - in Videos stufen sie das Virus als nicht besonders gefährlich und eine Maske daher als nicht notwendig ein. Vielmehr noch: Eine Maske rufe bei vielen Menschen gar erst Unwohlsein hervor. Report Mainz gegenüber wollte sich die Initiative nicht äußern. Etwa 2000 Unterstützer haben die Ärzte für Aufklärung
nach eigenen Angaben, darunter Hunderte Ärzte, namentlich dokumentiert auf ihrer Website.
Recherchen von Report Mainz belegen, dass es sich bei vielen der Unterstützer tatsächlich um Ärzte handelt. Ebenfalls oft vertreten sind Menschen, die nicht-schulmedizinische Praxen betreiben. Auffällig ist: Bereits auf den Praxiswebseiten lassen sich bei einigen von ihnen deutliche Aversionen gegen die bestehenden Corona-Vorschriften finden.
Private Ansichten nicht mit Arztberuf vermengen
Als Ärzte wissen wir, wie sehr Masken schützen - Chirurgen zum Beispiel aus dem OP, sagt der Bundestagsabgeordnete und SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dazu, der selbst Arzt ist. Aus seiner Sicht vertreten diese Ärzte wohl eher
ideologische Positionen, zum Beispiel, dass die Bekämpfung der Pandemie zu streng erfolgt sei.
Das kann man aus meiner Sicht durchaus privat denken.Mit seiner Berufsausübung dürfe ein Arzt das aber nicht vermengen.
Report Mainz schrieb mehr als 40 dieser Ärzte stichprobenartig an und fragte nach einem Attest zur Befreiung von der Maskenpflicht - nicht aus medizinischen Gründen, sondern wegen persönlicher Abneigung der Maskenpflicht als Corona-Maßnahme.
19 der angeschriebenen Ärzte antworteten auf die verdeckte Anfrage, keiner von ihnen wies das Ausstellen eines solchen Attests aus ethischen Gründen zurück. Einige schrieben direkt, dass man bei ihnen so ein Attest bekommen könne.
50 Euro für ein Attest
Bei Ärzten aus vier verschiedenen Bundesländern fragten Reporter von Report Mainz vor Ort an und erhielten allein aufgrund der vermeintlichen Ablehnung der Maskenpflicht ein Attest zur Befreiung von eben dieser. Dabei sprachen zwei Ärzte nicht einmal mit den vermeintlichen Patienten, geschweige denn untersuchten sie sie. Ein weiterer Arzt bot per E-Mail an, nach einer Überweisung von 50 Euro das Attest per E-Mail zu schicken. Die Diagnose solle der Patient ihm selbst vorab schriftlich mitteilen.
Für den Test traten die Reporter in den Praxen als normale Patienten auf, im Anschluss gaben sie sich als Journalisten zu erkennen. Auf die Bitte nach einer Stellungnahme reagierten die betroffenen Ärzte unterschiedlich: So hieß es einmal, es habe eine Verwechslung mit einem anderen Patienten vorgelegen, andere Ärzte verteidigten die Entscheidung als aus ihrer Sicht medizinisch gerechtfertigt.
SPD-Politiker Karl Lauterbach hält das Ausstellen der Atteste ohne vorherige Untersuchung der Patienten für äußerst verwerflich. Aus seiner Sicht wird hier die in den Bundesländern gesetzlich vorgeschriebene Maskenpflicht durch lapidare Atteste unterlaufen: Das ist nichts anderes als dass man die medizinische, die ärztliche Autorität missbraucht, um ein Gesetz auszuhebeln.
Als Schutz vor der Pandemie sei dieses Gesetz aber unbedingt
notwendig.
Rechtsexperte: Vorgehen möglicherweise strafrechtlich relevant
Hinzu kommt: Das Ausstellen von Attesten ohne Untersuchung ist laut Bundesgesundheitsministerium grundsätzlich unzulässig. Dem Fachanwalt für Medizinrecht und Professor an der Psychologischen Hochschule Berlin Martin Stellpflug zufolge kann das unrichtige Zeugnis über den Gesundheitszustand eines Menschen
darüber hinaus nicht nur berufsrechtlich, sondern auch strafrechtlich relevant werden - als Verstoß gegen § 278 im Strafgesetzbuch, der das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse verbietet.
Auch die gesundheitlichen Folgen solcher Atteste würden schwerwiegen: Durch das bewusste Umgehen der Maskenpflicht nähmen die Ärzte eine Verbreitung des Corona-Virus bereitwillig in Kauf, sagt Lauterbach. Denn wenn ein Patient sich aufgrund dieses Attests unvorsichtig verhalte und damit sich selbst oder andere anstecke, könnten er oder andere deswegen im schlimmsten Fall sogar sterben. Das ist eine Verantwortung, die wir nicht tragen können als Ärzte.
Es gehe also in der Folge noch um viel mehr, als jemandem durch eine falsche Diagnose die Möglichkeit zu geben, ein Gesetz zu brechen. Die Einschätzung des SPD-Politikers ist deutlich: Ehrlich gesagt, das ist kriminell.
NDR Bericht von Judith Brosel, Pascal Siggelkow und Christian Saathoff
Arzt gegen Corona-Schwindel
:
Mediziner aus Kreis Kassel ist Star der Verschwörungstheoretiker. Corona im Kreis Kassel: Ein Arzt gilt als Star für Skeptiker und Verschwörungstheoretiker. Er behauptet die Corona-Krise sei von Regierungen und Medien herbeifantasiert.
- Ein Arzt aus dem Landkreis Kassel gilt im Netz als Star für Corona*-Skeptiker und Verschwörungstheoretiker.
- Er behauptet die Corona-Krise sei von Regierungen und Medien herbeifantasiert.
- Im Internet veröffentlicht er ein Attest, dass von der Maskenpflicht befreien soll.
Trendelburg/Kreis Kassel
Er ist Arzt und hat mit dem Coronavirus sein Thema gefunden. Im Internet folgen ihm mehr als 30.000 Menschen. Eine Geschichte über einen Mann, der sich als Verbreiter der Wahrheit sieht.
Dort hat Dr. Jens Bengen aus dem Kreis Kassel ein Blanko-Attest veröffentlicht, das von der Maskenpflicht befreien soll. Deutschland hält er für besetzt, die Regierung für ein Regime.
Dr. Jens Bengen ist Urologe aus Trendelburg im Kreis Kassel. Derzeit beschäftigt er sich vor allem mit dem, was eher in das Fachgebiet von Virologen fällt: Covid-19.
Vor Kurzem hatte er unserer Zeitung seine Expertise zu Corona angeboten – als nicht abhängig beschäftigter Arzt. Bei der Landesärztekammer ist Bengen als Arzt gelistet, eine Praxis betreibt er nach Recherchen unserer Zeitung nicht. In einem Video auf Youtube sagt Bengen, er habe sich im Sommer 2019 von der Schulmedizin verabschiedet.
Beim Nachrichtendienst Telegram gibt es im Dr. med. Jens Bengen Trendelburg - Schwert der Wahrheit - Fankanal
, bei dem Bengen aus dem Kreis Kassel nach eigenen Angaben keine Administratorenrechte hat, einen Artikel, in dem es um seine Tätigkeit als Urologe im Medizinischen Versorgungszentrum Hofgeismar geht.
Von der Geschäftsführung des Klinikums Hann. Münden, zu dem das MVZ gehört, heißt es: Herr Dr. Jens Bengen war bei uns bis zum Ende des letzten Jahres im MVZ Hofgeismar sowie am Klinikum Hann. Münden beschäftigt.
Sprich: Er ist dort nicht mehr tätig.
Corona im Kreis Kassel: Arzt aus Trendelburg veröffentlicht Blanko-Attest gegen Maskenpflicht
In einem Internetvideo sitzt Bengen aus dem Landkreis Kassel im Arztkittel vor einem Bücherregal, spricht von der angeblichen Corona-Pandemie
und bietet zum Herunterladen ein Attest an, das man überall vorzeigen könne, wo Maskenpflicht herrsche.
Darauf stehen seine Anschrift mit Adresse in Trendelburg, seine Unterschrift und: Hiermit bestätige ich, dass das Tragen eines Mundschutzes für o.g. Person aus medizinischen Gründen nicht ratsam ist. Mit freundlichen Grüßen, Dr. med. Jens Bengen.
Man solle das Attest nicht zweckentfremden, sagt er im Video – dann verweist er auf seinen Youtube-Kanal und Infos zum Corona-Hoax
. Das Wort Hoax steht für Schwindel. Der Link zu einem Attest ist oft geteilt worden: auch von Kritikern der Corona-Regeln, Impfgegnern und Verschwörungstheoretikern. Man findet das Papier mit wenigen Mausklicks.
Ausstellung von Blanko-Rezepten strafbar
Hakt man bei der Landesärztekammer Hessen zu Bengens Corona-Attest nach, ist die Aussage klar: Die Ausstellung von Blanko-Rezepten ist berufsrechtlich nicht akzeptabel
, sagt Präsident Dr. med. Edgar Pinkowski. Durch Heilberufsgerichte seien Ärzten in vergleichbaren Fällen Verweise erteilt worden.
