Meine Kriegserlebnisse 1940 - 1945
Kapitel 21
Einzige Brücke von Jabos zerstört
Einige hundert Meter weiter kommen uns Kaschubowski und Bergmann von unserer Kompanie entgegen, die nachschauen sollten, was aus uns geworden ist, da wir keine Zeit mehr hatten, uns mit dem Funkgerät abzumelden. In der Feuerstellung ist bald alles auf zwei LKW's geladen und wir fahren los. Leider ist die einzige Brücke hinter uns am Nachmittag von Jabos zerstört worden und wir müssen auf der Küstenstraße nach Süden in Richtung Feind fahren und versuchen, eine Abzweigung nach Osten vor den britischen Panzern zu erreichen, die auf derselben Straße nach Norden rollen. Wir schaffen es und fahren nun auf dem harten Ufersand der Adria nach Norden. Hier ist eine Eisenbahnbrücke zur Not befahrbar gemacht worden, doch ist sie von einem Tigerpanzer versperrt, der sich bemüht, gerade einen anderen Tiger mit Getriebeschaden darüber zu schleppen, was ihm aber infolge der geringen Breite der Brücke nicht gelingt. Unsere LKW's müssen warten und wir suchen unter den eisernen Brückenträgern Schutz, da die Brücke unter schwerem Feuer liegt. Schließlich geben die Panzerleute auf, der schadhafte Tiger wird zurückgestoßen und gesprengt, wir können weiterfahren und landen endlich in einem Hafenstädtchen an der Adriastraße, das zur Abwechslung unter dem Feuer schwerer Schiffsgeschütze liegt, das uns aber keinen Schaden zufügt. Ich schlafe kaum zwei Stunden, da muss ich schon wieder mit der B-Stelle auf Pelzers Krad los. Es ist ein klarer Morgen mit starkem Jabobetrieb. Eine Spitfire überfliegt uns in etwa 30 m Höhe. Während sie jedoch zum Angriff wendet, fährt Pelzer das Krad in einen kleinen buschbewachsenen Seitenweg herein. Der enttäuschte Tommy kann uns plötzlich nicht mehr entdecken und beschießt in seiner Verwirrung die leere Straße. Wir haben auch weiterhin Glück und finden noch zweimal Deckung vor Jabos bei einzelnen Gehöften. Sonst ist die Straße völlig baum- und strauchlos. Nachdem er uns glücklich an unser Ziel, diesmal ein altes Kloster, gebracht hat, fährt Pelzer wieder los. Im großen Kellergewölbe dieses stabilen Bauwerkes herrscht ein gewaltiger Trubel, es sind da mindestens zwei Bataillonsgefechtsstände, ein Truppenverbandsplatz, einige Kompaniegefechtsstände, sieben Funkstellen und noch einige Panzerbesatzungen, die ihre Panzer hinter dem Kloster stehen haben. Diese verleiten zwei Jabostaffeln zum Angriff. Sie treffen nur unser Kloster, aber keinen der Panzer. Auch englische 14 cm-Kanonen beschießen dauernd unser Gebäude, kein Wunder, mit sieben Funkstellen, die bestimmt angepeilt worden sind! Ein Glück, dass das Gebäude so fest ist. Ich bin leider nur zur Dekoration hier, denn meine Funker können mit ihrem Dora-Gerät, das wir erst seit zwei Tagen haben, keine Verbindung bekommen, außerdem habe ich gestern sämtliche Munition bis auf zwanzig Granaten verschossen und es ist noch kein Nachschub gekommen. Zum Glück greift der Tommy nicht an.
Am Abend kommt wieder Absetzbefehl und wir marschieren mit dem Btl.-Stab unter Lt. Meyer los. Es ist stockdunkel, nur im Süden leuchtet die übliche Galerie der englischen Scheinwerfer zu uns herüber, eine Sache, die der Feind erst seit Beginn der Adriaschlacht eingeführt hat, kein Mensch weiß so recht, warum.
Wir marschieren etwa 10-15 km, dauernd im Feuer der englischen 14 er Batterien. Ein Mann vom Stab fällt dabei. Schließlich kommen wir an unser Ziel, ein Gehöft an der Straße, einige Kilometer südlich von Cesenatico und fallen sofort in Schlaf. Die britische schwere Artillerie schießt auch noch heftig bis hierher. Am Vormittag kommt wieder mal Lt. Hickmann und bringt uns diesmal eine Torte mit. Gegen Mittag verlegen wir etwa 1-2 km weiter nach Norden. Wegen der zudringlichen Jabos müssen wir uns truppweise im Straßengraben entlang schleichen. Unsere B-Stelle wird in einem Hause, etwa hundert Meter neben unserer Kompanie untergebracht. Hier schlafen wir uns erst einmal richtig aus. Anschließend erkunden wir in Cesenatico, etwa zwei Kilometer nordostwärts, eine Feuerstellung und den Kp.-Gef.-Stand und ziehen ein oder zwei Tage später dorthin um. Es ist dabei ziemlich ruhig. Am gleichen Tage muss meine B-Stelle wieder vor, wieder mal zur 6. Kompanie von Lt. Weck. Am Abend fahren wir mit dem Krad los und finden die 6., die gerade in ihre Stellung einrückt. Wir schließen uns an und stapfen durch hohen Dreck bis zum neuen Gefechtsstand der 6. Kompanie, wie üblich ein Bauerngehöft.
Die Regenzeit hat begonnen, die Wiesen und Feldwege sind hier, so nahe am Ufer der Adria, sehr morastig. Einige Dutzend Zivilisten, die sich hier zusammengefunden haben, müssen verschwinden, nur die Hausbewohner dürfen hierbleiben. Leider laufen die Italiener feindwärts, statt, wie wir ihnen gesagt hatten, nach Norden. Sie verkriechen sich in einem anderen Hause und haben sofort durch das englische Artilleriefeuer Tote und Verwundete. Erst dann gehen sie nach hinten.
Wir schlagen unser Quartier am besten Platz, unter der Holztreppe auf und langweilen uns. Ich spiele mit einem Feldwebel der 6. ein paar Partien Schach, der Tommy hat eine Pause eingelegt. Nur seine Artillerie und seine Jabos sind wie immer aktiv.
Lt. Weck bekommt Malaria und soll ins Lazarett. Auch ich werde abgelöst, eines Tages kommt Bengelsdorf mit dem Krad angefahren und übernimmt die B-Stelle. Ich fahre zum Gefechtsstand nach Cesenatico und noch am gleichen Abend mit Fw. Groß, unserem Fourier, zum Tross in ein Dorf weiter rückwärts. Ich komme gerade noch zurecht, den zweiten Teil eines großen Gelages mitzumachen.
Meine Quartiergenossen sind mein alter (seit 1940) Kamerad Georg Schulz und Paul Sörgel, unser Sanitätsoberfeldwebel. Ich soll hier die Ausbildung unserer Melder und Richtkreisleute übernehmen, eine sehr angenehme Aufgabe, die nur zwei Stunden täglich in Anspruch nimmt.
Nach ein paar Tagen kommt Lt. Hickmann angefahren und lässt mich rufen. Er gratuliert mir zum EK 1 (es war gerade ein Funkspruch von der Division gekommen) und heftet mir sein eigenes an. Gleichzeitig hat es auch Bengelsdorf bekommen.