14Feb2017

Millionenfach Glück gehabt, staunen, dass ich lebe

Dr. Theodor Kampschulte 1953

Da habt Ihr aber Schwein gehabt, sagte der Bunkerwart am Luftschutzbunker, der gerade dabei war, die schwere Stahltür zuzuziehen und zu verschließen. Vor ihm standen, keuchend und heftig nach Atem ringend, ein elfjähriger Junge und seine kranke Mutter, die bei dem verzweifelten Rennen vor dem drohenden Bombenregen fast zusammengebrochen war, und der Kinderwagen mit der kleinen Schwester, den der Junge im Laufen vor sich her geschoben hatte und dabei immer wieder das eine Rad anschrauben musste, das sich gelöst hatte. Aber jetzt standen sie drin, der Bunker verriegelt. In Sicherheit. Im letzten Moment. Sie hatten Glück gehabt. [1]Quelle: Erinnerungswerkstatt Norderstedt
Bochumer Nächte, oder Wettrennen: Beine gegen Bomber - Autor: Günter Matiba 2016

Es gibt Situationen im Leben, die sind unbedingt entscheidend für unser Weiterleben. Ein junger Mann überschlägt sich mit seinem rasend schnellen Auto und kommt mit Hautabschürfungen davon. Bei einer Routine-Blutuntersuchung wird ein Tumorfaktor entdeckt und damit gerade noch rechtzeitig der Hinweis auf den sonst fast sicher tödlichen Bauchspeicheldrüsenkrebs. Die Liste solcher lebensbedrohenden Ereignisse ist lang. Allen gemeinsam ist, da hätte es genauso gut anders ausgehen können. Doch wir haben Glück gehabt, einfach Glück gehabt. Um Haaresbreite, könnte man sagen. Und das nicht nur einmal.

Meine Mutter hatte am Tage vor ihrer geplanten Verlobung – damals verlobte man sich noch vor der Heirat – plötzlich starke Schmerzen im Bauch. Als diese dann immer unerträglicher wurden, entschloss sich die Familie, alle Vorbereitungen für die Verlobungsfeier einzustellen und die junge Frau ins Krankenhaus der Kleinstadt zu bringen. Noch am Abend wurde sie operiert. Der Blinddarm war völlig vereitert. Wäre er geplatzt, hätte der Arzt vermutlich nicht mehr viel helfen können, denn Antibiotika gab es damals noch nicht. Meine Mutter hatte Glück und mit ihr auch meine Geschwister und ich. Denn ohne sie würden wir nicht leben. Hätten wir dann eine andere Mutter, wenn Du damals gestorben wärst?, fragten wir. Nein, antwortete sie, jede Mutter hat nur ihre eigenen Kinder, und fügte dann schnell hinzu: aber Ihr habt ja mich und Euren Vater!

Jeder Mensch hat nur diese seine Mutter und diesen seinen Vater, die ihm das Leben weitergegeben haben und niemand sonst. Aber, und das ist die spannende Frage, hätte nicht jeder der Eltern eine Fülle anderer Möglichkeiten gehabt zu leben und sich zu entwickeln und einen ganz anderen Lebenspartner kennen zu lernen? Ganz offensichtlich. Denn es war doch ganz und gar nicht vorherbestimmt, dass meine Eltern zu einander fanden. Für mich jedoch war das absolut notwendig. Sonst würde ich nicht leben.

Nun könnte man einwenden, wenn meine Eltern jeweils einen anderen Lebenspartner oder eine andere Lebenspartnerin geheiratet hätten, dann wäre halt nicht ich, sondern vermutlich ein anderer an meiner Stelle geboren worden. Das stimmt. Es gibt sogar unglaublich viele Möglichkeiten, in welcher nur vorstellbaren Verbindung das Leben von meinen Eltern hätte weitergegeben werden können. Aber Tatsache ist, dass ich es bin, der lebt und kein anderer an meiner Stelle. Das ist für mich durchaus nicht selbstverständlich.

Meine Eltern wuchsen auf in einer kleinen Stadt. Die Chancen, einander kennen zu lernen, waren gegeben. Aber Widrigkeiten, die das hätten verhindern können, waren sicher zahlreich, wenn auch noch überschaubar. Komplizierter wird es jedoch, wenn die Generation der Großeltern hinzukommt. Denn da verdoppelt sich die Zahl der Personen und damit der Risiken. Krankheit, Krieg, Streit der Familien, der vielleicht eine Heirat verhindert hätte. Oder auch nur ganz einfach ein Ortswechsel, der das Kennenlernen nicht hätte zustande kommen lassen. Und so ist es in jeder weiteren Generation, die wir zurückgehen und in der sich die Zahl der Vorfahren jeweils verdoppelt. Allein in der zehnten Generation, also vor etwa dreihundert Jahren, waren es somit mehr als tausend. Zusammen genommen in diesen drei Jahrhunderten waren es in den zehn Generationen etwa doppelt so viele Ahnen. Und jeder einzelne dieser mehr als zweitausend war wichtig. Niemand durfte ausfallen. Denn sonst wäre mein Lebensfaden gerissen.