Das Hessische Sozialministerium sagt, man treffe zu Einzelfällen keine Aussage. Erhalten wir Kenntnis, werden von uns die erforderlichen Schritte in die Wege geleitet
, teilt Vize-Pressesprecherin Isabelle Dollinger mit. Das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse kann nach § 278 StGB mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet werden. Berufsrechtliche Schritte bleiben vorbehalten.
Arzt aus Trendelburg hat viele Fans im Netz
Auch bei der Staatsanwaltschaft Kassel gibt man zu Einzelfällen keine Auskunft. Grundsätzlich gilt laut Sprecher Andreas Thöne: Würde den Ermittlungsbehörden ein vergleichbarer Sachverhalt zur Kenntnis gelangen, dann wäre hier ein Ermittlungsverfahren wegen des Anfangsverdachts des Ausstellens unrichtiger Gesundheitszeugnisse einzuleiten. Ungeachtet möglicher berufsethischer und rechtlicher Bedenken stößt Dr. Jens Bengen im Internet auf großes Interesse. Auf Telegram gibt es den Fan- und seinen offiziellen Kanal, zusammen haben sie 13.000 Mitglieder.
Corona in und um Kassel: Urologe betreibt Youtube-Kanal
Am 21.04.2020 erst hat er sein erstes Video auf Youtube hochgeladen, mittlerweile habendort 23.000 Menschen seinen Kanal Schwert der Wahrheit
abonniert. Seine Videos tragen Titel wie Corona Hoax 2: Tacheles
, darunter steht die Beschreibung: Worum geht es bei dieser globalen
Megakrise
, die von Medien, von diesen Medien abhängigen Politikern und mächtigen Interessenverbänden herbeifantasiert wird?
Corona im Kreis Kassel: Angeblicher Mord
an George Floyd soll Bürgerkrieg entfachen
Bengen aus dem Kreis Kassel, der sich im Netz als Impfgegner zeigt, fabuliert in seinem aktuellen Video Deutscher Hilferuf! An D. Trump, V. Putin, die Völker der Welt
davon, dass in den USA nach dem, so wörtlich, angeblichen Mord
an dem dunkelhäutigen George Floyd das Establishment versuche, einen Bürgerkrieg vom Zaun zu brechen, um Donald Trump zu stoppen – denn gegen den würde man eine Wahl verlieren.
Weitere Beispiele für Bengens Denkweise: Deutschland sei noch besetzt, das BRD-Regime
ein Verwaltungskonstrukt im Auftrag der alliierten Siegermächte. Wir müssen raus aus diesem System
, sagt er. Dann würden sich allgemeiner Wohlstand und eine Heilung der Natur
einstellen.
In Bengens Videos tauchen wiederholt Symbole auf. Mal eine Mütze mit dem Trump-Slogan Keep America great!
, mal der Buchstabe Q – das Zeichen der Qanon-Bewegung, die im Netz Verschwörungstheorien verbreitet. Wiederholt blitzt unter der Strickjacke des Arztes der Kopf eines Reichsadlers hervor. Dieser wird auch von selbst ernannten Reichsbürgern
verwendet, die laut Verfassungsschutz die Existenz der Bundesrepublik Deutschland und deren Rechtssystem ablehnen
.
Wir sind ja die, die es immer schon wussten, die unsere Jobs und unserer Reputation verloren haben
, sagt Jens Bengen aus dem Kreis Kassel in einem seiner Videos. Von seinen Youtube-Abonnenten wird er als einer gefeiert, der endlich mal die Wahrheit über die Corona-Krise sage. Und der die Lügen der anderen benenne: Es wird Zeit dass jeder Einzelne dieser Teufelsbrut zur Rechenschaft gezogen wird!!!
, kommentiert eine Frau unter einem Video.
Corona im Kreis Kassel: Regierungen und Medien würden vorsätzlich lügen
Die anderen, das sind zum Beispiel das Robert-Koch-Institut, die Politik, der viel in den Medien präsente Virologe Christian Drosten – sie würden vorsätzlich lügen, verbreitet Urologe Bengen aus dem Kreis Kassel über Youtube. Sein Weltbild dort sieht in etwa so aus: Wir lebten in einer Ochlokratie
(Herrschaft des Pöbels), es laufe gerade ein vorsätzlicher totalitärer Coup
durch die Regierung, man begegne derzeit Adolf Hitler 2.0
. Und ja, irgendwann habe er auch mal begriffen, dass mit der Geschichte der Anschläge vom 11.09.2001 etwas oberfaul
gewesen sei.
Anmerkung der Redaktion: Wir haben Herrn Dr. Bengen aus Trendelburg im Landkreis Kassel mehrfach um Stellungnahme zu dem Attest und seinen Internetveröffentlichungen gebeten. Bis Redaktionsschluss hat er unsere Fragen nicht beantwortet. hna.de Kassel, Matthias Müller (hna ist Teil des Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks)
Spaniens Kampf ums Überleben
Das südeuropäische Land muss wegen des heftigsten Corona-Ausbruchs seit der Öffnung neue Ausgangssperren verhängen. Und auch wirtschaftlich sieht es düster aus: Ministerpräsident Sánchez kämpft um die Kredite und Zuschüsse der EU. Es ist der heftigste Corona-Ausbruch seit dem Ende des Ausnahmezustands in Spanien vor zwei Wochen. Seit Samstag ist in Katalonien der Bezirk Segrià mit seinen mehr als 200.000 Einwohnern abgeriegelt. Sie dürfen das Gebiet nur mit Ausnahmegenehmigungen betreten und verlassen, womöglich für mehr als zwei Wochen. Treffen von mehr als zehn Menschen und Besuche in Altenheimen wurden untersagt. Nach Angaben der Gesundheitsbehörden war die Zahl der Neuinfektionen zuletzt stark gestiegen. Bis zum Wochenende wurden mehr als 4030 Infizierte registriert. Am Sonntag folgte dann in Galicien im Nordwesten des Landes ein Teil der Region Lugo: Die 70.000 Bewohner von A Marina dürfen bis Freitag ihre Wohngegend nicht verlassen. Knapp die Hälfte der insgesamt 258 Infizierten in Galicien, wo am nächsten Sonntag Regionalwahlen stattfinden, stammen von dort.
Der neue Anstieg der Infektionen erhöht den Druck auf das Land, das wegen Corona um sein wirtschaftliches Überleben kämpft. Mit einer diplomatischen Offensive versucht der sozialistische Ministerpräsident Pedro Sánchez jetzt, dazu beizutragen, dass schon auf dem Gipfeltreffen Mitte Juli der geplante EU-Wiederaufbaufonds beschlossen wird. Spanien erhofft sich Zuschüsse und Kredite von bis zu 140 Milliarden Euro. Zunächst stimmt sich Sánchez mit seinen südeuropäischen Partnern ab. An diesem Montag besucht er den sozialistischen Ministerpräsidenten António Costa in Lissabon, am Mittwoch empfängt er in Madrid den italienischen Regierungschef Giuseppe Conte. Vor dem EU-Gipfeltreffen sucht der spanische Ministerpräsident aber auch das Gespräch mit den "sparsamen Vier", die die EU-Unterstützung an Bedingungen knüpfen wollen. Sánchez will den niederländischen Regierungschef Mark Rutte sowie den Schweden Stefan Löfven persönlich sprechen, um zu erläutern, weshalb eine schnelle Lösung so dringlich ist.
Schwerste Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten
Spanien steht vor der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten. Der Internationale Währungsfonds IWF befürchtet, dass das Bruttoinlandsprodukt um bis zu 12,8 Prozent schrumpfen könnte; während der letzten großen Wirtschaftskrise hatte das Minus nur 3,8 Prozent betragen. Die Regierung legt ein Hilfsprogramm nach dem anderen auf, um die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen: Am Freitag waren es weitere 50 Milliarden Euro; der größte Teil davon soll in Form von staatlichen Kreditgarantien Unternehmen das Überleben sichern. Im März hatte die Regierung schon 100 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, von denen laut Presseberichten schon 78 Milliarden in Anspruch genommen werden.
Die schwere Krise trug in der vergangenen Woche zu ungewohnter Einigkeit bei: Die Linksregierung einigte sich mit Arbeitgebern, Gewerkschaften und der Opposition auf ein Programm für die künftige Arbeitsmarktpolitik und den Wiederaufbau der Wirtschaft. Nur die von Sánchez und der Zentralbank ins Gespräch gebrachten Steuererhöhungen trüben bei den Unternehmen den neuen Konsens, der zugleich ein Signal in Richtung Brüssel sein soll.
Hoffnung auf die deutsche Ratspräsidentschaft
Bei den europäischen Vorarbeiten für den Wiederaufbaufonds hatte die Linkskoalition in Madrid eine konstruktive Rolle gespielt. Zunächst forderte Sánchez ähnlich wie Italien und Portugal Eurobonds und dazu einen Marshallplan. Im April legte seine Regierung dann ein Diskussionspapier vor, das die Richtung für einen Kompromiss aufzeigte: Man regte die Einrichtung eines mit bis zu 1,5 Billionen Euro dotierten Wiederaufbaufonds an, der Zuschüsse an besonders stark von der Pandemie betroffene EU-Mitglieder wie Spanien und Italien überweisen könnte – einen ähnlichen Ansatz verfolgte wenig später der Merkel-Macron-Vorschlag, der hundert Prozent der Mittel aus dem Fonds als nicht rückzahlbare Zuschüsse vergeben wollte. Davon war die spanische Regierung sichtlich angetan, die sich selbst intensiv um eine Lösung bemüht hatte.
