Teil 2 - Bärsdorf, 1857 bis 1864
Kapitel 2:
Menschen im Dorf
Meine Eltern hatten, besonders im Anfang, mit verschiedenen Bauernfamilien einigen Verkehr, gingen verschiedentlich zur Lichten
, d.h. zu zwangloser Unterhaltung nach dem Abendessen. Zu einigen Familien, besonders wo Kinder waren, wurden wir auch wohl mitgenommen. Am nächsten traten uns die Familien Gottfried Höfitz und Schlenker. Gottfried Höfitz war ein intelligenter Bauer und führte die längste Zeit, wo wir in Bärsdorf waren, das Schulzenamt. Sein ältester Sohn war Vaters erster Konfirmand. Die jüngeren waren teilweise in unserm Alter und wurden unsere bevorzugten Spielkameraden. Noch verschiedene Kinder wurden zu unserer Zeit geboren. Es gab aber auch wohl kein Haus in der Gemeinde, aus dem so viele Leichen herausgetragen wurden.
viel hübsche Kinder
wünschte. Mutter wollte das als zu undelikat gestrichen wissen. Vater aber erklärte lachend, sie solle mich nur gewähren lassen, da es jedenfalls mit derselben Unbefangenheit aufgenommen wie von mir ausgesprochen werden würde. In der Tat schoss ich mit diesem Wunsch den Vogel ab. Denn wenn ich später nach Bärsdorf kam und meine alte Freundin besuchte, verfehlte sie niemals, mit Stolz mir alle ihre Kinder der Reihe nach vorzuführen - es waren bei meinem letzten Besuch - glaube ich - ihrer sieben - um mir zu zeigen, wie mein Wunsch in Erfüllung gegangen.
Zu Hochzeiten wurden wir überhaupt öfter eingeladen, ebenso zu Erntefesten, deren jeder Bauer jährlich sein besonderes feierte und zu dem er jedes Mal einen zahlreichen Bekanntenkreis einlud. Jeder schickte aber auf die Pfarre einen Kuchen, der dann mit einer stereotypen Formel von der Überbringerin überreicht werden musste. So hieß es aus einem Hause stets: Herr N.N. und Frau lassen vielmals grüßen und schicken Ihnen einen verderbten Erntekuchen.
Schlenkers ließen sich jedes Mal entschuldigen, da ihr Kuchen dies Jahr so finster geraten sei, dabei waren die Schlenkerschen Kuchen stets besonders schön.
Ein Charakterkopf in Bärsdorf war auch der alte Vater König
. Er gehörte zu den kleineren Besitzern, war aber durch einen schwunghaften Viehhandel wohl einer der wohlhabendsten Männer im Dorfe. Er war aber auch ein wackerer, ehrenfester Mann. Als Kirchenvorsteher hatte er die Verpflichtung, dem Pastor die Kanzeltür zu öffnen, und es war stets ein hübscher Anblick, wenn Vater König mit seinem ehrwürdigen weißen Haupt vor Vater her schritt.