Aber es waren ja nicht nur zehn Generationen. Der Homo sapiens, von dem alle heute lebenden Menschen abstammen, existiert seit mehr als hundertfünfzig-tausend Jahren. Das sind mehr als fünftausend Generationen, die mir und Dir und uns allen voraus gingen. Eine unvorstellbar große Zahl an Personen. Hier müssen wir allerdings Einschränkungen machen, denn die Hochrechnung 2 hoch 5ooo entspricht nicht ganz der Realität. Tatsächlich waren es weniger, denn es kam zu Überschneidungen und damit zu Mehrfachbesetzungen in der Galerie der Ahnen, je weiter sich die Familien auseinander entwickelten. Es war also nicht wie bei einer Pyramide, die auf der Spitze steht und die sich nach oben mit jeder weiteren Generation verdoppelt, sondern eher wie eine riesige, dickbauchige Flasche, die nach oben in einen schmaler werdenden Hals übergeht. Insgesamt aber eine riesige, unvorstellbar große Zahl an Vorfahren, von denen jeder einzelne für meine Existenz unabdingbar war.

Um noch einmal das Bild der dickbauchigen Flasche aufzugreifen: der Flaschenhals war unglaublich lang. Denn vor dem Homo sapiens, unserem Vorfahren aus Afrika, lebten Frühmenschen, von denen er abstammt. Die Paläo-Anthropologen datieren die ältesten frühmenschlichen Fossilien (Knochenfunde) auf ein Alter von fünf bis sieben Millionen Jahre. Sie und somit wir gehören zur Familie der Primaten, als deren Stammvater vor rund zwanzig Millionen Jahren Proconsul Africanus in den Urwäldern Afrikas lebte.

Der Generationenzyklus unserer tierischen Vorfahren war wesentlich kürzer als der der heute lebenden Menschen. Wenn wir durchschnittlich von zwanzig Jahren von einer Generation zur nächsten ausgehen, und das ist sicher viel zu hoch angesetzt, dann heißt das, von Proconsul Africanus bis zu uns heute waren es etwa eine Million Generationen. Und in jeder dieser vielen Generationen, man denke an das Bild von der dickbauchigen Flasche, wurde das Leben von unglaublich vielen Elternpaaren, die jedes für mich unabdingbar war, an ihre jeweiligen Kinder weitergegeben. Jedes Mal bestanden viele Möglichkeiten, dass der Pfad des Lebens eine ganz andere Richtung nehmen würde, als er tatsächlich genommen hat. Es waren unzählig viele Risiken im Spiel, ob all die Elternpaare auch wirklich zueinander fanden oder ob einige von ihnen Krankheiten oder Unfällen oder Fressfeinden zum Opfer gefallen waren, ehe sie das Leben weitergeben konnten. Es war wie ein Spiel um Alles oder Nichts. Eine einzige Niete in der langen Kette des Lebens und es gäbe uns nicht. Millionenfach hatten wir Glück, ein jeder von uns, in langer Serie.

Die zwanzig Millionen Jahre bis zum Stammvater der Primaten mögen uns unglaublich lang erscheinen, aber es war tatsächlich nur ein kleiner Bruchteil der Strecke, den das Leben bis dahin bereits zurückgelegt hatte. Seit mehr als dreieinhalb Milliarden Jahren gibt es, so sagen die Wissenschaftler, Leben auf dieser Erde. Wie es möglich war, dass der Lebensfunke aus den Bausteinen des Lebens, den vier Aminosäuren, übergesprungen ist, sodass sich eine sich selbst reproduzierende Zelle bildete, vermag bis heute niemand schlüssig zu sagen. Neuere Theorien besagen, dass die Vorstufen des Lebens mit Kometen oder Asteroiden auf die Erde gekommen sein könnten. Wie dem auch sei. Die Urzelle allen Lebens war die erste, von der alle Lebensformen abstammen. Über unvorstellbar lange Zeiträume hin haben sich die einzelligen Organismen durch Zellteilung vermehrt und das Leben weitergegeben.

Aber dieses Leben wurde im Laufe seiner langen Geschichte wiederholt in seiner Existenz bedroht. Sechsmal kam es im Laufe der Jahrmillionen zu großen Massensterben, so am Ende des Erdzeitalters Perm vor rd. 250 Millionen Jahren, als fast 90% aller Arten der Lebewesen auf dieser Erde ausgelöscht wurden. Das letzte und am meisten bekannte Ereignis war der Einschlag eines großen Asteroiden auf die Halbinsel Yukatan in Mittelamerika, der vor rd. 60 Millionen Jahren zur weltweiten Klimakatastrophe und nach der gängigen Theorie zu dem Aussterben der bis dahin dominanten Dinosaurier führte. Aber die allergrößte Gefahr für das Leben auf dieser Erde kam durch ein Element, ohne welches wir heute gar nicht mehr leben können, Sauerstoff.

