Teil 3 - Cöslin, 1864 bis 1870
Kapitel 1:
Ankunft in Cöslin
Unser Hauswirt Weber Rieck holte uns mit den beiden einzigen Droschken, die CöslinHeute: Koszalin. Sie liegt an der Ostsee und ist mit rund 108.000 Einwohnern eine Großstadt in der polnischen Woiwodschaft Westpommern. Bis in die 1920er Jahre galt die Schreibweise Cöslin, danach schrieb man KöslinSiehe Wikipedia.org [1] damals besaß, vom Bahnhof ab. Die Fahrt ging durch die ganze Stadt, da unsere Wohnung am entgegengesetzten Ende, Grünstraße 136, lag. Natürlich sahen wir in der abendlichen Dunkelheit von der ganzen Stadt nichts, hörten aber, als wir in der Wohnung bei einem frugalenschlicht, spärlich, karg (wird meist in Hinblick auf Speisen verwendet) Abendimbiss saßen, deutlich, wie es von dem Turm der Hauptkirche St. Marien halb zwölf schlug.
Die Grünstraße, zur Hohentor-Vorstadt gehörig, zog sich durch verschiedene Windungen ziemlich lang hin, war aber nur wenig bebaut. Unser Haus lag fast am äußeren Ende. Kaum hundert Schritt hinter ihm begann das freie Feld. Charakteristisch für die Grünstraße waren verschiedene Gartenstraßen, die seitwärts von ihr abführten und auf denen ziemlich minderwertige Bevölkerung wohnte, von deren Straßenjugend wir in der ersten Zeit, wo man uns die Unschuld vom Lande anmerkte, mancherlei zu leiden hatten.
Übrigens zeigte das Standbild wenig Bemerkenswertes. Sein Material war Sandstein. Der preußische Soldatenkönig war in der Tracht eines römischen Imperators dargestellt. Im Volkmund hieß das Standbild nur der Kurfürst. Es wurde erzählt, dass der Kronprinz, der nachmalige Kaiser Friedrich III., der als kommandierender General des pommerschen Armeekorps zu unserer Zeit wiederholt nach Cöslin kam, einmal in seinem Quartier, das den Blick auf das Standbild zeigte, die um ihn versammelten Offiziere gefragt hätte, wen es darstelle, und sich dann, als kein einziger eine andere Antwort zu geben gewusst als der große Kurfürst
, sich über ihre Unwissenheit höchlichst amüsiert hätte.
[2] Heute: Góra Chelmska, der Gollenberg, eine Erhebung östlich von Köslin in der polnischen Woiwodschaft Westpommern. Auf der höchsten Kuppe, dem Kreuzberg, erreicht er eine Höhe von 137 m