In Madrid ruhen große Hoffnungen auf der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Beide Regierungen unterhalten enge Kontakte. Das ließ sich jetzt wieder in der Eurogruppe beobachten. Berlin unterstützt in dieser Woche die Kandidatur der spanischen Wirtschaftsministerin Nadia Calviño für den Vorsitz des EU-Gremiums, das eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau spielen wird. F.A.Z.
USA
Die Zahl der weltweit registrierten Coronavirus-Infektionen ist auf mehr als zwölf Millionen gestiegen. Das geht aus Daten der Johns Hopkins Universität vom Donnerstagmorgen hervor. Die USA melden nach offiziellen Angaben mehr als 59.000 Neuinfektionen. Dies entspricht dem größten Anstieg an Coronavirus-Fällen, der bislang innerhalb eines Tages von einem Land verzeichnet wurde. Johns-Hopkins-Universität/Tagesspiegel
USA reichen offiziell Rücktritt aus Weltgesundheitsorganisation ein
Mitten in der Coronavirus-Pandemie haben die USA ihre Austrittsankündigung aus der Weltgesundheitsorganisation offiziell eingereicht. Die Meldung des Austritts, der am 6. Juli 2021 wirksam werde, sei UN-Generalsekretär António Guterres übermittelt worden, sagte ein hoher Regierungsbeamter in Washington. Der Kongress sei darüber informiert worden, teilte der führende Demokrat im Auswärtigen Ausschuss des Senats, Bob Menendez, auf Twitter mit. US-Präsident Donald Trump hatte den Schritt Ende Mai angekündigt. dpa, Michael Schmidt
Bolsonaro positiv auf Coronavirus getestet
Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat sich mit dem Coronavirus infiziert. Ein entsprechender Test sei positiv ausgefallen, sagte der ultrarechte Staatschef am Dienstag in einem TV-Interview. Er sei aber bei bester Gesundheit und weise keine schweren Symptome auf. Am Vortag hatte der 65-Jährige erklärt, er leide unter leichtem Fieber.
Bolsonaro hat die Gefahr durch die Corona-Pandemie wiederholt kleinzureden versucht. Die von dem Erreger ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19 bezeichnete er in der Vergangenheit als kleine Grippe
.
Brasilien ist nach den USA das am zweitstärksten von der Pandemie betroffene Land der Welt. Laut offiziellen Angaben wurden in dem lateinamerikanischen Land 1,6 Millionen Infektionsfälle und mehr als 65.000 Todesopfer verzeichnet.
Dennoch hatte Bolsonaro die von brasilianischen Bundesstaaten und Bezirken verhängten Corona-Restriktionen immer wieder harsch kritisiert. Vergangene Woche legte der Staatschef zudem sein Veto gegen eine vom Parlament beschlossene Maskenpflicht ein. AFP
Euskirchen: Rund 500 Mitglieder einer Kirchengemeinde in Quarantäne
Das Kreis-Gesundheitsamt Euskirchen hat für rund 500 Mitglieder einer freikirchlichen Gemeinde Quarantäne angeordnet. Nach Angaben eines Behördensprechers von Dienstag sind alle Mitglieder der Euskirchener Mennoniten-Gemeinde, einer evangelischen Freikirche, betroffen. Zuvor war bekannt geworden, dass sich eine komplette zwölfköpfige Familie, die der Gemeinde angehört, mit dem Virus angesteckt hatte. Nach der Familie sollen alle Gemeindemitglieder noch diese Woche auf das Virus getestet werden.
Zunächst sei die Mutter mit Krankheitssymptomen ins Krankenhaus gekommen und positiv getestet worden, sagte Behördensprecher Wolfgang Andres. Bei der weiteren Testung habe sich gezeigt, dass die ganze Familie mit dem Virus infiziert sei. Die Kinder sind vorher noch in die Schule gegangen, in die eigene Schule der Mennoniten. Und die Familie ist wohl auch noch in den Gottesdienst in das Bethaus der Mennoniten gegangen
, sagte Andres. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass das Virus verbreitet worden sei.
Wie viele Mitglieder die Gemeinde genau habe, sei noch unbekannt, sagte der Sprecher: Wir gehen aber davon aus, dass das um die 500 sind.
Schule und Bethaus seien geschlossen worden. dpa
Hinweise auf Corona-Übertragung in der Luft über mehrere Meter
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht zunehmende Indizien dafür, dass sich das neuartige Coronavirus auch über mehrere Meter hinweg in der Luft übertragen kann.
WHO-Expertin Benedetta Allegranzi sprach am Dienstag von möglichen Beweisen für diese These. Sie forderte die Mitgliedstaaten auf, offen
für diese Erkenntnisse zu sein - und für die Vorsichtsmaßnahmen, die getroffen werden müssen
.
Eine Gruppe aus 239 internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern hatte zuvor angesichts der weltweiten Lockerungen bei den Corona-Einschränkungen Alarm geschlagen und auf Studien verwiesen, wonach sich das neuartige Coronavirus auch über einen Abstand von mehr als zwei Metern in der Luft übertragen kann.
In einem am Montag in der Fachzeitschrift Clinical Infectious Diseases
veröffentlichten Artikel warnten die Experten davor, dass sich das Virus über kleine bis mittlere Distanzen
in der Luft übertragen könne. Diese Distanzen reichten von mehreren Metern bis zur Größe eines Raums
. Zwar seien häufiges Händewaschen und Abstandsregeln angemessene
Maßnahmen, schrieben die Wissenschaftler. Zugleich seien sie aber unzureichend, um ausreichenden Schutz vor Mikrotröpfchen zu gewährleisten, die als Aerosole in der Luft schweben und das Virus in sich tragen können.
WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus warnte am Dienstag erneut davor, die Corona-Pandemie zu verharmlosen. Der Ausbruch beschleunigt sich, und wir haben eindeutig noch nicht den Höhe
punkt der Pandemie erreicht
, sagte er. AFP
Lkw-Maut
Deutlich weniger Einnahmen durch Lkw-Maut wegen Corona-Pandemie. Die Corona-Pandemie hat für ein deutliches Minus bei den Einnahmen des Bundes aus der Lkw-Maut gesorgt. Die Einnahmen sanken im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat um rund 95 Millionen Euro, wie die Rheinische Post
(Montagsausgabe) berichtete. Dies bedeutete einen Rückgang von 14,5 Prozent, zitierte das Blatt aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen.
Bereits im April waren die Maut-Einnahmen demnach deutlich geringer ausgefallen. Sie gingen um rund 88 Millionen Euro im Vergleich zu April 2019 zurück. Für Juni geht das Verkehrsministerium in seiner Antwort an die Grünen von einer Erholung gegenüber den Vormonaten aus.
Der haushaltspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Sven-Christian Kindler, forderte ein Umsteuern in der Straßenbaupolitik. Die Einnahmen sind für den völlig aufgeblähten Straßenbauetat von Andreas Scheuer bereits verplant
, sagte er.
Minister Scheuer habe nun die Chance, einige Straßenbauprojekte, die schon jetzt Milliardengräber seien, zu den Akten zu legen und die Finanzierung der Mobilität der Zukunft vollkommen neu zu ordnen. In Zukunft müssten die Gelder aus der Lkw-Maut auch in die Finanzierung des Nahverkehrs, der Bahn und des Radverkehrs fließen. AFP
Infektionszahlen in Australien steigen deutlich an
Der australische Bundesstaat Victoria gibt 127 neue Infektionen in den vergangenen 24 Stunden bekannt. Zwar fehlen zunächst Zahlen aus mehreren anderen Landesteilen, doch ist der Anstieg bislang der größte in Australien seit dem Beginn der Pandemie auf dem Kontinent. Die Grenze zwischen den beiden bevölkerungsreichsten Bundesstaaten Australiens - New South Wales und Victoria - werde ab Dienstag auf unbestimmte Zeit geschlossen, kündigt Victorias Premierminister Daniel Andrews an. Tagesspiegel
EU stellt CureVac 75 Millionen Euro zur Verfügung
Die Europäische Kommission stellt der Tübinger Firma Curevac 75 Millionen Euro zur Verfügung. Die Europäische Kommission stellt der Tübinger Firma Curevac 75 Millionen Euro zur Entwicklung von Impfstoffen insbesondere gegen das Coronavirus zur Verfügung. Wie Curevac am Montag mitteilte, haben das Biopharma-Unternehmen und die Europäische Investitionsbank ein entsprechendes Darlehen vereinbart. Curevac forscht seit Januar an einem Corona-Impfstoff und hat im Juni die erste klinische Studie an Menschen begonnen.
Den Angaben nach ist die Förderung auch für die Fertigstellung einer vierten Produktionsstätte des Unternehmens in Tübingen bestimmt. Das Geld wird in drei Tranchen von je 25 Millionen Euro jeweils nach Erreichen vorab festgelegter Etappenziele bereitgestellt.