Alles Leben entwickelte sich in den Ozeanen einige Meter unter der Wasseroberfläche und war so vor den tödlichen UV-Strahlen geschützt. Denn in der Anfangsperiode des Lebens auf der Erde gab es noch keine schützende Ozonschicht. Es gab auch keinen freien Sauerstoff weder im Meer noch in der Atmosphäre, höchstens in sehr geringen Mengen. Das änderte sich durch die Aktivitäten der Cyanobakterien oder Blaualgen, die vor etwa 3,2 Milliarden Jahren durch Mutation, d.h. durch eine dauerhafte Änderung in der Molekularstruktur ihrer Erbanlagen, die Fähigkeit zur Fotosynthese entwickelten. Sie konnten nun, wie heute die grünen Pflanzen, Sonnenlicht in Energie umwandeln. Dabei wird Sauerstoff frei. Sauerstoff aber ist ein aggressives Gas, das selbst Eisen angreift und rosten lässt.

Das Leben hatte sich anaerob, das heißt ohne Sauerstoff, entwickelt. Das durch die Fotosynthese der Cyanobakterien entstehende Abfallprodukt Sauerstoff wurde hunderte von Millionen Jahren durch die Oxidation von organischen Stoffen und durch im Meer gelöstes Eisen vollständig absorbiert. Als die Aufnahmefähigkeit dieser Stoffe erschöpft war und sich immer mehr des Giftgases Sauerstoff frei im Meer anreicherte, kam es zur Großen Sauerstoffkatastrophe, die zur größten Bedrohung allen bisherigen Lebens auf der Erde wurde und das größte Massensterben verursachte. Ein kleinerer Teil der damals vorhandenen Lebewesen hatte durch Mutation die Fähigkeit entwickelt, Sauerstoff im Energiestoffwechsel zu nutzen. Sie überlebten. Zu ihren Nachkommen gehören auch wir Menschen, die ohne Sauerstoff gar nicht mehr existieren können. Wir hatten also Glück, unglaubliches Glück. Es war wie ein Geniestreich der Natur, den lebensgefährdenden und Tod bringenden Sauerstoff zur Grundvoraussetzung für das Leben zu machen. Nur so konnte das Leben für uns weiter gehen.

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Vor rund siebenhundert Millionen Jahren bildeten sich dann durch Mutation der Erbanlagen die ersten Mehrzeller mit Zellkern. Aus ihnen gingen nach Jahrmillionen die Wirbellosen, die keine Wirbelsäule besitzen und schließlich die Wirbeltiere hervor. Zu diesen gehören die Knochenfische, die vor etwa 380 Millionen Jahren damit begannen, ihren Lebensraum vom Wasser auf die Ufergebiete der Binnengewässer auszudehnen. Von ihnen stammen die Amphibien und alle anderen Landwirbeltiere ab, darunter die Säugetiere und mit ihnen die Primaten und somit auch der Mensch. Diese kurze Aufzählung soll lediglich verdeutlichen, welch lange Zeiträume der Entwicklung unserem eigenen Leben vorausgegangen sind. Unser Leben hängt wie an einem Seidenfaden, der sich unendlich lang durch alle Generationen, die vor uns waren und denen wir unser Leben verdanken, ununterbrochen von den Uranfängen des Lebens bis zu uns hinzieht. Und dieser Lebensfaden hätte unglaublich oft reißen können. Aber wir haben Glück gehabt. Immer wieder.

Und in all dieser unvorstellbar langen Zeit gab es bei jeder Weitergabe des Lebens von den Eltern auf die Nachkommen unzählbar viele Möglichkeiten, in welche Richtung sich das Leben hätte entwickeln können. Es war gleichsam immer wieder so, als ob ein riesiges Bündel von Strahlen die unterschiedlich möglichen Wege ausleuchten und anzeigen würde, aber nur einer dieser Wege wurde, aus welchem Grund auch immer, beschritten. Und dieser eine führte dann schließlich zu Dir und zu mir und zu einem jeden von uns Menschen. Diese Tatsache ist für mich faszinierend. Denn die Entwicklung hätte ja auch ganz anders verlaufen können. Zwar nicht beliebig anders, aber doch sehr viel anders in den unglaublich langen Zeiträumen, in denen die Evolution des Lebens geschehen ist.

Denn die DNA, der Träger der Erbanlagen allen Lebens, verändert sich unter dem dauernden Einfluss der Umweltfaktoren, vor allem der Höhenstrahlung, die direkt in die atomare Grundstruktur seiner Moleküle eingreifen. Die Folge sind viele negative Veränderungen der Erbanlagen, die in der Natur meistens schnell wieder ausgemerzt werden. Denn lahmende oder kranke Beutetiere fallen den Raubtieren als erste zum Opfer. Sie sind für diese ein gefundenes Fressen. Aber dann gibt es auch immer wieder Mutationen, Veränderungen der Erbanlagen, die sich positiv auswirken für das betroffene Lebewesen und ihm einen Vorteil im Überlebenskampf verschaffen, z.B. eine Tarnfarbe, die es besser schützt, oder schärfere Sinnesorgane, oder neue Fähigkeiten, die Nahrung besser zu nutzen.

