5Nov2004

Pressemeldungen:

Wer sich erinnern will, geht in seine Werkstatt
Fritz Schukat will die Geschichten von ganz normalen Menschen für die Nachwelt erhalten
Von Jörg Malitzki

Norderstedt - Fritz Schukat kann Geschichten erzählen. Und er hört gern zu, wenn Menschen aus ihrem Leben berichten. Schon in den 60er Jahren, als junger Mann, hat der heute 69jährige Norderstedter großen Spaß daran gehabt, den Erinnerungen anderer Leute zu lauschen. Außerdem wußte er bereits damals, wie man die moderne Technik geschickt für diese Zwecke einsetzt: Schukat nämlich wohnte in Berlin, sein bester Freund hingegen zog nach Essen. Auf die spannenden Erzählungen aus ihrem Leben wollten die beiden dennoch nicht verzichten. Ferngespräche aber waren damals teuer - wenn man denn überhaupt ein Telefon besaß. Aus diesem Grund kauften sich die Freunde zwei Aufnahmegeräte vom Typ Magnetophon A 85. Mit deren Hilfe nahmen sie ihre Geschichten auf und tauschten ihre Tonbandbriefe ganz einfach per Post miteinander aus.

Noch heute besitze ich zahlreiche dieser Bänder, berichtet Schukat, und seine Augen leuchten. Schon immer hat ihn die Möglichkeit fasziniert, Geschichten aus dem Leben für die Nachwelt festzuhalten. Die sind doch meist viel zu schade, um sie einfach so zu vergessen, sagt er. Deshalb möchte er nun eine Erinnerungswerkstatt gründen, in der die Norderstedter ihre persönlichen Geschichten zusammentragen können.

Ich weiß, daß die Idee nicht ganz neu ist, gibt Schukat zu, etliche Gruppen haben sich schon dieser Sache verschrieben, auch in Norderstedt. Aber ich möchte nicht einfach ein zweites Erzählcafé errichten, in dem sich die Teilnehmer lediglich Fritz Schukat in seiner <q>Werkstatt</q>miteinander unterhalten.

Schukat plant vielmehr, die Oral History, die mündlich überlieferte(n) Geschichte(n), der Norderstedter zu bewahren und damit möglichst vielen Menschen zugänglich zu machen: Ich will die Fülle der persönlichen Erfahrungen, ob Lust oder Leid, so erhalten, daß man andere daran teilhaben lassen kann.

Und so soll es funktionieren: Alle Interessierten, die in der Erinnerungswerkstatt mitarbeiten möchten, treffen sich vom 9. November an jeweils am zweiten Dienstag im Monat in den Räumen des DRK an der Ochsenzoller Straße. Gemeinsam werden Themen festgelegt, zu denen die Teilnehmer ihre Geschichten beisteuern. Das könnte beispielsweise die Zeit der Währungsreform 1948 sein, aber auch die Frage, welche Mode, Filme und Musik in den 50er Jahren angesagt waren oder wie früher Weihnachten gefeiert wurde. Der Phantasie sind da kaum Grenzen gesetzt.

Anschließend schreiben die Erzähler ihre Geschichten auf. Wer das nicht so gern mag oder sich scheut, seine Erinnerungen in großer Runde zu offenbaren, kann auf die Unterstützung von Fritz Schukat setzen. Noch immer nämlich ist er ein großer Freund der Tontechnik: Auf Wunsch nehme ich die Gespräche mit einem MP3-Stick auf und komme sogar zu den Leuten nach Hause, wenn ihnen das lieber ist.

Wer lieber zuhört oder liest als selbst von sich zu erzählen, darf ebenfalls gespannt sein: Die gesammelten Geschichten sollen einerseits in einem Vierteljahresheft erscheinen, anderseits aber auch im Internet veröffentlicht werden, und dies sowohl als Text als auch als MP3-Datei zum Anhören - Fritz Schukat und sein Faible für die Technik machen's möglich!

Erschienen am 5. November 2004 in der Norderstedter Zeitung, der Beilage zum Hamburger Abendblatt.