Bereits im März hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die finanzielle Unterstützung für das Unternehmen versprochen, damals aber noch eine Fördersumme von 80 Millionen Euro angekündigt. dpa
Mehr Verdachtsfälle bei Betrug mit Corona-Hilfe
Im Zusammenhang mit Corona-Soforthilfen untersuchen Ermittler bundesweit Tausende Verdachtsfälle. Insgesamt befassen sie sich mit mindestens 5100 Fällen wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug, Geldwäsche, Fälschung beweiserheblicher Daten oder des Ausspähens von Daten, wie Recherchen der Deutschen Presse-Agentur von Anfang Juli ergaben. Ende Mai waren es noch etwa 2200 Fälle gewesen. Von zahlreichen Behörden hieß es, die Zahlen änderten sich quasi täglich.
Nicht aus allen Ländern sind Zahlen bekannt. Das Landeskriminalamt aus Nordrhein-Westfalen etwa konnte vor Abschluss der Ermittlungen keine konkreten Angaben machen. Ob sich ein Verdachtsfall tatsächlich als Straftat entpuppt, zeigen erst die Untersuchungen.
Um wie viel Geld die Länder in den Fällen betrogen wurden, ist vor Abschluss der Verfahren ebenfalls nicht abschließend zu klären. Zahlreiche Behörden konnte hierzu bislang keine Angaben machen. Nach dpa-Recherchen könnte es bundesweit mindestens um knapp 22 Millionen Euro gehen. Kai Portmann, dpa
Schäuble will Lehren aus Corona-Pandemie
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) hat an die EU appelliert, als Lehre aus der Corona-Pandemie ihre Abhängigkeit von globalen Lieferketten zu reduzieren. Die Pandemie habe gezeigt, wie verwundbar Europa durch diese Abhängigkeit geworden sei, schrieb Schäuble in einem Gastbeitrag für die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" vom Montag. Er verwies auf den vorübergehenden Mangel selbst an simplen Medizingütern wie Atemschutzmasken.
Nun sei die Gelegenheit, unser gesamtes Wirtschaftsmodell kritisch zu überprüfen und die Exzesse der Globalisierung da zu korrigieren, wo sie zu den dramatischen Auswirkungen der Pandemie beigetragen haben
, betonte Schäuble. Schon jetzt lasse sich aus der Pandemie die Lehre ziehen, dass die EU besser vorsorgen müsse, um in Krisen widerstandsfähiger und souveräner zu sein.
Dazu müsse die Europäische Union mit größerer strategischer Autonomie ausgestattet werden, etwa durch den Aufbau alternativer Lieferketten mit mehreren kostengünstigen Produktionsstandorten zur Diversifizierung des geografischen Risikos
, forderte der CDU-Politiker. Ferner müsse die Souveränität Europas gerade im Gesundheitssektor gestärkt werden.
Schäuble plädierte auch für die Weiterentwicklung der EU von einer Währungs- zur Wirtschaftsunion. Das Instrument dazu sei der geplante Wiederbaufbaufonds für die Bewältigung der Folgen der Corona-Krise. In diesem Zusammenhang kritisierte der frühere Bundesfinanzminister die Europäische Kommission. Deren Vorschläge zur Verwendung der Gelder aus dem Fonds gingen nicht weit genug.
Anstatt sich auf Aspekte der Finanzierung zu konzentrieren müsse auf europäischer Ebene eine offene Diskussion darüber geführt werden, für welche gemeinschaftlichen Projekte die enormen Finanzmittel in den Mitgliedstaaten verwendet werden sollen und wie eine effiziente Mittelverwendung mit strengen Richtlinien sicherzustellen ist
, verlangte Schäuble. Er warb dafür, die Transformation der Wirtschaft mit gezielten Investitionen europaweit in Richtung einer digitalisierten wissensbasierten Ökonomie voranzutreiben.
Bei einem EU-Sondergipfel in Brüssel am 17. und 18. Juli soll über das Wiederaufbauprogramm beraten werden. Es wird das erste persönliche Zusammentreffen der Staats- und Regierungschefs seit Ausbruch der Corona-Pandemie sein. Die EU-Kommission hat eine Ausstattung des Wiederaufbaufonds mit 750 Milliarden Euro vorgeschlagen. Unter den 27 Mitgliedstaaten sind das endgültige Volumen sowie Finanzierung und Art der Hilfen aber noch stark umstritten. Kai Portmann, AFP
Gabriels Job bei Tönnies:
Die Kunst des Ausschlachtens
Der frühere Außenminister nennt die Kritik aus der SPD neunmalklug
. 10.000 Euro im Monat, die er von Tönnies erhielt, seien in der Branche kein besonders hohes Honorar. Doch das Engagement von Sigmar Gabriel für den Fleischfabrikanten wirft einige Fragen auf.
Wenn man aus einem geschlachteten Schwein alles herausholen möchte, ist in der Fleischbranche auch vom fünften Viertel
die Rede. Die Kunst des Ausschlachtens besteht darin, nicht nur die feinen Stücke loszubekommen, sondern auch vermeintlich minderwertige Teile. Zu einer besonderen Meisterschaft in der Disziplin hat es Clemens Tönnies gebracht. Der Westfale wurde auch deshalb zum Marktführer, weil er sein Schweinefleisch in großem Stil nach China exportiert, wo Pfoten und Schnauzen als Delikatessen gelten. Die Schweinepreise liegen in China zudem deutlich höher als in Europa. Exportlizenzen sind also begehrt. Ihre Beschaffung gilt allerdings als aufwendig, der Umgang mit chinesischen Behörden ist kompliziert.
Genau an dieser Stelle kommt der frühere Wirtschafts- und Außenminister Sigmar Gabriel ins Spiel. Nach einem ARD-Bericht hatte der frühere SPD-Politiker von März bis Mai dieses Jahres einen Beratervertrag bei Tönnies. Die Vergütung Gabriels habe 10.000 Euro im Monat zuzüglich eines vierstelligen Honorars je Reisetag betragen, berichtet der Sender unter Berufung auf ein internes Dokument vom 26. Februar. Darin heißt es, Gabriel werde seine weiten Kontakte
, insbesondere mit Blick auf China zur Verfügung stellen. Im Falle eines Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest
solle Gabriel die Gespräche mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium sowie den chinesischen Behörden führen.
Gabriel hat seine Beratertätigkeit inzwischen bestätigt. Aufgrund einer komplizierten Operation
sei er gezwungen gewesen, sein Engagement für Tönnies zum 31. Mai 2020 wieder zu beenden. Zu diesem Zeitpunkt stand die Fleischindustrie auch bereits wegen Corona-Ausbrüchen in der Kritik.
Rechtlich ist an dem Verhalten Gabriels nichts zu beanstanden. Gabriels Zeit als Minister endete im März 2018 und eine Anzeigepflicht von Tätigkeiten besteht nur eineinhalb Jahre lang. Im November 2019 legte Gabriel auch sein Bundestagsmandat nieder. Gleichwohl wirft der Job bei Tönnies einige Fragen auf. Im Jahr 2015 hatte Gabriel die Ausbeutung in der Fleischindustrie noch als Schande für Deutschland
bezeichnet.
Der damalige Bundeswirtschaftsminister wurde daraufhin von Clemens Tönnies persönlich durch den Großschlachthof in Rheda-Wiedenbrück geführt. In der Folge einigte sich Gabriel mit den von Tönnies angeführten Fleischkonzernen auf eine freiwillige Selbstverpflichtung zum Schutz von Werkvertragsmitarbeitern. Gabriel war also am Zustandekommen eben jener Regelung beteiligt, die nun parteiübergreifend als gescheitert und zu lasch bezeichnet wird.
Firmenmiteigentümer Robert Tönnies hatte intern offenbar vor einem Beratervertrag für Gabriel gewarnt. Der F.A.Z. liegt ein Schreiben vom 26. Februar vor, in dem der mit Unternehmenschef Clemens Tönnies zerstrittene Miteigentümer eindringlich vor einem Imageschaden
für das Unternehmen warnt. Ein Beratervertrag für Gabriel könne als nachträgliche Belohnung
für den Minister aufgefasst werden. In der Öffentlichkeit könnte die Frage gestellt werden, ob Gabriel als Bundeswirtschaftsminister dem Konzern im Streit um die Werkverträge und der Niederschlagung einer Kartellstrafe hilfreich zu Seite
gestanden sei.
Kenner der Branche bezweifeln zudem, dass es bei Gabriels Beratertätigkeit vor allem um die Afrikanische Schweinepest ging. Im Februar dieses Jahres hieß das große Problem nämlich bereits Corona. Aus dem Tönnies-Konzern seien damals Klagen gedrungen, dass Container mit Schweinefleisch in China nicht weitertransportiert werden könnten.
Harsche Kritik aus der eigenen Partei
Namhafte SPD-Politiker gingen am Donnerstag jedenfalls entschieden auf Distanz. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil nannte Gabriels Beratertätigkeit befremdlich und peinlich
und sagte, die SPD erleide dadurch unbestreitbar
Schaden.
Weil kann so unverblümt über seinen Amtsvorgänger im Agrarland Niedersachsen sprechen, weil man dort von Gabriel schon lange genug hat. Im niedersächsischen SPD-Landesverband war Gabriel wegen seiner fehlenden Sensibilität und seiner Raubeinigkeit schon unten durch, als er noch Bundesvorsitzender der Partei war.