Auch wir Menschen unterliegen diesen selben Entwicklungsgesetzen der Natur. Auch wir haben uns in den Millionen Jahren der Entwicklung in unmerklich kleinen Schritten zwar, aber stetig verändert. Unsere Vorfahren und erst recht die frühmenschlichen Ahnen, von denen wir abstammen, waren allerdings nicht immer die Jäger. Nein, viel länger und viel früher waren sie die Gejagten. Sie waren eine gesuchte Beute für die großen Beutegreifer, den Säbelzahntiger und die anderen großen Raubkatzen. Denn wir Menschen sind körperlich für den Überlebenskampf nicht sehr gut ausgerüstet. Unsere Augen und unser Gehör sind nicht so scharf, wie das bei Tieren der Fall ist. Wir haben auch keine Hauer im Gebiss, mit denen wir um uns beißen und keine Klauen an den Händen, mit denen wir uns verteidigen könnten. Wir können auch nicht besonders gut laufen, wenn es gilt, den Fressfeinden zu entkommen. Als Einzelner hatte der Mensch keine Chance. Nur in der Horde konnte er überleben und sich wirkungsvoll verteidigen, wie das heute z.B. die Schimpansen tun und sich erfolgreich gemeinsam mit Stöcken und Steinen gegen die großen Raubkatzen wehren.

Diese Situation des Menschen veränderte sich grundlegend, als er vor etwa einer Million Jahren, als einziges Lebewesen überhaupt, die tierische Angst vor dem Feuer überwand und sich dieses Phänomen der Natur dienstbar machte. Von nun an hatte er eine einzigartige Feuerwaffe in seiner Hand, vor der selbst die größten Raubtiere Reißaus nahmen. Am Lagerfeuer war er sicher, selbst in der offenen Savanne. Es war Homo erectus, der aufrecht gehende Mensch, der sich das Feuer dienstbar machte und der von Afrika aus im Laufe der Jahrhunderttausende auf der Suche nach neuen Jagdmöglichkeiten nach Europa und sogar bis nach Ostasien wanderte. Man fand Spuren, d.h. Knochenstücke dieser Menschen, die von den Wissenschaftlern auf ein Alter von etwa sechshunderttausend Jahre geschätzt werden, auch in Deutschland. Unsere direkten Vorfahren, der Homo sapiens, auch Nachfahren des Homo erectus, brachen allerdings erst sehr viel später von Afrika gen Norden auf. Sie wanderten vor rund vierzig- bis sechzigtausend Jahren über Palästina und den Nahen Osten nach Europa. Auf ihrem langen Weg dorthin trafen sie auf eine andere Menschenart, die schon mehr als zweihunderttausend Jahre lang unseren Kontinent besiedelte. Es waren die Neandertaler. Dreißigtausend Jahre lang lebten beide Menschenarten nebeneinander. Dann waren die Neandertaler verschwunden. Ausgestorben, verdrängt, ausgerottet? Aber in unserem Erbgut, so sagen die Genetiker, haben sie Spuren hinterlassen. Nur wenige Prozent zwar. Aber immerhin, es bestanden direkte Beziehungen. Heute besiedeln wir, der Homo sapiens, als einzige überlebende Menschenart die ganze Welt.

Die Beherrschung des Feuers war eine frühe kulturelle Revolution, die das Leben unserer Vorfahren grundlegend veränderte. Das Feuer bot Schutz vor gefährlichen Raubtieren und gab zugleich die Möglichkeit, die Nahrung intensiver und bekömmlicher zuzubereiten. Diese bessere Nahrung war eine der Voraussetzungen dafür, dass sich bei unseren frühmenschlichen Ahnen das zentrale Lebensorgan, das Gehirn, rasant entwickelte und zwar im Unterschied zu allen anderen Primaten. Heute ist das menschliche Gehirn etwa dreimal so groß wie das der Schimpansen. Forscher vermuten, dass dieses einzigartige Wachstum durch eine Mutation der menschlichen Erbanlagen ausgelöst wurde. Vermutlich gibt es auch einen Zusammenhang zwischen den sich entwickelnden geistigen Fähigkeiten des Menschen und der Überwindung der Angst vor dem Feuer. Beides, Geist und Feuer, verhalfen den steinzeitlichen Sammlern und Jägern Jahrhunderttausende lang zum Überleben. Und hunderttausende Jahre lang, unglaublich lang, haben sie das Leben weitergeben gegen alle Bedrohungen und Gefährdungen.

Vor etwa acht- bis zehntausend Jahren in der Jungsteinzeit geschah dann die zweite große kulturelle Revolution, fast eine Million Jahre nach der ersten. Die Menschen begannen, Getreide anzubauen und Haustiere zu züchten. Aus jagenden Nomaden wurden immer mehr sesshafte Bauern. Die neuen Kenntnisse und Techniken verbreiteten sich schrittweise im Laufe von Jahrhunderten z.B. flussaufwärts entlang der Donau. Damit verbreiterte sich die Grundlage der menschlichen Ernährung und die Zahl der Menschen nahm allmählich zu.

