Kanaken, Kannibalen, mein Opa und ich
Kapitel 8:
Ein Mythos
Die auf Papua-Neuguinea erzählten Legenden und Geschichten fangen nicht mit unserem Es war einmal…
an, wie man uns erzählte, sondern zunächst erzählt das Märchen meist von dem Tod aller Ahnen, wie der Eltern, Großeltern und sonstiger Vorfahren. So auch in folgender Geschichte:
Die verbleibenden sechs Kinder müssen sich nun ohne die Eltern durchs Leben schlagen. Das älteste der Geschwister kümmert sich um seine jüngeren Geschwister. Sie sind alle hungrig; doch haben sie kein Feuer, um etwas zum Essen zu kochen. Das älteste der Geschwister schickt das jüngste zum Nachbarn, um Feuer zu holen. Die Kinder wissen nicht, dass die Nachbarn Kannibalen sind. Das Kind wird von den Kannibalen freundlich empfangen. Um sich Feuer zu nehmen, wird es in eine Ecke geschickt. Plötzlich ergreifen die Kannibalen das Kind und der Kannibalenvater schluckt es herunter.
Als das jüngste der Geschwister nicht nach Hause zurückkehrt, sagt das älteste unter ihnen:
Vielleicht hat es den Heimweg vergessen oder es hat sich verlaufen, ich bitte einen von euch, zum Nachbarn zu gehen, Feuer zu holen und das Geschwister mitzubringen.Aber auch dieses kommt nicht mit dem Feuer zurück. So wird ein Kind nach dem anderen zum Nachbarn geschickt, schließlich geht das älteste selbst. Allen geschieht Gleiches im Haus der Nachbarn. Jedes von ihnen wird verschluckt.
Im Bauch des Kannibalen beratschlagen die Geschwister gemeinsam, was sie unternehmen können, um sich zu retten. Sie drängeln und schieben so sehr, dass der Kannibale sich über die Aktivitäten in seinem Bauch und das Gepolter in ihm beklagt. Plötzlich enlieckt im dunklen Bauch des Kannibalen ein Kind, das es sein Bambusmesser noch in der Taille stecken hat. Es nimmt das Messer und schlitzt dem Kannibalen den Bauch von innen auf. Die Geschwister springen nun, eines nach dem anderen, aus dem Bauch des Kannibalen und sind gerettet.
In den Mythen der ethnischen Gruppen auf Neubritannien schlucken die Kannibalen, wie uns erzählt, grundsätzlich ihre Beute, weder nutzen sie die Worte fressen, noch kauen. Ähnlich werden auch in unseren Märchen, ich erinnere an Rotkäppchen oder die sieben Geißlein, die Märchenfiguren geschluckt und anschließend unversehrt aus dem Bauch befreit.