Auch jetzt zeigt sich Gabriel keineswegs reumütig, sondern teilte am Donnerstag wieder aus. Die Kritik der beiden SPD-Bundesvorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans an seiner Tätigkeit bei Tönnies bezeichnete Gabriel im Spiegel
als neunmalklug
. 10.000 Euro im Monat mögen für normale Menschen
zwar viel Geld sein, erklärte Gabriel. Aber in der Branche ist das kein besonders hoher Betrag.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, von Reinhard Bingener und Jonas Jansen
WHO stoppt Tests mit HIV-Medikamenten
Corona-Patienten werden im Rahmen einer von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) koordinierten Studie ab sofort nicht mehr mit Lopinavir/Ritonavir behandelt, das gegen HIV entwickelt worden war. Ausschlaggebend seien keine Sicherheitsbedenken, betonte eine WHO-Sprecherin. Vielmehr habe sich gezeigt, dass die Mittel bei den Patienten praktisch keinen Einfluss auf den Verlauf der Krankheit hatten.
Dasselbe gelte für das Malaria-Mittel Hydroxychloroquin. Das Ende der Tests damit hatte die WHO schon am 17. Juni angekündigt. Hydroxychloroquin war in den Schlagzeilen, weil US-Präsident Donald Trump es mehrfach angepriesen hatte.
Es gehe nur um die Tests bei schwer kranken Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden, betonte die WHO. Andere mögliche Tests solcher Mittel etwa zur Verbeugung gegen eine Erkrankung seien nicht betroffen. dpa — undefined (@WHO) https://twitter.com/WHO/status/1279456580493357057
Trump erklärt 99 Prozent der Covid-19-Fälle für komplett harmlos
US-Präsident Trump lobt sich am Nationalfeiertag trotz wachsender Infektionszahlen für seinen Umgang mit der Pandemie. Und er schürt die Spaltung im Lande.
Ungeachtet dramatisch steigender Infektionszahlen hat US-Präsident Donald Trump bei seiner Ansprache an die Nation am diesjährigen Unabhängigkeitstag den Umgang mit der Coronavirus-Pandemie gelobt. Unsere Strategie kommt gut voran
, sagte Trump am Samstagabend (Ortszeit) im Garten des Weißen Hauses.
Seit Tagen verzeichnen die USA Höchststände an nachgewiesenen Neuinfektionen. Drei Tage in Folge (Stand Samstagabend Ortszeit) lagen die Zahlen nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität bei über 50.000 - so viele wie nie zuvor seit Beginn der Pandemie.
Trump spielte die Tragweite der Situation am Samstag erneut herunter. Man habe viel über das Virus gelernt und könne die Flammen
löschen, sagte er. Zu Beginn der Pandemie habe es keine Tests für das neue Virus gegeben, mittlerweile hätten die USA fast 40 Millionen Tests durchgeführt. Gesundheitsexperten widersprechen Trumps Darstellung, dass die hohe Zahl an Infektionen allein mit der Zahl der Tests zu erklären sei und verweisen auf den gestiegenen Anteil positiver Testungen.
Trump behauptete, dass 99 Prozent der gefundenen Fälle komplett harmlos
seien. Insgesamt wurden in den USA mehr als 2,8 Millionen Infektionen mit dem Erreger Sars-CoV-2 nachgewiesen. Rund 130.000 Menschen starben infolge einer Infektion.
Der Republikaner machte erneut China für die weltweite Ausbreitung des Virus verantwortlich und warf dem Land Vertuschung vor. China muss in vollem Umfang zur Rechenschaft gezogen werden
, sagte Trump.
Mitten in der sich zuspitzenden Coronakrise holte Trump in einer Ansprache an die Nation gegen Demonstranten und Gegner aus - wie bereits am Vorabend des traditionell unpolitischen Feiertags. Wir werden niemals zulassen, dass ein wütender Mob unsere Statuen niederreißt oder unsere Geschichte auslöscht
, sagte Trump am Samstag (Ortszeit).
Sorgen vor neuen Coronavirus-Ansteckungen zum Trotz verzichtete Trump nicht auf die üppigen Feierlichkeiten in der US-Hauptstadt. Auf eine militärische Flugschau folgte ein gewaltiges Feuerwerk. Die Mehrheit der Gäste im Garten des Weißen Hauses trug keine Maske.
Ein ähnliches Bild hatte sich am Vorabend im US-Bundesstaat South Dakota gezeigt. Dort verfolgten mehrere Tausend Menschen Trumps Auftritt vor beeindruckender Kulisse: Über der Bühne thronte das Nationaldenkmal von Mount Rushmore - der Gebirgsfels mit den in Stein gemeißelten Köpfen von vier Ex-Präsidenten. Tagesspiegel
USA:
Der US-Bundesstaat Florida hat innerhalb eines Tages mehr als 11.400 Neuinfektionen mit dem Coronavirus verzeichnet - so viele wie noch nie seit Beginn der Pandemie. Die am Samstag von der lokalen Gesundheitsbehörde veröffentlichte Zahl für Freitag markiert eine weitere dramatische Zunahme an Fällen in dem Bundesstaat mit rund 20 Millionen Einwohnern.
Deutschland, Weltweit, aktuelle Zahlen:
Mit Stand Samstag gab es in Deutschland 6841 aktive Fälle. Weltweit gibt es der Johns-Hopkins-Universität zufolge rund 11,1 Millionen Infektionsnachweise, mehr als 525.000 Menschen starben an oder in Verbindung mit Covid-19.
USA kaufen nahezu alle Bestände von Remdesivir auf
Die Trump-Regierung hat sich fast alle Remdesivir-Bestände für die kommenden Monate gesichert. Experten zeigen sich beunruhigt, für Europa bleibe nichts übrig.
Die USA haben offenbar die Bestände von Remdesivir der nächsten drei Monate aufgekauft – einem nachweislich gegen das Coronavirus helfenden Medikament. Das berichtete der Guardian. Wir wollen, soweit es geht, sicherstellen, dass jeder US-amerikanische Patient, der Remdesivir benötigt, es auch bekommen kann
, sagte der US-Gesundheitsminister Alex Azar nach Angaben des Berichts. Die Trump-Regierung unternehme alles in ihrer Macht Stehende, um mehr über lebensrettende Behandlungen für Covid-19 zu lernen und den Zugang für das US-amerikanische Volk zu sichern.
Remdesivir gilt als Hoffnungsträger in der Behandlung von Covid-19-Patienten und ist bereits in einigen Ländern, darunter den USA, in Notfällen zur Behandlung zugelassen. Die ersten 140.000 Dosen sind weltweit aufgebraucht. Die USA haben inzwischen mehr als 500.000 Dosen gekauft, was der gesamten Produktion von Gilead für Juli und 90 Prozent der Monate August und September entspricht.
Experten zeigen sich laut Guardian beunruhigt über das einseitige Vorgehen der USA, vor allem mit Blick auf einen Impfstoff gegen das Coronavirus. Die USA hätten Zugang zum größten Teil der Remdesivir-Bestände, sagte Andrew Hill von der Universität Liverpool, also gebe es nichts für Europa.
Trudeau warnt vor Überbietungswettbewerb
Der kanadische Premierminister Justin Trudeau warnte vor unbeabsichtigten negativen Folgen, wenn die USA ihre Verbündeten weiterhin überböten. Wir wissen, es liegt in unser beider Interesse, gemeinsam und kooperativ für die Sicherheit unserer Bürger zu arbeiten
, sagte er laut Guardian.
Das von Gilead hergestellte Medikament wurde ursprünglich gegen das Ebolavirus erfunden, es hatte jedoch nicht gewirkt. Zwischenergebnisse verschiedener Studien bescheinigen Remdesivir, dass es die Infektionen mit dem Coronavirus ausbremsen kann und die Symptome schwer erkrankter Patienten mildert. Das Mittel ist nach Angaben des Guardian für Gilead patentiert, demnach kann kein anderes Unternehmen das Medikament herstellen.
Der Preis für eine fünftägige Behandlung soll 2.340 Dollar pro Patient betragen, wie das Unternehmen mitteilte. Für Privatpatienten sollen es 3.120 Dollar sein. Experten hatten gefordert, Gilead dürfe die Pandemie nicht für Profitzwecke ausnutzen. Der nun festgelegte Preis liegt unter den 5.080 Dollar, die die US-Forschungsgruppe für Arzneimittelpreise (ICER) empfohlen hat.
In den USA ist die Zahl der mit dem Coronavirus Infizierten so stark gestiegen wie noch nie seit Beginn der Pandemie. Innerhalb eines Tages gab es Reuters-Daten zufolge mehr als 47.000 neue Infektionen. Kalifornien, Texas und Arizona haben sich zu neuen Epizentren entwickelt. Es sei eindeutig, dass es momentan keine wirkliche Kontrolle gebe, sagt US-Seuchenexperte Anthony Fauci vor einem Senatsausschuss. Er befürchtet, dass die tägliche Zahl an Neuinfektionen bis zu 100.000 betragen könnte, sollte nicht gegengesteuert werden. ZEIT ONLINE, Reuters, kzi
Vereinigte Staaten: Infektionsrekord am Unabhängigkeitstag
Mehr als 57.000 Neuansteckungen binnen 24 Stunden: Das Virus breitet sich derzeit vor allem im Süden und Westen der Vereinigten Staaten aus. In den Vereinigten Staaten hat die Zahl der täglichen Neuansteckungen mit dem neuartigen Coronavirus einen neuen Höchststand erreicht. Innerhalb der vergangenen 24 Stunden wurden nach Angaben der Johns-Hopkins-Universität vom Freitagabend Ortszeit 57.683 neue Corona-Infektionen registriert. Damit wurden insgesamt bereit 2,79 Millionen Ansteckungen in den Vereinigten Staaten nachgewiesen. Die Zahl der Corona-Toten stieg um 728 auf 129.405 Fälle.