Aber erst die dritte kulturelle Revolution, die in unserer Zeit stattfindet, die naturwissenschaftliche, technische, industrielle und vor allem digitale Revolution zusammen mit der Gentechnik, wird die Menschheit und das Leben auf der Erde nachhaltig verändern. Begonnen haben diese großen Veränderungen schon vor mehr als zweihundert Jahren. Man kann sagen, dass die Mehrzahl aller heute lebenden Menschen diesen kulturellen Veränderungen der letzten Jahrhunderte ihr Leben verdankt. Denn bis vor ungefähr zweihundert bis dreihundert Jahren war es so wie während der gesamten Menschheitsgeschichte vorher, dass die Frauen zwar viele Kinder geboren haben, bis zu zwanzig schätzt man, dass aber nur sehr wenige überlebten. Denn die Säuglingssterblichkeit war sehr hoch. Mangelnde Hygiene, Hunger, Krankheiten und Seuchen taten das Ihre. Nicht selten erreichten nur ein oder zwei Kinder einer Familie das Erwachsenenalter. Das änderte sich dann durch den immer größer werdenden Fortschritt der Medizin und der besseren und ausreichenden Ernährung. Familien mit zehn oder zwölf Kindern, von denen keines mehr starb, waren vor hundert Jahren hierzulande keine Seltenheit, wie das heutzutage in vielen Entwicklungsländern der Fall ist. Denn das generative Verhalten der Eltern und mit ihm die Zahl der Kinder passt sich erst langsam und schrittweise den neuen Realitäten an, dass nahezu alle Kinder überleben können. Und die Pille gibt es erst seit einigen Jahrzehnten. Das Ergebnis dieses enormen Bevölkerungswachstums, das in den früh industrialisierten Ländern stattfand, hat bewirkt, dass heute bei uns viele Millionen Menschen dem damaligen großen Bevölkerungsüberhang ihr Leben verdanken. Denn sie sind die Nachkommen der kinderreichen Eltern- und Großelterngenerationen von damals. Geschichtlich gesehen war diese kinderreiche Periode nur eine sehr kurze Zeit, eine Ausnahme in der Bevölkerungsentwicklung. Aber sie hat bewirkt, dass viele von uns, vielleicht auch Du und ich, das Glück haben zu leben.

Millionenfach Glück gehabt, das haben wir alle im Laufe der Evolution. Dies wird jedoch erst recht deutlich an einer biologischen Tatsache, über die kaum gesprochen wird. Wie es in der Natur an blühenden Bäumen Wolken von Blütenstaub gibt, so werden bei jedem menschlichen Zeugungsvorgang unglaublich viele Spermien vom Mann ausgestoßen. Die Biologen sprechen von hundert- bis sogar sechshundert Millionen jedes Mal. Und aus jedes dieser Spermien könnte zusammen mit der weiblichen Eizelle ein Mensch entstehen. Aber nur ein einziges Sperma erreicht sein Ziel, einmal abgesehen von den zweieiigen Zwillingen. Es ist wie ein unglaublich großer, massenhafter Ansturm, ein Wettkampf, der stundenlang dauert. Man muss sich das einmal vorstellen, ein Marathonlauf mit hunderten Millionen Teilnehmern. Das sind jeweils fast so viele wie alle Männer oder alle Frauen in ganz Europa. Und nur einer hat gewonnen. Und diese oder dieser Eine, der gewann und überlebt hat, bist Du und ich, ein jeder von uns. Wir haben Glück gehabt. Unglaublich.

Ganz entscheidend für das Gelingen der Zeugung ist bekanntlich der richtige Zeitpunkt, zu der diese stattfindet. Wenn das weibliche Ei noch nicht reif und somit nicht befruchtungsfähig ist, sterben alle Spermien im sauren Milieu der Scheide nach kurzer Zeit ab. Auch da haben wir Glück gehabt, unglaublich Glück gehabt. Denn das Sperma, aus dem wir geworden sind, war genau zum  richtigen Zeitpunkt da, genau dann, als das weibliche Ei reif war.

Der Zeugungsvorgang mit mehreren hundert Millionen Spermien und ebenso vielen Möglichkeiten, ganz unterschiedlichen Menschen das Leben zu geben, gilt natürlich jeweils genauso für die Eltern und Großeltern, mit einem Wort, für jeden der Vorfahren. Ich denke dabei an das oben genannte Bild der dickbauchigen Flasche mit dem unglaublich langen Flaschenhals, der sowohl die frühmenschlichen als auch die tierischen Vorfahren umfasst. Wie viele Millionen Einzelne das sind, lässt sich kaum abschätzen. Aber jeder Einzelne konnte nur ins Leben kommen, wenn sein Sperma den Wettlauf gegen hunderte Millionen andere Spermien gewonnen hatte. Wenn wir es in Zahlen ausdrücken wollen und alle Vorfahren einbeziehen und für den einzelnen Zeugungsvorgang im Durchschnitt einfach nur zweihundert Millionen Spermien annehmen, dann kommen wir auf eine unvorstellbar große Zahl. Zweihundert Millionen (Spermien) hoch zig Millionen (Personen/Lebewesen) hoch zehn oder vielleicht auch zwanzig Millionen (Generationen). Wer will das ausrechnen? Und von dieser unzählbar großen Zahl an Möglichkeiten wurde am Ende jeweils nur eine einzige realisiert. Nur ein Einziger oder eine Einzige kam in unserer Generation ins Leben. Du und ich und ein jeder von uns.

Das Leben in seiner ganzen Fülle mit all seinen Facetten, den Höhen und Tiefen, Schmerz und Freude lässt sich in solchen Zahlen allerdings nicht ausdrücken. Und wen es schwer getroffen hat, wer unter einer schweren oder gar tödlichen Krankheit leidet oder wer mit einer großen Behinderung fertig werden muss, der wird das Leben ganz anders sehen als einer, der gesund ist und gut zurecht kommt. Stärkste chronische Schmerzen, Depressionen, Krieg, Verfolgung und Naturkatastrophen können das Lebensgefühl bis zum Lebensüberdruss belasten.

Und doch gilt für einen jeden von uns die gleiche Grundvoraussetzung. Wir sind nur deshalb da und wir leben nur deshalb, weil es millionenfach‚ gut gegangen ist auf dem Pfad des Lebens, Jahrmilliarden lang, von den Uranfängen bis zu einem jeden von uns. Das ist nicht selbstverständlich. Im Gegenteil, es ist faszinierend und erschreckend zugleich, denn der Lebensfaden hätte so leicht reißen können auf dieser unendlich langen Wegstrecke. Aber er ist nicht gerissen, muss man mit Staunen sagen. Wir haben tatsächlich millionenfach Glück gehabt. Millionenfach ja, doch das ist offensichtlich noch weit untertrieben.

Angesichts all der unglaublich vielen Widrigkeiten, durch die das Leben von den Uranfängen bis zu uns hin seinen Weg finden musste und den zahllosen Glücksfällen, die dazu notwendig waren, müsste man doch wohl sagen, dass es nahezu unmöglich ist, dass wir leben. Und doch, wir leben. Ist das ganz einfach nur ein normales Ergebnis der Evolution? Ohne Zweifel ist das ein Ergebnis der Evolution. Die Frage ist allerdings, ob mit dieser Antwort schon alles gesagt ist.

Evolution bedeutet, kurz gesagt, dass sich im Überlebenskampf die Organismen durchsetzen, die durch Mutation am besten an die jeweilige Umwelt angepasst sind. Das ist eigentlich verständlich, denn wer infolge der dauerhaften Veränderung seiner Erbanlagen z.B. die vorhandene Nahrung besser nutzen kann oder durch eine bessere Tarnfarbe geschützt wird, der ist im Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten. Und er kann diese Vorteile an seine Nachkommen vererben. Aber, und das ist die Frage, läuft das immer so glatt? Was ist, wenn solch ein veränderter Organismus, ob Tier oder Pflanze, einer Krankheit, einem Unfall, einer Naturkatastrophe oder einem Fressfeind zum Opfer fällt, bevor er seine positiv veränderten Erbanlagen weitergeben kann? Mit anderen Worten, es gehört auch immer eine ganze Portion Glück dazu, damit eine Mutation sich durchsetzt und die Evolution weitergeht. Damit wird deutlich, dass wir unzählbar oft Glück gehabt haben, so dass wir im Laufe der Evolution zu dem werden konnten, der wir heute sind. Das Glück gehabt zu haben zu überleben, ist offensichtlich eine wesentliche Voraussetzung der Evolution.

Das wird besonders deutlich an der Tatsache, dass das Leben immer wieder hätte abrupt enden können. Von den Uranfängen bis zu uns heute musste es sich, bildlich gesprochen, seinen Weg wie durch Minenfelder bahnen. Es war durchaus möglich, dass auch unsere Art, der homo sapiens, in grauer Vorzeit hätte aussterben können, wie das mit dem Neandertaler und mehr als einem Dutzend anderen Menschenarten geschehen ist. Man kann also nicht behaupten, unser Leben wäre schon irgendwie weitergegangen. Nein, im Laufe seiner unvorstellbar langen Geschichte hätte es vielmehr unzählige Mal vorzeitig enden können, für immer.

Nun wird sich mancher fragen, wie es denn möglich ist, dass wir immer und immer wieder Glück hatten. Dass ausgerechnet wir und alle unsere Vorfahren in allen tödlichen Gefahren immer wieder davon gekommen sind? Darauf gibt es unterschiedliche Antworten. Als erste könnte man sagen: alles geschah zufällig. Wir verdanken unsere Existenz einem blinden Geschehen. Wie beim Roulette, wenn ein Spieler in Serie acht oder zehn richtige Treffer landet. Das ist zwar selten und man nennt ihn dann mit Recht einen Glückspilz.

Doch bei der Weitergabe des Lebens in den Jahrmilliarden vor uns geht es um ganz andere Dimensionen. Wir sollen demnach ununterbrochen und unzählige Mal immer wieder Glück gehabt haben, weil das Leben, so lautet diese Meinung, zufällig immer die richtige Richtung genommen hat, die nicht in einer Sackgasse oder dem vorzeitigen und endgültigem Aus endete. All die Millionen und Abermillionen menschlichen und tierischen Vorfahren in der ganzen Breite der Evolution wären rein zufällig auf der richtigen Spur zu Dir und mir und uns allen gewesen. Kein einziger dieser Ahnen durfte zufällig ausfallen, denn sonst hätte das Leben uns nie erreicht.