Die Vereinigten Staaten sind das am stärksten von der Corona-Pandemie betroffene Land weltweit. Schon in den vorherigen Tagen waren dort immer neue Höchststände der täglichen Neuinfektionen gemeldet worden. Das Virus breitet sich derzeit insbesondere im Süden und Westen des Landes aus.
Washingtons Chefvirologe Anthony Fauci hatte am Dienstag bei einer Anhörung im Senat gesagt, die Zahl der täglichen Neuinfektionen im Land könne sogar auf 100.000 ansteigen. Deswegen sei er sehr besorgt
.
Das Infektionsgeschehen überschattet auch den Nationalfeiertag der Vereinigten Staaten. Präsident Donald Trump will den Unabhängigkeitstag am Samstag ungeachtet der Corona-Krise mit einer Zeremonie in Washington unter dem Motto Salute to America
begehen. Frankfurter Allgemeine Zeitung
Brasilien: Bolsonaro agiert gegen Maskenpflicht
Brasiliens rechtsextremer Präsident Jair Bolsonaro hat sein Veto gegen eine vom Parlament beschlossene Maskenpflicht zur Eindämmung des Coronavirus eingelegt. Der Staatschef nutzte sein Vetorecht, um zwei Artikel aus einem Gesetz zu entfernen, die eine Mundschutzpflicht in Geschäften sowie in Kirchen vorsehen. Der Kongress muss Bolsonaros Veto nun prüfen und dann entscheiden, ob er diesem nachkommt.
Der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat eine Maskenpflicht in der Öffentlichkeit verabschiedet, allerdings in abgeschwächter Form. Bürgerinnen und Bürger sollen einen Mund- und Nasenschutz demnach auf Straßen und in Bussen und Bahnen tragen, aber Bolsonaro legte sein Veto gegen eine Maskenpflicht in Kirchen, Schulen, Geschäften und Produktionshallen ein. Menschen dort eine Maske aufzuzwingen, könne gegen die Eigentumsrechte verstoßen, argumentierte Bolsonaro.
Er entschied sich außerdem gegen eine Verordnung, die seine Regierung verpflichtet hätte, Masken an schutzbedürftige Gruppen auszuhändigen und Gleiches von Unternehmen für ihre Mitarbeiter verlangt hätte.
Am Donnerstag meldete Brasilien seinen zweithöchsten Anstieg bei den Neuinfektionen pro Tag, es waren mehr als 48 000. Im gesamten Land haben sich fast 1,5 Millionen Menschen mit dem neuen Coronavirus angesteckt. Brasilien steht damit nach den USA weltweit auf Platz zwei. BR24
WHO korrigiert Meldungsursprung im Pandemieablauf
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ihre Darstellung des Ablaufs der Corona-Pandemie korrigiert: Demnach kam die ursprüngliche Meldung über den Ausbruch einer neuartigen Infektion nicht von den chinesischen Behörden, sondern von ihrem eigenen Büro in der Volksrepublik. In der Corona-Chronologie der WHO heißt es jetzt, das WHO-Büro in China habe am 31. Dezember 2019 die Information weitergeleitet, dass es laut der Website der Gesundheitskommission von Wuhan dort eine virale Lungenentzündung
gebe.
Die WHO hatte am 09. April 2020 eine erste Fassung der Chronologie und damit auch auf Kritik reagiert, sie habe zu spät auf die Corona-Infektionen reagiert. In dieser ursprünglichen Fassung hieß es lediglich, die Gesundheitskommission der Stadt Wuhan habe am 31. Dezember über Fälle von Lungenentzündung informiert. Wie diese Information die WHO in Genf erreichte, teilte die UN-Unterorganisation damals nicht mit. BR24
USA bekommen Corona nicht in den Griff
Schlimme Pandemie-Zahlen - doch laut Trump ist alles unter Kontrolle
. Mehr als 50.000 Neuinfektionen an einem Tag - und US-Präsident Trump spricht über scheinbar gute Arbeitslosenzahlen. Nun wird er auch aus eigenen Reihen attackiert. Die Corona-Epidemie droht in den USA außer Kontrolle zu geraten. Die Johns-Hopkins-Universität meldete allein für den Mittwoch rund 50.700 Neuinfektionen. Für den Donnerstag verzeichnete die Nachrichtenagentur Reuters dann schon rund 55.000 Fälle. Auch in der vergangenen Woche wurden schon deutlich mehr Corona-Fälle registriert als in den Wochen zuvor.
An den meisten Tagen waren es mehr als 40.000 pro Tag – und damit mehr als beim bisherigen Höhepunkt der Pandemie in den USA im April und Mai.
Laut New York Times
steigen die Infektionsraten in 38 der 50 Bundesstaaten. Besonders betroffen sind Florida, Texas, Arizona, Georgia und Kalifornien, alles Staaten, die sehr früh Schutzmaßnahmen wieder gelockert haben.
Nun werden die Lockerungen vielerorts wieder rückgängig gemacht, und mehrere Staaten verschieben ihre Pläne zur Wiederöffnung. Insgesamt kommen die USA, die mehr als 320 Millionen Einwohner haben, auf inzwischen über 2,6 Millionen Infektionen und mindestens 128.000 Tote seit Beginn der Pandemie, mehr als in jedem anderen Land.
Trump: Die Krise entwickelt sich gut
US-Präsident Donald Trump, dem vorgeworfen wird, die Krise zu verharmlosen und nicht in den Griff zu bekommen, nutzte die neuen Arbeitslosenzahlen am Donnerstag, um die Arbeit seiner Regierung zu loben.
Zwar müssten mancherorts noch ein paar Brände gelöscht
werden, erklärte er bei einem Pressebriefing im Weißen Haus. Aber er glaube, die Krise entwickle sich gut, sie sei unter Kontrolle
. Was passiere, sei nicht nur reines Glück, sondern gehe auch auf viel Talent
zurück. Zuvor hatte er behauptet, das Virus werde einfach verschwinden
.
Die Arbeitslosenzahlen klingen auf den ersten Blick tatsächlich vielversprechend, und sie sind auch besser als Experten erwartet hatten.
Nach den Lockerungen der Corona-Beschränkungen sank die Arbeitslosenquote im Juni den zweiten Monat in Folge deutlich: von 13,3 Prozent im Mai auf 11,1 Prozent, wie die Regierung mitteilte. Die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft stieg um 4,8 Millionen an – fast die Hälfte dieser neuen Jobs ging auf das Gastgewerbe zurück, das seinen Betrieb weitgehend wieder aufnehmen konnte.
Die neue Entwicklung ist in den Arbeitslosenzahlen nicht enthalten
Die Arbeitslosenquote für Juni beruht allerdings auf Daten, die nur bis zur Mitte des Monats erhoben wurden und damit die möglichen Auswirkungen der aktuellen dramatischen Zuspitzung der Pandemie noch nicht beinhalten. Außerdem beantragten in der Woche bis einschließlich 27. Juni erneut rund 1,4 Millionen Arbeitslosenhilfe, ähnlich viele wie in der Vorwoche.
Damit erhalten immer noch rund 20 Millionen Menschen reguläres Arbeitslosengeld, wie das Arbeitsministerium mitteilte. Infolge der Corona-Krise verloren in den USA seit Mitte März zeitweise mehr als 45 Millionen ihren Job.
Diese Entwicklung wirkt sich auch auf die Zuversicht der Amerikaner aus. In einer aktuellen Umfrage des Pew Research Centers in Washington erklärten 87 Prozent der Befragten, ihr Land bewege sich in die falsche Richtung. Da in etwas mehr als vier Monaten ein neuer Präsident gewählt wird, wächst der Druck auf Trump, positive Nachrichten zu produzieren.
Ehemalige Mitarbeiter von George W. Bush machen Wahlkampf für Joe Biden
Auch innerhalb seiner Partei steigt die Unzufriedenheit mit dem Präsidenten. Am Mittwoch wurde bekannt, dass sich rund 200 Mitarbeiter des früheren republikanischen US-Präsidenten George W. Bush im Wahlkampf gegen den Amtsinhaber engagieren wollen. Ihr Ziel sei die Wahl des designierten demokratischen Kandidaten Joe Biden, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters.
Die Gruppe mit dem Namen "43 Alumni für Biden" plane unter anderem Videokampagnen und Aktionen zur Wahlbeteiligung in besonders umkämpften Bundesstaaten. Ein Sprecher betonte, die meisten dieser früheren Mitarbeiter der Bush-Regierung sähen sich weiterhin als Republikaner. Eine Niederlage Trumps sei aber wichtiger als jede Parteipolitik.
Trumps Wahlkampfteam kritisierte das Vorgehen dieser Gruppe. Dies sei ein weiterer Beleg für die Versuche des politischen Establishments
, dem legitim gewählten Präsidenten zu schaden. Tagesspiegel, Juliane Schäuble
Strafanzeige gegen Hendrik Streeck
Gegen den Bonner Virologen Hendrik Streeck liegt eine Strafanzeige u.a. wegen Betrugs im Zusammenhang mit der Heinsberg-Studie vor. Laut des Wirtschaftsmagazins Capital
und dem Bonner General-Anzeiger
ist die Strafanzeige vergangene Woche bei der Polizei eingegangen und wird derzeit von der Staatsanwaltschaft geprüft. Streeck wird vorgeworfen, Forschungsergebnisse erfunden und Falschangaben gemacht zu haben. Tagesspiegel
Chinesen warnen vor der Wiederkehr der Schweinegrippe
Eine Pandemie-Warnung zum ungünstigsten Moment. Forscher aus Peking haben einen Influenzavirus-Typ im Visier, der in Schweinemast-Hochburgen immer dominanter wird. Menschen stecken sich an – doch die akute Gefahr ist unklar. Grippe-Spezialisten warnen vor einem neuen Influenza-Stamm mit Pandemie-Potential. Nicht zum ersten Mal. Das hat es in den vergangenen Jahren immer wieder gegeben, auch lange nach dem kurzen Aufflackern der Schweinegrippe-Pandemie vor elf Jahren. Die neue Warnung jedoch dürfte viele ins Mark treffen, denn sie kommt mitten in der ungelösten Coronavirus-Pandemie und der Debatte um seuchenanfällige Massentierbetriebe zu einem denkbar ungünstigsten Moment. Der G4-Genotyp der Schweinegrippe-Reassortanten besitzt inzwischen alle entscheidenden Merkmale, das es zu einem Kanidaten für eine Influenza-Pandemie macht
, schreibt eine Gruppe chinesischer Influenza-Forscher in den PNAS
, der publizistischen Bühne der amerikanischen Nationalen Wissenschaftsakademien – ein weltweit bedeutendes und vor allem auch breit wahrgenommenes Wissenschaftsmagazin.
Sars-CoV-2 und die Grippe gleichzeitig im Umlauf, wohlgemerkt: eine gewöhnliche Influenza – schon dieses Szenario gilt den Seuchenexperten als der perfekte Sturm
. Für den kommenden Herbst und Winter wäre das ein realistisches Szenario – Intensivstationen kämen womöglich schnell ans Limit. Aber ein veritables Pandemie-Influenzavirus und das neue Coronavirus zusammen? Noch ist es nicht soweit. Und vielleicht wird es auch gar nicht dazu kommen, bis tatsächlich Corona-Impfungen verfügbar sind. Zweifellos aber liefert die Studie der chinesischen Virologen um Honglei Sun, die von Veterinärmedizinern aus Peking und dem Frühwarnzentrum der chinesischen Wissenschaftsakademie vorgenommen wurde, wenige beruhigende Erkenntnisse. In mindestens zehn chinesischen Provinzen, in denen man die dort massenhaft gezüchteten Schweine und Schweinefabrikarbeiter auf Influenzaviren hin stichprobenartig seit 2011 untersucht hat, hat sich seit 2013 ein neuer, für Menschen infektiöser Influenzavirus-A-Typ etabliert: G4.
Auffallend offensiver Alarm
Ein Zehntel der Arbeiter in Schweinefabriken soll bereits Kontakt zum Virus gehabt haben. Zwischen 2016 und 2019 haben sich insbesondere in den Massentierfarmen viele Menschen mit dieser besonderen Influenza-Variante angesteckt. Aktuellere Daten aus 2020 werden nicht geliefert. Das zumindest lässt etwas hoffen. Der spezielle Virusstamm, Genotyp G4, war auch schon anderen Wissenschaftlern in den Labors aufgefallen, und auch diese Analysen liegen schon zwei, drei Jahre zurück. Das spricht zumindest dafür, dass offenbar eine ganz unmittelbare Pandemiegefahr noch nicht besteht. Trotzdem alarmieren die chinesischen Experten auffallend offensiv.
Bisher sind weniger als eine Handvoll Infizierte mit neuen, auffälligen Schweinegrippevarianten in China erfasst worden. Die beiden jüngsten Fälle – ein 46jähriger Erwachsene und ein neunjähriges Kind – stammen aus den Jahren 2016 und 2019 und haben sich mit dem G4-Genotypus infiziert. Genau der Typ, dem die Forscher unter einer Handvoll anderer Seuchenkandidaten ihre ganze Aufmerksamkeit schenken. Was ist das Besondere an diesem Erreger?
Erst einmal handelt es sich bei ihm wie bei vielen, immer wieder neu auftauchenden genetische Varianten um eine sogenannte Reassortante aus Schweinen. Reassortanten sind neue Viren-Mischungen. Schweine sind als idealer Mischungsbehälter
für Influenzaviren notorisch bekannt, seit vielen Jahrzehnten. Sie haben viel Kontakt und eine große Nähe zu Menschen, auch zu Vögeln und anderen Tieren, auch und gerade in den chinesischen Provinzen. Gleichzeitig sind die hygienischen Bedingungen in der immer stärker expandierenden Massenhaltung und auch die Verarbeitung geradezu optimal für die schnelle Erregerausbreitung. Zudem stehen uns Schweine genetisch und damit in vielen molekularbiologischen Details so nahe, dass die Viren nicht sehr große molekulargenetische Sprünge machen müssen. Solche Sprünge kommen immer wieder vor: Kleine genetische Sprünge – Mutationen – geschehen praktisch bei jeder Virusvermehrung, wegen der hohen Fehlerrate beim Kopieren des RNA-Genmaterials bei Influenzaviren sogar ausgesprochen häufig (im Unterschied übrigens zu Coronaviren, die eine weniger fehleranfällige Kopiermaschine – RNA-Polymerase – besitzen). Es kommt zu einer Drift der Virusmerkmale.
Diese Antigendrift
sorgt dafür, dass jedes Jahr genau hingesehen werden muss, welche Grippevirusstämme kursieren – und dass Impfstoffe erneuert werden müssen. Bei den verschiedenen Reassortanten allerdings, die den chinesischen Forschern in den Schweinefarmen aufgefallen sind, handelt es sich um größere genetische Sprünge: Ganze Genfragmente werden ausgetauscht. Sind die Schweine dazu noch von unterschiedlichen Viren befallen, die sich davor im Menschen angepasst haben, in Geflügel oder eben in Schweinen, können beim Zusammenbau der Virusanteile in den Zellen in kürzester Zeit neue Virenvarianten entstehen, die dann Genschnipsel von Menschen, Schweinen und Vögeln gleichzeitig enthalten. Dieses genetische Roulette kann die Gefährlichkeit für Menschen grundsätzlich dramatisch erhöhen. Dann nämlich, wenn quasi die ungünstigsten Eigenschaften unterschiedlicher Influenzaviren zusammengewürfelt werden und damit eine Verwandlung der Virusmerkmale, ein "Antigen-Shift", beschleunigt wird. Plötzlich ist das Virus molekular so stark umgestaltet, dass es von unseren Immunzellen und Anti-Grippe-Antikörpern nicht mehr neutralisiert werden kann – jedenfalls nicht kurzfristig ohne Impfstoff. So war es auch für die Spanische Grippe 1918 und ebenso für die Asiengrippe 1957 und in den achtziger Jahren die Hongkong-Grippe möglich, zu Pandemieviren zu werden.
Bei dem neuen G4-Influenza-Genotyp handelt es sich um eine besondere Neukombination, die aus dem H1N1-Influenzavirus hervorgegangen ist, das 2009 die Schweinegrippe-Pandemie ausgelöst hatte. Seit dieser Zeit haben sich H1N1-Virenvarianten nicht nur in der menschlichen Populationen etabliert (neben den sehr stark verbreiteten Nachfahren
der Hongkonggrippe (H3N2), sondern offenbar auch in den riesigen Schweinepopulationen Chinas. Das zeigen die Daten der chinesischen Veterinäre. Angereichert ist das H1N1-Viruserbgut vom Genotyp G4 in seinen acht Genen zudem durch weitere, fremde RNA-Sequenzen aus Vogel- und Menschenviren. Über so ähnliche Reassortanten mit Gen-Elementen der H1N1-Schweingerippe, Vogelgrippe und dem in menschlichen Populationen kursierenden Triple
-Stamm berichteten bereits vor drei Jahren dänische Wissenschaftler. Offenbar haben sich also auch in europäischen Schweinemastbetrieben ähnliche Virenkombinationen etabliert.
Was die chinesische G4-Variante nun besonders problematisch macht, hat sich nun in den Analysen der Schweinemastbetriebe in zehn chinesischen Provinzen und den anschließenden Laborexperimenten gezeigt. Der G4-Genotyp hat dort in Mastschweinen die anderen Virustypen in nur zwei, drei Jahren praktisch völlig zurück gedrängt. 2013 war G4 zum ersten Mal vereinzelt beschrieben worden. Der Virustyp ist infektiöser – und das gilt auch für das Ansteckungspotential für den Menschen. Im klassischen Tierversuchsmodell, dem Frettchen, überträgt er sich durch direkten Kontakt und durch Tröpfcheninfektion offenbar besser als jede andere Virusvariante. Mehr noch: Die G4-Variante rief bei den Tieren auch deutlich stärkere Grippesymptome hervor. Eine der entscheidenden Bindungsstelle auf dem Virusoberflächenmolekül Hämagglutinin ist besser an die entsprechende Andockstelle auf Zellen des Menschen angepasst als an Schweine- oder Vogel-Rezeptoren. Entsprechend gut vermehrte es sich bei Zellkulturexperimenten in menschlichen Lungenepithelzellen.