Und dieser Zufall müsste auch für die Bedingungen gelten, die das Leben auf dieser Erde überhaupt erst möglich machen. Denn unser Planet, auf dem wir leben, befindet sich, wie der Fachausdruck lautet, in der habitablen Zone unseres Sonnensystems, wo es flüssiges Wasser geben kann, das zum Leben unbedingt erforderlich ist. Denn diese Zone hat den richtigen Abstand zur Sonne. Es ist nicht zu heiß, sonst würde das Wasser verdampfen und in den Weltraum entweichen. Es ist aber auch nicht zu kalt, sonst würde unser Planet im Dauerfrost erstarren.

Das gleiche Zufallsprinzip gilt demnach auch für die chemischen Elemente, aus denen unser Körper besteht, z.B. das Eisen, das wir für unser Blut notwendig brauchen. Alle Elemente entstanden in den Glutöfen der Sonnen aus dem Wasserstoff des Urknalls. Nach Jahrmilliarden, als die Sterne der ersten Generation erloschen und in einer gewaltigen Supernova ins Weltall explodierten, bildete sich unter anderen aus diesen Elementen und dem interstellaren Staub am Rande unserer Galaxie, der Milchstraße, in unserem Sonnensystem ein Feuerball, aus dem unsere Erde wurde. Unsere Milchstraße zählt etwa zweihundert Milliarden Sonnen mit ihren jeweiligen Trabanten und ist nur eine unter den rund hundert Milliarden Galaxien des Weltalls. Das nur zu den Größenordnungen, um die es hier geht.

Das Weltall entstand seit dem Urknall vor rund vierzehn Milliarden Jahren. Von Anfang an galten die Naturgesetze und die vier fundamentalen Grundkräfte, vor allem die Gravitation oder Schwerkraft, die alle Himmelskörper zusammenhält,  so sagen und beweisen die Naturwissenschaften. Doch woher stammen diese Grundkräfte und mit ihnen die Naturgesetze, die von Anfang an da waren und ohne die das Universum nicht existieren würde?

Alles in dieser Welt, alles, was ist und geschieht, hat eine Ursache. Danach zu forschen ist der Sinn und das Ziel der Wissenschaften. Kann man somit ernsthaft behaupten, dass dieser Satz überall gilt, nur nicht für die Welt als Ganzes? Dass somit das Weltall zufällig existiert, ohne jede Ursache? Manch einer klammert sich an den Gedanken, dass die Wissenschaft zwar noch nicht heute aber vielleicht in Zukunft diesen Widerspruch lösen könnte. Da kann man nur sagen, auch in aller Zukunft gelten die Gesetze der Logik: Keine Wirkung ohne Ursache. Man könnte auch ganz einfach sagen, von nichts kommt nichts.

Andere greifen zu der unbeweisbaren Annahme, dass das Universum schon immer da war, ewig. Wer so argumentiert, versteht nicht, dass ewig kein Zeitbegriff ist. Denn jede Zeit hat einen Anfang und lässt sich messen. Ewig aber bedeutet ohne Anfang. Das Weltall hätte also keinen Anfang. Es hätte nie angefangen zu existieren. Es gäbe es gar nicht.

Und eine zweite Antwort? -  Hinter allem, was existiert, hinter allem, was den Menschen und die Welt ausmacht, gibt es eine transzendente Wirklichkeit, die alles menschliche Verstehen übersteigt. Für den Gläubigen ist sie eine unfassbar positive Allmacht, die in unermesslich langen Zeiträumen das Weltall und durch die Evolution des Lebens den Menschen erschaffen hat, und zwar so, wie die Naturwissenschaften es erforschen und uns aufzeigen.

Weil Gott in allem wirksam ist, geschieht nichts zufällig und ohne seinen Willen. Und hier kommen die großen Fragen. Woher kommt dann all das unermessliche Leid und die himmelschreienden Ungerechtigkeiten und die Tod bringenden Krankheiten und Naturkatastrophen? Woher kommen das Übel und all die schrecklichen Gräuel, wo doch ein guter und allmächtiger Schöpfer diese Welt erschaffen hat? Es ist die uralte Frage des Menschen, auf die er eine Antwort sucht.

Kann man darauf antworten? Vielleicht kann man einige Tatsachen zu bedenken geben. Das unausweichliche Übel, das alle Menschen ohne Ausnahme trifft, ist der Tod mit all den Krankheiten und Gebrechen, die zu ihm führen. Wer kämpft nicht gegen das Sterben, so lange es nur möglich ist! Und macht uns nicht der Tod eines uns nahen Menschen betroffen und ist er nicht ein herber und unfassbarer Verlust? Und doch, der Tod ist Voraussetzung für das Leben auf dieser Welt. Denn wenn es den Tod nicht gäbe, wenn all die Organismen, die seit Urbeginn entstanden sind, immer weiter leben würden, dann wäre schon lange, vor vielen Millionen Jahren, unsere Erde und das Leben mit ihr unter der Last der riesigen Biomasse erstickt. Nur weil alles Leben in den Kreislauf der Natur zurückkehrt, ist neues Leben überhaupt möglich. Das gilt auch für uns Menschen, so bitter das ist.