Was aber heißt das für die Gefährlichkeit des Virus? Erst einmal nur so viel, dass das G4-Virus sich schnell an den Menschen angepasst hat, also auch leichter als die älteren Schweinegrippestämme von Mensch zu Mensch übertragen werden kann, und dass es in Tieren aggressiver ist. Um zu klären, ob wirklich ein erhöhtes Pandemie-Risiko besteht, musste ebenso die Situation beim Wirt untersucht werden. Die Gretchenfrage: Gibt es eine Immunität? Sie hatte letzten Endes zu Beginn der Schweinegrippe-Pandemie 2009 niemand beantworten können, weshalb sich auch die Fachleute damals in ihren Pandemie-Prognosen erheblich verschätzt haben. Gibt es also womöglich im Menschen eine Immunität gegen den neuen Virustyp durch die Begegnung mit früheren Virenstämmen – eine Kreuzimmunität? Die gibt es wohl tatsächlich bei einigen der unterschiedlichen Reassortanten, die man bei dem Screening der Schweinefarmen über die Jahre sowie bei den Tests an mehr als 380 Schweinefabrikarbeiter identifiziert hat. Nicht so jedoch bei dem Genotyp G4, behauptet das chinesische Team.
Das Blutserum von Vierjährigen, die zuvor gegen die gängigen, kursierenden Virentypen geimpft worden waren und gegen dieselben auch mit starken Immunantworten reagierten, schlugen bei den Immuntests quasi gar nicht auf die H1N1-Viren vom G4-Typ an. "Die Impfstoffe gegen die saisonale Grippe bietet derzeit keinen Schutz." Das war bei der H1N1-Schweinegrippe 2009 zwar ähnlich, allerdings gab es vor allem bei den besonders empfindlichen älteren und krankheitsbedingt vorbelasteten Risikopersonen sehr viele, die ihren ersten Kontakt in ihrer Kindheit mit dem alten H1N1-Grippevirus hatten und deshalb offenbar auch ganz gut geschützt waren.
Zusätzlich ungünstige Altersverteilung
Was also ist zu erwarten von dem vermehrungsfreudigen G4-Virus? Prognosen wagen die Wissenschaftler keine. Die Beobachtung aber, dass bei den Schweinezüchtern zusammen gut zehn Prozent und bei Menschen in ihrer Umgebung, die keinen direkten Kontakt zu infizierten Schweinen hatten, ebenfalls ein Teil schon im Blut IgG-Antikörper trägt – mit dem Virus also Kontakt hatte – werten die Forscher als Alarmzeichen. In vier Schweinefabriken war sogar jeder siebte Arbeiter im Antikörpertest positiv getestet worden.
Die Geschwindigkeit, mit der das neue Virus die menschliche Population erreicht und alte Virusstämme verdrängt hat, beunruhigt die Wissenschaftler offenbar sehr. Zusätzlich ungünstig sei die Altersverteilung: Fast jeder fünfte (9 von 44 Fabrikarbeiter) gehörte zur jüngeren Gruppe der 18- bis 35-jährigen. Jüngere (und damit als Virusverbreiter aktivere) Menschen hätten ein höheres Infektionsrisiko, so die Wissenschaftler in ihrer Veröffentlichung. Allerdings steht dem die epidemiologische Realität im ganzen Land gegenüber: Die im Labor ermittelte höhere Pathogenität und Virulenz ist jedenfalls in den landesweiten Datensammlungen bisher nicht aufgefallen. Massenhafte Infektionen mit Genotyp G4 haben sich offensichtlich erst einmal (noch?) nicht in den Krankheits- und Sterbedaten niedergeschlagen. Dennoch wiederholen die chinesischen Wissenschaftler in dem PNAS-Paper mehrfach ihre Pandemiewarnung – auch womöglich wegen der bis in die Corona-Pandemie hinein immer wieder gehörten Vorwürfe, das Reich der Mitte würde mit Infektionsdaten nicht transparent genug umgehen. F.A.Z., Joachim Müller-Jung
Bin ich immun?
Antikörper im Blut gelten als sicherer Nachweis einer durchgemachten Corona-Infektion. Doch laut neuester Studien sind sie manchmal schon nach wenigen Wochen nicht mehr messbar. Solange es keinen Impfstoff gibt, scheint es die einzige Möglichkeit zu sein, einigermaßen angstfrei auf die Corona-Pandemie zu blicken: Das Wissen, dass man selbst die Infektion mit Sars-CoV-2 bereits hinter sich hat und damit wohl für eine gewisse Zeit immun ist gegen dieses Virus. Zumindest gingen Wissenschaftler bislang davon aus, dass Menschen nach einer durchgemachten Infektion mit dem neuartigen Coronavirus nicht direkt wieder angesteckt werden können - und somit das Virus auch nicht unbemerkt erneut weiterverbreiten.
Zwischenzeitliche Meldungen aus Südkorea, dass sich Genesene reinfizierten, stellten sich im Nachhinein als falsch heraus.Als Nachweis für eine Immunität gelten bisher vor allem bestimmte Antikörper im Blut, die sich in der Regel nach einer Sars-CoV-2-Infektion ausbilden. Allerdings kann es mehrere Wochen dauern, bis diese Antikörper in nachweisbarer Menge vorhanden sind, weshalb im frühen Stadium nach der Genesung eines Patienten manchmal gar keine Antikörper gefunden werden, ein oder zwei Wochen später aber sehr wohl. Allerdings gibt es offenbar auch Menschen, die trotz einer zuvor bestätigten Corona-Infektion auch nach Wochen keine signifikante Zahl bestimmter Antikörper gebildet haben, wie eine Studie der Uni Lübeck zuletzt zeigte.
Die Forscher hatten den Antikörperspiegel im Blut der Teilnehmer im Abstand von mehreren Wochen gemessen, was ein differenziertes Bild zeichnet als einmalige, großflächige Screenings. Bei letzteren geht es oft eher darum, eine Dunkelziffer von Infizierten zu schätzen oder Unterschiede zwischen einzelnen Altersgruppen aufzuzeigen wie zum Beispiel bei der Studie der Uni Heidelberg, die herausfinden wollte, ob Kinder sich häufiger anstecken als Erwachsene. Dafür können auch breit angelegte Studien mit einmaligen Tests Hinweise liefern, weil einzelne nicht erkannte Infizierte das Gesamtergebnis nicht groß verzerren. Aktuell laufen zudem auch in Deutschland mehrere Untersuchungen, bei denen Menschen über Monate hinweg immer wieder auf Antikörper getestet werden, wie zum Beispiel an der LMU München.
Doch Wissenschaftler beschäftigt auch eine andere Frage: Wie hält dieser körpereigene Schutz an? Womöglich nicht sehr lange, sagt eine neue Studie chinesischer Wissenschaftler, die im Fachmagazin Nature Medicine veröffentlicht wurde. Das könnte besonders für Menschen gelten, die während der Infektion keinerlei Symptome entwickelt haben. Die Forscher verglichen 37 Corona-Infizierte ohne Symptome in der chinesischen Region Wanzhou mit der gleichen Anzahl Menschen, die Symptome zeigten. Sie fanden heraus, dass das Immunsystem asymptomatischer Personen weniger stark auf das Virus reagiert hatte als das von Menschen mit Symptomen.
Ein sogenannter Immunitätspass
ergibt keinen Sinn
Nach drei Monaten war der Antikörperspiegel bei 40 Prozent der asymptomatischen Menschen auf ein nicht mehr nachweisbares Level gesunken, verglichen mit nur 13 Prozent bei den symptomatischen Personen. Diese Werte machen zunächst einmal deutlich, dass die Idee, eine Art Immunitätspass
einzuführen, wie es zwischenzeitlich auch in Deutschland im Gespräch war, keinen Sinn ergibt. Denn der Nachweis einer solchen Immunität wäre vermutlich über diese Antikörper im Blut erfolgt.
Doch heißt das automatisch, dass Menschen ohne nachweisbare Antikörper nicht immun sind? Nicht unbedingt. Studien, die sich nur auf bestimmte Antikörper fokussieren, berücksichtigen oft nicht, dass es daneben auch Immunzellen im Körper von Genesenen gibt, die das Virus selbst bekämpfen oder wieder Antikörper bilden, wenn es erneut eindringt. Auch gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse, wie hoch der Antikörperspiegel sein muss, um vor einer erneuten Ansteckung zu schützen.
In der Studie aus China, die insgesamt 178 Corona-Infizierte umfasste, zeigten zwanzig Prozent der Untersuchten keine Symptome. Dennoch hatte etwa ein Drittel von ihnen die für Covid-19 charakteristischen Lungen-Schatten
und weitere Anomalien bestimmter Zellen. Die Studie fand zudem heraus, dass auch symptomfreie Menschen Viren ausschieden, und dies sogar länger als diejenigen, die Symptome hatten. Das könnte ein weiterer Hinweis darauf sein, dass auch Menschen ohne Symptome in der Lage sind, andere anzustecken. Süddeutsche Zeitung