Und die schrecklichen Naturkatastrophen? Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass wir auf einem Planeten leben, der ein riesiger Feuerball mit einer relativ dünnen Erdkruste ist. Unter dieser Erdkruste ist das flüssige und brodelnde Magma in dauernder Bewegung und verschiebt die Kontinentalplatten, die gegeneinander stoßen und dadurch heftige Erdbeben verursachen. Und wo sich die Kontinentalplatten an einander reiben, dort findet sich der Feuerkranz der Vulkane mit ihrer alles vernichtenden glühenden Lava. Und doch verdanken wir diesen Feuer speienden Bergen das Leben. Denn bei jedem Ausbruch stoßen die Vulkane neben der Lava auch Wasserdampf aus, der kondensiert und als Regen niedergeht. Und so trugen sie dazu bei, so lautet die Theorie, dass im Laufe der Erdgeschichte auf der völlig trockenen Erdoberfläche die Seen und Meere entstanden, die das Leben erst möglich machten.

Und schließlich, niemand kann all die schrecklichen Verbrechen, die Bosheiten, das Unrecht und alle Gräuel des Krieges und die kriminellen Taten, die Menschen begehen, leugnen. Aber sind nicht alle diese Unmenschlichkeiten, die Menschen einander antun, im Grunde der Preis, den wir zahlen müssen, für die Willensfreiheit, die uns Menschen auszeichnet und auf die wir nicht verzichten würden, auch wenn man sie missbrauchen kann?

Letztlich muss jeder Mensch selber die Antwort finden auf die Frage nach dem Sinn seines Lebens. Wir sollten dabei zwei ganz unterschiedliche Bereiche nicht durcheinander bringen. Da sind einmal die Fakten und zum anderen ihre Deutung. Die Fakten, das ist die ganze Fülle der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse über die Welt, das Weltall, das Leben und den Menschen. Es ist Aufgabe und Kompetenz der Naturwissenschaften, die Entstehung des Universums seit dem Urknall zu erforschen mit allem, was die Welt enthält. Aber zur Deutung dieser Fakten für mich und mein Leben und die Antwort auf die offenen und letzten Fragen, die die Naturwissenschaften nicht geben können, die Fragen nach der umfassenden Ursache für alles, was ist, da sind Philosophie und Religion gefragt und Reflexion.

Es ist für mich durchaus nicht selbstverständlich, dass ich existiere. Millionenfach habe ich Glück gehabt seit den Uranfängen des Lebens und damit, dass die notwendigen Voraussetzungen für das Leben auf dieser Erde seit dem Urbeginn der Welt und des Weltalls entstanden sind. Dieses gewaltige Universum mit allem, was es enthält, ist nicht von selbst entstanden, davon bin ich überzeugt. Hinter allem, was existiert, gibt es eine transzendente, positive Wirklichkeit, die unser Erkennen übersteigt, die aber Ursache für alles ist, was Vernunft und Wissenschaft erkennen und beweisen können. Das anzunehmen und darauf zu vertrauen, geht nicht ohne Glauben. Aber auch, wer annimmt, dass das Weltall ganz aus sich entstanden ist, muss das glauben. Beweisen kann er das nicht. Was bleibt, ist ein unfassbares Staunen darüber, dass ich existiere. Dass ich ein Teil dieses unglaublich großen Universums bin, das seit dem Urknall vor fast vierzehn Milliarden Jahren besteht. Ein äußerst winziges Teilchen zwar, aber ich habe mit all den Sonnen und Galaxien gemein, dass ich existiere. All den riesigen Himmelskörpern habe ich aber eine entscheidende Tatsache voraus: ich bin mir bewusst, dass ich existiere. Ich weiß, dass diese meine Existenz gemessen an diesem unfassbar großen Weltall so minimal und unwahrscheinlich ist, dass man die Wahrscheinlichkeit dafür, dass ich lebe, vom allerersten Anfang, dem Urknall aus betrachtet, als fast absolut unmöglich eingestuft hätte. Und doch, ich lebe. Und ich sehe mit ungläubigem Staunen auf all die Millionen und Abermillionen Glücksfälle, die Voraussetzung dafür waren, dass ich lebe. Vom Anbeginn des Universums an. Ohne den Urknall würde ich nicht existieren. Und ohne die Urzelle allen Lebens auch nicht. Unfassbar, ich lebe.

Quellenangabe:

www.erinnerungswerkstatt-norderstedt.de - Autoren/Zeitzeugen Günter Matiba,
Bochumer Nächte, oder Wettrennen: Beine gegen Bomber
- Douglas Palmer: Die Evolution des Menschen, National Geographic Hamburg 2011
- Storch, Welsch, Wink: Evolutionsbiologie, Springer-Verlag Berlin 2001

Dr. Theodor Kampschulte, Aachen, Januar 2017